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Veröffentlicht am 10.08.2024

»Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält « (Goethe)

Das Wesen des Lebens
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Worum geht’s?

In diesem Sachbuch in Romanform dreht sich alles um die Stellersche Seekuh (von der ich, wenn ich ehrlich bin, vor diesem Buch nie gehört hatte). Von der ersten Entdeckung durch Georg Wilhelm ...

Worum geht’s?

In diesem Sachbuch in Romanform dreht sich alles um die Stellersche Seekuh (von der ich, wenn ich ehrlich bin, vor diesem Buch nie gehört hatte). Von der ersten Entdeckung durch Georg Wilhelm Steller im Jahr 1741 bei der Großen Nordischen Expedition über die Wiederentdeckung des von Steller zurückgelassenen Skeletts im Jahr 1859 durch Johan Hampus Furuhjelm, den finnischen Gouverneur von Alaska, das damals noch zu Russland gehörte, über den Transport des Skeletts nach Finnland, wo es später von Hilda Olson, einer begabten jungen Zeichnerin und Assistentin von Professor Alexander von Nordmann, auf Papier für die Nachwelt festgehalten wird. Der Kreis schließt sich, als John Grönvall, ein Ornithologe, 1952 beauftragt wird, das Skelett der Seekuh im Naturkundemuseum von Helsinki für eine Ausstellung zu restaurieren.

Wie war’s?

Mit der Bewertung dieses Buches tue ich mich etwas schwer und habe die drei Teile auch jeweils unterschiedlich wahrgenommen.

Der erste Teil rund um die Große Nordische Expedition und die Arbeit von Steller hat mich absolut fasziniert. Hier lief in meinem Kopf ein regelrechter Abenteuerfilm in Schwarz-Weiß ab und ich habe mitgefiebert und mitgelitten, sowohl mit den getöteten Tieren als auch mit den verstorbenen Expeditionsteilnehmern.
Im Vergleich dazu fällt der zweite Teil meiner Meinung nach ein wenig ab. Er kam mir sehr langatmig vor und ich habe mich stellenweise gefragt, was das nun mit der eigentlichen Story zu tun hat.
Der letzte Teil der Geschichte rund um John Grönvall, den Präparator und ›Retter der kaputten Eier‹ hat mich wieder deutlich mehr abgeholt, sodass ich das Buch insgesamt doch empfehlen kann.

Der Schreibstil wirkte auf mich phasenweise ein wenig trocken und erinnerte wirklich eher an ein Sachbuch als an einen Roman oder Reisebericht, was auch daran liegen mag, dass keine wörtliche Rede vorhanden ist und man sich nur schwer mit den einzelnen Protagonisten identifizieren kann.

Gelernt habe ich in diesem Buch so einiges, u. a. war mir beispielsweise entfallen, dass Alaska früher zu Russland gehörte und für ein stolzes Sümmchen an die USA verkauft wurde. Einige Exkurse in die Tierwelt und die Entstehung bzw. das Aussterben verschiedener Arten habe ich irgendwann nur noch überflogen, weil es mir einfach ein wenig ›too much information‹ war.


Fazit

Für alle, die sich für Natur, aussterbende Arten und Expeditionen quer durch die Jahrhunderte interessieren, ist dieses Buch sicherlich eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 09.07.2024

Wie wir alle miteinander verbunden sind

Das Echo der Gezeiten
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»Das Echo der Gezeiten« von Rebekka Frank

Worum geht’s?

Tilla Puls, die junge Frau aus St. Peter, die mit dem klassischen Frauenbild der sechziger Jahre wenig anfangen kann. Sie will nicht heiraten, ...

»Das Echo der Gezeiten« von Rebekka Frank

Worum geht’s?

