Cover-Bild Ganz unten im System
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. Hirzel Verlag GmbH
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziale und ethische Themen
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 208
  • Ersterscheinung: 14.05.2024
  • ISBN: 9783777634081
Sascha Lübbe

Ganz unten im System

Wie uns Arbeitsmigrant*innen den Wohlstand sichern | Wo Ausbeutung und soziale Ungerechtigkeit Alltag sind: ein gesellschaftskritischer Blick in unsere Arbeitswelt

Arbeitsmigration in Deutschland: eine halblegale Schattenwelt

Sie malochen auf deutschen Baustellen, putzen Büros und Toiletten, machen Hotelbetten, waschen Pflegebedürftige in Altenheimen, sitzen im LKW oder schuften in Schlachthöfen: Arbeitskräfte aus dem Ausland stützen unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft. Die Gastarbeiter von heute sind nicht selten der Willkür ihrer Arbeitgeber ausgesetzt. Urlaub, Arbeitsunfälle und Krankheit gehen oft auf eigene Kosten.

Sascha Lübbe geht dorthin, wo es wehtut, dorthin, wo mitten im reichen Deutschland Ausbeutung von Arbeitnehmern an der Tagesordnung ist. Er besucht die Menschen, die oft ohne Rechte und ohne Respekt mit ihrer Arbeit unser System am Laufen halten.

  • Aufrüttelndes Sachbuch über die prekäre Beschäftigung von Ausländer*innen in Deutschland
  • Packende Erfahrungsberichte aus Bau- und Fleischwirtschaft sowie der Transportbranche
  • Die Schere zwischen arm und reich und die Rolle von Arbeitsmigration: eine kritische Analyse
  • Über den Wert von Arbeit und die Frage von Migration: Wichtiger Debatten-Beitrag zur Situation in Deutschland

Wohlstand durch Angst und Ausbeutung: Wie konnte es so weit kommen?

Beinahe unmerklich entwickelten sich in den letzten Jahren wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die prekäre Beschäftigung ermöglichten und soziale Gerechtigkeit aushöhlten. So entstand eine „Working Class" dort, wo kaum mehr Geld für Arbeit gezahlt wird: ganz unten. Sascha Lübbe zeigt auf, welche Faktoren zur Entstehung beitrugen, und dass es allerhöchste Zeit ist, mit Ressentiments aufzuräumen. Es geht ihm um nichts weniger als die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir miteinander leben – und arbeiten?

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.08.2024

Blick in den Abgrund: Ein wichtiges Buch, das hoffentlich nicht nur zum Nachdenken sondern auch zum Handeln anregt

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In - Ganz unten - nimmt uns der Journalist Sascha Lübbe mit auf eine Recherche im Schatten der deutschen Mehrheitsgesellschaft. Wobei im Schatten die Menschen leben, um die es geht, und die Regelungen ...

In - Ganz unten - nimmt uns der Journalist Sascha Lübbe mit auf eine Recherche im Schatten der deutschen Mehrheitsgesellschaft. Wobei im Schatten die Menschen leben, um die es geht, und die Regelungen stattfinden, denen sie unterworfen sind, ganz offen ist hingegen das Ergebnis, welches sie erwirtschaften, die Häuser, die sie bauen, die Wurst, die sie herstellen, die Waren, die sie liefern. Wir alle profitieren davon, und doch wissen wir nur wenig über die Bedingungen unseres Wohlstands und die Menschen, die diesen mit erwirtschaften, nicht selten auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit und eines Familienlebens in ihren Herkunftsländern.

Lübbe nähert sich der Thematik über drei zentrale Branchen, in denen die Beschäftigung von Menschen aus dem Ausland lange System und Tradition hat und in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stetig ausgebaut wurde - die Baubranche, die Fleischindustrie und das Transportwesen.

Im Mittelpunkt stehen die Arbeiterinnen, hier entscheidet sich Lübbe bewusst mit den Menschen zu sprechen, statt über sie. In jeder Branche macht sich der Autor engagiert auf die Suche in dem Milieu, recherchiert und interviewt Betroffene. So entsteht ein authentisches und erschreckendes Bild der Arbeits- und Lebenswelt der Arbeitsmigrantinnen, die in den untersuchten Branchen beschäftigt sind und deren Lebensrealität der Autor uns schonungslos vor Augen führt.

