Warnung und Analyse
Rechtsextrem, das neue Normal?Die Nervosität im Superwahljahr 2024 kommt nicht von ungefähr. Wo man sich auf regionaler, nationaler oder internationaler Ebene umschaut - populistische und nationalistische Parteien und Politiker treten ...
Die Nervosität im Superwahljahr 2024 kommt nicht von ungefähr. Wo man sich auf regionaler, nationaler oder internationaler Ebene umschaut - populistische und nationalistische Parteien und Politiker treten nicht nur zu Wahlen an, sie sind dort auch ziemlich ergolgreich. Und in Deutschland? Die AfD ist in den Parlamenten vertreten und macht sich Hoffnungen, im Osten Deutschlands nicht nur Rathäuser und Landratsämter, sondern auch die erste Landesregierung erobern zu können. In dieser Gemengelage erscheint der Essayband "Rechtsextrem, das neue Normal?", herausgegeben von Matthias Quent und Fabian Virchow.
Für diejenigen, die sich schon länger mit der AfD beschäftigen, bietet der Band nicht allzuviel Neues oder gar Überraschendes, auch wenn es in einigen Detailbereichen Vertiefung gibt. Wer sich (warum eigentlich erste jetzt???) angesichts Umfragewerten einerseits und der immer lauteren Auftritte des rechtsextremen Flügels um Björn Höcke entscheidet, sich einmal näher mit der Partei zu beschäftigen, findet ein Kompendium unter verschiedenen Aspekten.
Die Autoren sind Politikwissenschafterinnen und -wissenschaftler, Experten aus der Extremismuspräventiion, Journalisten und andere, die meist schon seit Jahren den Blick auf die AfD, auf Rechtsextremismus und gesellschaftliche Reaktionen richten. Angesichts der einzelnen Aufsätze kommt es gelegentlich zu Überschneidungen und Wiederholungen, andererseits lässt sich dadurch auch durch das Buch "springen" und je nach besonderem Interesse schwerpunktmäßig lesen.
Die Entstehungsgeschichte der AfD mit ihren Richtungs- und Flügelkämpfen wird ebenso beschrieben wie das offene Abdriften Höckes und seiner Anhänger in rechtsextreme Positionen. Die "Remigrations"-Debatte wird ebenso beschrieben wie die Nähe zu Russland und die Haltung zu Minderheiten. Immer wieder wird auch über die Landesgrenzen geschaut, auch zur Vernetzung rechter und rechtsextremer Gruppen. Mit den Porträts bekannter Westdeutscher am rechten Rand der AfD wie der einstige Spiegel-Feuilletonist Matussek wird mit dem Mythos aufhgeräumt, die AfD sei vor allem ein ostdeutsches Problem. Auch das Wählerpotential der Partei wird unter die Lupe genommen: Wer entscheidet sich für die AfD, und warum?
Immer wieder geht es auch um das "Verstummen der Mitte" und die zunehmende Akzeptanz radikaler Positionen, aber auch die Versuche anderer Partei, mit der AfD umzugehen bzw sich klar abzugrenzen, ohne weiter Wähler zu verlieren,
Die knappen, aber keineswegs oberflächlichen Kapitel dürften gerade denjenigen den Zugang erleichtern, die einen Einstieg in die Thematik suchen.