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Veröffentlicht am 30.07.2024

Man muss nicht auf der Suche sein, um zu finden

Nanny über Nacht - Lakeland Love
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Man muss nicht auf der Suche sein, um zu finden

Als die Flugrettungssanitäterin Harriet Watts bei einem Verkehrsunfall erste Hilfe leistet, bittet der schwerverletzte Fahrer sie inständig, sich um seine ...

Man muss nicht auf der Suche sein, um zu finden

Als die Flugrettungssanitäterin Harriet Watts bei einem Verkehrsunfall erste Hilfe leistet, bittet der schwerverletzte Fahrer sie inständig, sich um seine behinderte Tochter Poppy zu kümmern. Entgegen all ihrer Prinzipien stimmt Harriet zu und macht sich auf den Weg, um das Mädchen vom Schulbus abzuholen. Nach anfänglichem Widerstreben betreut sie schließlich nicht nur das Kind, sondern erledigt auch den Haushalt und übernimmt die Versorgung der Tiere. Nach und nach erhält sie immer tiefere Einblicke in das Vater-Tochter-Gefüge, kann jedoch die soziale Isolation, in der die beiden leben, nicht nachvollziehen. Mit ihrer übersprudelnden Lebensfreude bahnt Poppy sich zielstrebig ihren Weg in Harriets Herz und genießt das Zusammensein mit Harriet und ihrer Familie. Schon bald knistert es auch zwischen Tom und Harriet, doch die Geheimniskrämerei um Toms Vergangenheit steht einer Beziehung im Wege.

Bei Alexandra Zöbelis aktueller Neuerscheinung handelt es sich um einen gefühlvollen Wohlfühlroman, in dem man schwelgen und versinken kann. Auf den Leser wartet eine harmonische Vater-Tochter-Beziehung mit einem liebevollen Alleinerzieher, dessen Lebensinhalt es ist, einfühlsam und fürsorglich für seine zwölfjährige Tochter da zu sein. Er möchte das Kind mit Trisomie 21 vor allen Widrigkeiten des Alltags beschützen und ist zugleich der Ansicht, dass seine Poppy das Beste ist, was ihm in seinem ganzen Leben passiert ist. Die Darstellung dieser naseweisen kleine Persönlichkeit mit Down Syndrom und dem sonnigen Gemüt hat mir ausnehmend gut gefallen. Die Autorin geht zwar auf die besonderen Bedürfnisse und die Andersartigkeit Poppys ein, der Fokus liegt jedoch nicht auf ihrer Behinderung, sondern vielmehr auf ihrer liebenswerten Art, mit der dieser strahlende kleine Sonnenschein die Herzen aller im Sturm erobert.

Poppy war von Beginn an meine Lieblingsfigur und die eigentliche Protagonistin dieses Romans, sie steht im Mittelpunkt des Geschehens. Poppy ist sehr wohl bewusst, dass sie anders ist, möchte aber dennoch wie ein ganz normales Mädchen ihres Alters behandelt werden. Sie wehrt sich dagegen, von ihrem Vater in Watte gepackt zu werden.

Tom und Harriet wurden ebenfalls hervorragend charakterisiert und ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen. Harriets Mutter Sarah, ihr Lebensgefährte Colin sowie Harriets Brüder Gregg und Giles waren als handlungsrelevante Nebenfiguren allesamt liebenswerte Sympathieträger. Darüber hinaus nimmt eine riesige Deutsche Dogge namens Maisie einen gewichtigen Part in der Handlung ein. Maisie ist trotz ihres überwältigenden Erscheinungsbilds eine Seele von Hund, ein regelrechter Clown auf vier Pfoten. Sie mutiert jedoch zur Furie, wenn es darum geht, Tom und Poppy zu beschützen. In weiteren tierischen Nebenrollen sorgen Sarahs wichtigtuerischer Dackel Boris und zwei exzentrische Hühner namens McCafé und Espresso für humorvolle Szenen.