Man merkt deutlich, dass der Autor hier nicht stehen bleiben möchte und lediglich auf Betroffenheit, die schnell vergessen ist, abzielt. Er möchte verstehen, die Menschen, ihre Geschichte, aber auch das System, welches dahinter steht, wer profitiert und ganz besonders wie sich etwas daran ändern kann.

Dazu untersucht er die rechtlichen und politische Rahmenbedingungen, lässt Gewerkschafter, Politikerinnen und Sozialarbeiter, Beraterinnen, Unterstützerinnen und den Zoll zu Wort kommen und hakt auch bei den Verantwortlichen und Unternehmen selbst nach. So setzt sich nach und nach ein Bild zusammen von einem verzweigten Kosmos, in dem einige profitieren und viele leiden. Lübbe zeigt gekonnt auf, wie sich ein selbsterhaltendes System gebildet hat, das sich über diverse Abhängigkeiten stabilisiert und stetig weiterentwickelt, selten zum Vorteil der Arbeitsmigrantinnen am Ende der Pyramide.

Ein Muster wird in allen Branchen, die der Autor vorstellt, immer wieder deutlich, die Expansion nach Osten, auf der Suche nach noch billigeren Arbeitskräften, in Ländern, die wiederum einen noch niedrigeren Lebensstandard haben und deren Bevölkerung deshalb bereit ist zu zum Teil menschenunwürdige Bedingungen jenseits von Mindestlohn und gängigen Sozialstandards zu arbeiten. Dies ist ein Modell, das, ohne das der Autor darauf eingeht, die Textilindustrie bereits seit vielen Jahren und Jahrzehnten perfektioniert hat, zum Teil zum Preis von Menschenleben.

Was passiert, wenn diese Expansion ihr natürliches Ende erreicht? Was, wenn es keine ärmeren Länder und Menschen mehr gibt, die bereit sind sich auszubeuten zu lassen und ihr eigenes Leben zu riskieren, um den Wohlstand der westlichen Industrienationen mitzuerwirtschaften? Wird dann ein Umdenken stattfinden? Was muss, was wird bis dahin noch alles passieren? Sascha Lübbes Recherchen lassen daher für mich viele Fragen zurück, und dies im positivsten Sinne, denn er lädt ein auch über unsere eigene Rolle in diesem System und unser Engagement dagegen nachzudenken.

Ein kleiner Kritikpunkt war für mich, dass statistisch und begrifflich noch sauberer hätte gearbeitet werden können. Zum Teil wird die Grundgesamtheit in der Wiedergabe von Prozentzahlen nicht deutlich. Eventuell kann dies in einer folgenden Auflage noch korrigiert werden.

Sascha Lübbe zeigt in - Ganz unten - die Bedingungen für billiges Fleisch, günstige Pflegekräfte, billige Waren on-time: denn der Betrag an der Kasse mag günstig sein, es sind jedoch Arbeitsmigrant
innen, die dafür mit ihrer Gesundheit, zum Teil ihrem Leben, einen teueren Preis bezahlen. Es ist ein menschenverachtendes System, das dies ermöglicht, es mag aufgrund der Vielzahl der Akteure auf innerstaatlicher und europäischer Ebene kompliziert sein etwas daran zu ändern, aber, auch das sollte jeder Leserin nach der Lektüre klar sein - wir müssen es versuchen!

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Veröffentlicht am 17.07.2024

Der Reichtum weniger basiert auf der Armut von vielen

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Sascha Lübbe, ein erfahrener Reporter mit dem Fokus auf Migration und soziale Ungleichheit, hat mit "Ganz unten im System" eine wichtige Recherche zu Papier gebracht. Das Buch beleuchtet die prekären Lebens- ...

Sascha Lübbe, ein erfahrener Reporter mit dem Fokus auf Migration und soziale Ungleichheit, hat mit "Ganz unten im System" eine wichtige Recherche zu Papier gebracht. Das Buch beleuchtet die prekären Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen, die nach Deutschland kommen, um in Branchen wie der Bau- oder Transportwirtschaft zu arbeiten.

Neben den bewegenden Einzelschicksalen erläutert Lübbe einige gesetzliche und politische Rahmenbedingungen, die zu diesen Missständen führen. Er zeigt auf, wie die deutsche Wirtschaft teilweise auf der systematischen Ausnutzung ausländischer Arbeitskräfte basiert und wie Kontrollinstanzen oft überfordert oder gleichgültig sind.

