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Veröffentlicht am 25.07.2024

Deutschland – doch keine ideale Heimat für Zugewanderte?

Als wir Schwäne waren
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Das Cover zeigt einen dunklen, großen Flügel, vielleicht als Röntgenbild dargestellt mit leichten Andeutungen von Federn und Knochen. Der Buchtitel Als wir Schwäne waren deutet an, dass diese Familie wie ...

Das Cover zeigt einen dunklen, großen Flügel, vielleicht als Röntgenbild dargestellt mit leichten Andeutungen von Federn und Knochen. Der Buchtitel Als wir Schwäne waren deutet an, dass diese Familie wie diese großen Zugvögel dorthin zieht, wo sie Ruhe und Sicherheit vermutet. Der Schwan ehemals für die Mutter Sinnbild für Eleganz verliert hier jedoch seinen hohen Wert.
Der Autor beschreibt in drei Teilen seinen Werdegang in einem sozialen Brennpunkt am Rande von Bochum in den 1990er Jahren. Neben Freiheit, Kränkungen, Gewalt, Kriminalität, Arbeitslosigkeit geht es auch um Würde und Stolz in der Welt der Eltern. Als Kind noch Automatik Cobra mit seinem Ninja-Namen zwischen seinen multikulturellen Freunden genannt, verwandelt sich Reza und seine nähere Umgebung hin zu mehr Kriminalität. Er sieht Armut, Misshandlung, Raub, Eigentumsdelikte, während Grönemeyer Bochum als »Blume im Revier« besingt. Angst, Schrecken und Furcht sind stabilere Währungen als Liebe, Vertrauen oder Freundschaft. Das sind ausdrucksstarke Bekundungen, die erschrecken. Überhaupt wandelt sich der Schreibstil bis zum dritten Teil über ihn und seine Kanaken-Freunde zu härterer Verbissenheit, stärkerer Anklage – immer unterwegs mit einem Messer versteckt im Hosenbein. Die bildliche Wortwahl z.B. beim PARASITENBAUM, der in seiner Wirkungsweise mit gewissen Orten verglichen wird, imponiert. Dieser Roman erzählt nicht nur von unangenehmen Erinnerungen des Autors, sondern rechnet auch mit diesem ihm immer noch fremden Land ab. No Happy-End!

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Veröffentlicht am 21.07.2024

Eine leichte Sommerlektüre

Die Blütenfreundinnen
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Das Cover in seiner floralen Gestaltung - mit violett blühendem Heidekraut und ähnlichen Blüten - weist ideal auf den hauptsächlichen Schauplatz des Romans hin: die Lüneburger Heide. Mit vier Frauen in ...

Das Cover in seiner floralen Gestaltung - mit violett blühendem Heidekraut und ähnlichen Blüten - weist ideal auf den hauptsächlichen Schauplatz des Romans hin: die Lüneburger Heide. Mit vier Frauen in einer zufälligen Zweckgemeinschaft entwickeln sich zunächst samstägliche gemeinsame Kochtreffs, bei denen ihre jeweiligen Probleme mit Partner, Familie, Arbeitsplatz oder beruflicher Selbständigkeit mit eigener Apotheke bzw. als Innenarchitektin offen zur Sprache kommen. Deren unterschiedliche Charaktere werden sympathisch vermittelt in teils humorvollen bzw. direkten Dialogen. Aus wechselnden Perspektiven erzählen diese Frauen in reiferem Alter in kurzen Kapiteln oberflächlich z.B. über ihre Arbeitssituation im Altersheim, über die Wohnverhältnisse mit verheirateter Tochter und Familie im Haus und sehr großem Garten, über Auftrags- und Finanzsituation bei Selbständigen. Als spannender Höhepunkt für dieses Frauenquartett entwickelt sich ein Lottogewinn, der frischen Wind und mehr Lebenslust herbei zaubert. Das Ende kommt zu unerwartet bei einigen offenen Strängen. Der Buchtitel ist nicht optimal gewählt für diese realistisch beschriebene, besondere Freundschaft.

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Veröffentlicht am 20.07.2024

Überzeugende Dialoge, tiefgehende Gedankengänge

Sobald wir angekommen sind
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Das Cover spielt auf Stadt und tropischer Natur in Brasilien an – ein wenig Dschungel mit Blick auf eine Großstadt im Hintergrund – passend zum Buchinhalt wie bei Stefan Zweig. Die Hauptfigur Ben Oppenheim ...