Die Autorin besitzt einen sehr einehmenden, locker-leichten Schreibstil und erzählt ihre Geschichte in salopper Sprache. Die herrliche Situationskomik und amüsante Dialoge brachten mich wiederholt zum Schmunzeln. Einzig die Flüche und Kraftausdrücke im Buch haben mein Lesevergnügen etwas geschmälert. Was mich jedoch am meisten faszinierte waren die Thematik und die Charakterzeichnung der handelnden Figuren. Die inneren Konflikte und die persönliche Entwicklung von Tom und Harriet empfand ich überzeugend dargestellt. Die Autorin beleuchtet das Problem mit Carol aus verschiedenen Perspektiven und ist dabei auf jede der beteiligten Personen dieses Konflikts eingegangen. Ich konnte Toms Sichtweise und zu guter Letzt sogar auch jene von Carol zumindest nachempfinden, auch wenn ich diese nicht befürwortete. Harriets und Poppys Einstellung dazu fand jedoch meine uneingeschränkte Zustimmung.

Abschließend möchte ich die eindrucksvolle optische Aufmachung dieser Neuerscheinung mit der Abbildung eines prachtvollen Cottage inmitten eines malerischen Gartens hervorheben. Das Cover stellt dank dieser bezaubernden Optik und der harmonischen farblichen Gestaltung einen außergewöhnlichen Blickfang dar und ich hätte es in einer Buchhandlung schon allein deswegen unweigerlich zur Hand genommen.

FAZIT: Mit „Nanny über Nacht“, dem Auftakt der Lakeland-Love-Reihe, hat Alexandra Zöbeli sich pfeilgerade in mein Herz geschrieben. Ich habe die Lektüre dieses bezaubernden Romans mit Happy End-Garantie sehr genossen und freue mich bereits auf den zweiten und dritten Band, die sich auf Harriets Brüder Gregg und Giles konzentrieren. Für mich persönlich war dieses Buch zweifellos ein Lese-Highlight und ich vergebe daher trotz des winzigen Kritikpunkts hinsichtlich der sprachlichen Umsetzung (der verwendeten Kraftausdrücke) fünf Bewertungssterne.

„Ich bin Poppy und ich liebe mein Leben!“ Ich hoffe von Herzen, diesem kleinen bezaubernden Sonnenschein in den Nachfolgebänden wiederzubegegnen!

Veröffentlicht am 08.07.2024

Hühner im eigenen Garten – ein harmonisches Miteinander!

Hühner-Glück
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Hühner im eigenen Garten – ein harmonisches Miteinander!

Der großformatige Ratgeber des Landwirtschaftsverlags Münster liefert auf knapp zweihundert Buchseiten wertvolle Tipps und eine Menge Fachwissen ...

Hühner im eigenen Garten – ein harmonisches Miteinander!

Der großformatige Ratgeber des Landwirtschaftsverlags Münster liefert auf knapp zweihundert Buchseiten wertvolle Tipps und eine Menge Fachwissen zum Thema artgerechte Haltung, Versorgung und Pflege von Hühnern im eigenen Garten. Die Ausführungen des Autors Christian Naudain-Huet sind verständlich formuliert und stellen speziell für Einsteiger eine wertvolle Basisinformation dar. Er regt zu einer umfassenden Überlegung vor der Anschaffung von Hühnern an und empfiehlt, sich dabei mit dem zeitlichen Aufwand, aber auch den räumlichen Möglichkeiten auf dem eigenen Grundstück zu befassen. In diesem Buch findet man neben sämtlichen Erfordernissen auch hilfreiche Anleitungen wie beispielsweise zum Bau eines Hühnerstalls, zur Ausstattung (Legenester, Sitzstangen, Einstreu, Staubbad, Futterbereich), zur Gestaltung des Außenbereichs (Auslauf, Gehege), aber auch zu Reinigung und Hygiene. Auf die tägliche Kontrolle von Hühnerstall, Gehege und Huhn, der Auswahl der Tiere sowie die Anatomie eines Huhns wird ebenso eingegangen wie auf die Hackordnung und Revieraufteilung oder die Frage, ob ein Hahn die Hühnerschar bereichern soll. Der Autor erläutert zudem den Unterschied zwischen Rasse- und Hybridhühnern und thematisiert zahlreiche weitere relevante Aspekte bei der Hühnerhaltung.