Tilla Puls, die junge Frau aus St. Peter, die mit dem klassischen Frauenbild der sechziger Jahre wenig anfangen kann. Sie will nicht heiraten, sondern tauchen. Wir begleiten sie von den ersten Anfängen auf Elba, wo sie in einer Tauchschule von ihrem Vater das Tauchen lernt, über einen gefährlichen Alleingang in der Nordsee bei der Suche nach einem uralten Wrack, bis es sie schließlich nach Hamburg zieht, um Vor- und Frühgeschichte zu studierten, bevor sie zusammen mit ihrer Forschungsgruppe in die Heimat zurückkehrt, um endlich wieder zu tauchen.

Nes Dorn, die 1633 gemeinsam mit ihrer Mutter Belenca nach einem tragischen Schicksalsschlag ihre Heimat verliert und auf die Insel Strand flieht. Die Frauen finden Zuflucht in einem Beginen-Konvent, was allerdings kein Zufall ist, denn genau dort liegen Belencas Wurzeln. Als in der Gegend immer wieder Kinder spurlos verschwinden und die Beginen in Verdacht geraten, etwas damit zu tun zu haben, nimmt das Schicksal seinen Lauf, bis es schließlich zur Katastrophe kommt.


Wie war’s?

Ein Roman, dem hundert Seiten weniger unter Umständen gutgetan hätten. Insgesamt habe ich mich zwar gut unterhalten gefühlt, aber die Geschichte hat schon ihre Längen.

Sehr gut gefallen hat mir Rebekka Franks Schreibstil, sie versteht es, geschickt mit Worten zu spielen und Atmosphäre zu schaffen. Vor allem bei Tillas Tauchgängen konnte ich richtig mitfiebern, in kritischen Situationen die Verzweiflung mitfühlen. Auch die oft komplizierte Familienkonstellation der Familie Puls fand ich sehr eindrücklich beschrieben:

»Zu fünft saßen sie nun bei normal beeinträchtigter Stimmung am Tisch, kauten und schwiegen auf die friedliche Art«.

Sehr stimmig fand ich den Schluss, in dem beide Handlungsstränge geschickt zusammengeführt werden. Wie die Autorin im Nachwort so schön schreibt, ein Buch, das uns zeigt, das wir alle, über die Jahrhunderte, miteinander verbunden sind.

Fazit:

Für alle, die noch auf der Suche nach der passenden Urlaubslektüre sind und (wie ich) die Nordsee und ihre Geheimnisse lieben, eine unbedingte Leseempfehlung. Tipp: der Schmöker ist wirklich dick, falls es im Koffer eng wird, vielleicht aufs E-Book umsteigen , so habe ich es jedenfalls gemacht.

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Veröffentlicht am 04.05.2024

Filmreif verwobene Frauenschicksale

Unter dem Moor
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Unter dem Moor von Tanja Weber

Worum geht’s?

Drei Frauenschicksale, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, drei Jahrzehnte.

In der Gegenwart geht es um Nina, eine ausgebrannte ...

Unter dem Moor von Tanja Weber

Worum geht’s?

Drei Frauenschicksale, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, drei Jahrzehnte.

In der Gegenwart geht es um Nina, eine ausgebrannte Ärztin, die sich mit ihrer gerade erst adoptierten Hündin vom Tierschutz eine Auszeit im Stettiner Haff nimmt.

1936 lernen wir die 14-jährige Gine kennen, die zum Landjahr ins Haff geschickt wird und schreckliches erlebt.

1979 schließlich die zwanzigjährige Sigrun, die vom Ausbruch aus dem reglementierten Leben in der ehemaligen DDR träumt.

Wie war’s?

Eine packende Geschichte, in der sich die drei Einzelschicksale immer enger miteinander verflechten, bis hin zum Finale, das die letzte offene Frage klärt, welche der drei Frauen nicht überlebt hat und warum.

Ich persönlich hätte eine kurze Personenaufstellung zu Beginn nicht übel gefunden, ab und an fiel es mir bei längeren Lesepausen schwer, den Überblick zu behalten, um wen es jetzt gerade geht und in welcher Zeit das Kapitel spielt. Mag natürlich anders sein, wenn man das Buch in einem Rutsch liest.

