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Veröffentlicht am 06.10.2024

Vom Glück der Zufriedenheit

Wer zu spät kommt, den belohnt das Leben
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„Wer zu spät kommt, den belohnt das Leben“ von Kristina Günak ist ein lockerer, unterhaltsamer Roman, dessen Kernthema „Reduktion“ zum Nachdenken anregt.

Worum geht es?
Die Journalistin Ella Mohnbaum ...

„Wer zu spät kommt, den belohnt das Leben“ von Kristina Günak ist ein lockerer, unterhaltsamer Roman, dessen Kernthema „Reduktion“ zum Nachdenken anregt.

Worum geht es?
Die Journalistin Ella Mohnbaum hat nach ihrer Scheidung das Haus verkauft, ihre erwachsenen Söhne sind in eine WG gezogen. Ihr Plan: sich total zu reduzieren, auf ein Jahr in ein Tiny House zu ziehen und darüber eine Doku zu drehen. Doch dann kommt alles ganz anders …

Das Cover ist unspektakulär, ganz schlicht gehalten, symbolisiert das einfache Leben in einem kleinen Häuschen mitten unter viel Natur. Das Buch erschien 2024. Die kurzen Kapitel tragen Überschriften, verfügen weder über Orts- noch über genauere Zeitangaben. Die Handlung spielt in der Gegenwart, man begleitet die Protagonistin ein Jahr lang bei ihrem Projekt. Der Schreibstil ist flüssig, locker und humorvoll. Die Kernthematik, mit so wenig materiellem Besitz wie möglich auszukommen, nachhaltiger zu leben, regt zum Nachdenken an. So nebenbei erfährt man so einiges über biologischen Obstanbau.

Sehr anschaulich erlebt man Ellas mutigen Umstieg mit. Trennen, Loslassen, Alleinsein, all das fällt ihr doch nicht so leicht, wie sie dachte. Im Laufe der Handlung macht sie eine Wandlung durch. Nach und nach findet sie zu sich selbst, was in ihrem bisherigen Leben, das geprägt war von beruflichem Stress und familiären Alltagsverpflichtungen, nicht möglich war. Anfangs fühlt sie sich manchmal einsam. Es dauert einige Zeit, bis sie in die kleine Gemeinschaft integriert ist. Sie findet letztlich nicht nur Hilfsbereitschaft, sondern wahre Freunde und eine neue Liebe. Somit läuft ihr Projekt darauf hinaus, dass es nicht so sehr um Verzicht geht, sondern eher darum Neues zu entdecken, vor allem den Wert von Gemeinschaft und Freundschaft. Denn das berührte mich an der Geschichte am meisten: der Zusammenhalt dieser kleinen Gruppe, die aus durchwegs unterschiedlichen Charakteren besteht. Man zeigt Verständnis füreinander, übt Toleranz, zeigt Mitgefühl, packt gemeinsam mit an und hält in Krisen fest zusammen.

Die Handlung verläuft anfangs eher ruhig. Ab etwa der Hälfte wird es abwechslungsreicher, weil einerseits die übrigen Bewohner der Tiny House-Siedlung anhand ihrer Lebensgeschichten an Struktur gewinnen, andererseits wird es emotioneller, weil Trauer und Liebe ins Spiel kommen und dramatische Ereignisse für Spannung sorgen. Vor allem das beschriebene Hochwasser war aufgrund der aktuellen Überschwemmungen in Österreich für mich sehr intensiv nachfühlbar.

Es sind lauter sympathische Menschen, die diesen Roman bevölkern. Man fühlt sich beim Lesen in ihrer Gesellschaft auch sehr wohl, in all der Harmonie versinkt man in einer scheinbar heilen Welt, in der nach dem Motto „Alle für einen“ jede Krise bewältigt werden kann. Die Charaktere sind gut vorstellbar und lebendig gezeichnet, insbesondere die Hauptgestalten zeigen Stärken und Schwächen und Emotionen. Trotzdem wurde ich mit Ella nie richtig warm. Mich persönlich beeindruckte zwar die mutige Entscheidung der Protagonistin, identifizieren konnte ich mich jedoch weder mit der Person Ella noch mit der gesamten Handlung, mit diesem „einfachen“ Leben. Vermutlich weil es meinem Wesen so gar nicht entspricht. Auch die Entwicklung der Liebesbeziehung hat mich nicht völlig überzeugt. Dennoch kam letztlich die finale Aussage des Romans, dass man Glück und Zufriedenheit im Weniger findet (Seite 291), bei mir an.

