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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.02.2021

brisant und aktuell

Der Solist
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Neuhaus, ein Frankfurter Ermittler, wird zur neu gegründeten Sondereinheit Terrorabwehr (SETA) in Berlin geschickt. Als erst ein jüdischer Aktivist, dann eine muslimische Anwältin ermordet werden, macht ...

Neuhaus, ein Frankfurter Ermittler, wird zur neu gegründeten Sondereinheit Terrorabwehr (SETA) in Berlin geschickt. Als erst ein jüdischer Aktivist, dann eine muslimische Anwältin ermordet werden, macht Neuhaus sich auf die Suche nach dem oder den Tätern. Unterstützt wird er von der jungen Deutschtürkin Suna-Marie, genannt Grabowski, die ihm anscheinend als einzige der Berliner Kolleginnen und Kollegen freundlich gesonnen ist. Als es erste Hinweise auf Anis Amri gibt, wird klar, dass es politisch brisant werden könnte und schon bald stellt sich die Frage, wem Neuhaus und Grabowski noch trauen können.

Schon früh erfahren wir privates über Neuhaus, schon früh merken wir, dass er nicht nur Ecken und Kanten hat, nein; der ganze Mann ist uneben wie eine Straße voller Schlaglöcher. Wortkarg, zurückhaltend und ein Einzelgänger, der am liebsten allein ermittelt.

„Grabowski, ich bin kein Teamplayer. Ich bin maulfaul und unfreundlich. Und ich arbeite am liebsten alleine.“ (Seite 52)

Die kurzen Kapitel sind aufs wesentliche reduziert. Die Gespräche kurz und knapp. Dennoch hat das Buch eine unglaubliche Tiefe, schafft der Autor eine Atmosphäre, die mich begeistert und teilweise dazu geführt hat, dass ich vollkommen in der Geschichte eingetaucht bin. Und mal wieder hat der Autor es geschafft, mich für ein Thema zu begeistern, das normalerweise so gar nicht meines ist. Politische Krimis und Thriller meide ich, finde die Themen oft trocken und langweilig. Hier stimmt aber alles. Spannend, brisant und aktueller denn je erscheint die Geschichte und ist es auch. Ich bin nun ein großer Fan von Neuhaus und fiebere bereits einer Fortsetzung entgegen. Von mir gibt es 5 Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 29.01.2021

spannend und brutal

Raum der Angst
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Sieben Teilnehmer eines psychologischen Experiments, bei dem es um das menschliche Verhalten in Escape Rooms geht, wurden ausgewählt, um sieben Räume zu erforschen. Nachdem es den sieben, die unterschiedlicher ...

Sieben Teilnehmer eines psychologischen Experiments, bei dem es um das menschliche Verhalten in Escape Rooms geht, wurden ausgewählt, um sieben Räume zu erforschen. Nachdem es den sieben, die unterschiedlicher nicht sein könnten, gelungen ist, den ersten Raum zu verlassen, treffen sie auf Hannah, die nicht nur behauptet, kein Teil des Experiments zu sein, sondern bestreitet, dass ein solches überhaupt stattfindet, da sie entführt worden sei. Die Teilnehmer müssen nun nicht nur versuchen, aus dem zweiten Raum zu (ent-) kommen, sondern auch entscheiden, ob Hannah die Wahrheit sagt oder lügt. Als es dann brenzlig wird, merken alle acht, dass es kein Spaß ist, sondern es im Gegenteil um Leben und Tod geht. Ein Psychopath spielt ein Spiel und wir sind mittendrin.

Gefallen hat mir, dass der Autor mich nicht sofort mit allen Personen und Namen überfallen hat, sondern diese gruppenweise hintereinander vorgestellt hat. Dies hat es etwas leichter gemacht, sich die Teilnehmer zu merken. Abwechselnd werden wir einerseits Zeuge, wie die Teilnehmer versuchen, die Rätsel zu lösen und zu überleben, andererseits läuft parallel hierzu die Ermittlung, die uns eine Pause gönnt von den sehr blutigen, fast schon barbarischen Ereignissen. Die ein oder andere Tötungsart ist nichts für schwache Nerven; wer es eher unblutig mag, sollte einzelne Szenen überblättern oder Abstand nehmen. Die Rätsel haben mir gut gefallen, die Hintergründe waren schlüssig und auch die Auflösung machte Sinn. Es ist ein Thriller, der mich sehr gut unterhalten hat und ich hoffe sehr auf eine Fortsetzung, die das Ende vermuten lässt. Von mir gibt es 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 12.11.2024

Unten angekommen

Gorbach
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Hank Zerbolesch hat mit dem vorliegenden Buch eine Sammlung von ineinander greifenden Geschichten vorgelegt, die einen Querschnitt durch Menschenschicksale zieht. Hierbei konzentriert er sich auf die vom ...

