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Veröffentlicht am 03.03.2018

Unglaublich spannend!

Unter pechschwarzen Sternen
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Gereon Krantz hat hier ein unglaubliches Debüt vorgelegt, das zu recht für den Friedrich-Glauser-Preis 2018 nominiert wurde.

Um was geht es? Berlin: Die Leiche einer jungen Frau wird in einer Unterführung ...

Gereon Krantz hat hier ein unglaubliches Debüt vorgelegt, das zu recht für den Friedrich-Glauser-Preis 2018 nominiert wurde.

Um was geht es? Berlin: Die Leiche einer jungen Frau wird in einer Unterführung aufgefunden. Sie ist nackt, lediglich in einen Umhang gehüllt und mit zahlreichen Messerstichen übersät. Ähnlich wie bei einem Hybrid- oder sogenannten Mischwesen (Chimära), befindet sich auf dem menschlichen enthaupteten Körper ein Tierkopf (in diesem Fall der eines Widders). Ein grausames und zugleich bizarres Szenenbild, welches auf einen Mord mit rituellem Hintergrund schließen lässt. Okkultismus? Schnell wird klar, dass man es offenbar mit einem Serientäter zu tun hat.

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Die Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein. Zuerst lernen wir Thomas Harder kennen. Einen alkoholabhängigen Polizisten mit suizidalen Gedanken, der wenig willensstark (labil), aber mit trockenem Humor ausgestattet ist und dabei äußerst sympathisch daherkommt. Gesetze und Regeln nimmt er nicht sehr genau. Er bewegt sich gern in einer selbstdefinierten Grauzone und bedient sich dabei recht unkonventionellen Maßnahmen. Verbissen auf die Lösung des Falles fokussiert, schlittert er von einem Malheur zum nächsten. Dass er infolgedessen überall aneckt, ist somit keine Überraschung und für ihn offenbar völlig in Ordnung. Vogt gegenüber zeigt er sich meistens renitent. Vor allem sein angeknackster Charakter fasziniert mich. Es ist interessant zu erfahren, was ihm noch wichtig erscheint und für was er sich aufrappeln kann. Ich habe mich sofort in ihn und seinen unverblümten (manchmal zynischen) Sarkasmus verliebt :)

Claudia Vogt verkörpert im Grunde vieles, was Harder nicht ist. Sie ist sich ihrer Position durchaus bewusst und strahlt eine leichte autoritäre Präsenz aus. Ihren Beruf nimmt sie sehr ernst. Auf mich wirkt sie idealistisch, pflichtbewusst, ehrgeizig und äußerst zielorientiert. Einerseits ist sie in bestimmten Momenten zurückhaltend, andererseits auch ziemlich selbstbewusst. Ihr Charakter ist regelrecht ambivalent. Dennoch kann sie mich für sich gewinnen. Ich mag ungeschliffene Rohdiamanten und bin gespannt, wie sie sich in den kommenden Teilen weiterentwicklen wird.

Beide Protagonisten bringen mich oft zum Schmunzeln. Ihre Dialoge dringen in die düstere Story ein wie Blitze in den Nachthimmel (sehr poetisch, ich weiß). Mir gefällt die psychologisch abgründige und zugleich humoristische Erzählweise.

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Der Schreibstil ist lebendig, flüssig und schonungslos. Hier wird nicht unnötig mit Ausschweifungen herumhantiert, sondern auf den Tisch gepackt, was unbedingt erzählt werden möchte. Der Autor liefert eine bildhafte, prägnante Sprache, die es schafft, den Lesefluss konstant voranzutreiben.

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Das Cover ist verkaufsentscheidend, sagt man. Zumindest in meinem Fall lässt sich diese Aussage bestätigen. Wenn mich ein Cover anspricht, sehe ich mir das Buch genauer an. Wäre mir dieses in der Buchhandlung aufgefallen? Definitv! Es besticht durch kontraststarke Akzente. In diesem Fall heben sich der Widderkopf und der Titel deutlich vom schwarzen Hintergrund ab und bringen somit den nötigen Wiedererkennungswert dar.

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Fazit: Fulminanter Auftakt einer neuen Lieblingsreihe!