Das Buch ist lesenswert und anregend, sich darüber Gedanken zu machen, wie viel überflüssige Dinge man eigentlich besitzt und ob man nicht mit weniger Kram besser leben könnte.

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  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 01.09.2024

Eine Frau geht ihren Weg, buchstäblich über Leichen

Die Schwarze Gräfin. Geheimnisse an der Eisenstraße
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„Die schwarze Gräfin“ von Astrid Miglar ist ein historischer Gesellschaftsroman, in dessen Mittelpunkt eine Frau steht, die sich auf raffinierte Art und Weise aus ärmlichen Verhältnissen hochkämpft.

Worum ...

„Die schwarze Gräfin“ von Astrid Miglar ist ein historischer Gesellschaftsroman, in dessen Mittelpunkt eine Frau steht, die sich auf raffinierte Art und Weise aus ärmlichen Verhältnissen hochkämpft.

Worum geht es?
1949. Magdalena wurde mit einem älteren, trunksüchtigen und brutalen Mann verheiratet. Sie träumt von Luxus und Unabhängigkeit. Es gelingt ihr, den Tod ihres Mannes herbeizuführen – als Unfall getarnt. Als Witwe ist sie wieder frei und nimmt den ebenfalls verwitweten Hammerherrn ins Visier …

Das Cover stellt geschickt die Verbindung her zwischen der Landschaft und der Protagonistin, von der man eine optische Vorstellung gewinnt. Das Buch erschien 2024. Die Kapitel sind kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt in der Nachkriegszeit, und zwar in der sogenannten Eisenwurzen, einem in Oberösterreich gelegenen Landstrich, der bis Anfang des 20. Jahrhunderts noch geprägt war von Sensenschmieden. Die Unternehmer nannte man Hammerherren. Die Autorin recherchierte ausführlich und gibt einen guten Überblick über die Entwicklung der Produktion sowie die nötige Neuorientierung nach Kriegsende. Ich fand das sehr interessant.

Der Schreibstil ist flüssig, die Sprache der Zeit angepasst. Das Lokalkolorit kommt durch immer wieder eingestreute typisch österreichische Begriffe ebenfalls gut zum Ausdruck. Mit Liebe zum Detail beschreibt die Autorin sehr gut vorstellbar landschaftliche Besonderheiten ebenso wie Einzelheiten des Interieurs. Durch Perspektivenwechsel bekommt man Einblick in das Umfeld und in die Gedanken bzw. Intentionen der diversen Protagonisten, wobei Magdalena stets den Mittelpunkt bildet, auch vom Stil her offensichtlich – ihr Part wird in der Ich-Form erzählt.

Nach Einführung in die Geschichte der Hammerherren taucht man in Magdalenas tristes, von einem geizigen, aggressiven Mann bestimmtes Leben ein. Sie ist eine Frau mit facettenreichen Eigenschaften: tüchtig, fleißig, eine gute Hausfrau, liebenswürdig, charmant und demütig (wenn es sein muss), doch sie hat auch negative Charakterzüge. Mit Raffinesse, Selbstbewusstsein, Skrupellosigkeit und Zielstrebigkeit geht sie buchstäblich über Leichen, um ein besseres Leben zu erreichen. Der Roman zeigt ein deutliches Frauenbild der damaligen Zeit, aus dem Magdalena gewissermaßen ausbricht. Sie hat eine erotische Ausstrahlung und bedient sich ihrer Reize, um die Männer in ihrem Umfeld für sich zu gewinnen. Ich spürte stets eher nur Berechnung, keine ehrliche tiefe Liebe. Selbst die erotischen Szenen empfand ich als zu nüchtern und zu distanziert. Wie ich annehme, durchaus von der Autorin so beabsichtigt. Magdalenas Schicksal ließ mich nicht kalt, ich gönnte ihr den Erfolg. Dennoch konnte sie meine Sympathie nicht wecken.
Die Charaktere der übrigen Protagonisten sind ebenfalls vielschichtig dargestellt, insbesondere durch Hinweise auf ihre Vergangenheit. Sie wirken authentisch und lebendig.
Am Ende wurde ich noch von so mancher Wendung überrascht. Dennoch, die Geschichte endete für meine Begriffe zu abrupt mit einer Aufzählung von Fakten der restlichen Lebensjahre Magadalenas, ohne nähere Einblicke auf das gemeinsame Leben mit Oscar.

