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Veröffentlicht am 01.08.2024

Familientragödie

Glutmoor (Janosch Janssen ermittelt 2)
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Als Carina frühmorgens von ihrer Schicht im Krankenhaus zurückkommt, ist das Elternhaus auffällig still – Mutter, Vater, Bruder und Neffe sind mit Kopfschüssen hingerichtet worden. Kriminalhauptkommissar ...

Als Carina frühmorgens von ihrer Schicht im Krankenhaus zurückkommt, ist das Elternhaus auffällig still – Mutter, Vater, Bruder und Neffe sind mit Kopfschüssen hingerichtet worden. Kriminalhauptkommissar Janosch Janssen und Kriminaloberrätin Diana Quester bietet sich ein schrecklicher Anblick. Hat diese Familientragödie etwas zu tun mit der nahegelegenen Gedenkstätte für Grenztote, welche letzte Nacht besudelt worden ist? Grimmbach mit seinem Moor ist zum zweiten Male Schauplatz aufregender Ermittlungen.

Spannend und abwechslungsreich gestaltet sich dieser zweite Band rund um Janosch und Diana. Alte Vorfälle aus der DDR und eine Gruppe Rechtsradikaler könnten mit dem Familienmassaker zu tun haben, kaum jedoch folgen die Polizisten einer Spur, nimmt der Fall wieder völlig neue Abbiegungen. Auch diesmal wieder gelingt es Lars Engels, fesselnde Ermittlungen mit allerlei Privatem zu verquicken und den Leser bestens zu unterhalten. Ein schöner Schreibstil mit allerlei Bildhaftem zur Kulisse der typischen Rhöner Landschaft, einem Mosaik aus Streuobstwiesen, Äckern, Wäldern, Wiesen und Sümpfen, rundet die kriminalistische Handlung wunderbar ab, sodass es eine Freude ist, an den schwierigen Nachforschungen teilzuhaben.

Auch Band Zwei der Janosch Janssen – Reihe hat mir sehr gut gefallen, das Ende lässt uns nun warten auf weitere Episoden mit dem beiden charismatischen Hauptfiguren.

Veröffentlicht am 30.07.2024

Der Lehrer

Schatten über Salzburg
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Wir schreiben das Jahr 1993, Neonazis siedeln sich in einem leerstehenden Gutshof nahe Salzburg an. Nun beherrschen Glatzköpfe in Militärkleidung das Gelände, suchen willige Schüler vom nahen Gymnasium, ...

Wir schreiben das Jahr 1993, Neonazis siedeln sich in einem leerstehenden Gutshof nahe Salzburg an. Nun beherrschen Glatzköpfe in Militärkleidung das Gelände, suchen willige Schüler vom nahen Gymnasium, um die radikale Gruppe zu vergrößern. Einer der beunruhigten Anrainer ist der Lehrer Harald Schauer, sooft er aber intervenieren möchte gegen das nationalsozialistische Treiben, wird er von Polizei und Politik zurückgepfiffen mit den Worten: „Mischen Sie sich da nicht ein!“ Eine spannende Geschichte aufgrund wahrer Begebenheiten nimmt ihren Lauf …

Im Mittelpunkt dieses aufwühlenden und erschütternden Romans steht Lehrer Harald Schauer, Ende Dreißig, verheiratet, eine Tochter, die die erste Klasse im Gymnasium besucht. Sein Leben bietet keine besonderen Höhen und Tiefen, plätschert so dahin, geprägt von Deutschaufsätzen, Deutschaufsätzen, Deutschaufsätzen. Dies ändert sich drastisch mit den neuen „Bewohnern“ des Petersbrunnhofs, nicht nur Schauer sind die aggressiven jungen Menschen, vorwiegend Burschen, ein Dorn im Auge, aber niemand unternimmt etwas. Die Situation erinnert frappant an das Stück „Biedermann und die Brandstifter“, was natürlich insbesondere dem Lehrer für Deutsch und Geschichte auffällt.

Der Blick des Lehrers auf seine Umgebung, seine Schüler, Kollegen, Freunde und Nachbarn ist großartig. Humorvoll und gespickt mit Wortwitz sieht der Leser das Geschehen durch seine Augen, bildreiche Beschreibungen und gekonnte Vergleiche lassen jede einzelne Szene extrem realistisch werden. Etliche Lebenswege werden rückblickend betrachtet und fügen sich im Laufe der Zeit zu einem logischen Ganzen, das von vernachlässigten Kindern ebenso erzählt wie vom Jugoslawienkrieg 1992, von korrupten politischen Systemen, welche sich bis in den Schulalltag hineinziehen ebenso wie von realen Neonazigruppierungen. Blaikners Schreibstil passt hervorragend zur Handlung, zeigt auf sachliche Art und Weise große Problemfelder auf und steckt gleichzeitig voller Ironie, sodass das Lesen zum wahren Vergnügen wird.