Fasziniert tauchte ich in die verschiedenen Themenbereiche ein und erfuhr dabei interessante Details über den Alltag, die Anatomie und das Sozialverhalten eines Huhns. Christian Naudain-Huet erzählt von der täglichen Routine eines Hühnerbesitzers, er berichtet von kleinen Wehwehchen und Krankheiten, mit denen man rechnen, aber auch Fressfeinden, die man abwehren muss. Im Verlauf der Seiten wird auch auf die Vor- und Nachteile der Selbstaufzucht von Küken eingegangen. Die Abbildungen von Brutmaschine, Infrarotlampen und Futtertröge weckten wunderschöne Kindheitserinnerungen an die bezaubernden kleinen Flauschkugeln im Stall meines Großvaters. Doch erst jetzt, Jahrzehnte später, eröffnet sich mir dank dieses Fachbuchs, wie herausfordernd dies für den Halter sein kann und welcher zeitliche Aufwand damit verbunden sind.

Dieser sogenannte „kleine Leitfaden“ entpuppte sich letztendlich als wertvolles und praxisbezogenes Nachschlagewerk mit ausführlichem Basiswissen zu sämtlichen Aspekten der Hühnerhaltung. Was mir besonders gut gefallen hat war die Tatsache, dass wichtige Inhalte verständlich vermittelt und durch naturgetreue Abbildungen dokumentiert werden.

Ich möchte dem Landwirtschaftsverlag zudem ein Kompliment für die ansprechende Optik und Haptik aussprechen. Die Abbildung von Huhn, Hahn, Küken und Eiern auf dem Cover ist ein absoluter Blickfang, der einfärbige graue Hintergrund wird lediglich durch einige dezent angedeutete Strohhalme aufgelockert. Autorenname und Verlag sind harmonisch in dieses Bild eingefügt, die großen zentriert abgebildeten roten Lettern des Buchtitels ziehen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Die hochwertige Aufmachung beschränkt sich jedoch nicht allein auf das aufwändige Cover dieser gebundenen Ausgabe, sie setzt sich auch im Inneren fort. Das Buch ist übersichtlich aufgebaut, es punktet mit einer ausführlichen Inhaltsangabe, einem Glossar, nützlichen Adressen hinsichtlich Ausstattung, Produkte, Züchter und Verbände. Die Gestaltung und Gliederung des Textes und die Verwendung von roten Lettern für die Überschriften sorgen für Übersichtlichkeit und gewährleisten eine ausgezeichnete Orientierung im Buch. Die naturgetreuen Illustrationen haben mich tief beeindruckt und das farblich auf den Buchrücken abgestimmte rote Lesebändchen als nützliches Accessoire vervollständigte schließlich meinen positiven Gesamteindruck.

Fazit: „Hühner Glück“ von Christian Naudain-Huet war eine informative und bereichernde Lektüre, ein perfektes Fachbuch für Einsteiger zum Thema Hühnerhaltung, das keine Fragen offenlässt. Es eignet sich ganz besonders für Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich auf das herausfordernde Abenteuer einzulassen, ein klein wenig ihrer Zeit zu opfern und ihre Gärten zukünftig mit Hühnern zu teilen. Ich vergebe begeisterte fünf Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung für diesen großartigen und fundierten Einblick in die Welt der Hühner!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
Veröffentlicht am 10.06.2024

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Bücher gute Freunde sind, aber andere Leser noch bessere!

Der Club der Bücherfreundinnen
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Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Bücher gute Freunde sind, aber andere Leser noch bessere!

„Er drückte die Bände an seine Brust und atmete ihren Duft ein, als wären sie einer seiner Blumensträuße, ...

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Bücher gute Freunde sind, aber andere Leser noch bessere!

„Er drückte die Bände an seine Brust und atmete ihren Duft ein, als wären sie einer seiner Blumensträuße, und einen Augenblick lang verspürte Louise so etwas wie Sehnsucht. Wie es wohl war, Bücher so sehr zu lieben?“

Der verstorbene Luther Cavendish liebte Bücher mehr als alles andere auf dieser Welt. Er hinterließ seiner Tochter die sogenannte „Cavendish Association Library“, eine Privatbücherei, an der sein ganzes Herz hing. Doch Louise Cavendish interessiert sich nur wenig dafür und möchte die Bücherei schließen. Der Bibliothekar und seine Schwester Avis, die ihn für die Dauer seines Kriegseinsatzes vertritt, sind entsetzt. Als die spontane Idee zur Gründung eines Buchclubs Realität wird, kämpfen Avis und einige Mitstreiter um den Erhalt der Privatbücherei. Die bunt gemischten Mitglieder des neuen Buchclubs entwickeln sich nach und nach zu einer kleinen, eingeschworenen Gemeinschaft, welche die Liebe zum Buch vereint. „Menschen brauchen Geschichten, weil sie unser unbewusstes Bedürfnis nach Liebe, Gerechtigkeit und Neuem stillen.“

