In Reykjavik wird eine Zeitkapsel gehoben, in der vor 10 Jahren Schüler auf Zettel schreiben mussten, wie sie sich Island im Jahre 2016 vorstellen würden. Doch ein Zettel lässt den Findern eine Gänsehaut entstehen, denn dieser enthält Initialen von Menschen, die der Schreiber im Jahre 2016 töten möchte. Dann tauchen in einem Hot Tub zwei abgetrennte Hände auf, dicht gefolgt von zwei Mordopfern, die schnell hintereinander getötet wurden. Schnell wird den Ermittlern klar, dass der Zettel ernst zu nehmen ist. Die Spuren führen zu einem Fall, der zwölf Jahre zurückliegt. Damals wurde die achtjährige Vaka missbraucht und anschließend getötet, ihr Mörder: ein Familienvater, dessen Tochter mit Vaka in eine Klasse ging. Und der Schreiber des Zettels aus der Zeitkapsel ist niemand geringeres, als deren älterer Bruder. Hängen die neuen Verbrechen wirklich mit der Vergangenheit zusammen?
Meine Meinung:
Mit Sog erscheint nach DNA der zweite Fall für den etwas eigenwilligen Ermittler Huldar und der Kinderpsychologin Freya und auch diese Geschichte ist wieder sehr spannend. Die Fälle an für sich sind innerhalb des Buches abgeschlossen, auf Grund der privaten Entwicklungen der Ermittler wäre es ein Vorteil, den Vorgänger zu kennen, ist aber nicht zwingend erforderlich und man dürfte auch ohne Vorkenntnisse gut mit dem Inhalt zurecht kommen.
Yrsa Sigurdardottir verfügt einfach über einen sehr schnell einnehmenden Schreibstil und sie fesselt den Leser vom ersten Moment an an die Geschichte. Sprachlich bleibt sie gut verständlich und schnörkellos und eins versteht sie, wie kaum ein anderer Thrillerautor: sie schafft es immer wieder, ihre Kapitel mit einem Cliffhanger zu beenden. Dieser ist dann nicht nur einfach spannend, sondern meist noch ein richtiger Schocker, der es dem Leser unmöglich macht, das Buch zur Seite zu legen.
Gerade dieser Fall, wie alle Fälle, in denen es in irgendeiner Weise um Kindesmissbrauch geht, ist ganz schön hartet Tobak und auch was die Tatbeschreibung oder die Opfer angeht ist die Autorin nur wenig zimperlich. Also nicht unbedingt ein Thriller für zartbesaitete Leser, aber das allein dürfte schon durch den Klappentext sich herauskristallisieren.
Spannend ist es schon im Prolog, bei dem man einen kleinen Einblick auf den Ursprung des aktuellen Falls in der Gegenwart bekommt. Innerhalb der Kapitel gibt es immer wieder Momente, in denen die Autorin den Leser zunächst zur Ruhe und Beobachtung kommen lässt, nur um kurz darauf wieder an der Spannungsschraube zu drehen. Immer wieder lenkt sie den Verdacht in andere Richtungen, bringt mit Kleinigkeiten Wendungen in die Handlung, die man nicht erahnen kann und wer glaubt, dass er weiß, wohin die Autorin den Leser führt, dürfte sich dann doch wieder auf dem Holzweg befinden. Mich konnte Yrsa Sigurdardottir hier immer wieder auf flasche Fährten locken und das hält dann wiederum die Spannung insgesamt hoch. Am Ende gibt es dann auch wieder ein Showdown für den Leser, der das Adrenalin ansteigen lässt.
Durch den personellen Erzähler in der dritten Person verfolgt man hier die Handlungen. Man erhält zum einen eine gute Draufsicht auf Ermittlungen und Charaktere, zum anderen hat man dadurch auch genügend Gelegenheiten, seine eigenen Vermutungen zu stellen.
Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, sind facettenreich und glaubwürdig. Hier gibt es keine Ermittler, die etwas ganz besonderes sind, sondern Personen mit Ecken und Kanten. Gerade Huldar ist mir nicht immer sympathisch, aber genau so scheint er auch gewollt zu sein. Daneben gibt es die Kinderpsychologin Freya, die mir dann durchaus sympathischer erscheint, was aber wahrscheinlich allein schon ihr Beruf mit sich bringt. Schon im ersten Band gibt es zwischen Huldar und Freya Differenzen, aber auch ein Knistern, allerdings ist hier die Beziehung der Beiden doch reichlich angeknackst. Aber auch wenn Yrsa Sigurdardottir privates mit in ihren Thriller einbaut, liegt doch der Fokus deutlich auf dem Fall und den Ermittlungen.
Auch die Nebencharaktere, die sie hier beschreibt, haben immer die richtige Wirkung auf den Leser. Man kann mit manchen mitfühlen, hasst andere regelrecht und schüttelt bei dem ein oder anderen den Kopf. Alles in allem wirken sie aber hier absolut glaubwürdig und finden ihren Platz im Gesamtbild.
Mein Fazit:
Yrsa Sigurdadottir steht für spannende Thriller, die aber auch schonungslos und so manches Mal detailreich sind. Sie geht hier nicht zimperlich um mit ihren Lesern und genau das mag ich an ihren Erzählungen. Der Fall ist spannend und bereitet teilweise eine Gänsehaut, insgesamt wird hier auch der Sog, den die Geschichte ausübt, immer größer. Ein Pageturner, der spannende Lesestunden bringt. Die gesamte Entwicklung konnte mich überraschen und auch mit dem Ende hätte ich so nicht gerechnet. Aber alles in allem bleibt es glaubwürdig und sehr intensiv. Klare Leseempfehlung und wer Band 1 nicht kennt, sollte diesen unbedingt zuvor noch lesen.