In kleinen Häppchen ein Genuss!
Ich erwarte die Ankunft des TeufelsIch bin schwer angetan von dieser eigensinnigen, kraftvollen Stimme und welch eine Empörung diese Schrift, dieser im Stil eines Tagebuchs gehaltene Monolog zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung 1902 ausgelöst ...
Ich bin schwer angetan von dieser eigensinnigen, kraftvollen Stimme und welch eine Empörung diese Schrift, dieser im Stil eines Tagebuchs gehaltene Monolog zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung 1902 ausgelöst haben muss! Mit einer Inbrunst, die mir Bewunderung abringt, wartet die junge Mary auf den Teufel, der ihr das lang ersehnte und vor allem verdiente Glück bringen soll, nein, muss. Sie ist ein Genie; noch verkannt und unverstanden aber ohne jeden Zweifel ein großes Genie unter einfachen Menschen, mit denen sie rein gar nichts verbindet.
Wenn sich die erste Empörung oder vielmehr das Erstaunen über Marys grenzenlose Selbstliebe und über alle Maßen egozentrisches Naturell gelegt hat, spürt man schnell das unverstandene, traurige Kind dahinter; einen hochsensiblen Freigeist, der sich von der Welt abgrenzen muss, um nicht an dessen Lieblosigkeit zu zerbrechen. Mary wirkt in einem Satz wie ein trotziges, eigensinniges Kind, das mit dem Fuß aufstampft, und im nächsten Gedanken so weise und scharfsichtig wie ein Greisin, die schon alles gesehen und jeden erkannt hat. Faszinierend und inspirierend, ohne Frage. Mit klugem Scharfsinn und aus einer gewissen Distanz beobachtet sie die Gesellschaft und übt offen Kritik an dessen offensichtlichen Kleingeist. Völlig ungefiltert und ehrlich sind ihre Gedanken, nicht abgeschwächt oder angepasst durch gesellschaftliche Konventionen und Erziehung; sie vermitteln eine starke, alles durchdringende Sehnsucht nach mehr Weite, mehr Erfahrungen, mehr Leidenschaft, mehr Leben… Glück.
Kurz mal wegsnacken, den kleinen Leckerbissen, dachte ich. Hat mich dann doch etwas länger begleitet, denn dieses schmale Büchlein hat es in sich und bot eine so anregende wie anstrengende Lektüre; jede Empfindung der Autorin ist so düster wie tief, jedes Gefühl ein einziges Superlativ. Also, Tempo rausnehmen, Pausen machen und siehe da - in kleinen Häppchen ein Genuss!