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Veröffentlicht am 21.08.2024

Killer jagen die lahmen Gäule des MI 5

Slough House
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Wenn Mick Herron seine "lahmen Gäule" in ein neues Rennen schickt, ist eines klar: spannende Unterhaltung gewürzt mit schwarzem britischen Humor und intriganten Politikern, die irgendwie sehr an tatsächlich ...

Wenn Mick Herron seine "lahmen Gäule" in ein neues Rennen schickt, ist eines klar: spannende Unterhaltung gewürzt mit schwarzem britischen Humor und intriganten Politikern, die irgendwie sehr an tatsächlich existierende Persönlichkeiten erinnern, ist garantiert. Und man sollte die einzelnen "slow Horses" besser nicht zu lieb gewinnen, denn schon in den vorangegangenen Bänden um die Parias des britischen Inlandgeheimdienstes MI5 war die Überlebensquote nicht so toll.

Niemand dürfe sich sicher fühlen, bestätigte Autor Herron denn auch im Interview. Vielleicht mit Ausnahme von Jackson Lamb, dem ständig missgelauntem Herrn des "Slough House" - soviel Zynismus, politische Unkorrektheit und reptilienartige Verschlagenheit ist schließlich schwer zu ersetzen. Wobei auch Diana Taverner, Oberintrigantin und endlich auch oberste Chefin beim MI 5, ihm in letzterem kaum nachsteht.

In "Slough House" werden treue Leser*innen allerdings ein paar Namen aus der Vergangenheit vorfinden. Auch wenn nicht alle von ihnen über ein paar Buchseiten hinaus erhalten bleiben. Denn wieder einmal sind die slow horses unfreiwillig Zielscheiben. Diesmal, weil nach der Ermordung eines russischen Spions durch eine gezielte Indiskretion dem russischen Geheimdienst suggeriert wird, es gäbe beim MI5 eine Einheit für das, was die Amerikaner wet ops nennen. Also ein Killerkommando. Und auf wen soll nicht mit dem Finger gezeigt werden wenn nicht auf die Agenten, die von ihren Kollegen im "Park" seit jeher für entbehrlich gehalten werden. Kurzum: die lahmen Gäule sollten besser galoppieren. Funktioniert der Überlebensinstinkt, der bei der angepeilten Geheimdienstkarriere leider versagt hat?

Herron überzeugt einmal mehr mit seinen Pechvögeln aus dem Slough House, die gegen alle Hoffnung und Erfahrung von ihrer Rehabilitation träumen. Und wie immer sorgen nicht zuletzt die Konfrontationen zwischen Lamb und Taverner für giftsprühende Dialoge. Wobei das ja auch eigentlich für die tagtägliche Kommunikation zwischen Lamb und seinem Team gilt. Auch wenn Herron irgendwann mal die Gäule ausgehen könnten hoffe ich auf weitere Abenteuer der slow horses!

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Veröffentlicht am 29.07.2024

Spuren der Wildnis

Karte der Wildnis
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Es gibt Bücher, die sind ebenso lehrreich wie unterhaltsam. Robert MacFarlane´s "Karte der Wildnis" gehört für mich auf jeden Fall dazu. Angetrieben von der Sehnsucht nach den letzten verbliebenen Gebieten ...

Es gibt Bücher, die sind ebenso lehrreich wie unterhaltsam. Robert MacFarlane´s "Karte der Wildnis" gehört für mich auf jeden Fall dazu. Angetrieben von der Sehnsucht nach den letzten verbliebenen Gebieten von Wildnis in einem von Industrialisierung und intensiver Landwirtschaft geprägten Großbritannien, macht er sich auf die Suche - in Mooren und Tälen, auf Bergen und and der Küste, von Wales über Schottland nach Irland.

Mac Farlane legt keinen Wert auf Bequemlichkeit, biwakiert auch bei Frosttemperaturen, Schneefall und Regensturm im Freien. Der Lohn dafür sind immer wieder Sternennächte ohne Lichtverschmutzung, Tierbeobachtungen, Stille und Momente voller Freude, aber auch Ängste und Respekt vor der Macht der Natur.

