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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.06.2017

Leben ist das, was passiert, während wir damit beschäftigt sind, andere Pläne zu machen

Als wir unbesiegbar waren
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Mitte der 90er Jahre beenden die vier Freunde Eva, Benedict, Sylvie und Lucien ihr Studium an der Universität Bristol. Die Geschichte beginnt an einem warmen Sommertag, ihrem letzten gemeinsamen Tag in ...

Mitte der 90er Jahre beenden die vier Freunde Eva, Benedict, Sylvie und Lucien ihr Studium an der Universität Bristol. Die Geschichte beginnt an einem warmen Sommertag, ihrem letzten gemeinsamen Tag in Bristol. Die vier machen sich Gedanken, wie ihr Leben jetzt weitergeht und ob sie es schaffen werden, ihre Freundschaft aufrechtzuerhalten.

Ihre Zukunftsplanung könnte unterschiedlicher nicht sein. Eva hat vor, in der Londoner City als Investmentbankerin zu arbeiten, die Geschwister Sylvie und Lucien wollen erst mal durch Indien reisen, wobei Sylvie ihre Zukunft als gefeierte Künstlerin sieht, und Benedict macht seinen Doktor in Physik.
Wie zu erwarten, entfremden sich die Freunde im Laufe der Jahre, doch sie bleiben in Kontakt, auch wenn manchmal längere Zeit vergeht, bis sie wieder voneinander hören. Vieles entwickelt sich vollkommen anders als geplant und wir erleben die Höhen und Tiefen ihrer Beziehungen bis zum Jahr 2015.

Als wir unbesiegbar waren ist ein sehr vielschichtiger Roman. Es geht um Freundschaft, Liebe und Loyalität, aber auch um falsche Entscheidungen, Enttäuschung, gesundheitliche Herausforderungen und Verlassenwerden. Es ist ein leiser und eindringlicher Roman, der ohne spektakuläre Szenen auskommt, aber trotzdem unter die Haut geht. Er spricht existenzielle Fragen an, die jeden betreffen. Mir hat das Buch sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 16.09.2024

Schwieriges Mutter-Tochter Verhältnis

Der Morgen nach dem Regen
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Mit sechzig kehrt Johanna, die viele Jahre für die UN in Krisengebieten auf der ganzen Welt tätig war, aus New York in ihre Heimat Deutschland zurück. Anlass ist, dass sie das direkt am Rhein gelegene ...

Mit sechzig kehrt Johanna, die viele Jahre für die UN in Krisengebieten auf der ganzen Welt tätig war, aus New York in ihre Heimat Deutschland zurück. Anlass ist, dass sie das direkt am Rhein gelegene Haus ihrer Tante Toni geerbt hat, mit dem sie glückliche Kindheitserinnerungen verbindet. Da das Haus ziemlich heruntergekommen ist, beginnt Johanna sofort mit Renovierungsarbeiten. Schnell fühlt sie sich in St. Goar wieder heimisch, da erreicht sie der Anruf ihres Ex-Manns: der gemeinsamen Tochter Elsa geht es nicht gut. Elsa, die als Anwältin am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag arbeitet, leidet an Burnout und möchte sich gerne in Tonis Haus erholen. Da das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter äußerst angespannt ist und die beiden in den letzten Jahren fast keinen Kontakt hatten, ist Johanna zwiegespalten. Werden sie es schaffen, den tiefen Riss in ihrer Beziehung zu kitten oder wird der Besuch ein Desaster? Die Mutter-Tochter Beziehung sowie die Einblicke in die Arbeit von UN Kriseninterventionsteams hat mich interessiert. Letzteres war interessant und wahrscheinlich wirklichkeitsnah geschildert, denn die Autorin war selbst jahrelang für die UN tätig. Was mich etwas genervt hat, war das zickige und pubertäre Verhalten Elsas, die an ihrer Mutter kein gutes Haar lässt. Selbst wenn Johanna alltägliche Bemerkungen macht, werden sie von Elsa spitz kommentiert, Johanna kann ihrer Tochter einfach nichts recht machen. Diesen Teil der Geschichte fand ich etwas überstrapaziert. Alles in allem habe ich das Buch jedoch trotz mancher Längen gern gelesen.

