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Veröffentlicht am 15.07.2024

Jesses am Balken, was für ein Buch!

Mitternachtsschwimmer
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Worum geht’s?

Wir lernen Ballybrady, ein kleines Dorf an der irischen Küste und seine Bewohner kennen. Allen voran die kratzbürstige Grace, die ein recht zurückgezogenes Leben führt und sich nebenbei ...

Worum geht’s?

Wir lernen Ballybrady, ein kleines Dorf an der irischen Küste und seine Bewohner kennen. Allen voran die kratzbürstige Grace, die ein recht zurückgezogenes Leben führt und sich nebenbei Geld dazuverdient, indem sie ein Cottage an Touristen vermietet. Touristen wie Evan, der nach einem harten Schicksalsschlag wenigstens für einige Zeit vor seinem Leben fliehen will. Dann kommt der Lockdown, Evan strandet in Ballybrady und lernt dort dank Grace und den übrigen Dorfbewohnern, dass es auch in den düstersten Momenten Hoffnung gibt.

Wie war’s?

Ich war von diesem Roman hellauf begeistert. Die gesamte Küstenatmosphäre erwacht auf wunderbare Weise zum Leben und man begleitet die Protagonisten auf Schritt und Tritt. Dieses Buch hat mich in den Urlaub auf die Nordseeinsel Juist begleitet und ich habe beim Lesen des Öfteren gedacht: Ja, genauso muss es sich im Lockdown an der Küste angefühlt haben, als die Bewohner von jetzt auf gleich unter sich waren.

»Als sie das Gefühl hinterfragte, stellte sie überrascht fest, dass ihr tatsächlich etwas fehlte. Keine Touristen. Keine Trottel aus der Stadt außer dem einen im Cottage. Ohne die ganzen nervigen Armleuchter war der Ort gespenstisch still. Das Meer rauschte Beifall heischend am Strand herum, und auch sie kam sich komisch vor, ohne Kontext, regelrecht haltlos.«

Vor allem die auf den ersten Blick sehr kratzbürstige, raubeinige Grace mit ihrem wunderbar trockenen Humor ist mir beim Lesen richtig ans Herz gewachsen. Auch sie trägt nach einem schlimmen Erlebnis einiges an Gepäck mit sich herum und man erfährt nach und nach, warum sie sich nach außen so unnahbar gibt. Die Entwicklung, die sie im Laufe des Buches durchmacht, finde ich beachtlich.


Fazit

Auf den ersten Blick habe ich bei diesem Roman gedacht: o je, Corona und Lockdown, wer hat denn darauf noch Lust? Doch das ist eines der Bücher, die ich nach dem Lesen wehmütig zugeklappt habe, etwas traurig, dass es schon vorbei war. Gerne hätte ich Grace, Evan, seinen Sohn Luca und die Bewohner von Ballybrady noch ein wenig länger begleitet. Roisin Maguires Schreibstil gefällt mir sehr und ich werde die Autorin auf jeden Fall im Auge behalten.

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Veröffentlicht am 17.06.2024

Ein hartes, aber wichtiges Buch

Der Wind kennt meinen Namen
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Worum geht’s?

Flüchtlingsschicksale gibt es wie Sand am Meer, danach hat sich seit dem zweiten Weltkrieg nichts geändert.

In »Der Wind kennt meinen Namen« begleiten wir gleich mehrere Menschen, die aufgrund ...

Worum geht’s?

Flüchtlingsschicksale gibt es wie Sand am Meer, danach hat sich seit dem zweiten Weltkrieg nichts geändert.

In »Der Wind kennt meinen Namen« begleiten wir gleich mehrere Menschen, die aufgrund von Krieg und Gewalt ihre Heimat verlieren.

Den kleinen Samuel Adler, der nach der Pogromnacht von seiner Familie aus Wien nach England geschickt wird, um ihn vor den Nazis in Sicherheit zu bringen.
Leticia, die nach einem Massaker an der Zivilbevölkerung mit ihrem Vater aus El Salvador in die USA fliehen muss.
Selena, die sich im Magnolia-Projekt für Geflüchtete und Einwanderer einsetzt, für das sie Frank, einen Anwalt, gewinnen kann.
Und schließlich die kleine Anita, deren Mutter auf der Flucht in die USA festgenommen und von ihrer Tochter getrennt wird.


Wie war’s?

Isabel Allende, ein großer Name, den ich irgendwie seit »Das Geisterhaus« jahrelang aus den Augen verloren hatte.

Bei »Der Wind kennt meinen Namen« rechnete ich von vorneherein mit schwieriger Kost, und die Vermutung hat sich bestätigt.

Ein ernstes, oft schwer zu ertragendes, aber wichtiges Buch, das uns vor allem in der heutigen Zeit dazu anregt, über unseren Umgang mit Geflüchteten nachzudenken und bei aller Kritik, die heute an der Einwanderungspolitik überall immer lauter zu werden scheint, nie die Menschlichkeit aus den Augen zu verlieren.