Die bildhafte Sprache der Autorin und die ausführlichen Landschaftsbeschreibungen sind einerseits toll, vor allem wenn man wie ich noch nie in dieser Region war, allerdings waren mir diese ab und an ein wenig zu langatmig. Dieses Buch könnte ich mir super als Film vorstellen, weil man dann die Flora und Fauna quasi nebenbei aufsaugen und sich stattdessen nur auf die Handlung konzentrieren könnte.

Fazit:

Leseempfehlung für alle, die Familienromane mit diversen Handlungssträngen mögen und nichts gegen ausführliche Naturbeschreibungen haben.

Lieblingszitat:

Kommentar von Henni, als die Mädchen im Laufe des Landjahrs für einen Regelverstoß mit Latrinendienst bestraft werden, eine Strafe, die Henni mit stoischer Gelassenheit erträgt:

„Das ist der Preis der Freiheit. Wenn Freiheit nichts kosten würde, dann wär sie auch nichts wert.“

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Veröffentlicht am 18.03.2024

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm - oder doch?

Wir sitzen im Dickicht und weinen
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Wir sitzen im Dickicht und weinen
Felicitas Prokopetz


Worum geht’s?

Zu ihrer Mutter Christina hatte Valerie noch nie ein sonderlich gutes Verhältnis. Die Vernachlässigung, die sie durch ihre eigene ...

Wir sitzen im Dickicht und weinen
Felicitas Prokopetz


Worum geht’s?

Zu ihrer Mutter Christina hatte Valerie noch nie ein sonderlich gutes Verhältnis. Die Vernachlässigung, die sie durch ihre eigene Mutter erlebt hat, gleicht sie bei ihrem Sohn Tobi aus, indem sie zu einer regelrechten Übermutter mutiert, die den Sechzehnjährigen nach Strich und Faden verwöhnt.

Als Christina an Krebs erkrankt, muss Val für sie da sein. Ganz egal, wie schwer ihr das fällt. Die langen Pausen zwischen den einzelnen Begegnungen mit der Mutter, in denen sie sonst Zeit hatte, ihre Wunden zu lecken und sich für den nächsten Kampf zu wappnen, fallen plötzlich weg. Val ist gefordert, überfordert. Als dann Sohn Tobi plötzlich unbedingt ein Auslandsjahr in England machen möchte, gerät ihre Welt vollends aus den Fugen. Val kann nicht loslassen. Zwischen den Konflikten zwischen Val und ihrer Mutter und Val und ihrem Sohn entspinnt sich in verschiedenen Handlungssträngen auch die Geschichte der Großeltern in verschiedenen Phasen ihres Lebens, und die Leserinnen und Leser verstehen plötzlich, warum Christa zu der Frau geworden ist, die sie eben ist. Ihre eigene Mutter Martha hatte ebenfalls kein einfaches Leben, erkrankte kurz nach ihrer Geburt an einer regelrechten Wochenbettdepression und hatte das Gefühl, ihr Leben sei mit der Geburt der kleinen Christa vorbei („Sie fühlte sich, als hätte man sie in Ketten gelegt, und grauste sich vor diesem Egerling, der sie aussaugte“). Dass es am Ende eben kein Happy End gibt, war zu erwarten, ist für mich stimmig und der Ausklang auf den letzten Seiten stimmt versöhnlich.


Wie war’s?

Wenn es an diesem Roman für mich einen Kritikpunkt gibt, dann eindeutig, dass ein Personenverzeichnis am Anfang des Buches fehlt. Immer wieder springt die Handlung zwischen den verschiedenen Personen und Epochen hin und her und häufig ging es mir so, dass ich hier ein wenig den Überblick verloren habe.

Ansonsten ist es ein stilles, tiefgründiges Buch, das ich gerne gelesen habe. Gefallen haben mir vor allem die kurzen Kapitel, sodass man immer mal ein paar Seiten zwischendurch lesen kann, und die bildhafte Sprache, insgesamt hatte ich den Eindruck, dass hier jedes Wort mit Bedacht gewählt wurde und genau an der richtigen Stelle steht. („Tobi stellt sich Anschreien wie ein reinigendes Gewitter vor, er weiß nicht, wie viel Verwüstung die Blitzeinschläge eines richtigen Krachs anrichten“).

