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Veröffentlicht am 16.08.2024

Besonderer Roman über Kunst und das Erwachsenwerden

Der Distelfink
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Theo ist 13 Jahre alt, als seine Mutter bei einer Explosion in einem New Yorker Museum umkommt. Außerdem gelangt dabei verbotenerweise ein Kunstwerk in seinen Besitz, der Distelfink.
Während Theo immer ...

Theo ist 13 Jahre alt, als seine Mutter bei einer Explosion in einem New Yorker Museum umkommt. Außerdem gelangt dabei verbotenerweise ein Kunstwerk in seinen Besitz, der Distelfink.
Während Theo immer weiter in einen Strudel aus Trauer, Lügen, falschen Entscheidungen gerät, scheint das Gemälde die einzige Konstante in seinem Leben zu bleiben, ihn auf merkwürdige Weise zu faszinieren.

Aufgrund seines gewaltigen Umfangs (über 1000 Seiten) lag “Der Distelfink” lange ungelesen in meinem Regal. Dies war aber absolut unbegründet, denn schon nach kurzer Zeit hat mich das Buch - ebenso wie das Gemälde es bei Theo getan hat - in seinen Bann gezogen.
Gerade durch die hohe Seitenzahl lernen wir die Charaktere außerordentlich gut kennen, es ist, als seien sie Personen aus dem realen Leben und keine Fiktion.
Dem Buch zu folgen, war wie das Anschauen einer guten Serie: Nach jedem Kapitel wollte ich “nur noch eine Folge schauen”, wollte noch tiefer in die Geschichte eintauchen.
Wir folgen Theo beim Erwachsenwerden und doch ist es kein reiner Coming-of-Age-Roman. Es geht um Freundschaft, Liebe, um Kunst, um Richtig und Falsch, um Verlust und Verrat.

Donna Tartt hat einen ruhigen und sachlichen Erzählton und schafft es trotzdem, ihre Leserinnen zu berühren - sowohl emotional als auch intellektuell. Viele Tempowechsel sorgen für die nötige Spannung; in der einen Szene werden detailliert Kleinigkeiten beschrieben, in der nächsten überschlagen sich die Ereignisse.
Und doch ist es nicht die Geschichte an sich, die mich überzeugt hat, sondern hauptsächlich die Charaktere, die ich gerne auch noch auf 1000 weiteren Seiten begleitet hätte.

Kurzum: “Der Distelfink” hat mich komplett in seinen Bann gezogen und ich kann es allen Liebhaber
innen von ruhigerer Literatur ans Herz legen. ⭐️5/5⭐️

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Veröffentlicht am 08.08.2024

Stimmungsvoller Roman

Ein Lied über der Stadt
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Franken, 1929: Die junge Luise hat nur einen Traum: Sie möchte das Fliegen lernen.
Allen Widerständen zum Trotz geht sie nach München und wird Pilotin.
Sechs Jahre später kehrt sie zurück und muss feststellen, ...

Franken, 1929: Die junge Luise hat nur einen Traum: Sie möchte das Fliegen lernen.
Allen Widerständen zum Trotz geht sie nach München und wird Pilotin.
Sechs Jahre später kehrt sie zurück und muss feststellen, dass sich durch die politische Lage alles in ihrem Dörfchen verändert hat. Und nicht nur das: Ihr Vater und ihr Jugendfreund Georg sind in Gefahr, denn sie rebellieren gegen die Nationalsozialisten.

Über Ewald Arenz’ Schreibstil muss ich wohl nicht mehr viel sagen, außer: er brilliert auch in diesem Roman wieder einmal. Er ist wortgewandt und ansprechend, trotzdem nicht hochgestochen oder unnatürlich und einfach sehr angenehm zu lesen.
Der Inhalt ist interessant, wenn auch nicht unbedingt etwas Neues und teils vorhersehbar (bis auf das unglaubliche spannende Ende), aber das hat dem Lesevergnügen keinen Abbruch getan, denn: Arenz ist für mich der Meister der Stimmungen und das beweist er mit diesem Roman wieder einmal mehr als deutlich. Luises anfänglicher Wunsch nach dem Fliegenlernen ist ebenso greifbar wie die Bedrückung durch die politische Lage im zweiten Teil und die Freiheit, die Luise im Gegensatz dazu beim Fliegen empfindet.
Auch hat der Autor es wieder einmal geschafft, mich in eine andere Epoche zu versetzen und mir den damaligen Zeitgeist näherzubringen.

“Ein Lied über der Stadt” ist nicht einfach ein weiterer Roman, der im Nationalsozialismus spielt. Er ist so klug geschrieben, dass man die beklemmende Stimmung der damaligen Zeit geradezu spürt. Im krassen Gegensatz dazu stehen Mut, Liebe und Güte der Protagonisten. Für mich definitiv eins der besten Bücher des Autors. ⭐️5/5⭐️

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Veröffentlicht am 17.07.2024

Spannendes Psychogramm einer Mutter

Kleine Monster
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Pia und Jakob werden ins Schulbüro gerufen: Ihr siebenjähriger Sohn soll einer Mitschülerin gegenüber sexuell übergriffig geworden sein?
Während Jakob dem Mädchen glaubt, hat Pia Zweifel. Sie möchte die ...

