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Veröffentlicht am 04.11.2017

Ein liebenswerter Nerd auf Freiersfüßen sorgt für witzige und berührende Unterhaltung.

Das Rosie-Projekt
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Bei diesem Roman erfährt man Einzelheiten aus dem Leben eines Mann mit Asperger-Syndrom und erkennt die Probleme, die mitmenschliche Beziehungen für diese Menschen im Umgang mit anderen mitbringen. Ob ...

Bei diesem Roman erfährt man Einzelheiten aus dem Leben eines Mann mit Asperger-Syndrom und erkennt die Probleme, die mitmenschliche Beziehungen für diese Menschen im Umgang mit anderen mitbringen. Ob diese Situationen auch aus medizinischer Hinsicht realistisch dargestellt werden, kann ich nicht beurteilen, auf jeden Fall erscheinen sie mir glaubhaft.

Dons Sichtweise und die sachlich, nüchterne Betrachtung seiner Erlebnisse lesen sich nicht nur humorvoll, sondern rühren zutiefst. Aber was vielmehr hervorsticht, ist die Tatsache, dass er ein richtig liebenswerter Mann ist, der sich auf seine Weise erklärt, was seine Traumfrau mitbringen sollte.

Mir erschien die Lovestory etwas zu überspitzt dargestellt und sie war auch vorhersehbar, dennoch hatte ich großen Spaß damit und habe den Professor auf Freiersfüßen gern begleitet.

Denn Don tappt in so manches Fettnäppchen, er wird von Außenstehenden belächelt und seine besondere Sichtweise lässt ihn oft genug wie einen Tölpel dastehen und das Frauen eine eigene Meinung zum Thema Ehemann haben könnten, wird ihm erst bei seinem Projekt bewusst. Denn er lernt Rosie kennen, die überhaupt nicht seinem Fragebogen-Schema entspricht und doch ist er gern mit ihr zusammen. Eine rauchende, unpünktliche Barfrau passt einfach nicht als Ehefrau.

Graeme Simsion ist mit diesem Roman ein absolut witziges und auch einnehmendes Buch gelungen.

Ein wenig Romantik, ein paar skurrile Personen und eine Geschichte, wie man sie kaum erwarten würde und schon ist ein unterhaltsames und originelles Buch geschrieben.



Mir hat dieser Roman berührende und witzige Lesestunden geschenkt und ich wurde sehr gut unterhalten.

Veröffentlicht am 04.11.2017

Dieser Roman hat mich auf eine besondere Weise verzaubert.

Luisa und die Stunde der Kraniche
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"Die Kiefern, die spärlich in den Dünen wuchsen, hatten sich dem Wind gebeugt. Schwere Äste und Baumstämme lagen am breiten Strand verstreut. Nackt und sparrig, wie silbrig weiße Knochen von riesigen Tieren ...

"Die Kiefern, die spärlich in den Dünen wuchsen, hatten sich dem Wind gebeugt. Schwere Äste und Baumstämme lagen am breiten Strand verstreut. Nackt und sparrig, wie silbrig weiße Knochen von riesigen Tieren sahen sie aus..." Zitat Seite 262

Das ist mal wieder ein Buch, bei dem man nicht aufhören mag zu lesen. Nicht nur die Personen und ihre Erlebnisse haben mich in ihren Bann gezogen, auch die Naturbeschreibungen und die Kraniche sorgen für beste Unterhaltung und vermitteln das besondere Flair dieser deutschen Ostseeküste.

Dabei war mir die Protagonistin Luisa alles andere als sympathisch. Sie ist für ihre 38 Jahre recht unentschlossen und unreif, sie scheint gedankenlos das luxuriöse Leben an der Seite ihres Freundes Richard zu geniessen, geht keine Risiken ein. Richard gibt ihr seine Lebensweise vor, er ist ihre Leitfigur im Leben, aber bei seinem Heiratsantrag kommen ihr dennoch Zweifel. Sie hinterfragt ihre Wünsche für eine Ehe und besonders für ihr Leben. Möchte sie ebenso wie Richard auf Kinder verzichten? Der Aufenthalt in Zingst lässt sie mit ihrer Schwester und deren Kindern aufeinandertreffen. Auch diese familäre Bindung ist durch Richard fast abgebrochen. Wie soll Luisa ihre Lebenszeit verbringen, wir stellt sie sich ihre Zukunft vor? Ein Leben nach Richards Vorstellungen leben?