Oder anders formuliert: Es gibt abgepackten Kuchen, den man sich fix und fertig im Discounter kaufen kann. Dann gibt es selbstgemachten Kuchen, mit viel Liebe und Zeit zubereitet. Und dann gibt es Kuchen vom Pâtissier, mit einem Boden aus Grillagemasse und einem Belag aus Nougatcreme, gerösteten Mandeln und Trüffel. Letzteres ist "Unter pechschwarzen Sternen" für mich.

Veröffentlicht am 13.03.2017

Brisant und spannend!

Schlaflied (Springflut 4)
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Zitate:

"Schlaf, du kleines Weidenkind, denn es ist noch Winter." (S. 60)

Sorin dachte einen Moment lang nach. Zum einen darüber, warum diese schwedischen Kollegen so viel Energie darauf verschwendeten, ...

Zitate:

"Schlaf, du kleines Weidenkind, denn es ist noch Winter." (S. 60)

Sorin dachte einen Moment lang nach. Zum einen darüber, warum diese schwedischen Kollegen so viel Energie darauf verschwendeten, das Schicksal eines elternlosen Kloakenkinds herauszubekommen. Sicher, der Junge war ermordet worden, aber Menschen werden am laufenden Band ermordet, selbst in Schweden. (S. 153)


Meinung:

Was für ein Wälzer! Und der hat es mächtig in sich.

Nachdem ich bereits die ersten drei Teile verschlungen habe, war die Erwartungshaltung beim vierten natürlich dementsprechend hoch. Sehr hoch. Was soll ich sagen? Eines Abends lag ich auf dem Sofa, wollte nur ein paar Seiten lesen - wie das so ist ;) - und schwuppsdiwupps war ich schon bei der Mitte angelangt. Leider! Ihr wisst, was ein Pageturner ist? ;)

In "Schlaflied" widmet sich das Autoren-Paar ua. einem aktuellen und recht brisanten Thema: Flüchtlinge.

Die Ermittlerin Olivia Rönning engagiert sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich am Stockholmer Hauptbahnhof. Durch die massive Flüchtingswelle herrscht dort ein chaotisches Treiben. Unter den Hilfesuchenden befindet sich das nigerianische Mädchen Folami, das Schutz bei der Obdachlosen Muriel findet. So machen sich beide gemeinsam auf den Weg in eine Hütte auf dem Land, umringt von den dunklen Wäldern Smalands.

Parallel dazu wird die Leiche eines Jungen gefunden, welche schon durch verschiedene Tiere angenagt wurde (pfui). Die erste Spur führt zu einem Pädophilenring.

Was die einzelnen Erzählstränge miteinander verbindet, erfährt man erst ganz am Schluss.

Bewertung:

Die Charaktere selbst kommen trotz der Vielzahl an Thematiken nicht zu kurz. Man darf ihre Weiterentwicklung mitverfolgen und sie in den unterschiedlichsten Situationen erleben, die allesamt authentisch und bildlich rüberkommen.

Der Schreibstil ist wie gewohnt, jedoch nicht gewöhnlich ;) Manchmal frage ich mich, wie das wohl geht, wenn zwei Autoren an einem Buch arbeiten. Jeder hat vermutlich seinen eigenen Stil, und doch bekomme ich als Leserin wenig davon mit. Alles in allem fliegt man nur so über die Sätze hinweg.

Erzählt wird die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven und setzt sich nach und nach zusammen. Man könnte meinen, dass das den Leser verwirrt, so ist es aber nicht. Man weiß immer ganz genau, wo man sich gerade befindet.

Das Cover wirkt bedrohlich und zieht mich als Krimi/Thriller-Fan magisch an. Leider gibt es das Buch nicht, wie die anderen zuvor, als Hardcover. Das sieht im Bücherregal nicht SOOO toll aus, aber das werde ich überleben :)

Fazit: Ein äußerst komplexer und spannungsgeladener Kriminalroman! Die vorherigen Teile muss man nicht gelesen haben, empfehle ich dennoch jedem Leser. Man lernt dadurch die einzelnen Charaktere viel besser kennen.

