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Veröffentlicht am 13.07.2024

Ein toller Roman, der die 20er Jahre mit seiner Musik zum Leben erweckt

Lindy Girls
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„Lindy Girls“ von Anne Stern spielt 1928 in Berlin und erzählt von den Tanzgruppen, die zu Charleston tanzten und in Tanzpalästen auftraten. Erschienen ist der Roman im November 2023 im Aufbau Verlag. ...

„Lindy Girls“ von Anne Stern spielt 1928 in Berlin und erzählt von den Tanzgruppen, die zu Charleston tanzten und in Tanzpalästen auftraten. Erschienen ist der Roman im November 2023 im Aufbau Verlag.

Der Charleston ist im Berlin der ausgehenden 20er Jahre stark im kommen als die Choreografin Wally ihre Tanzgruppe gründet. Mit den „Lindy Girls“ möchte sie sich ihren Traum erfüllen und in den großen Tanzpalästen auftreten. Frauen aus den unterschiedlichsten Schichten kommen in ihrer Tanzgruppe zusammen, wie z.B. die Fabrikarbeiterin Alice, die in prekären Verhältnissen lebt oder auch die Industriellentochter Thea, die von zu Hause flieht, um nicht zu heiraten. Der Weg der Frauen ist kein einfacher, denn obwohl Frauen mehr Rechte haben, so ist die Unterhaltungsbranche noch immer von Männern dominiert.

Anne Stern wird bei mir wahrscheinlich für den Rest meines Lebens mit dem Berlin der 20er Jahre und der Weimarer Republik verbunden sein. Auch hier verbindet die Autorin wieder ganz unterschiedliche Schicksale miteinander und lässt so eine vergangene Zeit wieder auferstehen.
Zur Einstimmung habe ich in die Playlist am Anfang des Buches reingehört. Sehr passend, weil es zu einem großen Teil ums Tanzen und den Charleston geht. Es sind allerdings auch Jazz und Tango-Stücke enthalten.
Ich bin gut reingekommen und Anne Stern hat wieder einmal die Nuancen der Zeit wunderbar eingefangen. Thematisch konzentriert es sich auf andere Aspekte der Weimarer Republik als die Fräulein Gold-Reihe, aber es gibt auch Überschneidungen. So ist die Arbeit im Büro als Sekretärin sehr präsent oder es gibt einen Gigolo in seiner ursprünglichen Bedeutung. Ich habe ein Sachbuch zu der Zeit gelesen, daher wusste ich davon, aber ich mochte es sehr wie es in diesem Roman, dann zum Leben erweckt wurde.
Das Buch hat sehr viele Perspektiven und für die Kürze des Buches waren es für meinen Geschmack fast schon zu viele, dennoch hat das Buch auch sehr viel richtig gemacht. Es sind so viele Realitäten in diesem Buch enthalten, denen ich manchmal gerne etwas mehr nachgegangen wäre. Das Büro ist eine ganz eigene Welt mit eigenen Regeln, durch die man gerade als Frau geschickt manövrieren muss. Marktplatz für Äffären und zukünftige Ehemänner und ich befürchte einige Klischees, die sich bis heute halten, sind aus dieser Zeit. Die Fabrik mit seiner Fließbandarbeit und den kläglichen Löhnen, die kaum ein gutes Leben ermöglichen und die Tanzpaläste, in denen einsame Frauen für Geld mit Männern tanzen und manchmal auch weiterführende Dienstleistungen erwerben können.
Es ist unglaublich was Anne Stern alles in diese 350 Seiten gepresst hat. Das Buch erzählt von der Lust der Berliner zu feiern und das Tanzbein zu schwingen. Es erzählt von Drogen und den Abgründen, die überall lauern. Es erzählt von der Gefahr durch die SA und Nationalsozialisten. Es erzählt von Kriegstrauma, Abtreibungen und zurückgelassenen Kindern. Und dieses Buch erzählt von der Liebe zwischen Menschen aller Geschlechter.
Mir war manchmal schwer ums Herz und dann war es wieder ganz leicht. Ich habe mit den Personen mitgefühlt und war investiert in ihr Schicksal. Manchmal hat es mich etwas überfordert und es hat eben auch etwas gedauert bis alles so richtig zusammengekommen ist und irgendwie war es auch nicht ausführlich genug. Das Ende ist recht offen gehalten, so dass eine Fortsetzung durchaus möglich wäre, aber die Hauptgeschichte, wie die Lindy Girls entstanden sind, ist zu Ende erzählt.
In einem kurzen Nachwort gibt Anne Stern zusätzliche Informationen zum Hintergrund der Geschichte preis. Weiteres Zusatzmaterial bis auf die genannte Playlist am Anfang des Buches, die man über einen QR Code in der Klappbrischur erreicht, gibt es nicht.