Das Aufeinandertreffen mit ihrer Schwester, mit dem Biologen Jan und mit der mystisch angehauchten Mary sorgen bei Luisa zum Überdenken ihrer Lebensplanung. Hier in der gewohnten Idylle des großelternlichen Hauses in der Nähe des Meeres kommt Luisa nicht nur ihrer glücklichen Vergangenheit aus Jugendtagen näher, sondern sie überwindet endlich ihre Gleichmütigkeit und entwickelt ein wenig Lebensmut und Selbstsicherheit. Denn gerade in der blauen Stunde, zwischen Sonnenuntergang und absoluter Dunkelheit spürt ihren Gedanken und Träumen nach.

Die alte Mary erscheint ihr merkwürdig vertraut, ihr Leben wurde auch entschieden von ihrem Mann und blieb kinderlos. Wird Luisas Leben wie Marys werden.

Die Zeit spielt in diesem Buch eine wichtige Rolle, was jeder Mensch mit seiner Lebenszeit anfängt, ist allein ihm selbst überlassen. Man muss sich für bestimmte Wege, Wünsche und Lebensziele entscheiden. Auch wenn man erst im Nachhinein erkennen kann, ob das nun richtig war oder nicht.

Dieser Roman führt in die wunderschöne Gegend des Darß und zeigt zauberhafte Einblicke in die Landschaft und in die fünfte Jahreszeit, zu der die Zugvögel dort in der Boddenlandschaft rasten. In diesem Fall werden besonders die majestätischen Kraniche in den Vordergrund gerückt und man erfährt einige informative Dinge über diese besonderen Zuggäste.

Auch wenn das etwas mystisch angehauchte Ende wohl nicht jedem gefällt, es passt zur Handlung und zeigt, dass es immer mehrere Möglichkeiten im Leben gibt. Wofür wir uns entscheiden, hängt ganz allein von uns selbst ab.

Davon leite ich auch für mich folgende Botschaft des Romans ab: Sei Du selbst und lebe Deine eigenen Wünsche!


Dieser Roman hat mich auf seine Weise verzaubert, ich war gern bei Luisas Entscheidungsfindung dabei und habe besonders die Natureindrücke sehr genossen.


Veröffentlicht am 04.11.2017

Schon recht schräger Jägerkrimi mit Humor und Kärntner Dialekt!

Wenn der Platzhirsch röhrt
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Den ersten Band der Krimireihe kenne ich nicht, für die Handlung dieses Bandes hatte ich allerdings bis auf die mir fremden Personen keine Verständnisschwierigkeiten. An die Personen musste ich mich jedoch ...

Den ersten Band der Krimireihe kenne ich nicht, für die Handlung dieses Bandes hatte ich allerdings bis auf die mir fremden Personen keine Verständnisschwierigkeiten. An die Personen musste ich mich jedoch erst einmal herantasten. Es fehlten mir nähere äußerliche Personenbeschreibungen, jedoch haben die gebotenen Charaktereinblicke mir die Personen allmählich deutlich sichtbar machen können.

In diesem Jägerkrimi geht es mit etwas schwarzem Humor, schrägen Typen und unerwarteten Ereignissen um einen ernsten Kriminalfall.


Heinrich Beltens Schwiegersohn Anton Nowak will seinen Schwiegervater ins Altersheim abschieben und somit Nachbar von Aufsichtsjäger Sepp Flattacher werden. Das passt Sepp überhaupt nicht und auch wenn Heinrich nicht gerade sein Freund ist, schmiedet er mit ihm Pläne, um den Wiener Anton Nowak zu vertreiben. Durch ihre Aktionen werden sie unweigerlich in Nowak schmierige Geschäfte verwickelt. Eine Leiche bringt dann die Kripo auf den Plan.

