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Veröffentlicht am 08.08.2024

Liebesgeschichte mit wichtigen gesellschaftskritischen Themen

Ava liebt noch
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Ava ist 43, hat 3 Kinder, lebt in einem großen Haus mit ihrem Mann, der eine Kanzlei hat. Ihr Mann überlässt die Kinderversorgung und Familienarbeit ihr. Finanziell geht es ihnen gut. Doch Ava fühlt sich ...

Ava ist 43, hat 3 Kinder, lebt in einem großen Haus mit ihrem Mann, der eine Kanzlei hat. Ihr Mann überlässt die Kinderversorgung und Familienarbeit ihr. Finanziell geht es ihnen gut. Doch Ava fühlt sich in ihrem Leben gefangen und erschöpft durch die Familienarbeit.
Beim Einkaufen im Supermarkt begegnet sie Kieran, der dort Regale einräumt. Für Ava ist Kieran eine besondere Begegnung. Sie schwärmt von ihm und sucht jedes Mal nach ihm, wenn sie einkaufen ist, nur um ihn zu sehen.

Nachdem ihre Tochter einen Unfall im Schwimmunterricht hat, sieht sie Kieran, den Schwimmlehrer ihrer Tochter, im Krankenhaus wieder. Was für Ava anfangs nur eine Schwärmerei ist, entwickelt sich zu einer großen Liebe, die die Jahre überdauert. Ava genießt kurze Zeiten der Freiheit mit Kieran, die sie zuletzt erlebt hat, bevor sie Kinder bekommen hat. Aber auch Kieran trägt sein Päckchen und hat Lebensaufgaben zu bewältigen.
Das erste Drittel des Buches gefällt mir gut. Besonders der Aufbau und die Entwicklung der Geschichte. Ich konnte mich in Avas und in Kierans Geschichte einfühlen. Über das Buch hinweg gab es immer wieder Stellen, die ich schön geschrieben fand, weil die Sätze für mich zeitlos sind. Dass Ava und Kieran ihre Gedanken und Erlebnisse jeweils aus ihrer Sicht erzählen, hat mir sehr gut gefallen. Zeitweise hatte ich dennoch Probleme mich zu orientieren, wer gerade erzählt.
Nach dem ersten Drittel des Buches ging mir einiges zu schnell, war zu glatt oder zu einfach. Vielleicht war es auch zu viel für diesen Text, sodass einiges zu kurz kam. Da war z.B. der berufliche Wiedereinstieg von Ava. Als dreifache Mutter sieben Jahre aus dem Beruf zu sein und dann scheinbar so einfach einen Teilzeitjob als Lektorin zu finden. Das entspricht nicht der Realität.
Die Krebserkrankung ist mir auch zu einfach und schnell abgehandelt. Das wirkt unrealistisch. Ich empfand es als zu viel Drama, das wiederum textlich nicht tief genug ausgearbeitet wurde. Man hätte es auch weglassen können, ohne dass es sich nachteilig für die Geschichte ausgewirkt hätte oder bearbeitet das Thema tiefer.
Die „Aufsteigergeschichte“ von Kieran ist mir zu glatt. Das Literaturstudium und die Herausforderungen als Kind aus einfachen Verhältnissen waren teilweise noch gut dargestellt. Der Master in den USA, der „einfach“ erhaltene Platz an einer der renommiertesten Journalistenschulen und die anschließende Journalistenkarriere fand ich etwas konstruiert. Da muss man schon sehr viel Glück haben. Kierans Laufbahn ist einfach nicht repräsentativ. Selbst die renommierten Journalistenschulen schreiben, dass sie nicht mehr alle Absolventen prominent unterbringen. Ganz zu schweigen von Menschen, die aus einfachen sozialen Milieus im Journalismus aufsteigen wollen.
Ab Seite 140 fliegen die Jahre nur so dahin. Mit dem Alter der Protagonisten habe ich mich deshalb im Laufe des Romans schwergetan. Oft habe ich mich gefragt, wie alt wer jetzt gerade ist, in dieser speziellen Situation bzw. wann was passiert.
Als Film würde sich die Story sicherlich sehr gut eignen. Da hätten die vielen Szenenwechsel über die vielen Jahre besser gepasst. In einem 300-Seiten-Buch die Lebensgeschichte einer Person von 43 Jahren bis in ihre 60er und einer weiteren Person von 24 bis in die 40er zu beschreiben, finde ich ambitioniert. Wichtige Themen sind mir zu kurz gekommen.
Über die Kinder erfährt man und ihre Gefühle erfährt man wenig. E sind eher „Schlaglichter“. Über Kierans Vergangenheit erfährt man nicht viel, über Avas Vergangenheit nichts. Dennoch finden sich gute Ansätze und wichtige Themen im Buch, wie die Tochter, die später als alleinerziehende Mutter lebt. Dann der Sohn, der Herausforderungen hat und die zweite Tochter, die mit einer Frau zusammenlebt.
Aufgrund der inhaltlichen Anmerkungen ist es für mich in erster Linie ein Liebesroman. Durch den Klappentext hatte ich etwas anderes erwartet. In Teilen ist es eine traurige Geschichte mit tränenreichen Szenen, wobei das Ende wieder versöhnlich stimmt. Es hätte auch ein gesellschaftskritischer Roman werden können, aufgrund der im Buch erwähnten wichtigen Themen.
Am Ende hat mich das Buch dennoch tief bewegt und nachdenklich gemacht. Es ist aber ein in erster Linie unterhaltsames Buch. Als Liebesroman völlig in Ordnung. Die benannten Themen, die sehr aktuell sind, finde ich aber zu wichtig, um sie ausschließlich in dieser Form zu verarbeiten. Daher meine inhaltlichen Einschränkungen. Sprachlich betrachtet ist der Roman flüssig und schnell zu lesen.

