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Veröffentlicht am 29.07.2024

Der erste Fall

Große Fische
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Die frischgebackene Kommissarin Conny Lorenz ist neu in der Polizeiinspektion in Stralsund. Mit den Kollegen ist es noch etwas schwierig. Eigentlich hatte sie gedacht, die Reinbeker sind schon dröge, Nun ...

Die frischgebackene Kommissarin Conny Lorenz ist neu in der Polizeiinspektion in Stralsund. Mit den Kollegen ist es noch etwas schwierig. Eigentlich hatte sie gedacht, die Reinbeker sind schon dröge, Nun muss sie feststellen, es geht noch mehr. Als am Strand von Hiddensee eine männliche Leiche angespült wird, ist es Conny, die losgeschickt wird. Wasserleichen gibt es schließlich häufiger. Schnell kommt Conny etwas eigenartig vor und genauere Nachforschungen ergeben, dass der Mann wohl nicht einen normalen Ertrinkungstod erlitten hat. Pikanterweise handelt sich sich bei dem Verstorbenen um einen Prüfer beim Finanzamt.

Alles ist neu für die Kommissarin Conny Lorenz, die es nach der Tätigkeit im mittleren Dienst durch ein Studium zur Kommissarin geschafft hat. Dass heißt, nicht alles ist ganz neu. Ihr Freund ist noch der Alte, das soll aber erstmal nicht an die große Glocke gehängt werden. Mit Kater Häppchen zieht Conny in eine eigene kleine Wohnung. Zunächst geht es für ihren ersten eigenen Fall nach Hiddensee. Auch dort müssen die Kollegen sich zusammenraufen, doch Conny hat den Eindruck, hier fühlt sie sich schneller wohl als in Stralsund. Doch auch dort wird es noch besser werden. Sie konzentriert sich auf die Ermittlungen und tatsächlich scheint der Beamte ein interessantes Leben geführt zu haben.

Dieses Hörbuch wird lebendig vorgetragen von Janina Sachau. Man fühlt sich direkt an die Ostsee versetzt.

In ihrem ersten Fall kann die junge Kommissarin Conny Lorenz gleich einiges von ihrem neu erworbenen Wissen anwenden und auch altbewährtes kommt zum Einsatz. Man merkt, wie sie sie sich erstmal einleben muss und das auch will. Dass sie dabei nicht immer alles sagt, kann schon zu Problemen führen, die aber bisher souverän gemeistert werden. Dabei hat sie gleich einen verzwickten Fall, der sich als vielschichtiger herausstellt als zunächst gedacht. Zwar geht es letztlich um ernste Sachen, doch zum Glück kommt auch der Humor nicht zu kurz. Gerade in der heutigen Zeit kann man einen Krimi, der auch Urlaubsstimmung weckt gut gebrauchen. Wenn dann die Kriminaler sich als sympathisch erweisen steht einem lockeren Lesevergnügen nichts entgegen.

Veröffentlicht am 29.07.2024

Aufgelöst

Brazilian Psycho
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Im Oktober 2018 wird eine junge Frau festgenommen, weil sie ein Graffiti gesprüht hat. Sie ist gegen Bolsonaro als Kandidat. Und dafür muss sie bezahlen. Sie wird in eine Zelle gesperrt und misshandelt. ...

Im Oktober 2018 wird eine junge Frau festgenommen, weil sie ein Graffiti gesprüht hat. Sie ist gegen Bolsonaro als Kandidat. Und dafür muss sie bezahlen. Sie wird in eine Zelle gesperrt und misshandelt. Doch der Polizist Junior sorgt dafür, dass sie relativ unversehrt bleibt. Und dann geht es zurück ins Jahr 2003, wo ein Lehrer tot in seiner Wohnung aufgefunden wird. Lisboa und sein Partner Mario Lerne sollen den Fall übernehmen, aber nicht allzu genau ermitteln. Das Beste wäre ein Raubüberfall, der schief gegangen ist. Doch Lerne hat es im Gefühl, dass etwas anderes dahinter stecken muss.

Der vierte und letzte Teil der Reihe um den Detective der Zivilpolizei Mario Lerne, der in Sāo Paulo seine Kreise zieht. Genau genommen setzt die Handlung im Jahr 2003 ein, wo es gilt, den Tod des Lehrers aufzuklären. Dieser war allseits beliebt, so dass ein Überfall zu vermuten ist. Oder sollte es doch ein persönliches Motiv geben. Gleichzeitig sind die politischen Entwicklungen in Brasilien eher ungünstig. Wohltätigkeits-Vereinigungen werden genutzt, um letztlich den neu aufgesetzten Sozialstaat zu betrügen. Begriffe wie Sozialbetrug, Geldwäsche, Korruption - man kennt sie. Über die Jahre scheint es keine Verbesserung der Lage zu geben. Und Polizei, Militärpolizei und andere Behörden arbeiten nicht immer gut zusammen.