Wenn mich an dieser Geschichte eins begeistert hat, dann, wie gekonnt Allende alle Fäden der einzelnen Schicksale so gekonnt zusammenführt. Das Ende hat mich hier voll und ganz überzeugt.

Fazit

Kein vergnüglicher Unterhaltungsroman, der sich locker liest, aber ein wichtiges, warmherzig erzähltes Buch. Es zeigt uns, dass heute im Grunde jeder in die Situation kommen kann, plötzlich aus seinem Land fliehen zu müssen, dass aber andererseits auch scheinbar ausweglosen Situationen immer noch ein Happy End möglich ist.

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Veröffentlicht am 06.06.2024

Einsteigen auf eigene Gefahr! Ein Buch, das Leser:innen mit auf eine unvergessliche Reise nimmt

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
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Worum geht’s?

Der Transsibirien-Express verkehrt auf der Strecke von Peking nach Moskau, unterwegs geht die Reise quer durchs Ödland – eine geheimnisvolle, düstere Landschaft, in der unbekannte Gefahren ...

Worum geht’s?

Der Transsibirien-Express verkehrt auf der Strecke von Peking nach Moskau, unterwegs geht die Reise quer durchs Ödland – eine geheimnisvolle, düstere Landschaft, in der unbekannte Gefahren lauern. Alle Fahrgäste, die diese gefährliche Reise wagen, haben ihre ganz eigenen Hintergründe und Motive. Ein Kind, das nie etwas anderes gekannt hat als den Zug, eine trauernde Frau, die unter falschem Namen reist, ein Naturforscher, der einen Fehler gemacht hat und von Gott und der Welt verspottet wird.

Wie war’s?

Es fällt mir schwer, meine Begeisterung über dieses Buch in Worte zu fassen, das auch mich mit auf eine Reise genommen hat.

Einem bestimmten Genre lässt es sich kaum zuordnen. Irgendwo zwischen Fantasy, einer Art Märchen für Erwachsene und immer auch ein bisschen Gänsehaut und Grusel.

Die Darstellung der Charaktere ist brillant, sie wurde vor meinen Augen lebendig, besonders gut konnte ich mich in die Freundschaft zwischen Weiwei, dem Zugkind, und der geheimnisvollen Elena einfühlen.

Der Aufbau der Erzählung ist äußerst geschickt, als Leser:in wird man stets bei der Stange gehalten, es entwickelt eine richtige Sogwirkung, die einen nur so durch die Kapitel fliegen lässt.

Gerade die Tatsache, dass zu Anfang gar nicht klar ist, was genau nun da draußen lauert, warum manchmal die Vorhänge zugezogen werden, damit die Passagiere nichts sehen und somit nicht Gefahr laufen, am Ödlandweh zu erkranken, hat mich besonders gepackt. Natürlich möchte man unbedingt herausfinden, was genau da draußen sein Unwesen treibt, und kann deshalb kaum aufhören zu lesen.

Das ist so ein Buch, bei dem ich gerne wissen würde, was genau sich die Autorin gedacht hat. Wollte sie einfach nur eine geniale Geschichte erzählen? Ist dieses »Ödland« zwischen China und Russland mit seinen unbekannten Gefahren vielleicht auch als Anspielung auf die politische Situation zu verstehen? Oder sollen wir darüber nachdenken, welche Auswirkungen Reisen auf unsere Umgebung haben können? Wie auch immer die Antwort lauten würde, die Geschichte hat mich voll und ganz überzeugt.

Fazit

Gelesen habe ich 2024 schon einige Bücher. Das Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland ist sicherlich eines meiner bisherigen Lesehighlights. Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt. Eine Lektüre, die einen aus dem Alltag entführt und auf eine Reise schickt, und genau das macht für mich ein gutes Buch aus.

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Veröffentlicht am 04.06.2024

Warmherzig erzählter Feel-good-Roman

Das Lied der Biene
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Das Lied der Biene von Gabriela Groß

Worum geht’s?

Mit Mitte vierzig steckt Protagonistin Marga seit Jahren im gleichen Trott fest. Nicht genug, dass sie der Wecker täglich mit dem gleichen Whitney Houston-Song ...

Das Lied der Biene von Gabriela Groß

Worum geht’s?