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Veröffentlicht am 17.07.2024

Kleine und große Monster

Kleine Monster
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Der siebenjährige Luca soll ein Mädchen in seiner Klasse sexuell belästigt haben. Die Eltern Pia und Jakob reagieren unterschiedlich. Während Jakob nicht glaubt, dass sein Sohn zu so etwas fähig sein könnte, ...

Der siebenjährige Luca soll ein Mädchen in seiner Klasse sexuell belästigt haben. Die Eltern Pia und Jakob reagieren unterschiedlich. Während Jakob nicht glaubt, dass sein Sohn zu so etwas fähig sein könnte, zweifelt Pia. Aus ihrer eigenen Kindheit weiß sie, dass auch Kinder böse sein können. Doch sie kommt nicht an Luca heran, er redet nicht, und sie beobachtet ihn mit Argusaugen. Als später mit dem Mädchen etwas passiert, ist für Pia klar, dass Luca etwas damit zu tun haben muss und sie greift zu drastischen Mitteln.
„Kleine Monster“ wechselt in den Zeitebenen zwischen Gegenwart und Vergangenheit, in der wir viel über Pias Kindheit und ihr Aufwachsen mit zwei Schwestern erfahren. Dabei wird die Kindheit aus Pias Perspektive geschildert. Doch ist wirklich alles so geschehen? Pia beginnt, ihre Erinnerungen zu hinterfragen. Warum hat sich ihre Adoptivschwester Romi von der Familie losgesagt? Was ist an dem Tag passiert, als ihre kleine Schwester Linda tödlich verunglückte und warum will ihre Mutter partout nicht darüber reden?
„Kleine Monster“ ist ein ausgesprochen spannendes Buch mit Sogwirkung. Man möchte unbedingt die Frage beantwortet bekommen, was in welcher Situation wirklich geschah, doch genau das ist mein Kritikpunkt, denn vieles bleibt offen, was ich als ziemlich frustrierend empfand. Es ist das Psychogramm einer Familie und das Buch wirft die Frage auf, ob Kinder intrinsisch böse sein können und inwieweit Eltern, bedingt durch ihre eigene Lebensgeschichte und Erfahrungen, Dinge in ihre Kinder hineininterpretieren. Ein höchst interessantes und stellenweise sehr bedrückendes Buch.
Erwähnenswert ist noch das wunderschöne und originell gestaltete Cover eines still daliegenden Sees, in dem sich dunkler Nadelwald spiegelt. Das Bild ist wie ein Fenster zweigeteilt, von hinten schiebt sich eine Kinderhand ins Bild, wie um das Fenster zu öffnen, doch dies geschieht nicht, genauso wenig wie der Leser erfährt, was sich an jenem See damals abgespielt hat.

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Veröffentlicht am 14.06.2024

So hatten sie sich ihren Urlaub nicht vorgestellt

Das Baumhaus
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Henrik und Nora fahren mit ihrem fünfjährigen Sohn Fynn in Urlaub nach Schweden. Dort haben sie ein Ferienhaus mitten im Wald geerbt. Jahrelang war niemand dort gewesen und entsprechend heruntergekommen ...

Henrik und Nora fahren mit ihrem fünfjährigen Sohn Fynn in Urlaub nach Schweden. Dort haben sie ein Ferienhaus mitten im Wald geerbt. Jahrelang war niemand dort gewesen und entsprechend heruntergekommen ist es. Die Atmosphäre ist alles andere als idyllisch, zumal sich jemand Zutritt zu dem Haus verschafft haben muss, denn der Keller ist voller Tierskelette.
Henrik war in seiner Kindheit zuletzt dort, er erinnert sich an Abenteuer im Wald gemeinsam mit seinem Opa, der das Haus ursprünglich gekauft hatte. Bei Spaziergängen entdeckt er ein Baumhaus, das ungute, lang verdrängte Erinnerungen in ihm weckt. Als dann auch noch Fynn während eines Versteckspiels verschwindet, beginnt ein Albtraum.
In einem zweiten Handlungsstrang lernen wir Rosa kennen, die in ihre schwedische Heimat zurückgekehrt ist, um sich gemeinsam mit dem Vater um ihren Bruder zu kümmern, der seit einem Kletterunfall ein Pflegefall ist. Rosa interessiert sich beruflich für die Auswirkungen von verwesenden Tieren auf die Bäume in unmittelbarer Nähe. Als nun Fynn verschwunden ist und Rosa in der Gegend ein jahrzehntealtes Kinderskelett ausgräbt, bittet die Polizei sie um Mithilfe. Vielleicht erkennt sie im Wald Veränderungen, die auf weitere vergrabene Leichen hindeuten.
„Das Baumhaus“ ist ein ausgesprochen spannender und vielschichtiger Krimi, der mich teilweise an Vera Bucks Roman „Wolfskinder“ erinnert hat. Auch hier ist von „Spielen“ die Rede, wenn der Entführer seine Opfer quält. Was mir nicht gefallen hat, war ein weiterer Handlungsstrang um einen Stalker aus Noras Vergangenheit. Die Anhäufung von traumatischen Ereignissen in so kurzer Zeit war übertrieben und nicht glaubhaft. Insgesamt ist „Das Baumhaus“ aber ein spannender Psychothriller, der bis zuletzt mit Überraschungen aufwartet.

