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Veröffentlicht am 27.05.2021

Eine allzu oft ignorierte Wahrheit

Im Reich der Schuhe
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Der jüdisch-amerikanische Alex soll die Schuhfabrik seines Vaters in China übernehmen, die dieser jahrelang staatstreu geführt hat - also ohne Rechte für die Arbeiter*innen und mit einem Haufen Schmiergeld ...

Der jüdisch-amerikanische Alex soll die Schuhfabrik seines Vaters in China übernehmen, die dieser jahrelang staatstreu geführt hat - also ohne Rechte für die Arbeiter*innen und mit einem Haufen Schmiergeld für die hohen Beamten. Der Erfolg und das Geld des Vaters sprechen für sich, ziemlich große Fußstapfen, die Alex zu füllen hat - aber will er das überhaupt?
Spencer Wise erzählt eine Geschichte von unfairen Verhältnissen, von der großen Macht der Wirtschaft, der Menschenleben egal sind, davon zu versuchen, sich zugehörig zu fühlen, von Politik, von Liebe....
Obwohl das Buch anfangs ziemlich trocken wirkt und es einem schwer fällt hineinzufinden, möchte man es zum Ende hin, kaum noch aus der Hand legen. Als die Kälte, Gefühllosigkeit und Verlorenheit vom Anfangs wandeln sich über 200 Seiten zu einem Wechselbad der tiefen Emotionen, zu einem Gefühl des Zusammenhalts und einer klaren Linie, einer Botschaft, die der Autor vermitteln möchte. So wandelt sich auch der Protagonist Alex von einem auswechselbaren Typen, von dem scheint, dass er kein Ziel im Leben verfolgt und kaum Selbstwert hat, zu einem engagierten, liebenden, jungen Mann, der eine Veränderung bringen möchte und dafür schon die richtige zu haben scheint.
Wise schreibt für alle und auch so, dass es möglichst alle verstehen, denn er hat wichtiges zu erzählen: von den Arbeitsverhältnissen in China, von den Regeln des Weltmarkts, von menschenverachtenden Hierarchien, von Chinas Politik und Geschichte. Und trotz dieser schwierigen Themen bleibt das Buch verständlich und kommt stellenweise mit einer Leichtigkeit rüber, die einem im Nachhinein fast erschreckt.
Das Buch ist interessant und auf jeden Fall zu empfehlen, vor allem, wenn man wissen möchte, was uns große Unternehmen gerne verschweigen und was wir uns nicht wahrhaben wollen, denn dieses Buch zwingt uns hinzusehen.

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Veröffentlicht am 23.07.2024

Geniale Idee, nicht gut umgesetzt

To Gaze Upon Wicked Gods – Falsche Götter
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Molly X. Chang hat in "To Gaze Upon Wicked Gods" eine Welt voller Magie erschaffen. In Pangu haben manche Bewohner:innen besondere Kräfte, wie Ruying, die den Menschen ihr Qi entziehen kann und sie somit ...

Molly X. Chang hat in "To Gaze Upon Wicked Gods" eine Welt voller Magie erschaffen. In Pangu haben manche Bewohner:innen besondere Kräfte, wie Ruying, die den Menschen ihr Qi entziehen kann und sie somit tötet. Doch Ruyings Welt wird bedroht von den Römern, die mit moderner Wissenschaft in ihre Welt eingefallen sind und Pangu und die Bewohner:innen mit Opian unterdrückt.
Die Grundidee für den Auftaktroman ist sehr gut, vor allem wenn man bedenkt, dass die Autorin damit die Geschichten ihrer chinesischen Großeltern aufarbeitet. Auch ist das Worldbuilding gut durchdacht, schlüssig und weckt Interesse. Dann hört es sich jedoch leider auf. Ruying ist wohl die naivste Protagonistin, über die man stolpern kann, so naiv, dass es beinahe wehtut und das führt sogar zu Entscheidungen, die einfach nicht mehr nachvollziehbar sind (nur um ein paar beliebte Book Tropes zu bedienen). Dazu kommt noch, dass einige Dinge über die Welt, die Backstories der Charaktere einfach immer wieder wiederholt wurden, also könnte man den Leser:innen nicht zutrauen, sich zu merken, was sie vor ~100 Seiten gelesen haben.
Der Roman hätte bestimmt wesentlich kürzer sein können, denn schaut man am Ende zurück ist eigentlich nicht genug Inhalt für rund 450 Seiten da. Vielleicht gebe ich dem zweiten Teil noch eine Chance, vielleicht nicht, es wird sich zeigen, wenn erscheint.

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Veröffentlicht am 31.05.2024

Die Stimme einer Frau

Wendy, Darling – Dunkles Nimmerland
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"Wendy, Darling" ist nicht unbedingt ein Retelling der Peter Pan-Geschichte, viel mehr eine mögliche Fortsetzung der Geschichte. erzählt wird sie von Wendy, die mit Peter als Kind in Nimmerland war, mittlerweile ...