Mit Mitte vierzig steckt Protagonistin Marga seit Jahren im gleichen Trott fest. Nicht genug, dass sie der Wecker täglich mit dem gleichen Whitney Houston-Song aus dem Schlaf reißt, auch sonst läuft das Leben der Haushälterin in eingefahrenen Bahnen. Als die Verlobte ihres Chefs bei einem tragischen Unglück im Pool ums Leben kommt, sucht Marga nach einem Weg, dem Chef in seiner Trauer zu helfen und schreibt ihm eine anonyme Mail. Daraus entsteht schon bald ein angeregter Austausch, in dem wir als Leser: innen auch immer mehr über Margas Vergangenheit erfahren. Als Marga ihren Chef Paul zu einer Geschäftsreise nach Lissabon begleitet, kommt schließlich doch noch ans Licht, wer hinter den E-Mails steckt. Ob das nun damit endet, dass Marga ihren Job verliert, oder ob die beiden vielleicht sogar zueinander finden, dürft ihr gerne selbst herausfinden.

Wie war’s?

Gabriela Groß war mir bisher kein Begriff und dementsprechend unvoreingenommen bin ich an das Buch herangegangen, das mich sehr begeistert hat.

Angefangen beim hübschen Cover, das einen direkt in eine sommerliche Urlaubsstimmung versetzt. Der Roman liest sich locker weg und lädt dazu ein, ihn einem Rutsch zu verschlingen. Die Charaktere haben mir sehr gut gefallen, allen voran Marga, mit der ich mich in vielen Punkten identifizieren konnte. Gerade Marga macht im Laufe der Handlung eine erstaunliche Entwicklung durch und fängt an, das Leben immer mehr auszukosten und mutiger zu werden. Diese Szene, in der sie sich trotz ihrer Ängste plötzlich freischwimmt, hat mich sehr beeindruckt. Auch ihre beiden Freundinnen Eva und Kirsten sind wirklich erfrischend und sorgen für immer neuen Schwung in der Geschichte. Paul Alprecht, Margas Chef, ist ein weiterer äußerst interessanter Charakter, der mit Tochter Inga nochmal eine ganz andere Tiefe und neue Konflikte mitbringt, welche die Geschichte bereichern.

Fazit:

Für mich war das Buch ein echter Feel-Good-Roman, in den man sich super hineinfallen lassen und darin abtauchen kann.
Für alle, die noch auf der Suche nach der passenden Urlaubslektüre für den Sommerurlaub oder ein gemütliches Wochenende auf Balkonien sind, eine unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 28.05.2024

Queere Beziehungskisten mit viel Humor

Das glückliche Paar
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»Das glückliche Paar« von Naoise Dolan (übersetzt von Anke Caroline Burger)

Worum geht’s?

Celine liebt Luke – also irgendwie wenigstens. Viel wichtiger sind ihr jedoch ihre 88 schwarz-weißen Klaviertasten. ...

»Das glückliche Paar« von Naoise Dolan (übersetzt von Anke Caroline Burger)

Worum geht’s?

Celine liebt Luke – also irgendwie wenigstens. Viel wichtiger sind ihr jedoch ihre 88 schwarz-weißen Klaviertasten.
Luke liebt Celine – unter anderem. Auch sein Ex Archie spielt noch eine wichtige Rolle und richtig entscheiden kann er sich nicht.
Eine Hochzeit steht an – doch ob die wohl stattfinden wird?

Wie war’s?

Ich habe mich diesem Buch ohne große Erwartungshaltung genähert und wurde positiv überrascht.
Was die Bewerbung des Buches mit »Jane-Austen-Roman für das 21. Jahrhundert« angeht, so fehlen mir die Vergleichsmöglichkeiten, da ich leider (Schande über mein Haupt) noch nie was von Jane Austen gelesen habe.

Hier präsentieren sich gleich mehrere moderne Beziehungskisten der allesamt queeren Protagonisten.
Allen voran Pianistin Celine, die früher mal mit Maria, ihrer ehemaligen Kommilitonin und ebenfalls Pianistin, zusammen war. Celine plant die Hochzeit mit Luke, doch der spielt keine Hauptrolle in ihrem Leben, sondern ist eher schmückendes Beiwerk. Das zeigt sich schon, als sich Celine bei einer Parisreise absetzt, um sich stattdessen mit Musik zu beschäftigen.
Luke, der sich von seiner eigenen Verlobungsfeier absetzt und irgendwie immer noch sehr an seinem Ex Archie, dem Anwalt mit dem Drogenproblem, hängt und sich etliche Aktionen leistet, bei denen jede Frau mit etwas Selbstachtung ihn längst verlassen hätte.

Am besten hat mir hier allerdings eine Nebenperson gefallen, Celines Schwester Phoebe. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, bringt die Dinge stets auf den Punkt, beispielsweise mit der Frage: »Wo ist dein Fickfehler von einem Verlobten?«

Besonders amüsiert habe ich mich über die diversen Aufstellungen (die ich als Frau, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt, nur zu gut aus eigener Erfahrung kenne). Allen voran: Welche von euch ist der Mann? 

Fazit:

Ich persönlich spreche hier eine absolute Leseempfehlung aus, habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und den trockenen Humor von Dolan sehr genossen.


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