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Veröffentlicht am 26.07.2024

Eine mitreißende, leichte Urlaubslektüre

Paraiso
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Manon und Thomas sind auf dem Weg nach Südspanien. Nach einigen Paartherapeuten, die ihnen nicht helfen konnten, sehen sie diesen Versuch als ihre letzte Chance. Thomas‘ Eltern passen auf die Kinder auf. ...

Manon und Thomas sind auf dem Weg nach Südspanien. Nach einigen Paartherapeuten, die ihnen nicht helfen konnten, sehen sie diesen Versuch als ihre letzte Chance. Thomas‘ Eltern passen auf die Kinder auf. Im Hotel angekommen, treffen sie auf neun weitere Paare und Professor Blumberg, der sich in den nächsten Tagen ihrer Probleme annehmen wird. Während des Abendessens beobachten sie verstohlen die anderen Gäste.

Thomas größtes Problem ist Manons mangelnde körperliche Zuwendung. Seit ihrer Brustkrebserkrankung läuft gar nichts mehr. Manon fühlt sich bedrängt, sobald sie ihm Zuneigung zeigt wird Thomas zielstrebig. Manon ist mittlerweile eine anerkannte Künstlerin, die Fotoinstallationen erstellt. Auf dem Weg dorthin hat Thomas sie unterstützt, sich fast ausschließlich um die Kinder gekümmert und mit seiner Dozententätigkeit und seinem festen Job als Industriefotograf ihr Leben abgesichert. Jetzt verdient Manon deutlich mehr als er.

Thomas ist der kalkulierte Typ. In seiner Jugend war er Leistungsschwimmer. Er ist diesem Sport bis heute treu geblieben, wenn er die Zeit dazu findet. Den Kindern bringt er klare Regeln bei, wie auch sein Vater ihm damals. Er kontrolliert Hausaufgaben und dass die Computerzeiten eingehalten werden. Pünktlichkeit ist ihm wichtig und Verlässlichkeit. Manon dagegen ist ihm nicht konsequent genug. Ihr laissez-fairer Erziehungsstil hat ihn schon oft wütend gemacht. Manon fühlt sich von Thomas kontrolliert und bevormundet, so als wäre sie ein kleines Mädchen, das lebensunfähig ist.

Fazit: Florian Scheibe hat ein Ehepaar geschaffen, dass, wie so viele, an ihrer Verschiedenheit zu scheitern droht. Sie verletzen einander, tanzen umeinander herum und üben sich in Vermeidungsstrategien, um nicht über ihre Gefühle reden zu müssen. Die Protagonistin ist passiv und drückt ihren Mann in die Rolle sich zu kümmern, die Dinge in die Hand zu nehmen. Ihm hat diese Position einmal gut gepasst, weil er gerne den Ton angibt, doch jetzt fühlt er sich alleingelassen. Ich mag diese komplizierten Beziehungsmuster, in denen zu wenig über Gefühle gesprochen und zu viel in den anderen hineininterpretiert wird, die der Autor großartig zeigt. Die Geschichte ist spannend, weil um das Paar herum Merkwürdigkeiten und Fragen entstehen. Ich hätte die Klimakrise nicht gebraucht, das war mir etwas zu viel, auch die Verheißungen im Klappentext fand ich drüber, das gibt der Roman nicht her. Und das Ende hat mich ratlos zurückgelassen. Es blieben zu viele Fragen offen. Für alle jedoch, die eine mitreißende, leichte Urlaubslektüre suchen, ist dieser Roman genau das richtige.

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Veröffentlicht am 18.07.2024

Leichter, spritziger Unterhaltungsroman

Romantic Comedy
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Sally Milz ist Comedian und ungewollt Sigle. Sie trifft sich manchmal mit dem verheirateten Finanzberater Gene, um weniger guten Sex zu haben. Selbst wenn sie seine Äußerung über eine Kollegin (er nannte ...

Sally Milz ist Comedian und ungewollt Sigle. Sie trifft sich manchmal mit dem verheirateten Finanzberater Gene, um weniger guten Sex zu haben. Selbst wenn sie seine Äußerung über eine Kollegin (er nannte sie Snowflake wegen ihrer Migräne) unschicklich findet, ist sie nicht bereit, die Strapazen der Suche nach einem neuen Lover auf sich zu nehmen. Eigentlich will Sally sich gar nicht wirklich einlassen. Sie ist mit Genes Dickpics zufrieden, es reicht ihr, sich ein bisschen begehrt zu fühlen.