Die Krimihandlung ist zwar präsent, behält aber keinen großen Stellenwert im Gesamtbild, während die Figuren mit ihrem Dialekt und besonderen Aktionen für beste Unterhaltung sorgen. Mit dem schwarzen Humor, den regionalen Besonderheiten, den urigen Originalen und etwas Jägerlatein erlebt man vergnügliche Lesestunden und muss keine Angst vor unverständlichen Begriffen haben, hier sorgt ein umfangreiches Glossar für Aufklärung von unbekannten Wörtern.


Alexandra Bleyer hat einen flüssigen Schreibstil und bringt mit ihren witzigen Einfällen Humor in die Geschichte. Dennoch löst sich die Krimihandlung in logischer Weise auf und die Bösewichter gehen ihrer gerechten Strafe entgegen.

Das Können der Autorin sehe ich in ihrer Fähigkeit, skurrile Figuren zu erfinden und diese in einem Sprachgemisch aus Deutsch, Wienerisch und Kärntner Dialekt miteinander agieren zu lassen.

Dieser Jägerkrimi ist äußerst unterhaltsam, es geht mit Situationskomik und einer Menge Lokalkolorit ins Möllntal und neben kulinarischen Dingen gibt es einiges zu entdecken.

Veröffentlicht am 03.11.2017

Hier werden Familiengeheimnisse aufgedeckt und Einblicke in die Machenschaften der DDR gewährt.

Preiselbeertage
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"Deine Mutter hat die Wahrheit zwar ganz schön eingefroren, aber ich glaube, du kommst da nicht ran, indem du den Eispickel schwingst. Wart´s ab,... das Tauwetter hat schon eingesesetzt." Zitat Seite 282 ...

"Deine Mutter hat die Wahrheit zwar ganz schön eingefroren, aber ich glaube, du kommst da nicht ran, indem du den Eispickel schwingst. Wart´s ab,... das Tauwetter hat schon eingesesetzt." Zitat Seite 282


Der Roman gibt informative Einblicke in die DDR vor der Wende. Die Reiseverbote ins benachbarte Ausland, zu dem auch die Bundesrepublik gehörte, galten für die meisten Bewohner. Nur in Ausnahmefällen konnten Personen für Sport- oder Musikveranstaltungen Nachbarländer besuchen. Angehörige der Stasi und staatstreue Genossen machten Nachbarn und Angehörigen von Republikflüchtlingen das Leben schwer. Es wurde gespitzelt, denunziert und degradiert.

Im Buch ist Arianes Familie in dieser leidgeprüften Situation, erst allmählich kommt Ariane hinter das Geheimnis ihrer Eltern und Großeltern.

Ihre Mutter Ina versucht lange Zeit, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Aber Ariane möchte endlich Licht in dieses Kapitel ihres Lebens bringen. Warum fühlt sie sich zu ihrer Mutter nicht hingezogen und hängt so sehr an den Großeltern? Wieso ist ihre Schwester Jolante so anders als Ariane?

Man ahnt anhand der Verwicklungen die dahinterliegende Problematik in Verbindung mit der Herkunft aus der DDR. In Rückblenden erfährt man die Geschichte von Ina von 1986 bis 1990, die die Probleme nach und nach deutlich macht.

Diese Zeit habe ich miterlebt, zwar auf westdeutscher Seite, aber mit Verwandten von "drüben". Etliche Kinder von Rebublikflüchtigen wurden in Heimen untergebracht.

Stina Lund zeigt die Grausamkeit der DDR sehr deutlich und besonders das Schicksal von Ina und ihrer Tochter Ariane geht mir sehr nahe.

Mich hat diese deutsch-deutsche Geschichte sehr berührt, ich habe sie interessiert und gespannt gelesen habe, nur hatte ich Probleme mit einigen Figuren.

Wieso die eigene Herkunft nie von Ariane und Jolante erfragt wurde, gerade wo die Hintergründe in der DDR liegen, finde ich außerdem sehr fraglich. Wer sich mit der deutschen Geschichte auch nur ansatzweise beschäftigt, hätte doch wohl von allein schon Schlussfolgerungen gezogen, auch wenn die Eltern sich hier verwehrten.