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Veröffentlicht am 15.07.2024

Eine ruhige Geschichte, umgeben von den Naturgewalten an Irlands Küsten

Mitternachtsschwimmer
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Grace, menschenscheu und etwas eigen, lebt in Ballybrady, einem kleinen Dorf an der irischen Küste. Sie liebt das Meer, quilten und ist gerne mit ihrem Hund unterwegs. Für Touristen vermietet sie ein Cottage, ...

Grace, menschenscheu und etwas eigen, lebt in Ballybrady, einem kleinen Dorf an der irischen Küste. Sie liebt das Meer, quilten und ist gerne mit ihrem Hund unterwegs. Für Touristen vermietet sie ein Cottage, in welches sich Evan aus Belfast für eine Woche einquartiert. Er sucht eine Auszeit vom Finanzjob und eine Möglichkeit, um den Tod seiner als Baby verstorbenen Tochter zu verarbeiten. Der Aufenthalt soll auch die kriselnde Ehe mit Lorna zu retten.

Kurz nach Evans Ankunft beginnt der Lockdown. Evan ist gezwungen, länger zu bleiben. Er trinkt zu viel, seinen Job hat er satt und auch mit seinem Geschäftspartner fühlt er sich nicht wohl. Am Tod der Tochter zerbricht er fast, genauso wie seine Ehe.
Lorna gilt als systemrelevant. Sie schafft es wegen der Arbeit nicht mehr, sich um Luca, der taub ist, zu kümmern. Sie bringt ihn zu Evan. Luca zeigt seinem Vater entweder die kalte Schulter oder streitet mit ihm. In Ballybrady beginnt Luca sich für Meerestiere zu interessieren und folgt dieser Passion direkt am Meer. Seine Liebe zur Natur teilt er mit Grace, der er mehr vertraut als seinem Vater.
Evan versucht verzweifelt, die Distanz zwischen sich und seiner Frau Lorna aufzubrechen. Auch von seinem Sohn fühlt er sich ins Abseits gedrängt und auf Distanz gehalten.
Grace, die ein eigenes schlimmes Schicksal trägt und sich von Menschen weitestgehend fernhält, findet den in ihrem Heimatdorf gestrandete Evan mehr und mehr sympathisch. Eingestehen will sie sich das aber nicht. Mehrfach rettet sie Evan aus misslichen Situationen. Als Luca verschwindet, ist sie diejenige, die die Nerven behält.

Sprachlich wunderschön geschrieben für Naturfreunde, Angelfreunde und Freunde der irischen Küste, des rauen und einfachen Lebens. Den Anfang fand ich gut, weil er mich zum Lachen brachte und man könnte Kritik an eine bestimmte Sorte Tourist:innen vermuten.
Inhaltlich hat mich die Geschichte im weiteren Verlauf leider nicht sehr überzeugt. Der Lockdown und seinen Auswirkungen auf das Leben der Menschen sind eher Randerscheinungen. Die Geschichte hätte auch ohne Lockdown gut erzählt werden können, ohne das Wesentliches verloren gegangen wäre. Vielleicht betraf es die Leute auf dem Land weniger, aber von der Angst und Verzweiflung andernorts war nichts zu spüren. Und die vielen Toten waren auch mit nur einem Satz gewürdigt.
Die Krise zwischen Evan und seiner Frau am Anfang fand ich sehr realistisch. Ich fühlte mich, als wäre ich dabei und kann Lorna in dieser Situation mit ihrem Mann sehr gut nachempfinden. Im Laufe der Geschichte wird sie mir allerdings immer unsympathischer.
Wie sich Evan nach dem Tod der Tochter fühlt, war am Anfang des Buches auch wunderbar dargestellt. Letzten Endes kommt es aber zu keiner richtigen Aussprache in der Familie. Schade! Außerdem fand ich, dass sich Lornas innerer Konflikt, was ihren Sohn betrifft, am Ende zu schnell und glatt auflöst. Auch die lange Beschreibung der Suche nach dem Jungen, die dann ganz anders endet und wohl als Spannungsaufbau gedacht war, hat mich nicht gepackt. Positiv aufgefallen ist mir, dass eine Figur im Roman eine Beeinträchtigung hat, in diesem Fall taub ist. Das kommt in Geschichten nicht so häufig vor.
Grace passt mit ihrer Kargheit, Ruppigkeit und knappen Art sehr gut in ihre Heimat und in die Geschichte. Das gilt auch für die anderen Figuren Becky, Paddy, Frank, Maggie… Graces Schicksal erfährt man nur durch Dritte und ist mir zu wenig gewürdigt. Ihre Sicht tritt nur angedeutet in Erscheinung bzw. sie spricht nicht darüber.
Das Cover ist sehr schön mit der brausenden Meeresbrandung unter dunklen Wolken. Der auffällige gelbe Prägedruck gefällt mir sehr gut. Vielleicht ein Hinweis auf die nächtliche Rettungsaktion im Wasser mit Taschenlampen?
Es ist eine ruhige, leise Geschichte. Schön geschrieben am Anfang und am Ende. Besonders im letzten Drittel wird es etwas interessanter und spannender. Allerdings habe ich mich stellenweise mit dem Lesen schwergetan, weil mir die Handlung zu sanft und ruhig dahinplätschert. Eigentlich das Gegenteil von der aufbrausenden See auf dem Cover. Ich kann mir aber vorstellen, dass der Roman sicherlich sehr gut für Natur- und Irlandliebhaber geeignet ist und auch für die Leser:innen, die diese Art von Geschichte sehr mögen. Ich wünsche dem Buch und seiner Autorin ganz viel Erfolg!

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