Amy Lynn Green siedelt ihre Geschichte im Jahr 1942 an, in zahlreichen Rückblenden erzählt sie darüber hinaus von den Jugendjahren ihrer Protagonistin Louise. Als Schauplatz fungiert eine kleine Küstenstadt in Maine, wo der Krieg bereits allgegenwärtig ist. Die Kriegshandlungen von der anderen Seite des Ozeans erreichen sogar schon die Küste von Derby und stellen die Bewohner vor einige Herausforderungen. Die Autorin verbindet geschickt fiktive Handlungen mit historisch belegten Ereignissen, auf die sie im Anhang des Buches eingeht. In den regelmäßigen Treffen des Buchclubs beschränken sich die Gespräche bald nicht mehr nur auf literarische Themen. Aus Zufallsbekannten werden Freunde, nachdem die oftmals mühsam gewahrten Fassaden aller Beteiligten langsam bröckeln und sie ihr Innerstes offenlegen. Aus anfänglicher Skepsis erwachsen gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung. Der Buchclub wird nicht zuletzt durch seine Mitglieder zum Lichtblick für alle Beteiligten, die neben der Liebe zur Welt der Bücher auch der gemeinsame Kampf um das Überleben der Bücherei verbindet.

Die Charakterzeichnung ihrer Akteure ist der Autorin vortrefflich gelungen. Amy Lynn Green ersann facettenreiche Protagonisten und Nebenfiguren, die in hohem Maße authentisch wirken. Ihre Gefühle, Gedanken und Sehnsüchte, aber auch ihre Vergangenheit werden dem Leser im Verlauf der Seiten nahegebracht. Eine zentrale Rolle spielt dabei Louise Cavendish, eine elegante ältere Dame, die umgeben von ihren Dienstboten in „Windward Hall“ lebt. Durch ihre strenge, humorlose Art und ihre steinerne Miene wirkt sie auf andere Menschen einschüchternd. Romantik ist für Louise eine lächerliche Illusion, doch sie hat nicht immer so empfunden. Avis Montgomery sorgt während der Abwesenheit ihres Bruders für einen reibungslosen Ablauf in der Bibliothek. Die junge Frau hegt zunächst keine allzu große Affinität zur Literatur, engagiert sich dennoch leidenschaftlich für die Bibliothek. Avis ist der Ansicht, dass man etwas, das man liebt, nicht kampflos aufgeben darf. Mit Ginny Atkins bringt die Autorin ein echtes Unikum ins Spiel – ein etwas chaotischer, sehr impulsiver und völlig ungekünstelter Wirbelwind, der nicht nur romantische Bücher, sondern auch das köstliche Teegebäck bei den Treffen des Buchclubs schätzt und kein Blatt vor den Mund nimmt. Ginnys Arbeitskollegin Martina Bianchini ist eine junge Mutter aus Boston und leidenschaftliche Leserin, öffnet sich anderen Menschen jedoch nur zögernd. Eine schwere Last aus der Vergangenheit überschattet Martinas Neuanfang in Derby. Ihrer italienischen Mamma verdankt sie einige klugen Ansichten und Lebensweisheiten: „Ich habe von meiner Mutter gelernt, dass Lieben und Geliebtwerden die größten Freuden und das größte Risiko sind. Manchmal beides gleichzeitig.“ Als interessante Nebenfiguren dieses Buches fungieren Avis Montgomerys Ehemann Russell, Louises Köchin Delphie, ein verwundeter Kriegsveteran namens Freddy sowie Martinas Ehemann Patrick.