In seiner Karte der Wildnis, die im Gegensatz zum Autoatlas eher an die gesungenen Traumkarten indigener Völker erinnert, stellt sich MacFarlane ganz bewusst in die Tradition derjenigen, die an den beschriebenen Orten, aber auch überall auf der Welt im Laufe der Jahrhundert die Begegnung mit ursprünglicher Natur gesucht haben. So ist das Buch auch ein Nachdenken über Geschichte und Kultur, über die Mönche und Einsiedler, die bewusst solche Orte der Stille gesucht haben. Andere Landschaften sind von Entvölkerung durch Gewalt und Elend geprägt, etwa im schottischen Hochland oder im irischen Burren, in dem verlassene und verfallene Dörfer die verbliebenen Spuren der großen Hungersnot im 19. Jahrhundert sind.

MacFarlane beschreibt Begegnungen mit Förstern und Naturfreunden, zitiert Philosophen, Gelehrte, Naturforscher. Seine Begeisterung für die Natur ist ansteckend. Seine Erkenntnis, dass man manchmal gar nicht so weit und in so herausfordernde und unwirtliche Landschaften gehen muss, um zu beobachten, wie wilde Natur sich kleine Reservoire zurückerobert, ist eine Einladung, neugierig zu sein, genau hinzuschauen und zu staunen.

Veröffentlicht am 26.07.2024

Nachdenken über den Krieg

Fenster ohne Aussicht
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Als Schriftsteller ist Dror Mishani Autor von Kriminalromanen, sein Protagonist Avi Avraham ist ein eher nachdenklicher Inspektor. Als nachdenklich-reflektiert, nach einem Sinn im Chaos suchend zeigt sich ...

Als Schriftsteller ist Dror Mishani Autor von Kriminalromanen, sein Protagonist Avi Avraham ist ein eher nachdenklicher Inspektor. Als nachdenklich-reflektiert, nach einem Sinn im Chaos suchend zeigt sich auch Mishani in seinem Kriegstagebuch "Fenster ohne Aussicht", das sich mit dem Privaten und dem Öffentlichen seit dem 7. Oktober befasst.

Mishani wurde während eines Literaturtreffens in Frankreich von der Nachricht über die Anschläge überrascht. Die ganze Dimension des Terrors war ihm da noch nicht klar. Dann die immer hektischere Suche nach einem Flug zurück nach Tel Aviv, zur Frau und den beiden Kindern. Und die bange Frage: Wäre es vielleicht besser, die Familie nach Europa zu holen? War es ein Fehler, aus Bequemlichkeit und im Bewusstsein einer womöglich falschen Sicherheit nie den Versuch unternommen zu haben, den Kindern einen EU-Pass zu verschaffen?

Mishani weiß: Die Antwort auf Terror ist in Israel stets Härte. Und trotz des Schocks über die zunehmenden Berichte über die maßlose Brutalität und Grausamkeit des Angriffs denkt er auf dem Rückflug nicht über Rache nach, sondern über einen offenen Brief, in dem er zum Innehalten appellieren will: "nicht reingehen, nicht in Schutt und Asche legen, nicht zerstören, nicht vernichten, sondern trauern, Shiva sitzen, Wunden verbinden und verbinden lassen.Und dann nachdenken. Zuerst einmal nachdenken. Nachdenken nicht nur darüber, wie wir angreifen sollen oder den nächsten Angriff verhindern können, sondern darüber, wie wir hier mit unseren Nachbarn leben wollen, auch mit unseren derzeitigen Feinden - was nicht alle sind, das dürfen wir nie vergessen."

Mishani schreibt als Wissenschaftler und Lehrer, als Vater, dessen fast 16-jähriger Sohn in wenigen Jahren womöglich selbst in einer Kampfeinheit ist, als ehemaliger Rekrut im Westjordanland, der glaubte, seine Pflicht tun zu müssen und dann um Entlassung aus dem Militärdienst bat. Er beobachtet, wie der Krieg die Öffentlichkeit wie auch die eigene Familie spaltet: Seine Tochter verfolgt in Dauerschleife Horrorvideos und verweigert sich Mitgefühl für die Zivilbevölkerung in Gaza, der Sohn zieht sich unpolitische Schlupfwinkel zurück, Premier League und Computerspiele.