Fazit: Wieder ein tolles Roman aus der Feder Anne Sterns. Die 20er Jahre und seine Musik leben in diesem Buch auf. Die vielen Perspektiven haben das Buch allerdings auch etwas überladen. Dennoch von mir eine Empfehlung an alle, die gerne im Berlin der 20er Jahre sowie der Weimarer Republik abtauchen wollen.

Veröffentlicht am 06.07.2024

Eine Anthologie, die mit dem Einfallsreichtum ihrer Autor*innen überzeugen kann

Meer Mord
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„Meer Mord - Kutter, Küsten und Kanaillen“ herausgegeben von MAnfred Ertel ist eine Krimi-Anthologie, die im Juni 2024 im Ellert & Richter Verlag erschienen ist. Es geht um Kriminalfälle, die allesamt ...

„Meer Mord - Kutter, Küsten und Kanaillen“ herausgegeben von MAnfred Ertel ist eine Krimi-Anthologie, die im Juni 2024 im Ellert & Richter Verlag erschienen ist. Es geht um Kriminalfälle, die allesamt an oder in der Nordsee stattfinden. Ein Euro pro Buch wird an die Seenotretter gestiftet. Einer Organisation, die allen Autorinnen am Herzen liegt.

Klappentext vom Buchrücken übernommen:
Menschen stürzen von Kreuzfahrtschiffen, Leichen treiben in der Elbe oder neben führerlosen Segelbooten. Rauschgiftkartelle nutzen die Meere und ihre Häfen für ihre todbringende Frachten, Piraten kapern kleine Schiffe und große Pötte. Ein dänischer Tüftler bringt in einem selbstgebauten U-Boot eine Journalistin um und versenkt die Leichenteile verstreut auf dem Grund der Ostsee.
Immer Meer Mord.
Nirgendwo ist das perfekte Verbrechen so einfach wie auf hoher See. Zwei Drittel der Erdoberfläche bestehen aus Wasser. Der allergrößte Teil der internationalen Gewässer ist weitgehend rechtsfreier Raum. In vielen Fällen keiner nationalen Strafjustiz unterworfen. Und wenn doch, gibt es nachts auf menschenleeren Decks keine Zeugen oder die Wellen verschlucken Opfer und Beweise. Lagern sie in unendlicher Tiefe. Oder erweichen jede Beweiskraft. Geplant werden die Verbrechen meist an Land. In Häfen, an romantischen Stränden, in menschenleeren Buchten. Was liegt näher als eine Anthologie mit maritimen Kurzgeschichten – rund um Kutter, Küsten und Kanaillen.

Einige Autor
innen kenne ich bereits von Lesungen und so habe ich auch von dieser Anthologie erfahren. 16 Kurzgeschichten befinden sich hierin und diese könnten kaum unterschiedlicher sein. So werden aktuelle politische Konfliktherde mit eingebracht, fantastische Elemente, die das Verbrechen mit einem Mythos rund um die Nordsee verbinden oder es wird auch mal historisch. Dabei hat jede Geschichte ihre ganz eigene Stimme. Mal wird alles genauestens beschrieben und mal wird alles ganz nüchtern erzählt. Ich bin in die Rolle des Täters geschlüpft oder war hautnah bei den Ermittlungen dabei. Ich war fasziniert davon, wie viel Drama sich auf wenigen Seiten entfalten kann oder auch welche Wendungen die Geschichten teilweise erfahren. Meinte ich auf den ersten Seiten die Geschichte schon durchschaut zu haben, so wurde ich doch das ein oder andere Mal eines Besseren belehrt. Die Vielfalt der Geschichten fand ich sehr gelungen und dies zeigt den Ideenreichtum der Autorinnen. Das Thema Nordsee kann auf unterschiedlichste Weise interpretiert werden und das wurde hier auch getan. Die unterschiedlichsten Motive wie Rache, Neid, Habgier oder auch Abstiegsangst kommen zum tragen. Nicht jede Geschichte konnte mich überzeugen, weil mir manchmal das Thema nicht so ganz zugesagt hat. Nichtsdestotrotz habe ich so auf 240 Seiten viele neue Autorinnen kennengelernt. Anthologien können denke ich eine gute Gelegenheit sein, neue Autorinnen für sich zu entdecken. Der Rahmen, in den diese Anthologie gesetzt wurde, fand ich sehr stimmig. Im Vorwort wird deutlich gemacht, warum dem Herausgber und den Autorinnen die Seenotrettung wichtig ist. Am Ende des Buches gibt es von allen Autorinnen kurze Biografien.