Veröffentlicht am 15.07.2024

Sehr emotionale Reihenfortsetzung

Teufelsgabe (Ewert Grens ermittelt 4)
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Nach seinem letzten Fall in "Engelsgabe" war Kommissar Ewert Grens am Ende seiner Kräfte. All die menschlichen Enttäuschungen konnte er psychisch nicht mehr ertragen. Nur langsam kehrt er nun in sein altes ...

Nach seinem letzten Fall in "Engelsgabe" war Kommissar Ewert Grens am Ende seiner Kräfte. All die menschlichen Enttäuschungen konnte er psychisch nicht mehr ertragen. Nur langsam kehrt er nun in sein altes Leben zurück.

Die Story beginnt elf Monate vorher, als noch alles verloren schien.

Zitat Pos. 137:
"An jenem Abend schloss Kriminalkommissar Ewert Grens seine Bürotür von innen ab, drehte die Musik ganz laut, und keine der Stimmen, die draußen auf dem Flur der Mordkommission seinen Namen riefen, drang zu ihm durch."

Die Szene ist schwer zu ertragen und man verfolgt geschockt den Moment und fragt sich, wie diese Reihe hier noch weitergehen soll.
Mühsam kämpft Grens sich zurück in sein altes Leben und bekommt von seinem Chef nur 7 Tage auf Probe, um zu beweisen, dass er dieser Art von Arbeit (psychisch) noch gewachsen ist.

Als dann ein außergewöhnlicher Mord geschieht, sieht Grens darin seine Chance. Doch schnell entpuppt sich die Ermittlung als äußerst kompliziert und Grens rennt die Zeit davon. In seiner Verzweiflung engagiert er seinen alten Freund Piet Hoffmann, der bereits öfter als ehemaliger Krimineller der Polizei geholfen hat. Doch dieses Mal ist es ein Alleingang - ohne offizielle Rückendeckung, und auch für Piet wird es sehr gefährlich.

Der Schreibstil ist spannend und die Mordfälle wirklich außergewöhnlich. Auch hat mir die Beschreibung der 2-Klassengesellschaft und ihre Auswirkungen auf die Kinder, die in diesen Gegenden in Schweden aufwachsen, gut gefallen. Das Thema ist sicherlich weltweit interessant und wichtig.

Das Ende war dann wie ein Abschied und hat mich ein wenig traurig gestimmt. Ob es hier noch einen weiteren Teil geben wird, ist für mich unklar. Ich würde mich jedoch sehr darüber freuen

Fazit: Eine sehr emotionale Reihenfortsetzung, in der die Psyche und Traumata ein großes Thema sind. Mir hat der Krimi gefallen.

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Veröffentlicht am 15.07.2024

Wunderschöne Beschreibungen, kreative Plotideen

When The Moon Hatched
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Raeve hat in Gedanken schon Lebewohl gesagt, da wird sie ausgerechnet von dem Kerl gerettet, den sie eigentlich hasst. Als hätte das Leben es jemals gut mit ihr gemeint, ist sie tatsächlich hin- und hergerissen, ...

Raeve hat in Gedanken schon Lebewohl gesagt, da wird sie ausgerechnet von dem Kerl gerettet, den sie eigentlich hasst. Als hätte das Leben es jemals gut mit ihr gemeint, ist sie tatsächlich hin- und hergerissen, ob der Tod nicht die bessere Variante für sie gewesen wäre. Wie soll sie jemandem vertrauen wie Kaan? Und später dann die viel wichtigere Frage: Wie wird sie ihm jemals wieder entkommen?

Auf der einen Seite hat die Autorin eine sagenhafte Welt geschaffen. Es ist viel Liebe in die Beschreibungen der sozialen Gesellschaft, der Umwelt und der Personen geflossen. Vor meinem inneren Auge sind tolle Bilder entstanden - ohne dass es den Lesefluss gestört hat oder erzwungen wirkt.