Das interessante Thema sowie der einnehmende Schreibstil der Autorin machten diesen Roman aus der Feder von Amy Lynn Green zu einem echten Lese-Highlight. Ich genoss es, die Bewohner der fiktiven Küstenstadt im Kampf gegen die Schließung der Bücherei zu begleiten. Durch die Enthüllung der Vergangenheit kommt es zu spannenden Szenen, auf die ich aufgrund etwaiger Spoiler nicht näher eingehen mochte. Nicht zuletzt ist es dem interessanten Plot, den hervorragend gezeichneten Figuren und zahlreichen klugen Einsichten und Lebensweisheiten zu verdanken, dass ich es kaum schaffte, mich von den Seiten dieses Buches zu lösen. „Der Club der Bücherfreundinnen“ hat ganz eindeutig das Potenzial dazu, auch noch nach dem Zuschlagen der letzten Seite nachzuwirken.

Abschließend möchte ich noch auf die wunderschöne optische Aufmachung dieses Buches hinweisen. Die Abbildung von zwei Frauen vor einem lichtdurchfluteten Fenster einer Bibliothek zieht die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Eine harmonische Farbgestaltung und die gefällige zentrierte Anordnung von Titel, Autor und Verlag runden das positive Gesamtbild ab. Abgesehen von den bereits erwähnten Anmerkungen der Autorin findet man darüber hinaus am Ende des Buches noch eine Leseliste des Buchclubs mit sämtlichen im Inhalt erwähnten Titeln. Dieser Roman hat mich dermaßen in den Bann gezogen, dass ich mir jene Titel und Autoren, die ich bis dato noch nicht kenne, auf jeden Fall näher ansehen werde.

Ich vergebe begeisterte fünf Sterne und möchte diesen Roman ganz besonders Menschen mit einer Leidenschaft für Bibliotheken, Bücher sowie den regen Austausch darüber ans Herz legen. „Bücher sind dafür da, um Diskussionen auszulösen. Lass es einfach zu!“

Veröffentlicht am 07.04.2024

Ein amerikanisch-appenzellisches Fairy Tale

Die Stickerin
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Ein amerikanisch-appenzellisches Fairy Tale

„Sie war schon immer eigen. Anders halt. Besonders. Ein bisschen crazy!“

In ihrer aktuellen Neuerscheinung nimmt die Schweizer Autorin Margrit Schriber das ...

Ein amerikanisch-appenzellisches Fairy Tale

„Sie war schon immer eigen. Anders halt. Besonders. Ein bisschen crazy!“

In ihrer aktuellen Neuerscheinung nimmt die Schweizer Autorin Margrit Schriber das Leben und Wirken einer außergewöhnlichen Frau aus Eggerstanden im Kanton Appenzell unter die Lupe. Den Einstieg in diese interessante Abhandlung bildet die Stobete der Erben im Rathaussaal von Appenzell, die nach dem Tod der exzentrischen Dollarmillionärin Maria Antonia Räss zusammenkommen. In unzähligen Rückblicken wird jede Facette dieser außergewöhnlichen Frau beleuchtet – beginnend von ihrer Kindheit als chancenlose Tochter eines Geißenbauern, geprägt von Entbehrungen und harter Arbeit. Den Hunger und die bittere Kälte im Webkeller ihres Arbeitgebers wird Maria Antonia Räss niemals mehr vergessen, aber auch die Heimat und die Liebe zu ihrer Familie bleiben bis an ihr Lebensende tief in ihr verwurzelt.

„Sie hat sich aus dem Nichts zu den Sternen katapultiert!“ und „Sie sprengte das appenzellische Maß!“ wissen ihre Hinterbliebenen zu berichten. Jene Frau, die sich selbst als „Crazy Woman“ bezeichnete, deren Herz für die Broderie schlug, die all ihre Träume und Hoffnungen in den Stoff stickte, war bereits zu Lebzeiten eine Legende. Mutig wagte sie den großen Schritt und wanderte aus, „mit nichts im Gepäck als einer Sticknadel aus englischem Stahl, einem Ballen feinstes Leinen aus Frankreich und der Appenzeller Tracht, aber in der festen Absicht, sich dort ein einigermaßen vernünftiges Leben zu sticken.“ Mit eisernem Willen, Fleiß und Disziplin, unzähligen schlaflosen Nächten voller Arbeit und einsamen Entscheidungen bahnte sich die tüchtige Schaustickerin aus der Schweiz ihren Weg an die Spitze. Maria Antonia Räss erschuf in New York ihr eigenes „Fairy Tale“. Sie griff nach den Sternen, gründete ein Broderiehaus und avancierte zur Königin der Spitzen.