Hank Zerbolesch hat mit dem vorliegenden Buch eine Sammlung von ineinander greifenden Geschichten vorgelegt, die einen Querschnitt durch Menschenschicksale zieht. Hierbei konzentriert er sich auf die vom Leben nicht begünstigten Personen, beispielsweise die Einsamen, die Süchtigen und andere aus der Gesellschaft Verstoßenen.

»Die Ecke hier war mal ein richtig schöner Ort gewesen. Laut, ja, auch, aber nicht laut im Sinne von Nachbarn, die um halb zwölf Uhr nachts mit der Stichsäge Laminat verlegen, sondern laut im Sinne von pulsierend. Atmend. Okay, röchelnd auch, das stimmt. Dieser Ort war schon immer anders gewesen. Ein bisschen schmutziger als der Rest. Aber angenehm schmutzig. Wie eine noch nicht ganz aufgeräumte Wohnung nach einem ausladenden Familienfest, diese Art Schmutz.« (Seite 163)

Die Erzählungen ergänzen sich, manche Namen tauchen erneut auf, andere verschwinden im Kosmos der Bedeutungslosigkeit. Verzweiflung wabert durch die Seiten, Gewalt löst Angst ab, Sucht führt zur Gier, mangelnde Perspektiven gehen Hand in Hand mit Armut, die überall aus den Ecken kriecht. Die Sprache passt zur Gosse, geflucht wird überall. Darüber liegt ein Nebel der Hoffnungslosigkeit, hängt über den Menschen und hüllt sie ein. Da hilft es auch nicht, dass der ein oder andere schöne Moment um die Ecke schaut und mangels Platz wieder verschwindet. Das Leben ist hässlich, das Leben ist schön. Gorbach ist trotzdem oder gerade deswegen eine (Lese-) Reise wert!

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Veröffentlicht am 09.09.2024

Der Geist der Rache

Signum
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Kurze Zeit nach Abschluss der Ermittlungen in den Mittsommer-Morden entschließt sich Kim Ribbing, den berüchtigten Schockdoktor Martin Rudbeck zu kidnappen, nachdem diesem mit gesetzlichen Mitteln nicht ...

Kurze Zeit nach Abschluss der Ermittlungen in den Mittsommer-Morden entschließt sich Kim Ribbing, den berüchtigten Schockdoktor Martin Rudbeck zu kidnappen, nachdem diesem mit gesetzlichen Mitteln nicht beizukommen war. Er redet sich ein, dass er auf keinem Rachefeldzug, sondern auf der Suche nach Antworten sei, und die von ihm angewandten Methoden notwendig, um den verhassten Mann zum Sprechen zu bringen. In einem Moment der Unachtsamkeit geschieht etwas Unerwartetes, weitere Personen werden involviert und schon bald gibt es Probleme, deren Lösung nicht so einfach scheint.

„Es gab trotz aller Widrigkeiten schöne, unschuldige Dinge auf dieser Welt, zu denen man ohne Furcht, verletzt zu werden, eine Beziehung aufbauen konnte. Und es gab Menschen, die verletzten und töteten, einfach weil sie es konnten und Lust darauf hatten. Weil ihnen gerade danach war. In diesem Moment, als er in die glänzenden, leblosen Augen des Rehs schaute, beschloss Kim Ribbing, Dr. Martin Rudbeck zu entführen.“ (Seite 10)

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den zweiten Teil der sogenannten Mittsommer-Trilogie, zum Erscheinen des ersten Buches noch Stormland-Trilogie genannt. Es macht meiner Meinung nach keinen Sinn, diesen Teil zu lesen, ohne den vorherigen zu kennen, beide Bücher bauen aufeinander auf und die Handlung geht fast ohne Unterbrechung weiter. Diese Rezension ist vollkommen spoilerfrei, was beide Teile angeht.

