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Veröffentlicht am 17.07.2024

Ein spannend konstruierter Kriminalroman

Das Dorf der acht Gräber
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Inhalt: Um das „Dorf der acht Gräber“ rankt sich eine blutige Legende: Im 16. Jahrhundert suchten acht Samurai Zuflucht im Dorf, wurden anfangs von den Dorfbewohnern auch freundlich aufgenommen, doch mit ...

Inhalt: Um das „Dorf der acht Gräber“ rankt sich eine blutige Legende: Im 16. Jahrhundert suchten acht Samurai Zuflucht im Dorf, wurden anfangs von den Dorfbewohnern auch freundlich aufgenommen, doch mit der Zeit trachteten die Dorfbewohner nach dem Reichtum der Samurai – und töteten sie. Seitdem soll ein Fluch auf dem „Dorf der acht Gräber“ liegen: Immer wieder kommt es zu grausamen Massakern innerhalb der Gemeinschaft – zuletzt vor 26 Jahren. Doch nun scheint der Fluch erneut zuzuschlagen…

Persönliche Meinung: „Das Dorf der acht Gräber“ ist ein Kriminalroman von Seishi Yokomizo. Es handelt sich um den dritten Band der „Kosuke Kindaichi“-Reihe, die sich um einen eher unkonventionellen Privatdetektiv dreht. Anders als in den vorherigen beiden Bänden spielt Kindaichi in „Das Dorf der acht Gräber“ allerdings eher eine Nebenrolle: Zwar tritt er manchmal in das Geschehen ein und löst am Ende der Handlung auch den Fall, allerdings ist Hauptfigur und Ich-Erzähler der Handlung ein junger Mann namens Tatsuya, der eher unverhofft in die Mordserie, die sich im „Dorf der acht Gräber“ ereignet, hineingezogen wird. Tatsuya nimmt – aus Gründen, die ich hier nicht spoilern möchte – die Rolle der Ermittlerfigur ein und erzählt aus der Retrospektive von den Ereignissen, die sich im Dorf der acht Gräber zugetragen haben. Selbst ist er kein professioneller Ermittler, sodass er teilweise unbedarft und blauäugig auftritt, was einen ganz besonderen Charme hat. Die Handlung des Romans entfaltet sich behutsam: Man lernt schrittweise die einzelnen Dorfbewohner und den Handlungsort kennen, wobei recht früh deutlich wird, dass mehrere Figuren Geheimnisse verbergen. Nach und nach entfaltet sich eine Mordserie, die einerseits Rätsel aufgibt, andererseits mit falschen Fährten gespickt ist, sodass nicht leicht zu durchschauen ist, was im Dorf gespielt wird. Zudem findet sich in der Handlung die ein oder andere überraschende Wendung. Der Erzählstil des Romans ist unaufgeregt: Es wird nicht reißerisch erzählt, das Tempo des Romans ist – trotz seiner spannenden Handlung – eher bedächtig. Einziger Wermutstropfen: Das Ende wurde recht schnell abgehandelt. So behutsam die gesamte Handlung konstruiert und entfaltet wird, so abrupt wird sie aufgelöst. Insgesamt ist „Das Dorf der acht Gräber“ ein spannender, schön konstruierter Kriminalroman, der durch seine eher unbedarfte Ermittlerfigur reizvolle Wege geht, die man nicht so häufig liest.

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Veröffentlicht am 17.07.2024

Ein spannender Reihenauftakt

Krähentage
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Inhalt: Das Ermittlerduo Jakob Krogh und Mila Weiss steht vor einem rätselhaften Fall: Eine ältere Frau wird ermordet aufgefunden, doch ihre Nachbarn sagen aus, sie hätten die Frau vor Kurzem noch gesehen ...

Inhalt: Das Ermittlerduo Jakob Krogh und Mila Weiss steht vor einem rätselhaften Fall: Eine ältere Frau wird ermordet aufgefunden, doch ihre Nachbarn sagen aus, sie hätten die Frau vor Kurzem noch gesehen – nach ihrem Tod. Kurze Zeit später wird die Leiche eines Studenten aufgefunden; auch er wurde – nach seinem Tod – noch in einer Vorlesung gesehen. Zudem finden sich Krähen an den Tatorten eingesperrt, die eine rätselhafte Botschaft mit sich tragen…