Den Berichten der Verwandten entnimmt man Einzelheiten über ihren Werdegang, ihr kluges Taktieren, die enge Zusammenarbeit mit den Geschwistern in der Heimat und das Leben in Amerika. Das Liebesleben der sogenannten „Crazy Woman“, der Umgang mit ihren Angestellten, Bekannten und Freunden, aber auch die Auswirkungen des Krieges und der Erfindung der Papiertaschentücher auf ihre Broderie waren Themen dieses Buches und gekonnt in die Geschichte verflochten.

Maria Antonias Eskapaden und ihre Kontakte mit berühmten Persönlichkeiten brachten die Einwohner in der Heimat zum Staunen. Die Stickerin aus Eggerstanden wurde zu einer Frau von Welt – die Mode-Ikone brachte bei ihren Besuchen neben zahlreichen Aufträgen auch jede Menge Glamour in die Appenzeller Wellenhügel.

Über diese faszinierende Persönlichkeit zu lesen war keine Sekunde langweilig! Ich hatte dabei diese anziehende, kleingewachsene Frau mit dem herzförmigen Gesicht und den eindringlichen schwarzen Augen dank der Abbildungen im Buch auch tatsächlich vor Augen. Maria Antonia Räss hat sich ihren Weg mit einer Stahlnadel bis an die Spitze gebahnt und ihr eigenes Fairy Tale gelebt. Und dennoch blieb sie im Herzen stets eng mit ihrer Heimat verbunden.

„Unsere Ohren sind Stille gewohnt. Wir können jedes Geräusch herausfiltern. Bläss zottelt mit den klirrenden Milchtansen über den Schotterweg. Ein Bauer dengelt seine Sense. Die Schellen aufgescheuchter Geißen klingeln ihre wilde Sinfonie. Stickende seufzen beim Sticheln zum Himmel. Und gelegentlich klappert eine Schere, die auf den Beistelltisch gelegt wird. Wenn die Jüngste in eine Karotte beißt, sehen alle von der Arbeit auf. Abends flechten wir die Hände ineinander, dann schleift noch der Wind seine Schleppe übers Gras. Tannen orgeln. Und Regen trommelt im Nussbaum auf eine Million Tambourins. Von den Hagelgeschützen auf dem Ziegeldach nicht zu reden. Diese Geräusche nehmen uns den Atem. Sie sind unser Herzton. In der Ferne vermissen wir ihn. Sehnsucht zerreißt unsere Brust. Zum Sterben kehren wir in die Wellenhügel zurück.“

FAZIT: „Die Stickerin“ ist ein Roman über eine außergewöhnliche Frau, die mutig ihren Weg suchte und nach den Sternen griff. Die Lebensgeschichte dieser ebenso talentierten wie smarten Geschäftsfrau wurde mir von der Schweizer Autorin Margrit Schriber auf unnachahmliche Weise nahegebracht. Der brillante Schreibstil, eine bildhafte Beschreibung von Charakteren und Szenerie sowie die akribische Recherche der historischen Hintergründe machten dieses beeindruckende Werk zu einem herausragenden und überwältigenden Leseerlebnis. Ich hatte nie zuvor von appenzellischer Stickerei gehört und mich völlig unbefangen und neugierig in diese Materie vertieft. Nach Lektüre dieses Buches werde ich dieses außergewöhnliche Kunsthandwerk und die unermessliche Arbeit, die hinter diesen hochwertigen und zauberhaften Produkten steht, niemals mehr vergessen. Margrit Schriber hat die Geschichte der Maria Antonia Räss zu Papier gebracht und sie für alle Zeiten davor bewahrt, in Vergessenheit zu geraten.

Begeisterte fünf Bewertungssterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 01.04.2024

Das Geheimnis muss bewahrt werden. Um jeden Preis!

Venezianischer Fluch
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Das Geheimnis muss bewahrt werden. Um jeden Preis!

Als sich nach dem Fund einer Frauenleiche herausstellt, dass Antonella Carracci sich nicht freiwillig von einer Brücke ins Wasser stürzte, ist Commissario ...