Startete der Auftakt der Trilogie noch mit einem großen Knall, so ging es hier zu Beginn und auch im Folgenden eher ruhig, stellenweise sogar fast gemächlich zu. Kim, Julia und Astrid bekamen jeweils viel Platz im Buch, aber auch aus dem ersten Teil bekannte Personen im Bereich der Polizei nahmen viel Raum ein. Dies hat mich zu Beginn etwas irritiert, weil ich auf einen Thriller eingestellt war, aber schon nach wenigen Kapiteln entwickelte die Geschichte einen fast unwiderstehlichen Sog und es zog mich in jeder freien Minute nach Stockholm zurück.

Der ungewöhnliche Aufbau mit Sprüngen in der Tageszeit trug zur eher gemäßigten Spannung bei, was ich aber nicht schlecht fand, denn es wurde trotzdem kriminell und wirklich interessant; an ungewöhnlichen Einfällen mangelte es jedenfalls nicht. Ich war gespannt darauf, welchen Ausgang diese verzwickte Geschichte nehmen würde und wurde nicht enttäuscht. Insgesamt ein etwas zurückhaltender mittlerer Teil, der mich dennoch voller Ungeduld und großer Vorfreude auf den Abschluss warten lässt.

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Veröffentlicht am 30.07.2024

Annäherung in kleinen Schritten

Alles immer wegen damals
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Karlas Geschwister kommen auf die Idee, ihr und der gemeinsamen Mutter zu ihren Geburtstagen eine Reise nach Hamburg zu schenken inklusive einem Besuch des Musicals König der Löwen. Karla, die mittlerweile ...

Karlas Geschwister kommen auf die Idee, ihr und der gemeinsamen Mutter zu ihren Geburtstagen eine Reise nach Hamburg zu schenken inklusive einem Besuch des Musicals König der Löwen. Karla, die mittlerweile in Köln lebt, pflegt lieber ihre Ticks, nährt ihre Ängste und überhaupt hat sie so gar keinen Bock darauf, mehrere Tage mit der Mutter zu verbringen, mit der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hat. Gerda wiederum ist einem Treffen nicht abgeneigt, hat allerdings auch so ihre Bedenken.

„Das ist sozusagen die Familie, also diejenigen, die das Wesen Familie weiter nähren, das Projekt am Laufen halten, die online sind. Karla ist noch in der Gruppe, weil rausgehen anstrengender ist als drinnenbleiben. Sie ist noch in allen Gruppenchats, zu denen sie je hinzugefügt wurde, einfach weil sie kein Fass aufmachen will, nicht für Gerede sorgen, keine Aktion bringen will, die sonst wie interpretiert werden könnte.“ (Seite 16)

Bereits nach wenigen Seiten wusste ich, dass mich ein ungewöhnliches Leseerlebnis erwartet. Mal aus dieser, mal aus der anderen Perspektive kam ich Karla und Gerda näher, die so unterschiedlich wie Tag und Nacht sind. Dabei war ich immer wieder aufs Neue begeistert vom Schreibstil der Autorin, staunte über das erzählerische Talent von Paula Irmschler, ergötzte mich an ihrer Fähigkeit, mit Worten und Sätzen zu jonglieren, dass es eine Freude war. Die Beziehung zwischen Töchtern und Müttern ist bekanntlich eine besondere und diese Besonderheiten zeigte die Geschichte auf, stellte diese jedoch nicht in den Mittelpunkt.

Der langsamen und zaghaften Annäherung der beiden Frauen habe ich gerne beigewohnt, war dabei erstaunt über Gerdas Fähigkeit, die zuweilen sehr komplizierte Tochter nicht nur zu ertragen, sondern auch auf diese zuzugehen, ohne dass es aufdringlich oder peinlich geworden ist. Nur an einer Stelle wurde es mir persönlich zu viel, Karla war mir kurz zu anstrengend, ich musste pausieren und befürchtete schon, dass es das gewesen ist, aber zum Glück half eine kleine Auszeit, meinen Kopf freizupusten, danach passte es wieder und ich versank im Buch. Insgesamt ein tolles, bisweilen sehr amüsantes Werk, das ich gerne weiterempfehlen möchte.

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