London, 1974: Pippa, Tochter aus gutem Hause, verliebt sich in Oz, den Sänger eine Punkband, der in einem besetzten Haus lebt. Als Pippas Familie davon erfährt, endet die Liebesgeschichte der beiden ebenso tragisch wie abrupt. Pippa und Oz haben sich seitdem nie wieder gesehen ...
London, Gegenwart: Online-Redakteurin Gilly ist überglücklich, als sie in einem viktorianischen Mietshaus eine erschwingliche Wohnung findet. Umso größer der Schock: Das Haus soll verkauft und luxussaniert werden. Um das zu verhindern, beschließt Gilly, mehr über die Geschichte des Hauses herauszufinden. Dabei erfährt sie auch mehr und mehr über die früheren Bewohner und ihre zum Teil herzzerreißenden Schicksale ...
1974 trifft Pippa auf Oz, zwei Welten, doch Gefühle kennen kein Unterschied.
In der Gegenwart begleiten wir Gilly, die endlich eine erschwingliche Wohnung findet, dann aber damit konfrontiert wird, dass ...
1974 trifft Pippa auf Oz, zwei Welten, doch Gefühle kennen kein Unterschied.
In der Gegenwart begleiten wir Gilly, die endlich eine erschwingliche Wohnung findet, dann aber damit konfrontiert wird, dass sie vielleicht bald wieder raus muss…
Ich weiß gar nicht, welche der beiden Geschichten, die wir erleben dürfen in Kathinkas neusten Werk, mich mehr fasziniert und eingenommen hat. Pippa und Oz, weil so zwei wirklich unterschiedliche Welten aufeinander treffen, die kaum bis gar keine gemeinsamen Berührungspunkte haben und letztendlich trotzdem zu einer wundervollen Liebesgeschichte führen, weil man Gefühle nicht beeinflussen kann. Dabei aber erleben zu dürfen, wie Pippa aufblüht, als sie anfängt, das für sich zu tun, war für mich einfach wundervoll. Aber ich wusste auch, dass es schwer werden wird, wenn keinerlei Verständnis für ihre Gefühle von Seiten ihrer Familie ausgeht.
Auf der anderen Seite haben wir die Geschichte von Gilly, die nach einer Wohnung sucht und endlich das Glück hat, etwas zu finden, was bezahlbar ist, um kurz darauf festzustellen, dass das Haus verkauft und luxussaniert werden soll. Doch damit will sie sich nicht abgeben und fängt an zu kämpfen. Wie die anderen Mieter in dem Haus nach und nach zusammenwachsen, um den Kampf aufzunehmen, hat mich gerührt. Als Gilly dann auch Owen von einer Idee überzeugen kann, die ihn anfangs an seine Grenzen führt, keimen erste Gefühle auf, die langsam aber stetig zu etwas Wundervollen wachsen. Und auch bei der grummelige ältere Dame von gegenüber kann man ganz wenig Zuspruch aufblitzen sehen, dem Haus eine Chance zu geben.
Als ich dann nach und nach gesehen habe, wie diese Geschichten wachsen und wohin die Reise geht, habe ich am Ende die Tränen nicht mehr zurückhalten können
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Wer dieses Buch nicht liest, der verpasst definitiv eine ganz wundervolle Geschichte, die mich tief berührt hat. Dabei fällt es mir echt schwer, meine Gedanken in Worte zu fassen, die dem Buch gerecht werden. Ich glaube, jeder muss es einfach selbst lesen und sich auf diese Geschichte einlassen. Danke, Kathinka, dass du sie mit uns teilst
Handlung: "Das Ende von gestern ist der Anfang von morgen" hat eigentlich alles, was eine gute Geschichte braucht - ein lebendiges Setting, einen interessanten Erzählaufhänger, authentische Figuren und ...
