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Veröffentlicht am 05.11.2017

Märchenmorde

Grimms Morde
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1821 Kassel. Als Freiin von Bachros, die ehemalige Mätresse des Landesfürsten, grausam ermordet aufgefunden und bei der Leiche ein Zitat aus der Märchensammlung der Gebrüder Grimm gefunden wird, geraten ...

1821 Kassel. Als Freiin von Bachros, die ehemalige Mätresse des Landesfürsten, grausam ermordet aufgefunden und bei der Leiche ein Zitat aus der Märchensammlung der Gebrüder Grimm gefunden wird, geraten Jakob und Wilhelm Grimm ins Visier der Polizeit. Doch das Märchen stammt eigentlich von Annette von Droste-Hülshoff, die sofort mit ihrer Schwester Jenny nach Kassel reist, als sie von dem Mord und den Umständen erfährt und mit den Gebrüdern Grimm, die sie seit langen Jahren kennt, auf eigene Faust versucht, den Mörder zu finden und den Grimmschen Ruf wieder herzustellen. Aber während sie noch um den ersten Mord rätseln und nach Verdächtigen suchen, gibt es einen weiteren Toten, der ebenfalls ein Zitat bei sich hat und auf die Grimm-Brüder hinweist. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt…
Tanja Kinkel hat mit ihrem Buch „Grimms Morde“ einen sehr spannenden und unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der sich nicht nur mit der Aufklärung von drei Todesfällen beschäftigt, sondern auch die Beziehung zwischen den Geschwisterpaaren Jakob und Wilhelm Grimm auf der einen Seite und Annette von Droste-Hülshoff nebst Schwester Jenny auf der anderen beleuchtet. Die Autorin hat ihren Erzählstil ganz der damaligen Zeit angepasst, so dass die Geschichte noch authentischer wirkt, und der Leser völlig in die Vergangenheit eintauchen kann, um die beiden Geschwisterpaare bei ihrem Handeln und Tun zu beobachten. Die Dialoge besonders zwischen Jakob und Annette sprühen vor Wortwitz und Intelligenz und machen das Lesen zu einem besonderen Vergnügen. Der historische Hintergrund wurde akribisch recherchiert und mit der Handlung verwebt. Der Leser erfährt nicht nur viel über die gesellschaftliche Stellung der Frau zur damaligen Zeit, sondern auch einiges über die politische Lage, intrigante Machenschaften, harte moralische Ansprüche sowie Standesdünkel. In einem aussagekräftigen Nachwort stellt die Autorin zudem heraus, was in ihrer Geschichte der Wahrheit entspricht und was der Phantasie. Sie hat beides sehr gut miteinander verflochten, so dass der Eindruck einer durchaus wahren Geschichte entsteht und die Protagonisten dem Leser als ganz reale Personen zum Anfassen erscheinen.
Die Charaktere wurden sehr detailliert und individuell herausgearbeitet, sie wirken authentisch und sehr lebendig, es ist fast so, als hätte Tanja Kinkel sie mit ihren Worten wieder zum Leben erweckt. Annette ist eine intelligente Frau, die recht selbstbewusst und nahezu respekteinflößend wirkt. Sie kaschiert damit eigene Unsicherheiten, die sie aufgrund einer unglücklich verlaufenden Liaison hegt. Doch das tut ihrer Cleverness keinen Abbruch. Sie hat ein schnelles und scharfes Mundwerk, doch trifft sie immer genau auf den Punkt. Annette ist mutig und sagt, was sie denkt, deshalb bekommt sie auch immer wieder abwertende Kommentare zu hören. Annettes Schwester Jenny steht ein wenig in ihrem Schatten. Sie ist von eher zurückhaltender Natur und heimlich in Wilhelm Grimm verliebt. Doch diese Liebe hat keinerlei Zukunft. Jakob Grimm ist ein etwas arrogant wirkender Mann, der recht selbstsicher und von sich eingenommen ist. Doch auch er ist ein intelligenter Mann, der die Spurensuche sehr ernst nimmt, vor allem, da er sich reinwaschen will. Auch die anderen Protagonisten bringen durch ihr Erscheinen der Handlung zusätzliche Spannung und gleichzeitig tragen sie auch zu einigen Verwicklungen bei.
„Grimms Morde“ ist ein sehr gelungener, spannender historischer Roman, der sowohl einige Kriminalfälle als auch das gesellschaftliche Miteinander beleuchtet und zudem eine skandalöse Liebesgeschichte offenbart. Doch noch interessanter ist die Darstellung der beiden Geschwisterpaare, die zwar jeder auf die eine oder andere Weise „kennt“, hier jedoch sehr gut kennenlernt. Eine Leseempfehlung für einen außergewöhnlichen Roman!

