Ein Vermächtnis
Das achte Leben (Für Brilka)„Das achte Leben (für Brilka)“ von Nino Haratischwili ist ein Vermächtnis. Es ist eine große Familiensaga und Tragödie in 8 Akten, wobei die letzte Seite unbeschrieben ist, der letzte Akt reserviert ist ...
„Das achte Leben (für Brilka)“ von Nino Haratischwili ist ein Vermächtnis. Es ist eine große Familiensaga und Tragödie in 8 Akten, wobei die letzte Seite unbeschrieben ist, der letzte Akt reserviert ist für den jüngsten Spross der Jaschis. Brilka ist das Gestern, Heute und Morgen, sie bedeutet Versöhnung und Erinnerung, doch erst einmal müssen wir weit zurück gehen, den Blick über ihre Schulter werfen und der Vergangenheit direkt ins Gesicht. Denn Brilka ist auch Stasia, die Hüterin der Geschichten, sie ist Christine, deren Schönheit Schmerz und Verlust bedeutet, sie ist Kostja, das Oberhaupt mit dem steinernen Herzen, und auch Kitty, die ins Exil geflohene Versehrte, ist Elene, die sich zwischen Mutter und Vater selbst verloren und Gott gefunden hat, und Daria, der von Großvater verwöhnte Liebling, sie ist die kluge Niza, die Chronistin, und auch die heiße Schokolade, das Erbe der Familie, süß und bitter zugleich.
So dicht verwoben wie ein Teppich sind all ihre Lebenswege, so untrennbar ihre Geschichten, so unerkennbar, wo die eine beginnt und die andere endet; jeder Faden für sich nur ein loser Faden, doch gemeinsam ein starkes Konstrukt, das, wenn auch immer wieder in alle Richtungen gedehnt, gerissen, gezerrt, den Boden ihrer Existenz bildet.
Ein Jahrhundert europäische Geschichte präsentiert uns die Autorin in diesem Roman, betrachtet durch die Augen einer privilegierten, georgischen Familie; mühelos verknüpft sie Historisches und Fiktion, zeigt, wie der Krieg sein Netz über die ganze Welt spannt und ein Grauen hereinlässt, das niemanden verschont.
Ein sehr besonderes, ein forderndes Buch, das mich in seiner brutalen Intensität stark an Hanya Yanagiharas „Ein wenig Leben“ erinnert hat und von nun an begleiten wird. Das Herz war mir oft so schwer beim Lesen, immer wieder kamen die Tränen, so viel Schmerz, so viel Traurigkeit; wie viel kann der Mensch ertragen, bis er daran zerbricht? Nino Haratischwili hat mich nicht nur viel über meine, nein, unser aller Geschichte gelehrt, sondern auch über die verschiedensten Facetten der Liebe; manchmal als zerstörerischer Hass getarnt, versteckt hinter einer Maske oder tief im Herzen verbuddelt.