Fazit: Eine interessante Anthologie zum Thema Meer, die mich auf einige neue Autor
innen aufmerksam gemacht hat und die mich mit ihrer Vielfalt überzeugen konnte. Gerade wenn mal nicht so viel Zeit hat, sind so kurze Geschichten eine gelungene Abwechslung. Eine ganze Geschichte, auf wenigen Seiten erzählt, ist eine faszinierende Disziplin und ich sollte dies zukünftig auch mal in anderen Genres ausprobieren.

Veröffentlicht am 20.05.2024

Gelungener historischer Roman über die Medici und die Pazzi-Verschwörung

Florentia - Im Glanz der Medici
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In „Florentia - Im Glanz der Medici“ von Noah Martin geht es um die Familie Medici und die Pazzi-Verschwörung. Erschienen ist der Roman im März 2023 bei Droemer.

Florenz 1469: Noch ist Lorenzo de Medici ...

In „Florentia - Im Glanz der Medici“ von Noah Martin geht es um die Familie Medici und die Pazzi-Verschwörung. Erschienen ist der Roman im März 2023 bei Droemer.

Florenz 1469: Noch ist Lorenzo de Medici der erstgeborene Sohn in einer extrem reichen Bankiersfamilie sowie der kommende Herrscher von Florenz. Die ganze Stadt ist dabei als er heiratet und so auch sein jüngerer Bruder Giuliano, die Malerin Fioretta Gorini und der noch unbekannte Künstler Leonardo Da Vinci. Ihr Schicksal wird in den kommenden Jahren eng miteinander verbunden sein. Auf der Suche nach ihrem Platz werden sie Zeuge im Spiel um die Macht. Immer wieder wird Florenz und insbesondere die Familie Medici bedroht. Politik, Intrigen und Verrat sind ein ständiger Begleiter. Den Feinden der Medici ist jedes Mittel recht - auch Mord.

Ich hatte das Buch schon länger hier und nach der Nominierung für den Homer Literaturpreis dachte ich mir, dass es endlich Zeit wird diesen Roman zu lesen.
Der Einstieg ist gut gelungen. Mir wurde Zeit gegeben die Protagonisten kennenzulernen und mich in der Ausgangslage zurechtzufinden. Während des Lesens hatte ich meist ein lebendiges Kopfkino. Die beschriebenen Orte konnte ich mir gut vorstellen. Das Italien der Renaissance-Zeit wird mit Florenz, Rom, Mailand und der Kunst zum Leben erweckt.
Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, so dass wir einen umfangreichen Einblick in die Ereignisse bekommen. Die Familie Medici bildet hierbei den Mittelpunkt, allerdings spielt auch die Kunst eine recht große Rolle. Ich mochte diese Mischung sehr gern und diese hat einen wesentlichen Anteil daran, dass mir das Buch so gut gefallen hat. Nur Politik und Intrigen wäre mir auf Dauer wohl zu trocken geworden.
Noah Martin hat gute Perspektiven gewählt. Mit Giuliano erfahren wir etwas über seine Gedankenwelt als zweitgeborener Sohn, der immer im Schatten seines Bruders steht, der aber dennoch an der Verbundenheit zu seinem Bruder festhält und diesem helfen will, wo er kann. Mit Fioretta haben wir eine weibliche Perspektive und eine Person, die zwischen den Medici und der Kunst gefangen ist. Sie möchte Malerin werden, was als Frau zu jener Zeit kein einfaches Unterfangen war. Durch die Arbeit ihres Vaters als Leibarzt ist sie mit der Familie Medici aufgewachsen. Leonardo entführt den Leser in die Welt der Kunst und der Bottegas. Hier ist auch das ein oder andere wissenschaftliche Experiment dabei. Albiera ist eine weitere weibliche Perspektive. Durch sie bekommen wir einen Einblick in die Gedankenwelt der Feinde der Medici. Dabei legt sie einiges Geschick im Planen von Intrigen an den Tag.
Das Buch ist in unterschiedliche Abschnitte unterteilt und spitzt sich immer weiter zu. Insgesamt wird die Familie Medici von 1469 bis 1478 begleitet. Hierbei habe ich viel über Florenz erfahren und wie die Familie Medici ebenjene Stadt führt. Das Schicksal der Stadt und die Medici sind stark miteinander verflochten. Hier geht es dann viel um Politik und Intrigen. Bündnisse müssen geschmiedet werden, Gesetze im Sinne der Stadt und der Medici verabschiedet werden, Unheil von Florenz abgewehrt werden oder auch Personen im Sinne der Familie Medici beeinflusst werden.
Als Gedanken zwischendurch hatte ich immer wieder mal, dass die Familie Medici die Guten sind und die Familie Pazzi eben die Bösen. Auch bei den Medici gab es das ein oder andere, was zumindest fragwürdig war, aber die Familie Pazzi ist fast grundsätzlich negativ besetzt. Sie haben einen Hass auf die Medici, wollen diese vernichten und die Macht von ihnen übernehmen. Bemüht man wikipedia ist die Pazzi-Verschwörung tatsächlich fast das einzige, was zur Familie bekannt ist.
Als Zusatzmaterial gibt es einen Stammbaum und ein Personeverzeichnis am Anfang des Buches sowie ein Nachwort, Hinweise zu Namen und Sprache, Inhaltswarnungen und eine Danksagung am Ende. Die Inhaltswarnungen fand ich gut umgesetzt. Ein Hinweis zu diesen findet sich auch auf den ersten Seiten. Im Nachwort klärt Noah Martin über Fiktion und Wahrheit auf und erzählt etwas zu den Beweggründen ihrer Darstellung der Familie Medici und anderer Figuren.