Es musste ungeheuer schwer für Ina sein, mit einer Lüge zu leben und zu sehen, wie sich die Tochter ihr entfremdet hat. Die Protagonisten erscheinen sehr eindeutig in ihrer Charakterisierung, manches Verhalten konnte ich aber nicht nachvollziehen.


Preiselbeertage ist ein Buch, das sich mit der deutsch-deutschen Geschichte beschäftigt und auf berührende Weise Schicksalswege beschreibt, die Familien auseinanderrissen und für viel Kummer und Schmerz sorgte.

Veröffentlicht am 03.11.2017

Tragisch, ergreifend und wissenswert

Farbenblind
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Trevor Noah erzählt in seiner Biografie, wie er die Apartheid erlebt hat und trotz der Probleme seinen Platz im Leben gefunden hat.
Dieses Buch gewährt tiefe Einblicke in das Apartheidsystem Südafrikas, ...

Trevor Noah erzählt in seiner Biografie, wie er die Apartheid erlebt hat und trotz der Probleme seinen Platz im Leben gefunden hat.
Dieses Buch gewährt tiefe Einblicke in das Apartheidsystem Südafrikas, erklärt Stammesrivalitäten und zeigt Diskriminierung aus nächster Nähe.

Das Buch beginnt mit dem Immorality Act, das Unsittlichkeitsgesetz von 1927. Dieses verbot außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen, ich zitiere wörtlich: "Europäern und Eingeborenen". Bei Zuwiderhandlung war mit Freiheitsstrafe zu rechnen.



Trevor wird nicht nur in einem Land mit extremer Rassentrennung groß, er ist auch noch ein Mischlung und gehört damit nicht zu den Schwarzen und nicht zu den Weißen. Das macht seine Situation so schwierig, dass seine Mutter ihn als Kind verstecken muss. Schliesslich hat sie gegen das Gesetz verstoßen.



Man kann es kaum glauben, denn Trevor Noahs Kindheit ist kaum 30 Jahre her und doch erlebt der Mischlingsjunge am eigenen Leib Rassendiskriminierung. Er erklärt, wie Schwarze, Farbige, also Mischlinge, Inder und Weiße jeweils als eigene Rasse gesehen wurden und sogar die Toiletten danach gekennzeichnet wurden. Doch nicht nur nach der Hautfarbe wurde unterschieden, auch sprachlich gesehen gibt es in Südafrika eine Vielzahl verschiedener Ethnen und Sprachen.

Trevors Schilderungen berühren, klären auf und zeigen tragische Einblicke in sein Leben. Er ist kein einfach zu bändigendes Kind, seine Erlebnisse sind von der Gewalt des prügelnden Stiefvaters geprägt und er hat große Probleme mit seiner eigenen Identität. Zu welcher Gruppe von Menschen gehört er?
Schliesslich ist er ein Mischling, auch wenn er sich als Schwarzer sieht. Gemeinsam mit seiner Mutter und einer ordentlichen Portion Humor meistert Trevor viele Schwierigkeiten. Sie sorgt dafür, dass er Englisch und andere Sprachen spricht.

Bei dieser Lektüre ist man von einigen Erlebnissen erschüttert, sieht wie Trevor selten Anschluss findet und dank seiner Sprachkenntnisse eigentlich Zugang zu verschiedenen Gruppen findet. Um Geld zu verdienen, erstellt er illegale Raubkopien und verkauft sie, ohne sich einer Schuld bewusst zu sein. Dennoch findet er seinen Weg im Leben.

Seine komische Ader macht ihn zu einen unterhaltsamen Erzähler, doch nicht alle Kapitel des Buches haben mich gleichermaßen interessiert und unterhalten. Was mich aber fasziniert hat, ist seine im Buch zum Ausdruck gebrachte Liebe zu seiner Mutter.


Am aufschlussreichsten finde ich die Erklärungen über die vielen Sprachgruppen Südafrikas, die Stammeskonflikte dieser Gruppen untereinander und die Probleme, sich gemeinsam als ein Volk zu fühlen.




Diese Biografie zeigt emotionale, persönliche und tragische Momente im Leben des Trevor Noah, der seinen Lebensweg mit Mut, Humor und einem gefestigten Charakter eingeschlagen hat.