Wie mit den Kindern über den Krieg reden? Wie mit den verstummten Studenten im Kurs für literarisches Schreiben? "Aus der Sicht meiner Mutter ist die Teilhabe am Krieg durch das Anschauen von Videoaufnahmendes Massakers und den fortlaufenden Nachrichtenkonsum so etwas wie ein Initiationsritus im Israelisch-Sein für unbeschwerte Jungen und Mädchen, die gedacht haben, das Leben bestehe nur aus Katzenvideos auf TikTok oder Taylor Swift Songs", schreibt er nach einem Familien-Schabbatmahl in der frühen Zeit des Krieges.

Der Terror nimmt Mishani nicht die Fähigkeit, die Menschen auf der anderen Seite zu sehen, ihre Menschlichkeit und ihr Leiden. Er geht zu den Demonstrationen der Angehörigen der Geiseln, verfolgt das Hoffen und Bangen um die Freilassung, die Enttäuschung, dass ein Deal für alle Entführten weiterhin nicht in Sicht ist. Polemische oder nationale Töne sind diesem Tagebuch völlig fremd, es ist eine Absage an Fanatismus, aber auch Fatalismus. Nachdenklich, reflektiert, verstört weiß Mishani, es muss doch noch einen anderen Weg geben. Und auch für ihn als Schriftsteller wird das Schreiben nun anders. Kann er in der aktuellen Lage Avi Avraham noch zum Ermitteln schicken? Welche Bücher braucht es jetzt?

Nach allem, was über den Terror vom 7. Oktober bekannt ist, wäre Hass eine einfache Reaktion. Mishani macht es sich aber nicht so einfach. Sein Buch sollte gerade von denjenigen gelesen werden, die Israel derzeit pauschal verteufeln - es gibt nicht nur das Israel von Benjamin Netanjahu. Und auch in Israel wären ihm viele Leser zu wünschen. Allerdings: Das Buch wurde gar nicht erst für eine hebräische Ausgabe geschrieben, sondern für die deutschsprachige Diogenes-Ausgabe.

Veröffentlicht am 21.07.2024

Plötzlich Tyrannei

Das Lied des Propheten
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Mit seinem Roman "Das Lied des Propheten" hat der irische Schriftsteller Paul Lynch eine düstere Dystopie geschrieben, die zugleich an Parallelen in Vergangenheit und Gegenwart erinnert. Am Beispiel einer ...

Mit seinem Roman "Das Lied des Propheten" hat der irische Schriftsteller Paul Lynch eine düstere Dystopie geschrieben, die zugleich an Parallelen in Vergangenheit und Gegenwart erinnert. Am Beispiel einer sechsköpfigen Dubliner Familie beschreibt er die alptraumhaften Auswirkungen, wenn eine autoritäre Regierung in Tyrannei umschlägt und ein Land in einen Bürgerkrieg stürzt.

Im Fall des Buches ist es die "Nationale Allianz", deren Griff zunächst nur allmählich das gesellschaftliche Leben und für selbstverständlich geglaubte Freiheiten abwürgt. Als zwei Polizisten an der Tür von Eilish Stack klopfen und nach ihrem Mann Larry, einem Gewerkschafter, fragen, weckt das zunächst nicht ihr Misstrauen. Larry hat nichts zu verbergen, und das Recht auf Gewerkschaften ist in der Verfassung verbrieft. Doch als Larry das Polizeirevier aufsucht, kehrt er nicht zurück.