"Wendy, Darling" ist nicht unbedingt ein Retelling der Peter Pan-Geschichte, viel mehr eine mögliche Fortsetzung der Geschichte. erzählt wird sie von Wendy, die mit Peter als Kind in Nimmerland war, mittlerweile aber einen Ehemann und eine Tochter hat. Als diese jedoch von Peter abgeholt wird, folgt sie ihm an den Ort ihrer Kindheit.
Wie in vielen anderen modernen Peter Pan-Geschichten, ist auch hier Peter Pan nicht der mysteriöse, verspielte Junge, der eben einfach nicht erwachsen werden möchte. Peter Pan ist schon fast ein Tyrann, der Kinder entführt und das alle Bewohner:innen des Nimmerlands müssen nach seiner Pfeife tanzen, egal was das für sie bedeutet! Das ist nichts Neues, man hat es schon sehr oft gesehen oder gelesen.
Was innovativ war und mir an diesem Roman am besten gefallen hat, war die Geschichte Wendys nachdem sie aus Nimmerland zurückgekommen ist. Hier entfaltet sich eine Geschichte der Emanzipation vor dem Hintergrund des Weltkriegs und kaputten Familien. Wendy hält daran fest, dass sie tatsächlich in Nimmerland war und wird dafür in eine Irrenanstalt gesteckt, wo sie misshandelt wird, aber auch eine wichtige Freundin findet.
Insgesamt hatte es leider nicht viel Neues zu bieten und der kleine feministische Kampf Wendys war am Ende zu wenig, um mich zu überzeugen.

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Veröffentlicht am 13.09.2023

Nichts Besonderes?

Cleopatra und Frankenstein
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Rund um dieses Buch gibt es einen Riesenhype, alle lesen es, gefühlt alle lieben es. Aber wieso?
Cleo, Spitzname Cleopatra, und Frank, Spitzname Frankenstein, verlieben sich, sie heiraten, ein Hot-Dog-Verkäufer ...

Rund um dieses Buch gibt es einen Riesenhype, alle lesen es, gefühlt alle lieben es. Aber wieso?
Cleo, Spitzname Cleopatra, und Frank, Spitzname Frankenstein, verlieben sich, sie heiraten, ein Hot-Dog-Verkäufer ist ihr Trauzeuge und beginnen ein gemeinsames Leben. Die Leser:innen verfolgen nicht nur Cleo und Frank sondern auch einige andere Charaktere durch ihren Alltag, sehen wie sie an verschiedensten Steinen, die ihnen in den Weg gelegt werden zerbrechen oder wachsen und wie sie sich weiterentwickeln. Der Roman erzählt nicht von großen Abenteuern, von Auserwählten, von Helden in glänzender Rüstung, sondern von dem Wahnsinn, den man Leben nennt. Das macht er jedoch schonungslos ehrlich und genau das ist das Besondere, das Herausragende an diesem Buch. Das was viele in den Bann zieht. Wir lesen Schicksale, wie sie uns auch treffen könnten auf eine gut verständliche und zugängliche Art und Weise. Für mich jedoch war es, vor allem als Hörbuch, teilweise zu unübersichtlich.

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Veröffentlicht am 25.02.2023

Saubere Erzählung ohne Ecken und Kanten

Saubere Zeiten
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"Saubere Zeiten" ist als Roman eine typische Familiengeschichte. Andreas Wunn hat sich durch seine eigenen Großeltern inspirieren lassen und erzählt hier nun die Geschichte des Vaters und Großvaters des ...

"Saubere Zeiten" ist als Roman eine typische Familiengeschichte. Andreas Wunn hat sich durch seine eigenen Großeltern inspirieren lassen und erzählt hier nun die Geschichte des Vaters und Großvaters des Ich-Erzählers. Im Roman heißt die Familie Auber und der Großvater erfindet zur Wirtschaftswunderzeit ein neuartiges Waschmittel, durch das die Familie reich wird. Die Leser:innen erfahren, wie der Großvater dazu kam Waschmittel zu machen, wie er erfolgreich wurde und wie sein Erfolg endete. All das erzählt der Sohn, dessen Vater, zu dem er nie eine enge Beziehung hatte, ins Krankenhaus kommt und im Koma liegt.
Wunn hat einen schönen Roman geschaffen, der die Leser:innen durch eine Reise durch die Jahrzehnte mitnimmt und auch immer die Probleme der Zivilbevölkerung der Zeit erzählt. Der Autor schafft ein Stückchen Alltagsgeschichte, auch wenn genau diese Geschichte nie passiert ist. Wichtige historische Ereignisse werden in den Roman eingebaut und deren Bedeutung für die Familie, die Firma werden besprochen. Als Historikerin gefällt mir dieser Aspekt des Romans sehr gut. Sonst ist es für mich ein durchschnittlicher Roman, den man auch lesen kann, wenn die Aufmerksamkeit nicht allzu hoch ist. Wirklich gefesselt hat er mich nie, aber ich wollte ihn auch nicht frühzeitig beenden und das Ende konnte mich dann doch überraschen (vielleicht aber auch nur, da ich mir keine großen Gedanken über das Ende gemacht habe).

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