Handlung: "Das Ende von gestern ist der Anfang von morgen" hat eigentlich alles, was eine gute Geschichte braucht - ein lebendiges Setting, einen interessanten Erzählaufhänger, authentische Figuren und einen atmosphärischen Schreibstil. Kein Wunder also, dass es mir mit diesem Buch so ging wie Kathinka Engels Protagonistin mit dem Haus in der 19 Tolpuddle Street "Zackbumm, Herz dran gehängt". Was das Buch allerdings davon abgehalten hat, für mich zu einem richtigen Highlight zu werden, ist das eher mittelmäßige Pacing der Geschichte. Die Autorin erzählt hier abwechselnd zwei eigenständige Handlungsstränge auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen, die sich erst auf den letzten Seiten des Romans verbinden. Dafür nutzt sie die Perspektive der jungen Pippa im Jahr 1974 und die von Online-Redakteurin Gilly in der Gegenwart. Dadurch dass zwei Geschichten parallel erzählt werden, braucht der Roman erstmal 150-200 Seiten, um in die Gänge zu kommen, während das Ende mit der Verbindung der Handlungsstränge sehr plötzlich kommt und sich die Ereignisse beinahe überschlagen. Ein wenig mehr Drive zu Beginn und etwas mehr Ruhe im Ende hätte der Erzählung also aus meiner Sicht sehr gut getan. Die Art und Weise, wie die Autorin ihre Geschichte auflöst, ist allerdings sehr gelungen - zwar nicht vollkommen unvorhersehbar, aber rund und emotional mit stimmigen Zwischentönen erzählt.
Schreibstil: Wer schon einmal in einem Altbau gewohnt hat, kennt vermutlich die Spuren, die vorherige Bewohner dort hinterlassen haben und die gelegentliche Frage, welche Geschichten die Gemäuer erzählen würden, wenn sie sprechen können. Um genau diese Frage dreht sich diese ruhige, einfühlsame, lebendige Erzählung über Heimat, den Zusammenhalt einer Hausgemeinschaft, Verlieren, Finden und Gefunden werden. Dabei entführt die Autorin mit ihrer 19 Tolpuddle Street nach Camden mitten in London und erweckt dieses Viertel auf beiden Zeitsträngen auf magische Weise mit allen politischen und historische Feinheiten zum Leben. Während wir in der Vergangenheit die prekären Lebensbedingungen der Arbeiterklasse, die Beginne der Punk-Szene und Hausbesetzungen beobachten, ist der Camden Market in der Gegenwart zu einem Touristenmagneten geworden und der alte Charme muss immer mehr der Gentrifizierung weichen. Dennoch liest sich das Buch von Anfang bis Ende wie eine Liebeserklärung an die Stadt London. Gemeinsam mit Gilly gehen wir für ihr Online-Magazin auf eine Suche nach "Hidden Places" in der Stadt und bekommen dabei (trotz der bösen Mietpreise) sofort Lust, hinzufahren und selbst auf Entdeckungsreise zu gehen!
Figuren: Durch den eher gemächlichen Beginn kann sich die Geschichte viel Zeit nehmen, die beiden Hauptfiguren und deren Lebenssituation ausführlich vorzustellen. So bekommen wir ein gutes Gefühl für die jeweiligen Konflikte und können die Entwicklungen der Figuren gespannt mitverfolgen. Im 1974-Handlungsstrang beobachten wir, wie die Tochter aus gutem Hause aus Langweile in die Punkszene gerät und sich in den Sänger Oz verliebt. Dabei steht vor allem Pippas Ausbruch aus ihrem behüteten Leben, das Hinterfragen ihrer politischen Ansichten und ihrer gesellschaftlichen Rolle als Frau im Vordergrund. Während sie es einem gerade zu Beginn sehr schwer macht, sie nicht für ihre Naivität und internalisierte Misogynie schütteln zu wollen, macht sie dabei einen beachtlichen Wandel durch und wächst einem sehr ans Herz.