Er ist nicht der Einzige, der plötzlich verschwunden ist. Und plötzlich scheint die ganze Familie als Sicherheitsrisiko zu gelten: Eilish, eine Wissenschaftlerin, spürt bei der Arbeit plötzlich Schweigen um sich - und sieht, das plötzlich NAP-Mitglieder Karriere machen. Der Versuch, den Pass ihres ältesten zu verlängern und einen für das jüngste Kind zu erhalten, um die in Kanada lebende Schwester zu besuchen, scheitert - das Justizministerium hat Bedenken angemeldet.

Eilish versucht zu funktionieren und Normalität zu schaffen. Als Schüler nach einem Protest festgenommen wurden und die Familien einen Protest organisieren, verbietet sie ihren älteren Kindern, sich den Demonstrationen anzuschließen: Bloss nicht auffallen. Sie muss den Haushalt organisieren, sich um ihren zunehmend dementen Vater kümmern. Doch die Vogel-Strauß-Politik ist zum Scheitern verurteilt. Als der älteste Sohn nach seinem 17. Geburtstag zum Militär eingezogen werden soll, ist sie entschlossen, den Jungen zu verstecken und irgendwie nach Nordirland zu schmuggeln. Doch Mark hat eigene Vorstellungen von Kampf und Widerstand gegen das System, das ihm den Vater geraubt hat. Und auch die anderen Kinder verändern sich,während immer klarer wird: Die Tyrannei hat die ganze Gesellschaft erfasst.

Mit der Implosion einer Gesellschaft in Gewalt, Bürgerkrieg und Anarchie erinnert "Das Lied des Propheten" an die Entwicklung in Syrien oder Libyen, aber auch an Nationalsozialismus oder Stalinismus. Nur trifft es hier nicht Menschen, die weit weg sind, sondern eine Familie in Europa, in Irland eben. Angesichts des Rechtsrucks, den verschiedene jüngste Wahlen in Deutschland und anderen europäischen Staaten gezeigt haben, angesichts der Möglichkeit einer zweiten Trump-Präsidentschaft ist Lynchs Buch auch eine Warnung: Wehret den Anfängen. Demokratien sterben leise, heißt eine Redewendung, auch wenn sie dieser Tod hier aprupt vollzieht - doch Eilish verdrängt die neuen Realitäten lange, bis es um das nackte Leben geht.

Der Alptraum einer ganz normalen Familie, für die es plötzlich ums Überleben geht und die Frage: Gehen oder Bleiben? ist eindringlich, düster und hart. Lynch neigt zu Bandwurmsätzen, die das Lesen manchmal zur Herausforderung machen, doch gleichzeitig haben seine Beschreibungen ein Art dunkler Poesie. Wenn Eilish zu Beginn des Buches über Nacht und Dunkelheit nachdenkt, hat sie noch keine Ahnung, dass eine ganz andere Dunkelheit nach ihr und ihrer Familie greift. Ein eindringliches, ebenso verstörendes wie wichtiges Buch.

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Veröffentlicht am 20.05.2024

Persönlicher Blick auf den 9. Oktober und die Folgen

Feuer
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Ron Leshems Buch "Feuer" ist gleichzeitig Blick in die verwundete Seele Israels und Chronik des Massakers und seiner Folgen, aber auch reflektierte Darstellung der Geschichte des Nahostkonflikts, kritische ...

Ron Leshems Buch "Feuer" ist gleichzeitig Blick in die verwundete Seele Israels und Chronik des Massakers und seiner Folgen, aber auch reflektierte Darstellung der Geschichte des Nahostkonflikts, kritische Analyse der Regierung Nentanyahu und der Abhängigkeit des Regierungschefs von Koalitionspartnern, die statt Sachverstand Ideologie haben. Der Autor, Ex-Journalist, Ex-Nachrichtenoffizier schreibt einerseits aus der Distanz eines Israelis, der sich sein Leben in den USA aufgebaut hat und die Ereignisse nicht vor Ort miterlebt hat, doch gleichzeitig als persönlich Betroffener: Seine Tante und sein Onkel wurden am 7. Oktober in ihrem Kibbutz ermordet, sein Cousin verschleppt und nach wochenlanger Geiselhaft ebenfalls ermordet.