Persönliche Meinung: „Krähentage“ ist ein Thriller von Benjamin Cors, der den Auftakt einer neuen Reihe um das Ermittlerteam „Gruppe 4“, geleitet von Jakob Krogh und Mila Weiss, bildet. Erzählt wird die Handlung aus drei personalen Perspektiven: So wird neben den Perspektiven von Jakob und Mila auch diejenige der Täterfigur eingenommen. Man weiß als Lesender durch die Perspektive der Täterfigur relativ früh deren Identität, wodurch für mich leider etwas Rätselspannung aus der Handlung genommen worden ist. Auf der anderen erhält man durch diese Perspektivierung detaillierte, dreidimensionale Einblicke in die Psyche der Täterfigur (diese Einblicke sind wirklich sehr stark geschrieben!), sodass dennoch Spannung(en) in der Handlung aufkommen. Interessant ist auch der Modus Operandi der Täterfigur: Vor dem Mord schlüpft sie zunächst in das Leben ihrer Opfer – die Motivation dahinter soll an dieser Stelle nicht gespoilert werden. Zusätzlich tragen auch die beiden ermittelnden Protagonisten Altlasten aus der Vergangenheit mit sich herum, die den Lesenden erst schrittweise offenbart werden. Die Handlung besitzt also – obwohl die Täterfigur recht früh feststeht – eine schöne Spannungskurve: Schritt für Schritt erfährt man mehr über die Ermittlerfiguren und die Vergangenheit der Täterfigur, sodass sich eine durchdacht konstruierte Handlung ergibt. Und: Am Ende findet sich noch ein großer Twist, der kaum zu erahnen ist. Der Schreibstil von Benjamin Cors ist anschaulich und angenehm sowie flüssig zu lesen, sodass man nur so durch den Roman fliegt. Insgesamt ist „Krähentage“ ein spannender Auftakt einer neuen Thrillerreihe, der sowohl interessante Ermittlerfiguren als auch eine besondere Täterfigur beinhaltet.

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Veröffentlicht am 15.06.2024

Ein schön gestalteter Comicroman

Mein ziemlich seltsamer Freund Walter
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Inhalt: Keiner mag Lisa, glaubt sie zumindest. Ihre Eltern hocken den ganzen Tag nur auf der Couch, auf dem Schulweg lauern ihr Möchtegern-Rapper auf und auch in der Schule ist sie meistens allein. Auch ...

Inhalt: Keiner mag Lisa, glaubt sie zumindest. Ihre Eltern hocken den ganzen Tag nur auf der Couch, auf dem Schulweg lauern ihr Möchtegern-Rapper auf und auch in der Schule ist sie meistens allein. Auch ihr Hobby - das Weltall - wird eher belächelt. Trotzdem wünscht sie sich nichts sehnlicher, als ein UFO zu entdecken – und plötzlich landet eins bei ihr in der Nähe. Mit dabei: Das Alien „Walter“, das Lisa helfen möchte.

Persönliche Meinung: „Mein ziemlich seltsamer Freund Walter“ ist ein Comicroman von Sybille Berg und Julius Thesing, der sich an Kinder/Jugendliche ab 9 Jahren richtet. Erzählt wird hier die Geschichte der Außenseiterin Lisa, deren Leben durch den ulkigen Walter verändert wird. Das Erzählverhalten des Comicromans wechselt: Mal erzählt ein auktorialer Erzähler, mal berichtet Lisa aus der Ich-Perspektive, mal finden sich längere, mit Bildern untermalte Dialoge. Zum Inhalt möchte ich gar nicht zu viel vorwegnehmen, weshalb ich mich bei der Rezension eher auf die Machart des Comicromans beschränke. Der Comicroman ist mit zahlreichen schwarz-weiß Zeichnungen ausgestattet, die ansprechend gestaltet und dadurch schön anzusehen sind. Typische Comic-Panels sind hier die Ausnahme: Bild und Text wechseln sich in einem kreativen Layout (z. B. unterschiedliche Schriftgrößen, abwechslungsreiche Bild-Text-Zuordnung) ab. Sehr gut hat mir auch der Humor des Comicromans gefallen: Einzelne Figuren durchbrechen gewissermaßen die vierte Wand und reflektieren ihr Verhalten auf eine Art und Weise, wie man es nicht vermutet hätte. Insgesamt ist „Mein ziemlich seltsamer Freund Walter“ ein ansprechend gestalteter Comicroman, der insbesondere die Themen Freundschaft, Anderssein aber auch Akzeptanz behandelt.

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Veröffentlicht am 09.06.2024

Ein fesselnder Roman mit dreidimensionalen Figuren

Bis aufs Blut
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Inhalt: Billy Lowe lebt in einem Trailerpark in einer abgeschiedenen Stadt in den Ozarks. Seine Mutter ist alkoholabhängig, sein Stiefvater gewalttätig. Billys einziger Ausgleich ist das Footballspielen ...