In diesem Teil der Reihe wird Vieles aus den vorherigen Bänden noch einmal aus anderer Perspektive beleuchtet. Man ist geneigt, zu überlegen, inwieweit man sich an die Vorgänge erinnert, die bereits in den vorigen Bänden dargelegt wurden und wie man das einordnen kann. Doch natürlich wird die Zeit in Brasilien zwischen 2003 und 2019 auf politischer Ebene verlaufen ist. Da geraten die Fälle, die Lerne und Lisboa bearbeiten, etwas in den Hintergrund. Zumal sie manche Dinge auch nicht richtig zu fassen bekommen, weil sie durch die Vorgesetzten oder andere Polizeibehörden behindert werden. Da scheinen viele ein eigenes Süppchen zu kochen. Das ist auf der einen Seite eine spannende und wegen des direkten Bezugs zu den anderen Büchern auch ungewöhnliche Lektüre, andererseits ist die allerdings auch fordernd, da man doch nicht so viel über die politische oder wirtschaftliche Situation in Brasilien zu der Zeit weiß ist. Msn hätte Lerne ein anderes Schicksal gegönnt und ob man alle Einzelheiten über Politik und Wirtschaft wissen muss, kann vielleicht in Frage gestellt werden (der Roman hat über sechshundert Seiten), aber insgesamt ist dieser Thriller ungewöhnlich und interessant.

Veröffentlicht am 25.07.2024

Niedergang

Das Lied des Propheten
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Ahnungslos öffnet Eilish die Tür. Vor ihr stehen zwei Mitarbeiter einer Geheimpolizei. Was wollen sie? Eilish ist selbst Akademikerin. Sie und ihr Mann, der Gewerkschafter Larry, haben vier Kinder. Und ...

Ahnungslos öffnet Eilish die Tür. Vor ihr stehen zwei Mitarbeiter einer Geheimpolizei. Was wollen sie? Eilish ist selbst Akademikerin. Sie und ihr Mann, der Gewerkschafter Larry, haben vier Kinder. Und nun diese zwei Gestalten, die Larry einfach verhaften. Es kann ja nichts Schlimmes sein. Doch Larry kehrt nicht zurück. Und allem Anschein nach kann kein Anwalt ihm helfen. Und es wird schlimmer. Eilishs Position verschlechtert sich. Manchmal wird sie im Laden übersehen. Das Geld wird knapper. Sie fragt sich, ob ihr Job noch sicher ist. Auch in ihrem Betrieb hat es Veränderungen gegeben. Und die Kinder leiden auch unter der Situation.

Eilish und Larry Stack, ihre Kinder Mark, Molly, Bailey und Ben - eine ganz normale Familie in Dublin. Sie geraten in die Fänge der Geheimpolizei, die von einer Regierung gegründet wurde, die von demokratischen Werten nicht mehr viel hält. Anstatt sich mit Menschen auszutauschen, die für andere eintreten, verhaftet der Staat sie. So können Gewerkschaften auch ausgeschaltet werden. Irgendwann sind die, die den Mund aufgemacht haben, verhaftet. Und die anderen halten den Mund. In einer Lage, die immer schlimmer wird, versucht Eilish eine gewisse Normalität aufrecht zu erhalten. Das fällt ihr alles andere als leicht. Sie darf nicht auffallen und doch will sie Larry zurückholen, ihren Kindern ein gutes Leben bereiten.

Ein Denkspiel darüber, wie schnell ein geordneter Staat, in diesem Fall Irland, in den Abgrund geraten kann. Dieser bedrückende Roman ist aufgrund der gewählten Stilmittel nicht für jeden leicht zu lesen. Und auch inhaltlich ist er schwer zu ertragen. Es geht tatsächlich alles den Bach runter, zumindest für die, die auf der vermeintlich falschen Seite stehen. Wo bleibt die Hoffnung? Schwer zu ertragen ist die Ungewissheit über das Schicksal einiger Menschen. Die Stimmung wird immer düsterer. Wenn man beginnt, zu überlegen wie es teilweise in der wirklichen Welt abläuft und da durchaus Ähnlichkeiten zu erkennen sind, kann einem Angst und Bange werden. Es ist die bekannte Welt, die man abwählt, die eigene Freiheit. Man sollte genau aufpassen, die Geister, die man ruft, wird man mitunter nicht mehr los. Und am Ende steht man ziemlich dumm da, wenn man noch lebt. Dieser Roman ist nicht leicht zu ertragen.

Die Trost- und Hoffnungslosigkeit des Inhalts dieses Romans wird auch mit dem Cover deutlich.

Veröffentlicht am 24.07.2024

Neustart

Blutstunde
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Nachdem Alexander Blix von dem Mordvorwurf freigesprochen wurde, kann er sein altes Leben nicht einfach wieder aufnehmen. Bei der Polizei ist er nicht mehr beschäftigt und die meisten der alten Kollegen ...

Nachdem Alexander Blix von dem Mordvorwurf freigesprochen wurde, kann er sein altes Leben nicht einfach wieder aufnehmen. Bei der Polizei ist er nicht mehr beschäftigt und die meisten der alten Kollegen lassen ihn spüren, dass er nicht mehr dazugehört. Auch Emma Ramm hat ihre Anstellung als Journalistin aufgegeben. Dennoch kommt sie der Bitte um Hilfe der jungen Carmen nach. Diese glaubt, ihr Stiefvater sei unschuldig im Gefängnis. Den Mord, dessen er beschuldigt wird, könne er nicht begangen haben. Blix dagegen ist am Rande einer Depression. Sein Psychologe hat ihm geraten, sich einen Hund anzuschaffen. Blix mag nicht zugeben, dass er den Rat befolgt hat. Gleichzeitig beschäftigt er sich mit einer Reihe von Frauenmorden, die ihm seltsam nahe sind.