Dieses Buch ist voll Schmerz, Verzweiflung und Wut über das Versagen auf politische und Sicherheitsebene, trotz Warnungen und Analysen. Doch es ist kein Buch des Hasses - Leshem sucht weiterhin Kontakt zu palästinensischen Freunden in Gaza und im Westjordanland, ist bedrückt angesichts der Auswirkungen des Krieges, aber auch der Täter-Opfer-Umkehrung in einem großen Teil der Welt. Leshem lebt in Boston, sein Lebensgefährte ist Wissenschaftler. den Israel-Hass an den Campussen der Universitäten, der auch immer öfter in kruden Antisemitismus umschlägt, erlebt er unmittelbar. Auch, dass die Massaker vom 7. Oktober schlicht geleugnet werden und Terorristen, die gemordet, gefoltert, vergewaltigt und größtmöglichen Schmerz und Terror verbreitet haben, als Freiheitskämpfer verklärt werden.

Man kann seine Fassungslosigkeit spüren, dass ausgerechnet Minderheitengruppen, Linke oder LGBTQ-Aktivisten die Hamas verklären und ihren Kampf als antikolonialistischen Freiheitskampf umdeuten, ohne deren Haltung beispielsweise gegenüber Frauen oder Homosexuellen zur Kenntnis zu nehmen.

"Wenn ich in meinem Leben im Nahen Osten eines gelernt habe, dann, dass in einem Kult der Gewalt, die angeblich von Not befreit, kein Menschen Befreiung findet, und am allerwenigsten, wenn sie Zivilisten trifft", schreibt er. Und an anderer Stelle: "Die Hamas siegte bereits bei ihrem Angriff. Ihr gelang es, das palästinensische Problem an die erste Stelle der weltweiten Tagesordnung zu bringen, den Nahen Osten neu zu gestalten, Israels Legitimation auf einen historischen Tiefststand zu versetzen, das Land in einem Dilemma gefangen zu halten, es wirtschaftlich zu schädigen, seine kollektive Seele mit toxischen Bildern, mit abgrundtiefer Angst und Drohungen zu überfluten, den Konflikt ins Jahr null zu katapultieren und die Gemäßigten auf allen Seiten dazu zu bringen, ihre bisherige Haltung aufzugeben."

Leshem steht für die Stimmen jener Israelis, die vor dem 7. Oktober gegen die Regierung Netanjahu und seine sogenannte Justizreform auf die Straße gingen, von der sie eine Zerstörung der Demokratie befürchteten - die Beispiele Ungarn oder Polen während der PiS-Regierung waren in der Hinsicht warnende Beispiele. Er erinnert daran, dass die Kibbutzbewohner im Gegensatz zu dem nun gerne in den Protestcamps gepflegten Narrativ keine "Siedler-Kolonisten" waren, sondern linke Israelis, die oft schon viele Jahre in der Friedensbewegung engagiert waren. Sein Buch ist, immer noch, ein Appell, einen andere Weg zu beschreiten, jenseits der Gewalt, auch wenn all das Blutvergießen der vergangenen Monaten das auf beiden Seiten so viel schwerer macht. Und es ist eine Warnung vor Demokratiezerstörung und nationalistischen Trieben: "Schaut auf mein Heimatland, und ihr seht darin eure eigene Zukunft. Unser Unglück sind nicht nur die radikalen, fanatischen Ränder, es ist vor allem auch die schweigende Mehrheit, die sich nicht aufrafft, gegen diese in den Kampf zu ziehen."

"Feuer" zu lesen, ist schmerzhaft, gerade angesichts der Chronologie der Gewalt und des Terrors, angesichts des nachträglichen Wissens: Der 7. Oktober hätte verhindert werden können. Es ist ein wichtiges, nachdenkliches Buch, das nachempfinden lässt, wie tief die Verletzungen seit dem 7. Oktober sind. Und es wäre zu wünschen, dass es den Weg zu denen findet, die sich lieber auf Schablonen und Parolen verlassen, statt mit der komplexen Geschichte des Nahostkonflikts auseinanderzusetzen.