Fazit: Insgesamt ein gelungener historischer Roman über die Familie Medici und die Pazzi-Verschwörung. Gerade die Mischung an Themen hat es mir hier einfach gemacht den gesamten Roman zu genießen. Empfehlenswert für alle, die historische Romane und die Renaissance-Zeit in Italien mögen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.03.2024

Auch viele Jahre später noch sehr lesenswert

Die Wachsmalerin: Das Leben der Madame Tussaud
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„Die Wachsmalerin - Das Leben der Madame Tussauds“ von Sabine Weiß ist ein historischer Roman über Madame Tussauds, ihrer Ausbildung zur Wachsmalerin und ihrem Leben in Paris. Erschienen ist der Roman ...

„Die Wachsmalerin - Das Leben der Madame Tussauds“ von Sabine Weiß ist ein historischer Roman über Madame Tussauds, ihrer Ausbildung zur Wachsmalerin und ihrem Leben in Paris. Erschienen ist der Roman erstmals 2007 im List-Verlag. Die Neuauflage als ebook erschien 2016 bei dotbooks.

Paris, 1794: Im heißesten Sommer, an den Marie Großholtz sich erinnern kann, schwitzen die Leute nicht nur, sondern es rollen auch die Köpfe. Die Französische Revolution fordert täglich ihre Opfer. 30 Menschen täglich werden hingerichtet. Auch Marie wird festgenommen. Die Anklage: Verschwörung gegen die Republik. Im Angesicht des Todes lässt sie ihr Leben nochmals Revue passieren: Mit fünf Jahren zieht sie gemeinsam mit ihrer Mutter nach Paris zu Onkel Curtius. Dort ist sie schnell fasziniert von seiner Arbeit. Er modelliert aus Wachs lebensechte Figuren und als er ihr Talent entdeckt, führt er Marie in die Geheimnisse seine Kunst ein. Mit der Zeit übernimmt sie immer mehr Aufgaben im Kabinett und wächst zu einer ernstzunehmenden Künstlerin heran, doch dann stellt sie die Französiche Revolution vor neue Herausforderungen. Immer wieder muss sie Totenmasken der Enthaupteten abnehmen und diese im Wachfigurenkabinett ausstellen.