Im fünften Band der Reihe müssen Alexander Blix und Emma Ramm ihr Leben umstellen. Bei Emma ist es eher eine freiwillige Entscheidung, während Blix gezwungen wurde. Ohne Arbeit ist Blix auch ohne Plan. Zwar will er sein Leben wieder in den Griff kriegen, doch die Trauer um seine Tochter ist noch groß. Und wenn eine alte Beschäftigung zwangsweise abgeschlossen ist, kann nicht erwartet werden, dass sofort etwas Neues da ist. Ein Gefühl der Beklemmung verfolgt ihn. Da hilft ihm auch nicht, dass der Psychologe ihm einen weiteren Rat erteilt: Er soll seinen unter Demenz leidenden Vater treffen.

Nachdem sich die Lebensumstände von Alexander Blix in den letzten Bänden der Reihe immer weiter verschlechtert haben, ist er nun wohl am Tiefpunkt und damit auch einem Wendepunkt angekommen. Er muss sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen. Dagegen wirkt Emma Ramm viel gesettelter und mit sich im Reinen. Blix muss auch damit klarkommen, dass er bei der Polizei eben nicht mehr dabei ist. Seine Fähigkeiten als Ermittler hat er dennoch nicht verloren. Und es entspinnt sich ein spannender und für Blix sehr persönlicher Fall. Emma Ramm ist nicht weniger gewitzt und sie kümmert sich um die Ungereimtheiten der anderen Mordsache. Auch wenn nicht alles in diesem Thriller, so verläuft wie man es erhofft, so ist die Story doch packend und sie ermöglicht am Schluss einen neuen Anfang.

Veröffentlicht am 08.07.2024

Oldtimer

Grand Prix
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Der Tourismus in St. Denis soll gefördert werden. Was könnte sich eignen, auch außerhalb der Hauptsaison Gäste anzuziehen. Als Versuch wird eine Oldtimer-Ausfahrt mit anschließender Rallye organisiert. ...

Der Tourismus in St. Denis soll gefördert werden. Was könnte sich eignen, auch außerhalb der Hauptsaison Gäste anzuziehen. Als Versuch wird eine Oldtimer-Ausfahrt mit anschließender Rallye organisiert. Die Ausfahrt erweist sich als Erfolg und bei der Rallye wird Bruno, Chef de Police, unversehens zum Beifahrer von Annette. Diese fährt einen heißen Reifen, da sie sich für weitere Rennen qualifizieren möchte. Ein echter Hingucker ist ein alter Bugatti, die zwei Teilnehmer mitbringen. Es stellt sich heraus, dass nach dem zweiten Weltkrieg in der Gegend ein anderes Bugatti Modell in der Gegend von St. Denis verschwunden ist. Doch Bruno erhält die Nachricht von einem Todesfall, der zu begutachten ist.

Der neunte Fall von Bruno, Chef de Police, hat einen tollen Aufmacher. Es geht um die Suche nach einem Oldtimer, der sich als das wertvollste Fahrzeug der Welt erweisen könnte. Ein Bugatti, das schnellste Straßenfahrzeug seiner Zeit. Von diesem speziellen Modell wurden nur vier Fahrzeuge gebaut. Das Schicksal von Dreien ist bekannt. Könnte das Vierte wieder auftauchen. Doch Bruno muss sich auch um den Todesfall kümmern. Ein älterer Herr hatte wohl einen Herzinfarkt. Warum aber sind die letzten Unterlagen, an denen er gearbeitet hat, uns sein Laptop verschwunden? Und auch ein Junge aus dem Ort macht Bruno Sorgen. Er wurde beim Klauen erwischt.

Dieses alte Auto macht Lust einmal das Internet zu bemühen. Die Rahmengeschichte um den Bugatti ist im Internet nachzulesen. Also keine abgehobene Idee des Autors. Manchmal denkt sich das Leben echt beeindruckende Geschichten aus. Leider wird das Buch seinem Titel, der eine gewisse Geschwindigkeit verspricht, nicht ganz stand. Allzu behäbig wird die Geschichte bearbeitet. Dabei ist es wieder schön zu lesen, wie Bruno dem Recht zu seinem Recht verhelfen will, ohne den Menschen die Zukunft zu nehmen. Er will sie selbst zum Nachdenken anregen, sie sollen sich von sich aus ändern. Ob er immer damit Erfolg haben kann? Immerhin manchmal stehen die Chancen nicht schlecht. Natürlich ist auch das Thema Bruno und die Frauen wieder vertreten, allerdings nicht so berührend wie in anderen Momenten. Dennoch fühlt man sich immer wohl mit Bruno in seinem St. Denis, seinen Freunden und Balzac.