Das Geheimnis muss bewahrt werden. Um jeden Preis!

Als sich nach dem Fund einer Frauenleiche herausstellt, dass Antonella Carracci sich nicht freiwillig von einer Brücke ins Wasser stürzte, ist Commissario Luca Brassoni von der venezianischen Polizei erneut gefordert. Schon bald konzentrieren sich die Ermittlungen auf die Familie von Antonellas Verlobten, doch die alteingesessene und einflussreichen Perronis besitzen nicht nur hohes Ansehen, sondern auch ausgezeichnete politische Beziehungen. Die Dienststellenleiterin Silvia Bertuzzi wird vom venezianischen Bürgermeister unter Druck gesetzt und das gesamte Ermittlerteam in der Questura ist gefordert, Ergebnisse zu liefern. Doch als weitere Verbrechen im Bannkreis der mächtigen Hoteliersfamilie verübt werden, spitzt sich die Lage zu…

Mit dem neunten Fall der Venedig-Krimireihe um Commissario Luca Brassoni hat die Autorin erneut einen ausgeklügelten Kriminalfall konstruiert. Ein alter Fluch verunsichert die Menschen und jagt ihnen Angst und Schrecken ein. Es ist Daniela Gesing auch diesmal gelungen, mich auf eine falsche Fährte zu locken. Der durchgehend hohe Spannungsfaktor und immer wieder eingestreute Informationen über die Person des Mörders, jedoch ohne dessen Identität preiszugeben, bescherten mir ein fesselndes Leseerlebnis. Mir hat sowohl der einnehmende Schreibstil der Autorin, als auch die Charakterzeichnung der handelnden Figuren sehr gut gefallen. Darüber hinaus war ich beeindruckt von der lebendigen und bildhaften Beschreibung der diversen Schauplätze in der Lagunenstadt sowie der Menschen in Luca Brassonis Umfeld.

Nach nunmehr acht Büchern dieser Krimireihe freute ich mich bereits auf einen weiteren Fall mit dem fähigen Ermittler Luca Brassoni, der in diesem Band mit seiner Frau Carla Sorrenti die Geburt ihres zweiten Kindes erwartet. Lucas treuer tierischer Begleiter namens Picco durfte ebenso eine kleine Nebenrolle im Plot einnehmen wie Lucas Cousin und investigativer Informant Caruso, sein Kollege Maurizio Goldini sowie der Rest des sympathischen Ermittlerteams. Die Autorin konzentriert sich zwar in erster Linie auf den Kriminalfall, geht aber auch auf das Privatleben ihrer Kommissare ein. Obgleich Carla Sorrenti ihre Arbeit als Gerichtsmedizinerin aufgrund der bevorstehenden Geburt reduzierte, wird sie weit stärker in diesen Fall involviert, als ihr lieb ist. Ihr Ehemann Luca hat alle Hände voll zu tun, sowohl seine dienstlichen Verpflichtungen, als auch jene gegenüber seiner Familie, wahrzunehmen. Die Hoteliersfamilie Perroni steht im Zentrum der Ermittlungen, die Spannungen innerhalb der einzelnen Familienmitglieder und deren abwehrende, verschlossene Haltung stellen eine Herausforderung für die Polizei dar.

Ich möchte an dieser Stelle auch die hochwertige Aufmachung und die stimmungsvolle optische Gestaltung des Buchcovers hervorheben. Eine kurze Vorstellung der Autorin am Ende des Buches sowie eine chronologische Auflistung der bisher erschienenen Bände dieser Krimireihe runden den Gesamteindruck ab.

FAZIT: Mit „Venezianischer Fluch“ hat mir erneut ein interessanter Kriminalfall aus der Feder von Daniela Gesing unterhaltsame Lesestunden bereitet. Die komplexe Handlung, die Konzentration auf die Ermittlungsarbeit, der durchgehend hohe Spannungsbogen, ein gewisser Fokus auf das Privatleben des Protagonisten sowie eine eindrucksvolle und bildhafte Beschreibung der Örtlichkeiten Venedigs machten für mich persönlich den Reiz dieses Krimis aus. Ich sehe dem nächsten Band dieser Reihe mit großer Erwartungshaltung und Vorfreude entgegen. Fünf Sterne und eine Leseempfehlung!