Inhalt: Billy Lowe lebt in einem Trailerpark in einer abgeschiedenen Stadt in den Ozarks. Seine Mutter ist alkoholabhängig, sein Stiefvater gewalttätig. Billys einziger Ausgleich ist das Footballspielen – worin er auch sehr gut ist. Allerdings ist er unberechenbar und entlädt seine angestaute Wut gleichermaßen auf Gegner wie Mitspieler. Für das Team ist Billy daher eigentlich kaum tragbar – hätte die Schule durch ihn nicht das erste Mal seit Jahren die Chance, die Play-offs zu gewinnen. Der junge Coach Trent Powers, dessen Vergangenheit ebenfalls nicht glatt verlief, will sich Billy annehmen – doch dann wird Billys Stiefvater tot aufgefunden…

Persönliche Meinung: „Bis aufs Blut“ ist ein Thriller mit Coming of Age-Elementen von Eli Cranor. Erzählt wird der Roman aus zwei Hauptperspektiven: Billy, der aus Ich-Perspektive erzählt, und die personale Erzählweise Trent Powers'. Eine Besonderheit des Romans ist die sprachliche Varietät, die sich besonders in Billys Kapiteln zeigt: Billy redet roh, abgehakt und dialektgefärbt, wodurch er sich von den anderen Figuren abhebt (wie sich dies im Original ausgestaltet, kann ich nicht beurteilen; die Übersetzung ist allerdings insofern gut gelungen, als dass sie die sprachliche Varietät greifbar hervorhebt). Roh ist auch die Handlung von „Bis aufs Blut“: Der Handlungsort „Trailerpark“ ist trostlos, seine Bewohner hoffnungslos, mit einem Hang zum Alkohol und zur Gewalt. In dieser Lebenswelt versucht sich Billy – wortwörtlich – durchzuschlagen, wobei der weitere Verlauf der Handlung zeigt, dass Schwarz-weiß-Einordnungen hier fehl am Platze sind. Generell ist eine große Stärke des Romans, dass die Figuren nicht einfach nur „gut“ oder „böse“ sind, sondern immer Schattierungen aufweisen, wodurch sie lebensnaher wirken. Stellenweise hat man während der Lektüre daher den Eindruck, ein Sittengemälde der amerikanischen Unter- und Mittelschicht zu lesen (was mir sehr gefallen hat). Dazu gesellen sich Coming of Age-Elemente. Denn: Billy erhält durch eine Figur, deren Identität ich hier nicht spoilern möchte, die Gelegenheit, sich zu ändern. Trotz allem ist der Roman aber vordergründig ein Thriller: So ist die Atmosphäre des Romans permanent bedrohlich (nicht nur für Billy). Zudem wird dadurch Spannung erzeugt, dass bis zuletzt offen ist, wer Billys Stiefvater ermordet hat (hierfür gibt es drei potentielle Täter, die alle aus unterschiedlichen Gründen Erinnerungslücken besitzen). Insgesamt ist „Bis aufs Blut“ ein Roman, der sich wie ein Rausch liest – mit einem Protagonisten, der wie eine Naturgewalt auftritt.

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Veröffentlicht am 04.04.2024

Schräge Kurzgeschichten mit einer Portion Gesellschaftskritik

Minihorror
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„Minihorror“ ist ein Kurzgeschichtenband von Barbi Marković, in dem der „Horror“ des Alltags behandelt wird. Hauptfiguren der Geschichten sind Mini und ihr Partner Miki, die gemeinsam das Leben des Mittelstandes ...

„Minihorror“ ist ein Kurzgeschichtenband von Barbi Marković, in dem der „Horror“ des Alltags behandelt wird. Hauptfiguren der Geschichten sind Mini und ihr Partner Miki, die gemeinsam das Leben des Mittelstandes meistern: So begleitet man die beiden während der Lektüre u. a. auf Familienbesuche, die nicht ganz konfliktfrei verlaufen, auf Urlaubsreisen, die einen ganz spezifischen Druck ausüben, bei alltäglichen Routinen mit ihren eigenen Schrecken, beim Durchdenken von Zukunftssorgen oder beim Erleben des Arbeitsstresses. Die Geschichten, die z. T. einige wenige Seiten umfassen, sind episodenhaft und folgen keiner strikten Chronologie, sodass man sie nicht unbedingt in der abgedruckten Reihenfolge lesen muss. Geeint werden alle Geschichten durch ihre Skurrilität: Sie sind – mal mehr, mal weniger – abgedreht und neigen ins Phantastische. So kann es auch mal sein, dass Mini und Miki in ihrem Alltagshorror auf Monster treffen; vielleicht sterben sie auch das ein oder andere Mal, um im Alltagstrott des nächsten Tages wieder aufzuerstehen. Erzählt werden diese Geschichten lakonisch-distanziert, zugleich allerdings mit einem Augenzwinkern. Trotz aller Schrägheit sind die Situationen, die in den Geschichten beschrieben werden, von der Wirklichkeit inspiriert und daher in irgendeiner Form nachvollziehbar, sodass sich außerdem in „Minihorror“ eine gehörige Portion Gesellschaftskritik findet. Insgesamt ist „Minihorror“ ein flüssig zu lesender Band mit schrägen Kurzgeschichten, die humorvoll den Schrecken des Alltags einfangen.

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