Veröffentlicht am 05.11.2017

Weihnachtszeit auf Mount Polbearne

Weihnachten in der kleinen Bäckerei am Strandweg
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Mount Polbearne/Cornwall. Kurz vor Weihnachten hat Polly in ihrer Bäckerei jede Menge zu tun, aber das Geld wird auch dringend gebraucht, denn es sichert Polly ihren Lebensunterhalt, da ihr Verlobter, ...

Mount Polbearne/Cornwall. Kurz vor Weihnachten hat Polly in ihrer Bäckerei jede Menge zu tun, aber das Geld wird auch dringend gebraucht, denn es sichert Polly ihren Lebensunterhalt, da ihr Verlobter, der amerikanische Imker Huckle, mit seinem Honiggeschäft nicht so durchschlagenden Erfolg hat. Deshalb muss auch erst einmal die Hochzeit verschoben werden. Als ihre beste Freundin Kerensa Polly in ein Geheimnis einweiht, steht Polly bald in einer Zwickmühle, denn sie hat versprochen, auch ihrem Ehemann nichts verraten, und das ist Polly gar nicht recht, denn sie möchte immer ehrlich zu Huckle sein. Kerensas Geheimnis ist für Polly eine riesige Belastung, doch muss sie sich auch auf die Organisation des jährlichen Weihnachtsmarktes konzentrieren, der so einiges Geld in die Kassen spülen soll. Leider kommt alles anders als geplant und auch die Suche nach ihrem eigenen Vater hat Polly noch nicht aufgegeben. Wird es ein glückliches Weihnachtsfest in Mount Polbearne?
Jenny Colgan hat mit ihrem Buch „Weihnachten in der kleinen Bäckerei am Strandweg“ den dritten Teil um Polly und ihre Bäckerei vorgelegt, das einen runden Abschluss der Trilogie bietet. Der Schreibstil ist locker-leicht und flüssig, dabei warmherzig und gefühlvoll, der Leser findet sich schnell auf der kleinen malerischen Insel Mount Polbearne wieder und nimmt direkt am Leben von Polly und den anderen Bewohnern teil, wobei ihm die Gefühle und Sorgen der Einzelnen nicht verborgen bleiben. Das Inselleben wird von der Autorin auf sehr lebendige Weise beschrieben, ebenso die alltäglichen Schwierigkeiten, mit denen die Bewohner zu kämpfen haben. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildhaft und farbenfroh gehalten, man fühlt sich sofort wohl und kann die Umgebung mit seinem Leuchtturm regelrecht vor Augen sehen.
Die Charaktere sind in ihren Eigenheiten sehr individuell ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Sie wirken sehr real und authentisch. Polly ist eine sympathische junge Frau, die all ihre Kräfte in die Bäckerei steckt, denn sie ist der Traum, den sie sich verwirklicht hat und der Erfolg haben soll. Sie ist hilfsbereit und mutig, aber auch unsicher, was die Zukunft bringen wird. Doch Polly besitzt genügend Realitätssinn und lässt den Kopf auch in ausweglosen Situationen nicht hängen, sondern schaut nach vorn. Huckle ist Amerikaner, der sich auf der Insel als Imker betätigt und einen kleinen Honigladen führt. Er ist ein netter Mann, der etwas unkonventionell und manchmal zu sorglos ist. Er lebt mehr in den Tag hinein und nimmt alles, wie es kommt. Huckle wirkt nicht gerade verlässlich, aber das mag täuschen. Papagei Nils ist auch in diesem Teil ein absolutes Highlight als Protagonist, den man als Leser einfach lieben muss. Auch alle weiteren Charaktere tragen mit ihren kleinen Episoden zur Bereicherung der Handlung bei.
„Weihnachten in der kleinen Bäckerei am Strandweg“ ist ein rundum gelungener Abschluss der Trilogie, wobei man jedes Buch auch sehr gut für sich allein lesen kann. Der Autorin ist es gelungen, eine schöne Weihnachtsatmosphäre zu schaffen und ihre Geschichte mit Themen wie Freundschaft, Vertrauen sowie Liebe zu füllen. Alle, die sich in die richtige Adventsstimmung bringen möchten, werden diese durch dieses Buch bestimmt finden. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.11.2017