Pia und Jakob werden ins Schulbüro gerufen: Ihr siebenjähriger Sohn soll einer Mitschülerin gegenüber sexuell übergriffig geworden sein?
Während Jakob dem Mädchen glaubt, hat Pia Zweifel. Sie möchte die Wahrheit von ihrem Sohn hören, versucht es mit allen Mitteln. Doch der schweigt.
Und während sie sich mit dem Problem auseinandersetzt, kommt mehr und mehr ihr eigenes Kindheitstrauma zutage. Denn sie weiß sehr wohl, dass Kinder “kleine Monster” sein können.

Jessica Lind erschafft mit ihrem neuesten Roman ein fesselndes Familiendrama. Sie legt das Hauptaugenmerk dabei auf Pias Psyche.
Kurze, szenische Kapitel wechseln zwischen der Gegenwart und ihrer eigenen traumatischen Vergangenheit, erzeugen dabei ein hohes Erzähltempo und bedrückende Spannung.
In “Kleine Monster” geht es um die Ambivalenz des Elternseins, um verschiedene Erziehungsmethoden, um Trauer, Schuld und Verdrängen. Auf 250 Seiten entsteht hier eine enorme Themendichte und doch wirkt es nicht überladen.

In vielen Gedanken um Pias Sohn konnte ich mich selbst wiederfinden: die Versuche, alles richtig und besser zu machen als die eigene Mutter; die Verzweiflung, wenn man sein Ziel nicht erreicht, weil das Kind eben ein eigener Mensch ist.
Auch die Vergangenheitskapitel sind sehr spannend: aus einer Kindheitsidylle wird schon bald ein Albtraum und man stellt sich mehr und mehr die Frage: Wer trägt die Schuld? Kann man überhaupt jemanden beschuldigen? Und gibt es von Natur aus böse Kinder?
Was steckt eigentlich hinter den Fassaden von vermeintlich perfekten Familien?

Der einzige Kritikpunkt ist für mich das recht offene Ende. Dennoch ist “Kleine Monster” für mich definitiv eines meiner Jahreshighlights und bekommt ⭐️5/5⭐️.

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Veröffentlicht am 01.07.2024

Tierischer Suchspaß

Mein Sachen suchen Wimmelbuch: Tiere und ihre Kinder
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In dem neuesten Wimmelbuch von Ravensburger dreht sich alles um die Tierwelt: auf sieben Doppelseiten werden verschiedene Lebensräume - z.B. Bauernhof, Wald, Nordpol, unter Wasser - dargestellt. Die Illustrationen ...

In dem neuesten Wimmelbuch von Ravensburger dreht sich alles um die Tierwelt: auf sieben Doppelseiten werden verschiedene Lebensräume - z.B. Bauernhof, Wald, Nordpol, unter Wasser - dargestellt. Die Illustrationen sind dabei sehr realitätsnah.
Was dieses Wimmelbuch besonders macht, sind die viele Klappen, die für extra viel Suchspaß sorgen.
Zu jedem Lebensraum gibt es einen kurzen, altersgerechten Erklärtext.
An der Seite findet man - wimmelbuchtypisch - die zu suchenden Tiere mitsamt ihrer Namen. Schön finde ich hierbei, dass es neben den klassischen Tieren, die jedes Kind kennt, auch außergewöhnlichere Arten gibt: das Rebhuhn, der Makifrosch etc.
Neben den Bezeichnungen für die jeweilige Tierart lernen Kinder gleich mit, wie der Nachwuchs aussieht genannt wird.
Da es so viel zu entdecken gibt, können sich die Kleinen wirklich lange und oft mit diesem Buch beschäftigen. Ich würde es ab einem Alter von ca. 18 Monaten empfehlen.

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Veröffentlicht am 27.05.2024

Ruhiger Krimi

Der Buchhändler
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Um einen Neuanfang zu starten, zieht Erik Lange in eine bayerische Kleinstadt . Die Wiedereröffnung der Buchhandlung nehmen die Dorfbewohnerinnen als Anlass, den freundlichen Zugezogenen besser kennenzulernen.
Als ...

Um einen Neuanfang zu starten, zieht Erik Lange in eine bayerische Kleinstadt . Die Wiedereröffnung der Buchhandlung nehmen die Dorfbewohnerinnen als Anlass, den freundlichen Zugezogenen besser kennenzulernen.
Als dann ein kleines Mädchen verschwindet, misstraut jeder jedem, bis eine heiße Spur zu Lange führt …

Obwohl das Cover etwas anderes vermuten lässt, ist “Der Buchhändler” ein eher ruhiger Thriller. Ich mochte es sehr, wie erst die Figuren vorgestellt wurden und sich dann nach und nach Spannung aufbaut.

Als Leser
in weiß man, dass Lange unschuldig ist und dass nur eine Person aus einer bestimmten Siedlung als Täter*in infrage kommt. Agatha-Christie-mäßig lässt Petra Johann ihre Ermittlerinnen jeden einzelnen davon befragen und obwohl man so immer mehr Personen ausschließen kann, tappt man doch bis zum Schluss im Dunkeln, was Täter und Motiv angeht.

Das Ende kam dann sehr abrupt, was mich aber nicht gestört hat. Ich brauche keinen langen Epilog, mir reicht es, dass der Fall zufriedenstellend aufgelöst wurde.

Der Beruf des Buchhändlers ist absolut unwichtig für die Geschichte, Lange hätte auch jeden anderen Job ausüben können. Für uns Bücherwürmer ist es aber ein nettes Gimmick.

Für mich war es also ein durch und durch gelungener Thriller mit authentischen Figuren, der nötigen Spannung (ohne Nervenkitzel und reißerische Floskeln) und einigen Überraschungsmomenten. ⭐️5/5⭐️

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