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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.10.2024

Brutal und spannend

Das zweite Kind
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Marco de Franchis Roman “Das zweite Kind” beginnt direkt mit einem Entführungsfall, um den sich Valentina Medici, Hauptkommissarin beim Zentralen Operationsdienst der Staatspolizei, kümmern soll. Fosco ...

Marco de Franchis Roman “Das zweite Kind” beginnt direkt mit einem Entführungsfall, um den sich Valentina Medici, Hauptkommissarin beim Zentralen Operationsdienst der Staatspolizei, kümmern soll. Fosco Agnelli, ein 12 jähriger Junge, wird nackt auf einer Straße aufgefunden und berichtet von einem grinsenden Mann mit langen, weißen Haaren, der ihn entführt und in einem Transporter festgehalten hat. Während die Ermittler noch nach Spuren suchen, wird in Volterra ein weiterer Junge entführt und sein Vater ermordet. Die Anzeichen eines Serientäters verdichten sich.

Das Buch hält was das Cover verspricht: es ist irgendwie schlicht und düster und passt zu der Szenerie, die ich mir bei der Beschreibung des ersten Auffindens von Fosco vorstelle. Außerdem wirken die Ränder leicht abgenutzt, so dass es sich um die alte Akte eines Cold Cases handeln könnte, von denen bei den Ermittlungen so einige zu Tage gefördert werden.

Der Fall ist von vorneherein schon undurchsichtig und wird mit der Zeit immer verworrener. Zunächst folgt man als Leser dem Fortschritt der Ermittlungen ausschließlich aus Sicht der Ermittler und ist somit auch nicht schlauer als diese. Später wechselt der Autor immer mal wieder kurz die Perspektive, bleibt aber im Großen und Ganzen beim ursprünglichen Ansatz.

De Franchi legt großen Wert auf die Beschreibung der Polizeiarbeit und die Zusammensetzung der Ermittlungsteams. Die Atmosphäre unter den Kollegen ist sachlich und respektvoll, was ich sehr angenehm finde. Sie arbeiten konstruktiv zusammen und halten sich nicht mit gegenseitigen Vorwürfen auf. Die Figuren sind durchweg interessant, wie zum Beispiel der Datenanalyst Loris Manna, der seine Kollegen mit seiner Detailverliebtheit immer wieder an den Rand der Verzweiflung bringt, aber ebenso regelmässig entscheidende Hinweise zur Aufklärung des Falles ausgräbt. Im Laufe des Buches wird die Atmosphäre immer verbissener und persönliche Belange treten mehr in den Vordergrund.

Ich habe die 700 Seiten des Buches mit wachsender Geschwindigkeit durchgelesen. Der Schreibstil liest sich sehr angenehm und die kurzen Kapitel machen es einem leicht, den Überblick zu behalten. Gegen Ende wird es ziemlich brutal, allerdings kam mir diese Brutalität so überzogen vor, dass mir das Ganze gar nicht so nah ging. Allerdings “musste” ich gegen Ende auch wirklich sehr schnell lesen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es ausgeht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.07.2024

Eine Rätseljagd mit unbekannten Mitspielern

Gefährliches Komplott
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David Baldaccis neuestes Werk “Gefährliches Komplott” überzeugt mit spannungsreichen Wendungen, wie man es von Baldacci nicht anders gewohnt ist. Anders ist dieses Mal allerdings, dass es sich bei beiden ...

David Baldaccis neuestes Werk “Gefährliches Komplott” überzeugt mit spannungsreichen Wendungen, wie man es von Baldacci nicht anders gewohnt ist. Anders ist dieses Mal allerdings, dass es sich bei beiden Hauptfiguren um Frauen handelt. Beide bewegen sich auf einer Skala irgendwo zwischen „positiv einfallsreich“ und „völlig durchgeknallt“, was sie abwechselnd sympathisch, echt oder zumindest interessant macht.