Ein großartiges Buch mit historisch belegten Hintergründen – bestens zu einem überaus lesenswerten Roman verarbeitet. Ich empfehle „Schatten über Salzburg“ auf jeden Fall gerne weiter!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.07.2024

Wiedersehen

Das Versprechen der Islandschwestern
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Nach über sechzig Jahren reist Greta wieder nach Island, um mit ihrer Schwester Helga deren neunzigsten Geburtstag zu feiern. Mit dabei sind Enkelin Pia und Urenkelin Leonie. Auf spannende Weise werden ...

Nach über sechzig Jahren reist Greta wieder nach Island, um mit ihrer Schwester Helga deren neunzigsten Geburtstag zu feiern. Mit dabei sind Enkelin Pia und Urenkelin Leonie. Auf spannende Weise werden die Ereignisse von 2017 und 1949 verknüpft und jahrzehntelanges Schweigen mit diesem Wiedersehen durchbrochen.

Ein wunderbarer Einstieg mit Szenen zum Schmunzeln begleitet den Leser im Jahre 2017 auf der Schiffsreise von Deutschland nach Island. Alsbald wechseln die Zeitebenen einander ab und man erfährt, wie es Helga und Margarete nach den Kriegsjahren ergangen ist und dass sie als Landarbeiterinnen in den Norden aufgebrochen sind. Immerhin gab es dort 1949 für alle genug zu essen und anzuziehen. Auch diesmal gelingt es Karin Lindberg wieder, die ganz spezielle Atmosphäre Islands einzufangen und die Situation zu beiden Zeitpunkten sehr authentisch zu beschreiben. „Ein Land voller Gegensätze, unberührt und voller Schafe und Pferde, windig und sanft, felsengrau und meeresblau, karg und voll saftiger Wiesen, eisig kalt und … einfach überwältigend.“ (kindle, Pos. 1738) Details zu Kulinarik und Lebensweise lassen den Leser noch tiefer eintauchen ins Geschehen, die komplizierten Namen und isländischen Ausdrücke, welche immer wieder eingestreut werden, tun ein Übriges, um für größtmögliche Authentizität zu sorgen. Sowohl die schöne Naturkulisse als auch die sorgfältig entworfenen Figuren sorgen beim Lesen für angenehme Stunden, die Handlung ist möglicherweise von wahren Begebenheiten inspiriert, zumindest könnte sich alles so ähnlich zugetragen haben.

Eine sehr schöne, bewegende Geschichte, welche aus unterhaltsamen und ernsteren Elementen besteht und somit gute Unterhaltung bietet, aber auch zum Nachdenken anregt. Ich habe diese zweiteilige Reise nach Island sehr gerne unternommen und empfehle sie auch unbedingt weiter.

Veröffentlicht am 21.07.2024

Realität

SpurenElemente
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Auf den Spuren der Realität wandeln die Krimiautorin Franziska Franz und der Rechtsmediziner Marcel Verhoff. Historische Kriminalfälle werden in deren Podcast aufgearbeitet und hier für ein Buchformat ...

Auf den Spuren der Realität wandeln die Krimiautorin Franziska Franz und der Rechtsmediziner Marcel Verhoff. Historische Kriminalfälle werden in deren Podcast aufgearbeitet und hier für ein Buchformat angepasst.