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Veröffentlicht am 10.06.2024

Es waren einmal zwei Schwestern und ein Bär...

Cascadia
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Die Schwestern Sam und Elena leben mit ihrer pflegebedürftigen Mutter auf einer kleinen Insel im Nordwesten der USA. Es gibt nur wenige Jobs in der Gegend und so arbeiten sie beide in schlechtbezahlten ...

Die Schwestern Sam und Elena leben mit ihrer pflegebedürftigen Mutter auf einer kleinen Insel im Nordwesten der USA. Es gibt nur wenige Jobs in der Gegend und so arbeiten sie beide in schlechtbezahlten Jobs in der Gastronomie und kommen mehr schlecht als recht über die Runden. Sam bedient verwöhnte Touristen in der Cafeteria einer Fähre. Auf dem Rückweg in den Hafen sieht sie eines Abends einen schwimmenden Bären und traut ihren Augen kaum, denn Bären sind in dieser Gegend normalerweise nicht heimisch.
Ein paar Tage später steht der riesige Bär direkt vor ihrem Haus. Die anfängliche Panik weicht bei Elena schnell einer Faszination für das Tier und sie beginnt ihn mit Essen anzulocken. Sam hat Angst vor dem Tier und seiner Wirkung auf die Schwester und kontaktiert die Behörden.
Ihr größter Wunsch ist es, endlich die Insel und ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Schon vor Jahren haben die beiden Schwestern beschlossen, nach dem Tod der Mutter das Haus zu verkaufen und woanders gemeinsam ein neues Leben aufzubauen. Doch jetzt scheint es plötzlich, als ob Elena die Insel gar nicht mehr verlassen will. Sam fühlt sich verraten und die Dinge eskalieren.
„Cascadia“ weist einige Parallelen zu „Schneeweißchen und Rosenrot“, dem Märchen der Gebrüder Grimm, auf. Wie im Märchen versprechen sich die Mädchen, ewig zusammenzuhalten, sie pflegen ihre Mutter, wobei eine Schwester mehr Verantwortung übernimmt als die andere, die Schwestern begegnen einem Bären, der sich allerdings im Gegensatz zum Märchen nicht am Schluss in einen Prinzen verwandelt.
Ich bin ein bisschen gespalten, was diesen Roman anbelangt. Den Anfang fand ich fesselnd, doch dann kamen Passagen, die sich sehr in die Länge zogen und mir die Eintönigkeit von Sams Leben sehr deutlich machten. Sams Langeweile und ihr monotoner Alltag waren für mich regelrecht körperlich spürbar, falls das die Intention der Autorin war, ist ihr das gut gelungen. Andererseits gibt es dramatische Ereignisse, bei denen ich nur so durch die Seiten flog. Den Schluss, als Sam dann selbst die Analogie zum Grimmschen Märchen zieht, hätte ich allerdings nicht gebraucht.
Hervorherben möchte ich noch das wunderschöne Cover in ungewöhnlichen Farben. Der zartlila Horizont mit der angedeuteten Silhouette von hohen Bergen und die dunklen Bäume im Vordergrund erzeugen eine mystische Atmosphäre. Auch die hervorragende Übersetzung von Pociao und Roberto de Hollanda ist erwähnenswert. Ein lesenswertes Buch.

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