Das Cover spielt auf Stadt und tropischer Natur in Brasilien an – ein wenig Dschungel mit Blick auf eine Großstadt im Hintergrund – passend zum Buchinhalt wie bei Stefan Zweig. Die Hauptfigur Ben Oppenheim aus Zürich, ca. 50 Jahre alt, erzählt von seinen verschiedenen Nöten und Ängsten, auch hinsichtlich eines 3. Weltkriegs. Diesem will er als Jude rechtzeitig genug entfliehen wie damals Stefan Zweig, den er als jüdischen Schriftsteller verehrt. Wie dieser sucht er Ruhe und Sicherheit vor weltbewegenden politischen Kampfansagen aus dem Osten Europas - nicht in Petrópolis, sondern in Orlando, Recife. Ben reflektiert viel über seine Familie incl. Stammbaum, über seine kaputte Ehe mit Marina nach dem Nestprinzip, über das Judentum generell und über das brasilianische Exil von Stefan Zweig. Seine eigenen Arbeiten verknüpft er mit der Emigration des Literaten – vielleicht aus historischer Verpflichtung gegenüber dem Holocaust etc. Benns klare, romantisierte Vorstellung von Petrópolis wird schließlich entzaubert wie auch sein besonderes Verhältnis zu Julia, seiner jüngeren Geliebten. Die Selbstfindung und Klärung der Scheidungsproblematik wird durch räumliche Veränderung forciert. „Wir wollten frei sein und ungebunden. Wieso haben wir ein Leben gewählt, das nie unseres war?“
Die subtile, filigrane Hinführung im Schreibstil gefällt durch kreative, realistische Dialoge und Gedankengänge. Überhaupt wirkt das ganze Szenarium rund um die Ehekrise und das Judentum mit seinen Rassenmerkmalen, ständigen, tiefverwurzelten Ängsten und häufiger Flucht nachvollziehbar und überzeugend. „Nicht das Land, nein, die Tradition ist des Juden Heimat.“

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Veröffentlicht am 19.07.2024

Mordaufklärung durch eine Journalistin

Im Unterholz
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Das Cover zeigt verzweigtes Wurzelwerk des Waldes, quasi wie die tiefgehende Recherchearbeit der Hauptperson Vera Bergström, farblich größenteils in Schwarz-Weiß-Schattierungen gehalten. Die Kälte in Schwedens ...

Das Cover zeigt verzweigtes Wurzelwerk des Waldes, quasi wie die tiefgehende Recherchearbeit der Hauptperson Vera Bergström, farblich größenteils in Schwarz-Weiß-Schattierungen gehalten. Die Kälte in Schwedens nördlichen Wäldern ist hier fast fühlbar. Diese freiberufliche Investigativ-Journalistin, die keine Ermittlerin sondern Aushilfslehrkraft ist nach Schließung ihrer Zeitungszweigstelle. Ihr Leben mit 56 Jahren, mit Wechseljahren in ihrem beschaulichen Alltag und mittlerweile emotional verloren nach gescheiterter Beziehung, versprüht wenig Lebensfreude. Durch einen Mord in der Nähe ihres Wohnortes ergibt sich für sie die unerwartete Chance einer Hintergrundstory für ihre frühere Zeitung, bei deren Recherchen sie tief in die Vergangenheit des Mordopfers, risikoreich aber auch für sie und ihre Mitmenschen, verwickelt wird. Erzählt größenteils aus Veras Perspektive erhält man Einblicke in die dortige Kultur mit Elchjagd, Aktivitäten im Gemeindehaus etc. Über Landschaftsbeschreibungen, den Tourismusboom aus Norwegen mit Auswirkungen nicht nur auf den Immobilienmarkt und über die Wesensart dortiger Einheimischer im Raum Are erhält der Roman Lebendigkeit. Insgesamt wird der komplexe Sachverhalt, in dem das Mordopfer selbst nicht unschuldig ist, gut verständlich und nachvollziehbar realistisch dargestellt. Der ruhige Schreibstil hätte ein paar zusätzliche kreative Twists zwecks Erhöhung der Spannung vertragen.

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Veröffentlicht am 13.07.2024

Ein sehr ernstes Thema verabreicht mit einer Mischung aus Humor, Satire, Krimi und ein wenig Mystery

Ein Mann zum Vergraben
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Die Szenerie spielt im Corona-Lockdown in einem Vorort in Südostengland, Großbritannien mit kontrastierenden Frauen-Charakteren im Kern des dramatischen Geschehens. Rund um das Thema von jahrelanger häuslicher ...

Die Szenerie spielt im Corona-Lockdown in einem Vorort in Südostengland, Großbritannien mit kontrastierenden Frauen-Charakteren im Kern des dramatischen Geschehens. Rund um das Thema von jahrelanger häuslicher Gewalt in diversen Facetten unter Berücksichtigung dortiger ethnischer, religiöser Minderheiten geht es nicht nur um die tyrannischen Ehemänner und ihre heimliche Entsorgung, teils zufällig teils geplant aus Notwehr getötet. Entlang der Deadline von 14 Tagen, wenn Sallys toter Ehemann Jim im Büro sein müsste, hangelt sich mit vielen kreativen Ideen und der sukzessiven logischen Umsetzung - mit einigen unerwarteten Twists und Turns - das kriminelle Geschehen als roten Faden. Durch die Gründung einer Selbsthilfegruppe entwickeln diese Frauen Mut, Kreativität, neues Selbstbewusstsein neben der Erlangung von Freiheit und Selbstbestimmung ohne Trauer und Alpträume, ohne weitere Lügen und Verschweigen. Die Situation der Frauen als vormalige bloße Opfer bis zu ihrer Notwehraktion als Gewalttäterin wird eindrücklich beschrieben mit unüblichen, auch sehr gefahrvollen Auswegen. Bei den verschiedenen Frauenfiguren wird respektvoll auf deren kulturellen, sozialen und religiösen Hintergrund eingegangen.
Als nicht ganz realistisch kommt die Beschreibung der endgültigen Entsorgung der Männerleichen daher, was kräftemäßig Frauen schlecht bewerkstelligen könnten. Ehrenbasierte Gewalt im Zusammenhang mit Zwangsheiraten wird unterschieden von üblichen, oft langjährigen familiären Misshandlungen bei Frauen speziell während des Lockdowns.

Ein Buch zum Reflektieren!

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