Als May auszog, das Lügen zu lernen

Das Schiff der Träume
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1838 Ohio. Die 22-jährige May Bedloe hat ein Händchen für die Schneiderei, doch steht sie seit ihrer Kindheit im Schatten ihrer Cousine Comfort Vertue, die als Schauspielerin im Land umher reist und für ...

1838 Ohio. Die 22-jährige May Bedloe hat ein Händchen für die Schneiderei, doch steht sie seit ihrer Kindheit im Schatten ihrer Cousine Comfort Vertue, die als Schauspielerin im Land umher reist und für die May die Kleidung näht und in Ordnung hält. Comfort ist ihre einzige übrig gebliebene Familie. Auf einer Reise lernt Comfort die reiche Mrs. Howard kennen, die sich ihrer annimmt und Comfort dazu überredet, als Rednerin für die Befreiung von Sklaven zu agieren. Doch für May hat Mrs. Howard keine Verwendung, so dass diese auf einmal mutterseelenallein für sich selbst sorgen muss, denn auch Comfort kümmert sich nicht um sie. May findet mit viel Glück eine Anstellung als Mädchen für alles auf einem Theaterschiff bei Hugo Cushings Theatertruppe und lebt sich in Gesellschaft der illustren Gruppe schnell ein, weil sie sich akzeptiert und respektiert fühlt. Aber bald schon taucht Mrs. Howard mit Comfort im Schlepptau wieder auf und erpressen May, sich für ihre Sache einzusetzen. May widerstrebt das alles zutiefst, doch in ihrer verzweifelten Lage bleibt ihr gar nichts anderes übrig, dabei bringt ihr Tun nicht nur sie selbst in eine gefährliche Lage…

Martha Conway hat mit ihrem Buch „Das Schiff der Träume“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, durch die Ich-Erzählweise wird der Leser schnell in die Zeit kurz vor dem amerikanischen Bürgerkrieg versetzt und hat direkten Anteil an Mays spannender Reise, ihren Gedanken und Gefühlen. Der Spannungsbogen wird sehr gemächlich aufgebaut, schraubt sich aber erst innerhalb des letzten Romandrittels in die Höhe. Der historische Hintergrund ebenso wie der Sklavenkonflikt zwischen den Nord- und den Südstaaten wurden von der Autorin sehr schön in die Handlung integriert und geben dem Leser einen Eindruck, welche Zustände damals geherrscht haben. Das Theaterschiff legt an vielen verschiedenen Städten an, so macht der Leser eine interessante Reise auf dem Ohio-River und lernt verschiedene Örtlichkeiten aufgrund der bildhaften Sprache der Autorin kennen.