Wenn Sally frustriert ist, zum Beispiel, weil ihr Kollege Danny Horst seit Kurzem mit der jungen schönen Schauspielerin Annabel Lily turtelt, schreibt sie Sketche über furzende Hunde, Tampons oder Gleichberechtigungsgesetze, während sie Haydn und Schubert im Wechsel hört. Danach muss sie sich vor der Bigotterie der Gutachterin des Senders hüten. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht, weiblich-erotische Adjektive zu zensieren, während sie deutlich sexuell männliche durchgehen lässt. Mittlerweile werden sogar die Worte feucht und rosa in bestimmten Zusammenhängen gestrichen.

Insgesamt arbeitet Sally liebend gern für den Sender. Vor zehn Jahren hatte ihr Vorgesetzter Nigel ihr eine Chance gegeben, die sie das Ehe aus gekostet hat. Ihr Ex konnte sich nicht dafür erwärmen, mit ihr nach New-York zu ziehen. Seitdem findet sie die Ehe ohnehin überschätzt. Allerdings scheint der Popstar Noah Brewster das ändern zu wollen, oder nicht?

Fazit: Curtis Sittenfeld hat eine robuste Protagonistin geschaffen, die tiefe Gefühle scheut. Ihre Angst vor Nähe versucht sie durch ihren ironischen Blick auf Beziehungen und Geschlechtsstereotypen zu kompensieren. Die Autorin schreibt gekonnt über den heiklen, oftmals schwierigen Beginn von Beziehungen, in dem sich selten jemand zeigen möchte, wie er/sie wirklich ist und allerlei Missverständnisse vorprogrammiert sind. Mir hat in der Geschichte Tiefe gefehlt und mir war der Beach-Sunnyboy-Popstar zu glatt. Ein paar Ecken und Kanten hätten ihm guttun können. Das ist aber mein ganz persönlicher Geschmack. Diese Lektüre empfehle ich allen, die einen frischen, spritzigen, leichten, erotischen Unterhaltungsroman suchen.

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Veröffentlicht am 08.07.2024

Zu viele Themenschwerpunkte

Die Kunst des Verschwindens
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Ellen ist seit kurzem ein angesagter Star, genauer gesagt, seit sie in der Serie The Vanishing eine der großen Rollen besetzt. Sie hat keine bedeutende Technik, war nie eine der besten, hochgearbeitet, ...

Ellen ist seit kurzem ein angesagter Star, genauer gesagt, seit sie in der Serie The Vanishing eine der großen Rollen besetzt. Sie hat keine bedeutende Technik, war nie eine der besten, hochgearbeitet, hat sie sich, von den Theaterbühnen und dann glücklicherweise Anthony getroffen. Den Regisseur, der ihr Vater sein könnte und in ihr etwas sah, das er fördern wollte. Anthony, mit dem sie mittlerweile eine enge Freundschaft verbindet, ihre einzige. Auf dem Flug New York – Berlin denkt sie an ihn, sie wird ihn gleich Morgen besuchen.

Nico wäre auch gerne Schauspielerin geworden, ist aber krachend durch die Aufnahmeprüfung gepoltert. Jetzt ist sie Fotografin, hauptsächlich Porträts, na ja und Passfotos. Sie weiß, dass sie ihrem Freund von Kurt erzählen muss, schiebt das aber seit Tagen vor sich her. Genaugenommen seit sie in der U-Bahn – Station drei Jugendliche entdeckte, die auf einen am Boden liegenden eintraten, sie schreiend auf die Gruppe zu rannte und sich einen heftigen Faustschlag über dem Auge einfing.

Ellen hasst Hotelzimmer und so hat ihre Agentur ihr ein Penthouse in Berlin besorgt, um ihr den Aufenthalt bis zur Premiere so angenehm wie möglich zu machen. Sie huscht noch schnell runter zum Späti, sich was zu Trinken besorgen, stolpert in Nico hinein, sieht sie genauer an und fühlt eine nicht zu erklärende tiefe Verbundenheit, die sie ergründen will.