Aber von vorne: Mickey Gibson ist eine ehemalige Detective der Polizei, die sich nach einer gescheiterten Ehe mit einem unzuverlässigen Mann jetzt als angestellte Cyber-Detektivin betätigt und hauptsächlich allein erziehende Mutter zweier Kinder ist. Sie bekommt einen Anruf einer angeblich neuen Kollegin, die einen etwas außergewöhnlichen Auftrag für sie hat. Mickey soll sich ein zum Verkauf stehendes Anwesen persönlich anschauen und den Wert der verbliebenen Einrichtungsgegenstände schätzen. Bei ihrem Rundgang findet sie die halb verweste Leiche des Besitzers und wird prompt von der Polizei als Mordverdächtige gehandelt.
Es stellt sich heraus, dass der vermeintliche Auftrag nicht von Mickeys Firma kam, sondern von einer unbekannten Frau, die erschreckend viele Informationen über Mickey und ihren Job besitzt. Mickeys Ehrgeiz ist geweckt, sie möchte sich von den Verdächtigungen frei machen und herausfinden, was es mit dem mysteriösen Toten auf sich hat. Die unbekannte Anruferin - nennen wir sie Clarisse - scheint ein ähnliches Ziel zu verfolgen und mischt sich immer wieder ein. Mickey ist gezwungen sich auf das Spiel einzulassen und hängt bald selbst ziemlich tief mit drin…

Baldacci konstruiert eine verwickelte Story, die er uns Lesern nur scheibchenweise präsentiert. Dadurch liest man meistens mit einem großen Fragezeichen auf der Stirn, weil sich im Laufe des Buches nur wenige Fragen klären, aber umso mehr neue auftauchen. Ich fand es hochspannend, mit Mickey auf Rätseljagd zu gehen, auch weil sie eine wirklich sympathische und realitätsnahe Hauptfigur ist. Zwischendurch wechselt die Perspektive immer wieder zu Clarisse, die sich ihr eigenes Netz zusammengebaut hat und zumindest versucht Mickey aus dem Hintergrund zu lenken. Es entwickelt sich ein Mit- und Gegeneinander auf Augenhöhe zwischen den beiden Protagonistinnen und wir sind als Leser mittendrin.
Mir hat diese Rätseljagd sehr gut gefallen, insbesondere auch deswegen, weil die Fäden am Ende schlüssig zusammengeführt werden und sich das Rätsel in dem für mich genau richtigen Tempo löst. Über ein paar kleine Schwächen im Showdown und etwas Verwunderung ob der Motivation einiger Nebenfiguren sehe ich dabei gerne hinweg. Für mich verdient dieses Buch 5 Sterne und ich kann es jedem empfehlen, der verwickelte Thriller mag und mit vielen Figuren zurechtkommt.

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  • Handlung
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  • Spannung
Veröffentlicht am 04.04.2024

Rundum gelungene Fortsetzung der Ostsee-Krimis

Ostseefinsternis
1

“Ostseefinsternis” ist der 19. Band aus der Ostsee-Krimi Reihe um die Lübecker Ermittlerin Pia Korittki.
Eigentlich möchte Pia die Schulferien mit ihrem Sohn Felix im neuen Haus ihres Freundes Marten ...

“Ostseefinsternis” ist der 19. Band aus der Ostsee-Krimi Reihe um die Lübecker Ermittlerin Pia Korittki.
Eigentlich möchte Pia die Schulferien mit ihrem Sohn Felix im neuen Haus ihres Freundes Marten verbringen. Das abgeschiedene Haus an der Ostsee erscheint ihr gerade richtig, um mal wieder runterzukommen und die Strapazen der Arbeit in der Lübecker Mordkommission hinter sich zu lassen. Wer Pia Korittki kennt, ahnt schon, dass daraus nichts wird…
Im nahegelegenen Dorf Kaltenbrode wird eine junge Frau überfallen und mutmaßlich sogar vergewaltigt. Stella Böttcher kommt mit dem Schrecken davon, aber dennoch wird Pia aus Personalmangel zu den Ermittlungen hinzugezogen. Als dann auch noch ein Toter am Strand liegt - er scheint von den Klippen gestürzt oder gestoßen worden zu sein - ist es endgültig um den Urlaub geschehen und Pia übernimmt die Leitung der Ermittlungen.
Es stellt sich heraus, dass Kaltenbrode hauptsächlich aus zwei Familien besteht, die sich seit Generationen abgrundtief hassen - der Grund dafür bleibt allerdings ein Rätsel. Der Fall kommt zunächst einigermaßen simpel daher, bald ist aber das gesamte Dorf verdächtig…