Neun historische Tathergänge werden detailliert vorgestellt und in einzelnen Abschnitten rekonstruiert und beleuchtet. In einem ersten Schritt geht es um eine sachliche Darstellung der Fakten: wer ist das Opfer, was ist passiert? Darauf folgen Einblicke in die Rechtsmedizin: was erzählt die Leiche, in welchem Zustand ist sie aufgefunden worden, was kann man aus den Gegebenheiten schließen? Und zuletzt kommen Menschen zu Wort, die als Tatzeugen Interessantes beisteuern können oder Sachverständige, welche einen Blick auf das große Ganze werfen. Mitunter wird aber auch den Blickwinkel des Täters eingenommen und aus dessen Sicht berichtet. In ruhiger Art und Weise werden durchaus brutale Verbrechen erörtert, die Wahl des Zusammenschnitts ist gut gelungen, sodass der Blick in die Abgründe der Menschheit vielfältig und abwechslungsreich ist. Zudem erfährt der Leser genau, welche Vorgehensweise am Tatort die jeweils richtige ist und warum, welche Unterschiede man trifft zwischen Würgen, Drosseln und Hängen, was passiert, wenn ein Mensch aus nächster Nähe angeschossen bzw. erschossen wird und vieles mehr. Franz und Verhoff sind Meister ihres Metiers und schaffen es daher spielend, nackte Tatsachen informativ und auch für Laien gut verständlich zusammenzustellen.

Von getöteten Prostituierten über brutale Hammermörder geht es zu spannenden Tatortuntersuchungen und mumifizierten Leichen, Motivsuche und Analyse von Blutspuren kommen nicht zu kurz. Alles in allem ein interessanter Überblick über die Vorgehensweise von Ermittlern und Rechtsmedizinern und die kriminellen Energien von zuvorkommenden und hilfsbereiten Nachbarn. Leider die harte Realität, aber gerade deswegen sehr empfehlenswert.

Veröffentlicht am 14.07.2024

Steinige Wege

Das Mädchen im Nordwind
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Ein Work & Travel-Arrangement führt die gelernte Tischlerin Sofie nach Island, da ihr Arbeitsplatz in Hamburg nicht mehr existiert und auch privat nicht mehr alles „rund“ läuft. Wie es der Zufall so will, ...

Ein Work & Travel-Arrangement führt die gelernte Tischlerin Sofie nach Island, da ihr Arbeitsplatz in Hamburg nicht mehr existiert und auch privat nicht mehr alles „rund“ läuft. Wie es der Zufall so will, fällt ihr ein Päckchen mit Notizen in die Hände, in dem sie sogleich neugierig zu lesen beginnt: die Zeilen scheinen sehr privat zu sein und ins Deutschland im Jahre 1936 zurückzuschweifen.

Aha, typisches Konzept, denke ich mir zu Beginn, aber was auf den ersten Blick eine ganz durchschnittliche Geschichte werden dürfte, entpuppt sich immer mehr zu einer sehr berührenden Zeit- und Länderreise. Eng ineinander verflochten präsentieren sich Sofies Arbeits- und Urlaubsleben auf der nordländischen Insel und die immer bedrohlicheren Bedingungen für die jüdische Kaufmannsfamilie Rosenberg Ende der 1930er-Jahre im deutschen Lüneburg.

Der Spannungsbogen beginnt eher flach, nimmt jedoch von Kapitel zu Kapitel stetig zu und lässt den Leser schließlich mit Tränen in den Augen zurück. Voller Gefühl schildert Autorin Karin Lindberg die einzelnen Ereignisse und man spürt förmlich, wie viel Herzblut in jede Szene geflossen ist. Detailgetreue Schilderungen lassen jede Zeit, heute wie damals, so plastisch und greifbar werden, so lebendig, als wäre man selbst mitten drin in einer Achterbahn aus höchstem Glücksgefühl und tiefgreifendsten Problemen. Beide Hauptfiguren – Luise und Sofie – sind als starke Frauen konzipiert, die ihren Weg gehen, auch wenn er steinig ist und von Schmerzen erfüllt.

Wunderbar fügen sich die karge isländische Landschaft und die ganz im Gegensatz dazu stehende Herzlichkeit in die Handlung der Jetzt-Geschichte ein und auch im „Damals“ kann man diesen Familienzusammenhalt erahnen, selbst wenn Luise das anders erlebt hat. Die Vertrautheit der Autorin mit Kultur und Lebensweise Islands spricht aus jedem einzelnen Satz und vermittelt dadurch größtmögliche Authentizität, die keine theoretische Recherche wettmachen könnte. Und genau das lässt dieses Buch zu einer Geschichte werden, die so viel sehr Persönliches von Sofie preisgibt, ins Innerste blicken lässt und schließlich auch durch Luise eine Erinnerung wach werden lässt, ein Denkmal setzt für unzählige grausame Schicksale im Deutschen Reich.

Nur auf den ersten Seiten harmlos daherkommende Lektüre, steckt unglaublich viel Emotion in diesem traurigen und zugleich Mut machenden Roman, der noch lange in meinen Gedanken nachhallen wird.