Fazit: Melanie Raabe schreibt im Präsens. Der Schreibstil liest sich flüssig und temporeich. Jedes Kapitel handelt abwechselnd von Nico oder Ellen und erzählt aus deren Sicht. Beide träumen viel von Wasser und Klippen. Die Geschichte enthält einige Fabelelemente und rätselhafte Ereignisse, die dem Ganzen eine esoterische, hellseherische Note geben. Insgesamt wimmelt die Erzählung nur so vor Themenschwerpunkten, Gewalt, Gewalt gegen Frauen, Krankheit, Verlust, Stalking, Suizid und Wal sterben. Die Hauptprotagonistin fand ich charakterlich ziemlich blass gezeichnet, kaum zu einer Gefühlsregung fähig und wenn sie doch einmal Gefühle zeigte, dann für mich unverständliche. Sie kann sich darüber aufregen, dass man Pfingstrosen die Blütenkelche zubindet, um sie am verfrühten Blühen zu hindern, als sie aber völlig umsonst nach Brügge fährt, weil jemand sie vorführt, hat sie dafür Verständnis. Die Autorin hat von Anfang an vorweggenommen, dass die Beziehung zwischen Nico und Ellen keiner erotischen Natur ist, warum überlässt sie mich als Leserin nicht meinen eigenen Gedanken und greift so korrigierend ein. Alles in allem habe ich die Geschichte mit Spannung gelesen, obwohl sie mich am Ende wegen der Übersinnlichkeit und der Vielzahl an Themen nicht überzeugt hat.

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Veröffentlicht am 25.06.2024

Schöne Idee, die besser hätte umgesetzt werden können.

Nach uns der Sturm
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Die Familie Alcantara lebt in Malaya, dem späteren Malaysia. Die britischen Kolonialherren kontrollieren träge die Grenzen und scheinen sich einzig für die Palmwedelfelder zur Schnapsherstellung zu interessieren. ...

Die Familie Alcantara lebt in Malaya, dem späteren Malaysia. Die britischen Kolonialherren kontrollieren träge die Grenzen und scheinen sich einzig für die Palmwedelfelder zur Schnapsherstellung zu interessieren. Cecilys Mann Gordon hat einen gehobenen Posten ergattert, der sie der britischen Gesellschaft etwas näher bringt. Ihre eurasische Herkunft, Mutter Portugiesin, Vater Malaie, sorgt für ein helleres Hautbild. Das reicht jedoch noch nicht um über den Malaien anderer Ethnien zu stehen.

Doch ganz gleich, wie sehr sie ihre Haut schrubbten, um an die helleren Schichten zu gelangen, ganz gleich, wie gut sie die englische Sprache beherrschten, ganz gleich, wie laut sie ihren Nachnamen sagten, ganz gleich, wie sehr sie versuchten, auf die richtige Art zivilisiert zu sein – in den Augen der Imperialisten blieben sie immer minderwertig. S. 39

Cecily Alcantara wünscht sich für ihre Kinder Jujube, Abel und Jasmin bessere Zukunftsaussichten als in ihrem besetzten Land, Mensch zweiter Klasse zu sein, da spielt das Schicksal ihr den japanischen General Fujiwara in die Hände. Während der General in Cecily eine gelehrige Schülerin findet, die Japaner mit den nötigen Informationen zu füttern, um die Britten aus dem Land zu vertreiben, rutscht Cecily in eine obsessive Abhängigkeit zu Fujiwara, die ihre Augen dafür verschließt, dass ihre Familie auseinanderbricht.

Fazit: Die Geschichte wird von 1938 -1945 erzählt. Jedes Kapitel ist einer der Sichtweisen von Cecily im Jahr 1938 oder einem ihrer drei Kinder, im Jahr 1945 gewidmet. Vanessa Chan hat gut recherchiert. Ich mag es über eine Geschichte, die historischen Hintergründe eines Landes zu erfahren, das mir fremd ist. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als Amerika Hiroshima und Nagasaki mit den ersten Atonbomben angegriffen hat, was die Autorin aufgreift. Auch die Idee einer solchen Aufarbeitung, die ja viel mit Schuld zu tun hat mag ich. Cecily, die sich nicht nur des Verrats schuldig gemacht hat. Der Genaral, der sich keiner Schuld bewusst ist. Eine ganze Nation, die sich monetär berreichern wollte, weil sie glaubte, dass ihr das zustand. Eine andere, die völlig fahrlässig und frei von jeder Verantwortung, Macht demonstrierte und tausende Menschen mit einem Schlag auslöschte. Die Geschichte hat es wirklich in sich. Es gibt viele kurze wirklich fiese Szenen, an die im Laufe der Geschichte immer wieder erinnert wird. Eine davon hat mich tatsächlich retraumatisiert. Sie ist mir noch Tage nach dem Lesen als Flashback erschienen. Was mir auch nicht gefallen hat sind die vielen Wiederholungen, die hätte es nicht gebraucht. Wäre das Buch von einem gescheiten Lektorat um mindestens ein Drittel gekürzt worden, wäre eine knackige, gut lesbare Essenz entstanden. So wie es ist hat es sich ins endlose gezogen:

Abel trinkt zum gefühlt 100sten Male den Palmwein, der brennend in den leeren Magen fließt. Die Worte säuerlich und bitter wiederholen sich etwa 50x, das finde ich dürftig. Solche Sätze wie: „Man konnte ohne Übertreibung behaupten, dass Jujubes Leben von Verzweiflung geprägt war.“ finde ich unterirdisch. Sie war verzweifelt, fertig. „Aber in Malaya schrie der Regen als wollte er Wut freisetzen, und das war sehr unangenehm.“ (den letzten Halbsatz hätte es nicht gebraucht)

Alles in allem, schöne Idee, die besser umgesetzt, besser ausgearbeitet und um ein Vielfaches gekürzt, ein echter Knaller hätte werden können. Für meinen Geschmack kein so gelungenes Debüt.

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Veröffentlicht am 08.06.2024

Das war kein Lesegenuss

Lust
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Der Direktor entsagt ihnen allen und will nur noch die eine, die seine. So schreit er´s mit lauter Stimme herum und alle ducken sich weg, auf das Glück, seiner Laune zu entkommen. Er ist der Papierfürst, ...

Der Direktor entsagt ihnen allen und will nur noch die eine, die seine. So schreit er´s mit lauter Stimme herum und alle ducken sich weg, auf das Glück, seiner Laune zu entkommen. Er ist der Papierfürst, der Direktor der Papierfabrik, solvent, eloquent und mit einem Gehänge ausgestattet, das seinesgleichen erst erfinden müsste. Keiner kann es mit ihm aufnehmen. Seine Gerti, die mit dem schönen Gerät, die bestangezogenste Frau in der ganzen Region. Eine reine Augenweide, der er allzuliebenddringend ins Dekolleté fährt, wann immer sie gern gesehene Gäste am Theater oder bei Geschäftsessen sind. Der Appetit, den holt er sich gern draußen, doch essen, das tut er nur noch daheim, seit diese Krankheit grassiert.

Die Gerti ihrerseits erträgts, dafür kommt ihr Gatte dann auch schoneinmal mit einer hübschen Brosche heim, wenn er es ihr allzuschlimm getrieben und dann die Gerti aus dem Haus getrieben hat. Die sieht es schon dem Sohne an, dass der ganz ähnlich wie ihr Mann, immer um des Gertis Rock herumschleicht.

Fazit: Das war kein Lesegenuss, eher eine Fleißarbeit. Elfriede Jelinek 2004 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet, hat eine Parodie auf das österreichische Bürgertum geschaffen. Das ganze Buch dreht sich um die Geilheit der Männer, die sich an der Ohnmacht der verheirateten, abhängigen, devoten Gerti besaufen. Die Sprache ist obszön, pornografisch und abartig. Ein nicht enden wollender Albtraumporno, während dem die Gerti in alle Körperöffnungen penetriert wird. Dieses Buch zu lesen, hat mich auf eine Weise getroffen, wie kein Buch zuvor. Die Einseitigkeit, denn Gerti hat keinen Spaß an dem Treiben ihres Mannes. Sie wird zur Alkoholikerin weil sie ihren Mann anders nicht aushält. Wie er sie frei jeder Empathie benutzt, sie vergewaltigt und schlägt, wenn sie sich unwillig zeigt. Ihre finanzielle Abhängigkeit. Und dann hängt sie sich im Suff an einen jüngeren, der sie genauso mies behandelt. Versuch und Irrtum. Das Buch ist ohne Frage außerordentlich textsicher geschrieben. Die ganze Litanei hat mir allerdings keinen Mehrwert gebracht. Die Quintessenz bleibt mir verborgen. Vielleicht ist das Kunst?

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