Wie so oft, wird man als Leser:in mitten ins Geschehen geworfen und muss sich erstmal zurechtfinden. Der Stammbaum im Einband des Buches hilft sehr bei der Orientierung, wirft aber gleichzeitig auch neue Fragen auf und bietet Raum für Spekulationen. Nach kurzer Zeit konnte ich die ganzen Figuren ohne Probleme zuordnen und mich auf den Fall konzentrieren. Die Ermittler:innen tappen lange im Dunkeln - und wir mit ihnen. Die Puzzleteile des Falls wollen einfach nicht zusammenpassen, was jedoch auch reichlich Raum für Theorien und Spekulationen unsererseits bietet.
Ich war jedenfalls mittendrin in Kaltenbrode und bei seinen Bewohnern. Das Buch fügt sich nahtlos in die Reihe ein und hat meine Erwartungen übertroffen. Wenn Pia und Felix in der Küche ein Abkommen über den bevorstehenden (und gefürchteten) Schwimmkurs treffen und Felix mit kindlicher Ehrlichkeit Pias Kochkünste kommentiert, fühlt man sich gleich wieder in der Reihe zuhause. Ich freue mich jedes Mal über die bereits bekannten Figuren aus Pias Umfeld und habe es auch diesmal sehr genossen, mit ihnen unterwegs zu sein.

Optisch kommt Band 19 etwas moderner daher. Die Schriftart hat sich etwas geändert und die Farben sind gedeckter als bei den anderen Bänden. Dadurch wirkt das Cover irgendwie kühler als bisher, was aber super zu der Atmosphäre im Buch passt. Mir gefällt die Gestaltung sehr gut, nur finde ich es etwas schade, dass dieses Buch leider optisch nicht mehr zu den anderen 18 Bänden der Reihe passt. Ganz anders verhält es sich da mit Schreibstil und Inhalt: Eva Almstädt erzählt gewohnt flüssig und angenehm. Trotz der Komplexität des Falles und der Menge der Personen konnte ich der Handlung ohne Probleme folgen und mich in die Geschichte hineinziehen lassen.

Fazit:
Für mich eine rundum gelungene Fortsetzung der Ostsee-Krimi Reihe. Ich bleibe Fan und freue mich schon auf den nächsten Band.

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  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 20.03.2024

Spannend und unvorhersehbar, aber kein klassischer Thriller

Die Insel des Zorns
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Es fällt mir einigermaßen schwer, hier eine Rezension zu schreiben, ohne allzu viel vom Inhalt des Buches zu verraten. Aber vielleicht erfordern außergewöhnliche Bücher eben einfach außergewöhnliche Rezensionen.
Die ...

Es fällt mir einigermaßen schwer, hier eine Rezension zu schreiben, ohne allzu viel vom Inhalt des Buches zu verraten. Aber vielleicht erfordern außergewöhnliche Bücher eben einfach außergewöhnliche Rezensionen.
Die grundlegende Handlung ist schnell erzählt: Die berühmte Schauspielerin Lana lädt, wie jedes Jahr, ihre besten Freunde auf ihre abgeschiedenen Insel ein und dann geschieht ein Mord. Es scheint also alles völlig klar zu sein, nur der Täter muss noch gefunden werden...oder eben doch nicht?
Das Buch lässt sich nur schwer bis gar nicht einordnen und besticht vor allem durch seine Andersartigkeit.

Der Erzähler Elliot stellt sich uns schon im Klappentext vor und kündigt an, uns eine Geschichte zu erzählen. Er ist von Beruf Dramatiker, also geradezu prädestiniert für den Job des Erzählers, und gleichzeitig auch eine der teilnehmenden Personen.
Die subjektive Erzählweise, insbesondere von jemandem, der dabei war, ist einerseits sehr interessant und anschaulich, aber andererseits eben auch genau das Problem. Elliott ist ein höchst unzuverlässiger Erzähler mit einem Hang zum Schwafeln und ziemlich gut darin, Dinge so zu erzählen, wie sie ihm passen.

Wenn man, wie ich, beim Lesen gerne mit rätselt, dann ist dieses Buch genau das Richtige. Man weiß nie so genau wie viel Wahrheit in der aktuellen Story steckt. Gefühlt waren im Laufe des Buches sämtliche meiner aufgestellten Theorien mindestens einmal korrekt und dann wieder völlig daneben. Die Geschichte geht zunächst langsam los. Man lernt mit Elliots Hilfe erstmal die meisten Beteiligten kennen. Dieser Teil ist recht ausführlich, dennoch fand ich ihn sehr interessant, weil ich von Anfang an nach möglichen Motiven und Charakterfehlern Ausschau gehalten habe. Spätestens als die Geschichte dann Fahrt aufnimmt, findet sich auch für jede der beteiligten Personen ein Motiv, so dass es an möglichen Theorien nicht mangelt und man die ganze Zeit zwischen Verwirrung und Neugier hin- und hergerissen ist.