Dagegen hatte ich zu Gilly von Beginn an einen deutlich besseren Zugang. Sie ist zu Beginn der Handlung an einem Punkt in ihrem Leben angelangt, an dem sie nicht genau weiß, wie es bei ihr weitergehen soll - nur dass sich etwas ändern muss. Nach einer gescheiterten Langzeitbeziehung ist sie wieder Single, wohnt alleine und muss sich zum ersten Mal fragen, was eigentlich sie möchte. Ihr Handlungsstrang dreht sich also ganz um Orientierungslosigkeit im Leben, den Druck, den sie als Dreißigjährige von außen spürt und wie sie (mithilfe einer Armada von Basilikum) zu sich selbst findet. Dabei lässt sie ganz schön viele kleine Weisheiten vom Stapel, die auch bei mir ein bisschen etwas bewegt haben...
Da beide Hauptfiguren sehr viel Raum einnehmen, bleibt nur wenig Platz für Nebenfiguren. Zwar haben beide Frauen eine Liebesgeschichte, die schön erzählt sind, sich aber recht schnell entwickeln und eher Randnotizen bleiben. Auch andere Akteure wie beispielsweise die Nachbarin Miss Dewbre hätten noch ein bisschen ausgebaut werden können. Doch das hätte das Pacing vermutlich noch mehr aus der Balance gebracht, also bleibe ich bei meinem Urteil: bis auf Unstimmigkeiten im Erzähltempo erzählt Kathinka Engel hier einen lebendigen, kraftvollen Roman!
Die Zitate
"Bisher war jeder Schritt in meinem Leben immer die logische Fortsetzung des vorher Dagewesenen. Und das vorher Dagewesene war immer schon ein Kompromiss gewesen, weil es nie um mich gegangen war. Immer glaubte ich, den kleinsten gemeinsamen Nenner, die Geschmacksüberschneidung finden zu müssen, sodass mein Leben zu einer Aneinanderreihung aus Geschmacksüberschneidungen wurde. Die Trennung von Luke und mein Auszug sind so etwas wie ein Ausbruch aus diesem Trott. Ein Unterbrechen der Logik. Zeit für eine eigene Playlist.”
"Mein Basilikum lässt die Blätter hängen." "Es ist immer entweder zu viel oder zu wenig Licht oder zu viel oder zu wenig Wasser", sagt sie. "Na, wenn das mal nicht hilfreich ist", erwidere ich. Aber dann fällt mir auf, dass genau das vermutlich auch fürs Leben gilt. Man muss wohl einfach selbst herausfinden, wie viel Licht und wie viel Wasser man braucht. Und auf einmal scheint es immens wichtig, dass ich die Sache mit dem Basilikum hinkriege."
"Ich muss das alles allein machen. Niemand erinnert mich. Niemand macht es, wenn ich zu faul bin. Aber den nächsten Schritt nicht zu kennen macht, dass ich das Jetzt klarer sehe. Dass ich wacher bin im Moment, verstehst du?"
"Ich habe nie gesagt, dass ich lieber allein bin."
"Aber du hast doch..." Doch Owen lässt mich nicht ausreden. "Es kommt ganz darauf an, wer die Alternative zum Alleinsein ist." Er lächelt mich an, und mein hüpfendes Herz möchte sich wirklich, wirklich an Owen hängen."
"Ist das die erwachsene Version des Verliebens? Mit Luke war es die panische. Die Was-wenn-ich-niemanden-abkriege-Version. Und dann war es die Jetzt-hab-ich-schon-so-viel-investiert-Situation. Bis nicht einmal mehr das reichte. Ist der perfekte Mensch für einen anderen Menschen derjenige, dessen Gegenwart besser ist als Alleinsein, aber in einer Phase, in der man das Alleinsein zu schätzen weiß."
Das Urteil
"Zackbumm, Herz dran gehängt" - "Das Ende von gestern ist der Anfang von morgen" hat (bis auf ein gelungenes Pacing) alles, was eine gute Geschichte braucht: ein lebendiges Setting, einen interessanten Erzählaufhänger, authentische Figuren und einen atmosphärischen Schreibstil.