Die Charaktere sind sehr vielfältig und individuell angelegt, so dass ein bunter und exotischer Mix entsteht, der den Leser zu faszinieren weiß mit seiner Authentizität und Lebendigkeit. May ist eine eher zurückhaltende junge Frau, die immer absolut ehrlich ist, was ihr nicht immer zum Vorteil gereicht. Sie ist pragmatisch, dabei fleißig und sich für keine Arbeit zu schade. May ist hilfsbereit und geht die Dinge nacheinander an, Rückschläge nimmt sie hin, doch lassen diese sie nicht verzweifeln, sondern umso härter arbeiten, um voran zu kommen. Ihre Entwicklung während der Geschichte ist erstaunlich, denn zu Beginn hat sie sich von ihrer Cousine bevormunden und drangsalieren lassen, doch je länger sie allein auf sich selbst gestellt ist, umso selbständiger und selbstbewusster wird sie. Comfort ist eine egoistische und oberflächliche Person, bei der sich alles nur um sie drehen muss. Hugo Cushing ist ein etwas geheimnisvoller Mann, der das Herz auf dem rechten Fleck hat und mehr weiß, als er offen zugibt. Er kann Geheimnisse bewahren und kümmert sich wunderbar um seine Truppe. Auch die schillernden Theatermitglieder wie z.B. Mrs. Niffens oder Leo sind sehr interessante Persönlichkeiten, die der Geschichte durch ihr Handeln und Tun zusätzlich Farbe verleihen.

„Das Schiff der Träume“ ist ein historischer Gesellschaftsroman, der durch seine farbenfrohe Erzählweise und die Vielfalt der Charaktere besticht. Sowohl der geschichtliche Hintergrund als auch die sich anbahnende Liebesgeschichte tragen zu einer guten Unterhaltung bei. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 01.10.2017

Die Liebe kommt heimlich, still und schnell

Ein Stück vom Winterglück
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Hazel und ihre Zwillingsschwester Lila wachsen in einem Vorort von London auf. Ihre ganze Kindheit verbringen sie miteinander und sind sich so nah, wie man es sich bei Zwillingen vorstellt. Gemeinsam teilen ...

Hazel und ihre Zwillingsschwester Lila wachsen in einem Vorort von London auf. Ihre ganze Kindheit verbringen sie miteinander und sind sich so nah, wie man es sich bei Zwillingen vorstellt. Gemeinsam teilen sie auch in ein Apartment in London. Doch mit den Jahren haben sich ihre Interessen verändert und so wandeln beide auf eigenen Pfaden, aber abends im Apartment sind sie wieder eins. Während Lila eine Karriere als Balletttänzerin einschlägt und zu einem Vorstellungstermin nach dem anderen jagt, hat sich Hazel darauf spezialisiert, als Bühnenausstatterin und Dekorateurin für eine Agentur zu arbeiten. Nebenbei stellt sie wunderschöne Miniatursets von verschiedenen Situationen her, die als Vorlage für Ausstattungen gelten können. Während Lila durch Zufall ihre große Liebe Ollie trifft und bald darauf heiratet, bleibt Hazel allein zurück im Apartment und muss sich wegen der Kosten eine Mitbewohnerin suchen, die sich schnell unter ihren Kollegen findet. Sie kommen gut miteinander aus, aber in der Agentur läuft es für Hazel gar nicht rund, denn die von ihrer Chefin in Aussicht gestellte Beförderung bekommt sie nicht und auch ihr alter Freund Sam, für den sie mehr als nur Freundschaft empfindet, lässt sich lange nicht mehr blicken. Hazel, die Lilas Hochzeit organisiert hat, bekommt auf einmal Anfragen von anderen heiratswilligen Paaren und macht sich als Hochzeitsplanerin selbständig. Sie selbst glaubt nicht mehr an die wahre Liebe, doch es soll überraschenderweise anders kommen…

Abby Clements hat mit ihrem Buch „Ein Stück vom Winterglück“ einen sehr unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und sehr gut zu lesen. Die kurzen Kapitel verleiten dazu, dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann. Die Geschichte wird aus der Sicht von Hazel erzählt und schnell taucht der Leser in die Handlung ein, um an ihrer Seite alles aus erster Hand zu erleben. Die Beschreibungen der Speisen und Backwaren machen dem Leser regelrecht den Mund wässrig und auch die Organisation von Hochzeiten lässt einem den Schweiß auf der Stirn ausbrechen, wenn man bedenkt, was alles dafür nötig ist. Die Andeutungen über die Krankheit von Lila haben keinerlei Aufklärung erfahren, weshalb sie eigentlich überflüssig waren. Auch das Ende der Geschichte kam leider etwas zu plötzlich und wirkte aufgrund dessen etwas unglaubwürdig.