„Die schwarze Gräfin“ ist ein historischer Roman, der mir Wissenswertes und ein anschauliches Bild der damaligen Gesellschaft vermittelt hat. Es fehlte nicht an Spannung, Dramatik, bestürzenden Ereignissen, Intrigen und boshaften Aktionen. Als Gegenpol war verbotene Liebe und Erotik mit verwoben. Was fehlte, waren auf mich während des Lesens überspringende Emotionen, und ich wurde mit der Protagonistin nicht richtig warm. Daher gibt es für dieses durchaus lesenswerte Buch von mir nur 4 Punkte.

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Veröffentlicht am 10.08.2024

Gefährliche erste LIebe

Die Stille der Flut
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„Die Stille der Flut“ von Anna Johannsen und Elke Bergsma ist der Auftakt für die Reihe mit den Kommissarinnen Lina Lübbers und Kea Siefken.

Worum geht es?
Hauptkommissarin Lina Lübbers wird von Osnabrück ...

„Die Stille der Flut“ von Anna Johannsen und Elke Bergsma ist der Auftakt für die Reihe mit den Kommissarinnen Lina Lübbers und Kea Siefken.

Worum geht es?
Hauptkommissarin Lina Lübbers wird von Osnabrück in die Polizeiinspektion in Aurich entsandt, um Undercover einen Maulwurf auszukundschaften. Sie wird von den dortigen Kolleginnen eher zurückhaltend empfangen. Vor allem die Leiterin Kea Siefken sieht sie als Rivalin. Doch Animositäten müssen zurückgehalten werden, denn kaum ist Lina eingetroffen, gilt es, einen Mordfall aufzuklären.

Das moderne, stilistische Cover fällt trotz seiner Einfachheit auf. Das Buch erschien 2024. Es gliedert sich in kurze Kapitel, wobei die Geschehnisse abwechselnd aus der Sicht der beiden Kommissarinnen dargestellt werden. Der Schreibstil ist flüssig, gut beschreibend. Die Handlung spielt in der Gegenwart in Ostfriesland, wobei das Lokalkolorit nur am Rand gestreift wird.

Als Leser befindet man sich von Beginn an mitten in den Ermittlungen. Bedingt durch die anfangs kargen Spuren entwickelt sich die Handlung nur langsam. Es ist ein eher ruhiger Krimi mit wenigen besonderen Spannungsmomenten. Abgesehen den Recherchen zum Mordfall hat Lina ihre Kolleg
innen auch im Sinne ihres Undercover-Auftrags im Fokus. Lina verfügt sowohl über dienstliche wie auch private Hintergrundinformationen und bald ist man mit dem Kreis der handelnden Personen vertraut. Je tiefer das Team in das Umfeld der ermordeten Schülerin eintaucht, desto mehr Verdächtige kristallisieren sich heraus, Motiv und Tathergang klärt sich letztlich schlüssig. Wer der Maulwurf im Team ist, bleibt am Ende des Buches noch offen, womit klar ist, dass Lina den Auftrag frühestens im Folgeband erledigen können wird.

Dadurch, dass Lina und Kea jeweils in Ich-Form erzählen, ist man nicht nur stets am neuesten Stand der Ermittlungen, sondern erfährt auch viel über den Charakter der beiden Frauen, über Privates, ihre Gedanken und Gefühle. Sie sind beide tüchtige Frauen mit langjähriger Berufserfahrung, sie sind sich charakterlich recht ähnlich, vor allem beruflich gesehen, was ihren Einsatz und Karrierebestreben anbelangt. Privat unterscheiden sich die Verhältnisse etwas. Kea ist geschieden, hat zwei Kinder, Lina ist seit kurzem wieder Single. Nach anfänglicher Distanziertheit entwickelt sich gegenseitige Akzeptanz und Respekt in einer Form, dass anzunehmen ist, dass die beiden im Laufe weiterer Bände nicht nur ein tolles Team bilden werden, sondern zu Freundinnen werden könnten. Die weitere Entwicklung ihrer Beziehung zu verfolgen, ist neben Interesse an weiteren Kriminalfällen ein zusätzlicher Grund, mich auf weitere Bände zu freuen.