Es geht um die großen Fragen, die wohl jede Familie, ob dysfunktional oder nicht, irgendwie beschäftigen. Wie funktioniert Abgrenzung, auch und gerade, wenn es um die eigenen Kinder und Eltern geht? Und ist ein Kind den Eltern „was schuldig“ fürs in die Welt setzen und großziehen? Und folgen wir den Verhaltensmustern unserer Eltern getreu dem Motto "der Apfel fällt nicht weit vom Stamm?" - oder versuchen wir, alles anders zu machen, ohne genau zu wissen, ob das nun besser oder noch schlimmer ist?

Gerne hätte der eine oder andere Handlungsstrang etwas ausführlicher in die Tiefe gehen dürfen, ich hatte ein bisschen den Eindruck, als hätte die Autorin versucht, hier sehr viel Handlung auf wenige Seiten zu packen.

Fazit

Als Tochter (einer schwierigen Mutter, bei der eine Abgrenzung leider nur mit völligem Kontaktabbruch gelungen ist) hat mich dieser Roman sehr nachdenklich gemacht. Trotzdem würde ich ihn uneingeschränkt empfehlen, denn letzten Endes ist es ja genau das, was Literatur ausmacht: dass sie den Leserinnen und Lesern ans Herz geht und sie berührt.

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Veröffentlicht am 21.07.2024

Insgesamt gelungene Fortsetzung mit ein paar Schwächen

Signum
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Worum geht’s?

»Signum«, der mit Spannung erwartete zweite Teil der Stormland-Trilogie von John Ajvide Lindqvist. Nachdem Band 1, »Refugium«, mit einem fiesen Cliffhanger endete, geht es in Band 2 direkt ...

Worum geht’s?

»Signum«, der mit Spannung erwartete zweite Teil der Stormland-Trilogie von John Ajvide Lindqvist. Nachdem Band 1, »Refugium«, mit einem fiesen Cliffhanger endete, geht es in Band 2 direkt äußerst spannend weiter.

Kim Ribbing hat seinen Peiniger von einst, den berüchtigten Schockdoktor Martin Rudbeck, entführt und hält ihn in seinem Keller gefangen. Er will nach all den Jahren endlich Antwort auf die Frage »Warum?«. Sein ausgeklügelter Plan könnte tatsächlich aufgehen, wenn Astrid Hellander, die nach der Ermordung ihrer Eltern auf die schiefe Bahn geraten ist, und die Ex-Polizistin Julia Malmros nicht wären. Nach und nach zieht sich die Schlinge um Kims Hals immer enger zu. Wird er es schaffen, ungeschoren davonzukommen?


Wie war’s?

Insgesamt ist Signum eine würdige Fortsetzung der Reihe und ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Allerdings war ich hier nicht ganz so begeistert wie von Refugium.

Kritikpunkt Nr. 1 ist der ganze Handlungsstrang um Julia Malmros, die gegen die rechtsextreme Partei Die Wahren Schweden ermittelt. Diese Geschichte hat mir mit der eigentlichen Handlung rund um Kim und die Entführung viel zu wenig zu tun, hängt irgendwie zusammenhangslos in der Luft.

Auch Julia Malmros Verhalten fand ich in diesem Band überdurchschnittlich naiv, sie kommt einem vor wie eine Dreizehnjährige, die ihrem Schwarm wie ein treudoofes Hündchen hinterherläuft und alles mitmacht. Sie hat auf mich im ersten Teil wesentlich glaubwürdiger gewirkt.

Fazit

Für Fans der Reihe und Leute, die einfach nur einen guten Thriller zu schätzen wissen, sicherlich eine gute Wahl. Die perfekte Urlaubslektüre für Balkonien oder Strandkorb, man sollte allerdings den ersten Teil gelesen haben.

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