Besonders eindrucksvoll ist Lübbes Methode, die Betroffenen selbst zu Wort kommen zu lassen. Dadurch entsteht ein lebendiges und authentisches Bild der Situation. Die Geschichten der Arbeiter, ihre Chefs, Unterstützer, Kontrolleure und Berater werden detailliert dargestellt und führen dem Leser die vielen Facetten des komplexen Themas vor Augen.

Die Kapitel des Buches sind gut strukturiert und leicht verständlich geschrieben. Der Autor wechselt zwischen persönlichen Erzählungen und analytischen Passagen, was die Lektüre abwechslungsreich und spannend macht. Lübbe nimmt den Leser mit auf Baustellen, in die Fleischindustrie und die Transportbranche, wo er erschütternde Zustände dokumentiert. Die oft unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen werden eindrucksvoll geschildert. Besonders aufrüttelnd sind die Geschichten über Lohnbetrug, Bedrohungen und die schwierige Lage der Arbeiter in der Transportbranche, die ihre Familien kaum sehen und bei Regelverstößen persönlich haftbar gemacht werden.

"Ganz unten im System" legt die Finger in die Wunden unseres Wirtschaftssystems und zeigt, dass die Würde des Menschen oft dem Profitstreben untergeordnet wird. Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Es ist sowohl informativ als auch bewegend und bleibt lange im Gedächtnis. Sascha Lübbe hat mit "Ganz unten im System" ein eindrucksvolles und wichtiges Werk geschaffen, das die unschönen Seiten unseres Wohlstands offenlegt und die Notwendigkeit von Reformen unterstreicht. Aber auch das eigene Konsumstreben gilt es zu überdenken.

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Veröffentlicht am 16.07.2024

Wo bleibt hier die Würde des Lebens?

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„...Wer sind die Menschen, die ihre Heimat verlassen, um hier genug Geld für ein besseres Leben für sich und ihre Familien anzusparen? Die dafür in Baracken hausen, in ihren Autos schlafen. Die um ihren ...

„...Wer sind die Menschen, die ihre Heimat verlassen, um hier genug Geld für ein besseres Leben für sich und ihre Familien anzusparen? Die dafür in Baracken hausen, in ihren Autos schlafen. Die um ihren Lohn betrogen, teils auch bedroht und geschlagen werden...“

Diese Frage stellt der Autor im Vorwort seines Buches. Danach veröffentlicht er ein paar Zahlen, bevor er sich drei Branchen konkret zuwenden. Es sind Menschen, mit denen er ins Gespräch kommt und die ihm erzählen., wie sie in Deutschland arbeiten und leben.
Als erstes begibt sich der Autor auf Baustellen. Es ist erschütternd, was er dort erfährt. Gerechte Bezahlung und menschenwürdige Wohnungen sind die Ausnahme. Einer der Arbeiter hat für sich die folgende Schlussfolgerung gezogen:

„...Er hat in Deutschland so viele Arten gesehen, andere abzuzocken. Wenn er in der Heimat ist, probiert er es auch...“

In der Fleischindustrie gibt es seit der Pandemie neue Gesetze. Was ab er nutzen Gesetze, wenn niemand ihre Einhaltung kontrolliert? Trotzdem wird man vielleicht schon in naher Zukunft umdenken müssen. Die Fluktuation ist hoch, neue Arbeiter werden meist mit falschen Versprechen angelockt.
In der Transportbranche arbeiten zunehmend Fahrer aus Usbekistan. Sie sehen ihre Familien kaum. Bei Verstoß gegen die Fahrzeiten ist der Fahrer dran, nicht der Transportunternehmer. Hier gab es schon Streiks der Fahrer.

„...Ihr Firmenchef wird versuchen, die Männer zur Weiterarbeit zu bewegen. Als das nicht fruchtet, wird er eine paramilitärische Einheit schicken...“

Und das mitten in Deutschland?
Spannend fand ich den folgenden Abschnitt, wo der Autor einen Tag lang Mitarbeiter des Zolls begleitet hat.
Die letzten drei Kapitel versuchen, hinter die Ursachen zu kommen und Zusammenhänge darzulegen. Es gibt konkrete Vorschläge, was geändert werden könnte.
Der Schriftstil des Buches ist weitgehend sachlich und lässt sich flott lesen. Trotzdem bleiben manche Situationen auch für den Leser unerträglich. Wie ist es dann erst für die Betroffenen?
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es legt gekonnt die Finger in die Wunden unseres Wirtschaftssystems und zeigt, dass die Würde des Menschen keine Rolle spielt, wenn es um Profit geht.

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