„Die Stille der Flut“ ist ein gelungener Auftakt, bietet sympathische Protagonisten, war mir aber noch etwas zu wenig actionreich, hätte noch etwas spannender sein können.

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Veröffentlicht am 03.08.2024

Touristische Visionen und kriminelle Aktionen

Gier ist ein Luder
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„Gier ist ein Luder“ von Ralph Neubauer, der 11. Band dieser Reihe, ist ein Krimi, der abgesehen vom Mordfall sehr viel Südtirol-Flair vermittelt, und zwar neben landschaftlichen Schönheiten auch historisch ...

„Gier ist ein Luder“ von Ralph Neubauer, der 11. Band dieser Reihe, ist ein Krimi, der abgesehen vom Mordfall sehr viel Südtirol-Flair vermittelt, und zwar neben landschaftlichen Schönheiten auch historisch Interessantes bietet, insbesondere hinsichtlich der touristischen Entwicklung.

Worum geht es?
Was mit einem plötzlich verstorbenen Hotelgast beginnt, entwickelt sich für das Ermittler-Team rund um Francesca Giardi und Fabio Fameo zu einem komplexen Fall, in dessen Zentrum ein suspekter, skrupelloser Hotelier steht, dessen Visionen nur auf den ersten Blick einen Segen für die Gegend darstellen.

Das Covermotiv mit dem kleinen Kirchlein in Trafoi stimmt wunderbar auf den Schauplatz des Krimis ein. Das Buch erschien 2024. Die Handlung spielt in der Gegenwart und erstreckt sich über einen Zeitraum von 23 Tagen. Analog dazu gliedert sich das Buch in 23 Kapitel von angenehmer Länge. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, mit Blick auf Details. Das Lokalkolorit und speziell das Thema Tourismus und dessen Entwicklung ab den Anfängen bis in die Gegenwart bilden einen wesentlichen Faktor des Geschehens, sind die Basis für die Krimihandlung. Der Autor hat hierzu eingehend recherchiert, was die umfangreiche Literaturliste am Ende des Buches beweist. Sehr anschaulich schildert der Autor, wie negativ sich übermäßiger Tourismus auch in Südtirol entwickelt hat, dass die Ruhe und Beschaulichkeit, die man in den Bergen eigentlich sucht, immer mehr ge- und zerstört wird, und dass die dort lebenden Menschen unter dem Ansturm an Gästen mehr und mehr zu leiden haben.

Für mich war es das erste Buch dieses Autors. Obwohl ich somit quer in diese Reihe eingestiegen bin, hatte ich keinerlei Problem, in die Story hineinzufinden und den Personenkreis zu überblicken. Der Fall steht für sich alleine, man muss somit die Vorgängerbände nicht kennen.

Die polizeilichen Ermittlungen sind geschickt mit dem Südtirol-Ambiente verwoben. Man lernt etliche wunderschöne Fleckchen in Südtirol kennen, ein Urlaub wird einem richtig schmackhaft gemacht, auch wenn einige Schattenseiten des Tourismus angeprangert werden. Der Spannungsbogen durchzieht die Geschichte von Beginn bis Ende. Perspektiven- und Ortswechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich. Auch ohne Action ereignet sich so einiges, bis letztlich ein Täter entlarvt wird, den man so gar nicht erwartet hat.

Die Charaktere sind lebendig beschrieben, zeigen Stärken und Schwächen. Das Ermittler-Team ist sympathisch, agiert effizient und arbeitet harmonisch miteinander. Privates ist gut dosiert eingeflochten.

„Gier ist ein Luder“ hat mir im Großen und Ganzen gefallen, hat mir nicht nur Südtirol und seine sehenswerte Landschaft nahegebracht, sondern auch interessante Aspekte zum Tourismus vermittelt. Leider dominierte meiner Meinung nach das Touristikthema die Krimihandlung zu sehr. Nichtsdestotrotz bin ich neugierig auf diese Reihe geworden und möchte noch mehr von diesem Autor lesen.