Auf dem Cover steht “Thriller” und darüber kann man sicherlich diskutieren. Ich fand das Buch wirklich spannend, mit diversen unvorhergesehenen Wendungen und meinem Bedürfnis gegen Ende immer schneller Lesen zu wollen. Die klassische Thriller-Atmosphäre mit spürbarer Spannung, Nervenflattern oder Bangen um das Leben einer liebgewonnenen Figur bleibt aus. Sympathien für einzelne Charaktere oder scheinbar eindeutige Tatsachen werden reihenweise zunichtegemacht und man bleibt als Leser wiederholt in einem Zustand angenehmer Verwirrung zurück. Gerade das hat mir besonders gut gefallen. Das ist definitiv mal was anderes und sticht aus dem üblichen Genre heraus.

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Veröffentlicht am 27.06.2024

Die perfekte Urlaubslektüre

Toskanisches Verhängnis
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“Toskanisches Verhängnis” ist der vierte Band aus der Krimireihe um den ehemaligen NYPD-Ermittler Nico Doyle, der sich mittlerweile in der italienischen Toskana niedergelassen hat. Obwohl ich die ersten ...

“Toskanisches Verhängnis” ist der vierte Band aus der Krimireihe um den ehemaligen NYPD-Ermittler Nico Doyle, der sich mittlerweile in der italienischen Toskana niedergelassen hat. Obwohl ich die ersten Bände nicht gelesen habe, hatte ich keinerlei Probleme dabei, die Personen und ihre Vorgeschichten kennenzulernen.
Ich muss kurz ein paar Worte zum Cover verlieren: Mir hat es sofort sehr gut gefallen. Mit dem dezenten Landschaftsbild und der herausstechenden, glänzenden roten Schrift ist es irgendwie schön auffällig unauffällig. Nachdem ich das Buch aber eine Woche im Rucksack mit herumgetragen hatte, war von der schönen roten Schrift leider nicht mehr viel übrig. Aber gut, dem Inhalt des Buches schadet das natürlich nicht.

Wir befinden uns im kleinen Dorf Gravigna in der Toskana, wo sich Nico als Koch im Restaurant der Familie seiner verstorbenen Frau versucht. Seine Ermittlerkarriere bei der New Yorker Mordkommission hat er eigentlich hinter sich gelassen. Ein bisschen verfolgt sie ihn aber doch, denn sein Freund Perillo ist Maresciallo bei der örtlichen Polizei und bittet ihn immer mal um Hilfe. In diesem Fall braucht er einen Dolmetscher für eine völlig aufgelöste Frau, die auf Englisch zu verstehen gibt, dass sie ihre Freundin tot in ihrer Villa aufgefunden hat. Nico hilft bei der Zeugenvernehmung und beim Übersetzen und steckt damit schon wieder mitten in einem neuen Mordfall.
Hier ermittelt nicht nur die Polizei, sondern gefühlt das halbe Dorf. Das ist vielleicht etwas unrealistisch, aber dafür umso unterhaltsamer. Die Autorin - oder die Übersetzerin - hat einen sehr bildhaften Erzählstil. Wenn Perillos Assistent Daniele mal wieder rot anläuft, weil er aus Versehen etwas Selbstbewusstsein gezeigt hat, dann sieht man ihn direkt vor sich stehen.

Ich finde, das Buch ist die perfekte Urlaubslektüre. Man wird mitten unter die Bewohner des Dorfes geworfen und ermittelt mit ihnen gemeinsam den oder die Täter. Zugegebenermaßen spielt das Dorfleben eine mindestens genauso große Rolle wie der eigentliche Fall. Wer hier einen spannungsgeladenen Krimi sucht, wird vermutlich nicht fündig werden. Stattdessen bekommt man als Leserin eine ganze Menge liebenswerter Personen und ihre Geschichten präsentiert, beziehungsweise das, was sie gerade in ihrem Alltag beschäftigt. Mir hat das total gefallen und ich war fleißig am Miträtseln.

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