Auf der anderen Seite sind für einen ersten Teil viele Fragen offen geblieben. Ich habe nicht so viel über Raeve erfahren, wie ich es gerne hätte. Eventuell kommt dies erst noch in den Folgebänden, und es ist für den Verlauf der Handlung wahrscheinlich nicht wichtig, viele oder alle Details zu kennen. Dennoch bekommt man nur einen groben Überblick über ihre Vergangenheit, vor allem wie und warum sie zur Rebellin geworden ist. Was haben die Königreiche miteinander zu tun, wie sind diese miteinander verbunden?

Die einzelnen Charaktere sind gut durchdacht und haben eine interessante Dynamik miteinander. Raeve, die so viel Wut in sich trägt. Kaan, dessen Bild sich im Laufe der Geschichte wandelt und der tatsächlich sehr vielschichtig ist. Gerade diese beiden Figuren durchleben einige Emotionen und haben mich berührt. Nicht unbedingt Gänsehautfeeling verursacht, denn Raeve mit ihrer großen Klappe wirkt weder bezaubernd noch bemitleidenswert. Doch man kann mit ihr wunderbar lachen und weinen, ihren Zorn spüren oder einfach die Einsamkeit in einer Welt voller Menschen nachempfinden.

Fazit: Starkes Fantasy-Epos mit teilweise wunderschönen Beschreibungen, kreativen Plotideen - und Drachen. Drachen gehen immer! Ich hatte jedoch oft das Gefühl, nur die Spitze des Eisbergs zu erklimmen, und bin deshalb gespannt, welchen Tiefgang die Fortsetzung für mich bereithält.

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Mein Fantasy-Highlight in diesem Jahr

Black Witch - Erkenntnis
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Blackwitch 2 - Erkenntnis knüpft direkt an Teil 1 an. Ohne diesen gelesen zu haben, wird man hier nur schwerlich einen Einstieg finden.

Während die Hauptfigur Elloren Gardner im ersten Teil an die Religion ...

Blackwitch 2 - Erkenntnis knüpft direkt an Teil 1 an. Ohne diesen gelesen zu haben, wird man hier nur schwerlich einen Einstieg finden.

Während die Hauptfigur Elloren Gardner im ersten Teil an die Religion ihrer Art - den Gardneriern - glaubt, naiv und vor allem ohne Magie erscheint, muss sie nun der Wahrheit ins Gesicht blicken und sich entscheiden, auf welcher Seite sie steht.

Zitat S. 186:
"Das Ausmaß der Grausamkeit meines Volks überrollt mich mit einer so erschütternden Macht, dass ich für einen Moment kaum atmen kann."

Ihre Vorstellung davon, allen Rassen gegenüber als objektiv gegenüber zu treten, wird schier zerstört, als ihr Volk immer mehr an Macht gewinnt und anfängt, gewisse Kulturen ausrotten zu wollen. Mittlerweile ist sie jedoch umgeben von sämtlichen Kulturen, mit denen sie teilweise mehr als Freundschaft verbindet. Die Situation scheint aussichtslos, denn es steht auch immer noch die Prophezeiung im Raum und die damit verbundene Angst, wer die nächste schwarze Hexe sein wird.

Zitat S. 13:
»Wir können uns nicht aussuchen, was wir sind«, sagt sie schließlich leise. »Aber wir können entscheiden, wer wir sind.«

Auch dieser Teil hat mich ab der ersten Seite völlig in seinen Bann gezogen. Ich habe mit Elloren und ihren neuen Freunden geweint ob all der Grausamkeit, die ihnen widerfährt, und gelacht über die wenigen schönen Momente, die sie gemeinsam erleben. Die Story ist umfangreich und interessant aufgebaut und trotz mehr als 600 Seiten zu keinem Zeitpunkt langatmig. Alle Zeichen stehen auf Krieg - und am Ende diesen Teils wird das Geheimnis über die Prophezeiung endlich gelüftet. Ich kann es kaum erwarten, Teil 3 zu lesen. Leider müssen wir uns damit noch bis Oktober gedulden.

Fazit: Spannend, emotional, episch und eine unvorstellbar fantasiereiche, aber auch auf eine Weise brutal realistische Welt wartet hier auf den Leser. Diese Reihe ist mein Fantasy-Highlight in diesem Jahr. Unbedingt lesen!

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