Bei diesem Roman handelt es sich um ihr Debüt. Auf ihrer Seite erfährt man, dass Sabine Weiß 10 Jahre an diesem Roman gearbeitet hat. Ihre später erschienenen historischen Romane gefielen mir alle sehr und so war ich auch neugierig auf dieses Buch und die Zeit.
Der Einstieg in diesen Roman war spannend, denn es fängt mit der Verhaftung an und ich habe mich sofort gefragt, wie es soweit kommen konnte. Dann gibt es eine Zeitsprung zurück in ihre Kindheit und da wurde es ein bisschen holprig für mich. Die Jahre ihrer Kindheit vergehen schnell und es sind einzelne Ereignisse, die erzählt werden. Je älter Marie wird, umso flüssiger wurde der Roman für mich und dann war ich von diesem Roman vollkommen eingenommen.
Der Roman behandelt viele spannende Themen. Den Mittelpunkt bildet allerdings die Wachskunst und das Wachsfigurenkabinett. Ich war bei Maries ersten Versuchen mit Wachs dabei, habe ihre Ausbildung bei Doktor Curtius miterlebt und wie sie mit den Jahren immer besser wurde in der Erstellung neuer Ausstellungsstücke und auch immer mehr Verantwortung übernommen hat. Da der Roman immer sehr nah bei Marie bleibt, bekommen wir durchaus viel von der Französichen Revolution mit, aber vieles davon eben auch nur aus zweiter Hand und eher bezogen auf die Auswirkungen für das Wachsfigurenkabinett.
Den Personen im Roman bin ich gerne gefolgt, allen voran habe ich mit Marie mitgefiebert, die hier eindeutig im Mittelpunkt steht. Schon als Kind ist sie wissbegierig, was bald darauf zum Glück auch Curtius bemerkt und sie in seiner Kunst ausbildet. Maries Mutter und Curtius konnte ich oftmals nicht so gut nachvollziehen. Maries Verhältnis zu ihrer Mutter fand ich komisch und ich habe teilweise nicht verstanden, warum ihre Mutter so distanziert zu ihr war. Bei Curtius habe ich mich fast schon gewundert, dass er Marie in die Lehre genommen hat. Ich empfand ihn nicht wirklich als sympathisch und auch im weiteren Verlauf trifft er so manch zwielichtige Entscheidung. Sobald Marie älter ist, werden seine Beweggründe allerdings nachvollziehbarer. Andere Personen in diesem Roman erfahren eine recht dramatische Wendung. Die Französische Revolution lässt die Unterschiede zu Tage treten und zerstört Freundschaften.
Am Ende des Romanes schließt sich ein kurzes Nachwort an, in dem sie ihre Beweggründe darlegt, uns einige Recherchequellen für diesen Roman nennt und sich bei einigen Personen bedankt. Es war wirklich sehr kurz, zumindest für meinen Geschmack. Nichtsdestotrotz hat es dieser Roman geschafft, dass ich mich sehr für die Französische Revolution interessiere und unbedingt noch mehr dazu erfahren will.

Fazit: Ein toller historischer Roman über das Leben von Marie Großholtz, die in späteren Jahren als Madame Tussauds in die Geschichte eingehen soll. Ich habe viel über die Wachskunst erfahren und wie sich die Französische Revolution auf das Wachsfigurenkabinett ausgewirkt hat. Der Start war etwas holprig, doch dann hat mich dieser Roman doch noch voll in seinen Bann gezogen. Ein starkes Debüt, dass auch noch viele Jahre nach Erscheinen sehr lesenswert ist.

Veröffentlicht am 02.03.2024

Unterhaltsame Science-Fiction im Multiversum

Das Artefakt - Sterneningenieure
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„Artefakt: Sterneningenieure“ von Stephen Baxter ist der zweite Teil einer Dulogie, in der es um ein Multiversum mit mehreren Zeitsträngen geht. Erschienen ist der Roman im Februar 2022 bei Heyne.

Reid ...

„Artefakt: Sterneningenieure“ von Stephen Baxter ist der zweite Teil einer Dulogie, in der es um ein Multiversum mit mehreren Zeitsträngen geht. Erschienen ist der Roman im Februar 2022 bei Heyne.

Reid Malenfant wurde nach 400 Jahren aus dem Kälteschlaf geweckt, weil seine Ehefrau Emma einen Notruf vom Phobos gesendet hat. Er reist gemeinsam mit seiner Nachfahrin Greggson Deirdra dorthin, um der Sache auf den Grund zu gehen und entdeckt dort etwas Unglaubliches: Die Existenz von Paralleluniversen und die Möglichkeit dorthin zu reisen. Die Erschaffer werden Sterneningenieure genannt. Doch warum wurden diese Paralleluniversen erschaffen? Diese Frage versucht Malenfant gemeinsam mit seinen Gefährten aus unterschiedlichen Paralleluniversen zu beantworten.