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Veröffentlicht am 28.07.2024

Nordseeinsel-Urlaubs-Flair mit Wohlfühlkrimi

Inselbrise
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„Inselbrise“ von Anja Eichbaum ist bereits der siebente Band der Norderney-Reihe mit Ruth Keiser und Martin Ziegler als Protagonisten, ein eher ruhiger Krimi mit Schwerpunkt zwischenmenschliche Beziehungen ...

„Inselbrise“ von Anja Eichbaum ist bereits der siebente Band der Norderney-Reihe mit Ruth Keiser und Martin Ziegler als Protagonisten, ein eher ruhiger Krimi mit Schwerpunkt zwischenmenschliche Beziehungen und Charaktere.

Worum geht es?
Susan Ophoven versucht als Schreibcoach auf Norderney Fuß zu fassen, doch der Neustart erweist sich als schwierig. Noch dazu wird ihre Ex-Schwiegermutter mit Pfeil und Bogen erschossen und Susan gerät unter Verdacht. Doch andererseits, überlegen die Inselpolizisten, könnte sie auch Opfer eines Komplotts sein …

Das Cover mit den Strandkörben vermittelt Nordsee-Flair und macht Lust auf Strand, Sonne und Meer. Das Buch erschien 2024, die Handlung spielt in der Gegenwart und erstreckt sich über einen Zeitraum von rund zehn Tagen im Monat Juli. Die stets kurz gehaltenen Kapitel sind teilweise mit Zeit- und Ortsangaben versehen. Der Schreibstil ist flüssig, liest sich locker, bildhaft. Sowohl die Wesenszüge der handelnden Personen als auch Landschaftsbeschreibungen, das Treiben am Strand sowie kulinarische Besonderheiten der Insel sind anschaulich beschrieben, animieren einen als Leser, einmal Norderney zu bereisen.

Für mich war dies, nachdem ich mit Band 6 quer eingestiegen bin, das zweite Buch dieser Reihe. Prinzipiell steht jedes Buch, was den Fall anbelangt, für sich alleine. Den relevanten Personenkreis überblickt man auch ohne Kenntnis der Vorgängerbände problemlos. Dennoch, ich glaube, die Charaktere der Protagonisten, ihre Entwicklung und warum sie so sind, wie sie sind, versteht man sicher noch besser, wenn man die Reihe von Beginn an gelesen hat.

Im Gegensatz zum vorherigen Band „Inselspiel“, der von Beginn an tempo- und abwechslungsreich ist, beginnt „Inselbrise“ sehr gemächlich mit Schwerpunkt auf zwischenmenschliche Beziehungen und ausgiebige Charakterbilder. Die Ermittlungsarbeit setzt erst nach gut der Hälfte des Romans ein. Ab dem Moment, als sich die Verdachtsmomente rund um Susan verdichten, wird auch die Polizei auf Norderney offiziell mit einbezogen. Denn der erste Mord ereignete sich ja nicht in ihren Zuständigkeitsbereich. Ab da kommt richtig Spannung auf, die sich bis zum dramatischen Finish noch steigert und eine unerwartete Lösung offenbart.

Die Protagonisten wirken authentisch und lebendig, zeigen Stärken und Schwächen, Vorgeschichten sind angedeutet. Privates ist gut mit der Krimihandlung verwoben, nimmt aber meiner Meinung nach etwas zu viel Raum ein, auch wenn die Dialoge unterhaltsam und die Protagonisten sympathische Zeitgenossen sind. Deren Freundschaft ist trotz mancher Differenzen und Missverständnisse geprägt von Harmonie und Verständnis füreinander.

„Inselbrise“ hat mich persönlich leider nicht so sehr mitgerissen wie der Vorgängerband. Ich fühlte mich zwar wohl im Kreise von Martin Ziegler und Ruth Keiser samt Partnern und Freunden, ließ mich gerne per Kopfkino auf Norderney entführen und inhalierte sehnsuchtsvoll Urlaubsgefühle, doch die Krimihandlung lag für mich zu lange zu sehr im Hintergrund. Nichtsdestotrotz empfehle ich den Krimi als optimale Urlaubslektüre gerne weiter und vergebe 4 Sterne.

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