Ein Buch mit leisen Tönen der Liebe und Magie...
Die SeelenleserinHinweis: Gelesen wurde die Neuauflage v. 2021 "Im Herzen der Nacht"
„Mit purer Willenskraft tilgte er sie erneut aus der Wahrnehmung dieser Welt und spürte ganz plötzlich wieder die Verletzlichkeit, ohne ...
Hinweis: Gelesen wurde die Neuauflage v. 2021 "Im Herzen der Nacht"
„Mit purer Willenskraft tilgte er sie erneut aus der Wahrnehmung dieser Welt und spürte ganz plötzlich wieder die Verletzlichkeit, ohne sie sein zu müssen“ (Zitat aus „Im Herzen der Nacht“ v. Kristina Günak, S. 48).
Eines meiner Lieblingszitate aus „Im Herzen der Nacht“ von Kristina Günak – es folgte ein kurzes Innehalten beim Lesen, um die Worte auf mich wirken zu lassen. So ging es mir an einigen Stellen in diesem Buch, weil die Autorin einen sehr malerischen/bildhaften Stil hat, dies verbindet sie wohl mit ihrer Protagonistin Venia – einer Seelenleserin.
Aber Venia kann nicht nur die Seelen erkennen und lesen, sondern auch die tiefsten Emotionen auf Leinwand bringen. Sie bannt Wut, Verletzlichkeit und Schuldgefühle in schrillen Farben auf Leinwand. Unsere Protagonistin nimmt aber den Menschen/Wesen nicht nur den Schmerz, sondern gibt ihnen die Möglichkeit, ihre tief verborgenen Gefühle zu erkennen und zu verarbeiten – erst die Erkenntnis (das Sehen des Kunstwerkes) führt zur Verarbeitung.
Eine tiefe Verbindung entwickelt sie zu Sam, einem Engel, der seine Flügel verbirgt und unter den Menschen lebt. Er wird von seinen inneren Dämonen verfolgt, geplagt von Schuldgefühlen und Trauer über sein langes Leben. Die Autorin schafft es in einem ruhigen und bildhaften Stil, die Verletzlichkeit des Seins von Sam auf die Leinwand (Buchseiten) zu bringen. Sam umgibt eine unglaublich sprachliche Intensität. Man spürt förmlich die Verletzlichkeit dieser Figur, den sehnlichen Wunsch der Erlösung von seinen seelischen Schmerzen.
Dass Venia für ihn die Freiheit der Erkenntnis bedeutet, wird bereits am Anfang des Buches in meiner Lieblingsszene deutlich: „Zu lange lebte er schon unter den Menschen, hatte sie verstecken müssen. Er breitete sie noch weiter aus, sie berührten fast die Wände und glitt langsam wieder auf den Boden zurück“ (Zitat aus „Im Herzen der Nacht“ v. Kristina Günak S. 47-48) – die Befreiung der Flügel steht als Sinnbild für eine innere Veränderung. Chapeau für diese Szenenumsetzung.
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive der Protagonisten erzählt. Ich bin ein großer Fan von wechselnden Perspektiven, da hier die Emotionen und Handlungen direkt von den einzelnen Figuren übertragen werden und man dadurch als Leser:in in die Handlungen integriert wird und weiter in die Gefühlswelt eintauchen kann.
In der ersten Hälfte des Buches wird die Geschichte von Venia und Sam erzählt, erst in der zweiten Hälfte des Buches tritt „das Böse“ aktiv in Erscheinung, und es entwickelt sich ein Spannungsbogen, der im finalen Kampf zwischen unseren Protagonisten, ihren Freunden und den Dämonen, die es auf unsere Seelenleserin abgesehen haben, endet.
Wer einen langen Kampf zwischen Gut & Böse erwartet, könnte vielleicht etwas enttäuscht sein, dass der Kampf nur einen kleinen Teil des Buches einnimmt. Die Szene war spannend und gut ausgearbeitet, aber dennoch recht schnell vorbei, vielleicht hätte man hier noch einen kurzen Schockmoment einbauen können
Am Ende stand für mich die Liebesgeschichte von Venia und Sam im Vordergrund, dies habe ich beim Subgenre „Paranormal Romance“ auch erwartet. Im Mittelpunkt steht eine romantische Liebe, kombiniert mit einem Thema aus den Genre Fantasie bis Science-Fiction.
Die Gestaltung der Gefühlswelt unserer Protagonisten und den Nebenfiguren (Manu, Riddick) ist sprachlich tief verwurzelt und nicht nur an der Oberfläche zu finden. Man konnte die Liebe zwischen Sam und Venia bereits bei der ersten Begegnung spüren. Ich könnte einige Zitate aus dem Buch angeben, die ein Lächeln auf mein Gesicht zauberten, weil sie voller Liebe – wenngleich auch versteckt – waren
Zum Ende meiner Rezension verbleibe ich mit einem Applaus für den Epilog – wunderschöner Abschluss.