Ich hatte ursprünglich zuerst dieses Buch entdeckt, wollte dann aber natürlich die gesamte Reihe lesen. Die Idee mit den Paralleluniversen und das man zwischen diesen Reisen kann, finde ich klasse und so war ich sehr neugierig, was es damit auf sich hat.
Der Einstieg in diesen Teil ist mir gut gelungen. Dieser Band lässt sich auch eigenständig lesen, da das Wichtigste aus dem Vorgängerband geschickt am Anfang dieses Buches eingebunden wird. Der Roman lässt sich gut und flüssig lesen und ich hatte ein gutes Kopfkino das gesamte Buch über.
Die Geschichte wird meist aus der Sicht Malenfants erzählt. Es gibt zwischendrin immer wieder Kapitel, in denen quasi Gespräche zwischen zwei Personen eingewoben werden und neue Informationen ausgetauscht werden. Mir gefiel das gut, weil dies andere Ansichten besser eingebracht hat. Es ist eine sehr komplexe Geschichte, die ihre Zeit braucht und eher langsam erzählt wird.
Dafür war ich dadurch auf einer Reise durch mehrere Universen dabei. Ich fand es immer wieder spannend zu erfahren, welche Unterschiede es zwischen den einzelnen Universen gibt. Manchmal war die Erde bewohnt, manchmal nicht; manchmal hatte der Saturn Ringe und in einem anderen Universum wiederum nicht. Teilweise sind wir der gleichen Person in unterschiedlichen Universen begegnet oder manchmal gab es auch Planeten, die es in unserem Universum nicht gibt mit einer ganz eigenen Flora und Fauna. Das Buch nimmt sich die Zeit, das alles zu erkunden und nach und nach setzt sich ein Gesamtbild zusammen, dass am Ende dann ausführlich erklärt wird.
Dies ist nicht immer ganz unkritisch zu betrachten, denn beispielsweise begegnen die Protagonisten dieses Buches auch anderen Menschenarten. Hier werden Menschen dann teilweise wie Tiere beschrieben. Versöhnlicher gestimmt hat mich in dieser Hinsicht dann, dass sich hier auch reflektiert wird und ihnen auffällt, dass sie in ihren Beschreibungen so manches Mal eher herablassend sind und sich für etwas Besseres halten. Es passieren in diesem Roman auch ethisch unvertretbare Sachen, wie z.B. Sklaverei, andererseits begegnet man durch die Erkundung des Multiversums auch einen anderen Aufbau der Gesellschaft. Unterschiedliche Entwicklungen in der Geschichte führen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Ich mochte die Protagonisten und bin ihrer Reise gerne gefolgt. Malenfant und Greggson Deirdra stechen hier ein wenig mehr hervor. Greggson Deirdra durch ihre Entschlossenheit, dem Geheimnis der Mannigfalktigkeit, wie sie in diesem Buch genannt wird, auf den Grund zu gehen. Malenfant, weil er zusammen mit Greggson Deirdra die komplette Reise mitmacht und manchmal etwas ruppig, aber dennoch liebenswert ist. Der Androide Bartholomew hat die Gruppe mit seinem unerschöpflichen Schatz an Wissen unterstützt. Die Gruppe wird im Verlaufe des Buches immer wieder verändert und an unterschiedlichen Stellen im Buch begegnen sie starken Persönlichkeiten, die der Reise immer wieder eine neue Richtung geben.
Mir hat hier insgesamt die Reise durch die Mannigfaltigkeit besser gefallen als das Ende zum Schluss. Das Ende war schlüssig und durchaus interessant, aber irgendwie wirkte es auf mich auch ein wenig antiklimaktisch. Ich hatte am Ende leider nicht diesen Wow-Effekt, den ich mir gewünscht hätte. Als Zusatzmaterial gibt es „nur“ ein kurzes Nachwort, das ein bisschen was zum Hintergrund der Geschichte erzählt.

Fazit: Ein unterhaltsamer Science-Fiction-Roman, der ein Multiversum und seine Möglichkeiten erkundet. Die Reise durch die Mannigfaltigkeit hat mir insgesamt gut gefalllen und das Ende war interessant aber antiklimaktisch. Wer gerne auch mal Bücher mit ruhiger Erzählweise mag und dem Science-Fiction-Genre nicht abgeneigt ist, fühlt sich hier wahrscheinlich wohl.