Die Charaktere sind sehr realistisch gestaltet, wirken lebendig und authentisch. Alle haben ihre Eigenheiten, die mal sympathisch und mal nervig rüberkommen. Gerade deshalb kann man sich mit dem einen oder anderen besonders gut identifizieren und die Gedanken nachvollziehen. Hazel ist eine interessante junge Frau, die sehr sympathisch wirkt. Sie ist hilfsbereit und offen, allerdings kann sie sich gegenüber ihrer Chefin überhaupt nicht behaupten, die sie jederzeit ausnutzt. Hazel wirkt eher wie der Kumpeltyp und hat den Gedanken an Heiraten und Familie ganz hinten angestellt. Sie hat eine künstlerische Begabung und weiß im Job immer ganz genau, was gebraucht wird. Lila ist eine empfindsame Seele, die sich alles sehr zu Herzen nimmt und immer wieder an sich zweifelt. Sie geht im Tanz auf und wünscht sich nichts mehr, als geliebt zu werden und beruflich erfolgreich zu sein. Josh ist ein sympathischer Mann, der Hazel beruflich fördert und von ihrem Talent begeistert ist. Sam ist Hazels alter Jugendfreund, der sich als unselbständiger Mann entpuppt, der von anderen erwartet, ihn in die richtige Richtung zu stoßen. Auch die anderen Charaktere tragen zum Unterhaltungswert der Geschichte bei und machen mit ihren eigenen Episoden die Handlung rund.

„Ein Stück vom Winterglück“ ist ein lebendig geschriebener Unterhaltungsroman um Liebe, Familie, berufliche Sorgen und die Freundschaft, der sich gut lesen und den Alltag vergessen lässt. Für das etwas überhastete Ende gibt es allerdings einen Abzug. Ansonsten gilt aber eine Leseempfehlung für ein kurzweiliges Lesevergnügen!

Veröffentlicht am 29.09.2017

Café Fi del Món

Der Duft von Meer und Thymian
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1969. Bill lebt in einem Vorort von London und arbeitet als Anwaltsgehilfe darauf hoffend, dass er irgendwann einmal einen eigenen Fall bekommt und seine Zukunft als Anwalt Fahrt aufnimmt. Als sein Chef ...

1969. Bill lebt in einem Vorort von London und arbeitet als Anwaltsgehilfe darauf hoffend, dass er irgendwann einmal einen eigenen Fall bekommt und seine Zukunft als Anwalt Fahrt aufnimmt. Als sein Chef Hillbrand ihm eine Erbschaftsangelegenheit anvertraut, kniet sich Bill in den Fall hinein. Er soll sich darum kümmern, die Eigentümerin von Hallerton House, Emeline für tot erklären zu lassen, damit dieses verkauft und abgerissen werden kann. Doch als Bill dorthin reist und mit Hilfe von Hillbrands Schwester Jem dort die hinterlassenen Papiere sichtet, findet er Unterlagen, die dafür sprechen, dass Emeline vielleicht noch am Leben ist. Sie muss nur gefunden werden…

1919. Nachdem sowohl die Eltern als auch die meisten ihrer Geschwister gestorben sind, bleibt die 18-jährige Emeline allein mit ihrem Bruder Timothy zurück in Hallerton House. Doch junge Timothy wird dem Onkel unterstellt, während Emeline in ein Sanatorium in der Schweiz abgeschoben werden soll, damit Hallerton House verkauft werden kann. Doch Emeline flieht, um diesem Schicksal zu entgehen…

Laura Madeleine hat mit ihrem Buch „Der Duft von Meer und Thymian“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der sich um ein Familiengeheimnis dreht. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, der Leser steht schnell als unsichtbarer Schatten an Bills Seite und geht mit ihm auf eine abenteuerliche Reise in die Vergangenheit. Durch die zeitlichen Perspektivwechsel lernt man sowohl Bill als auch Emeline und die jeweiligen Lebensumstände kennen. Der Spannungsbogen wurde gemächlich aufgebaut, steigert sich aber innerhalb der Handlung nur minimal. Die Landschafts- und Reisebeschreibungen sind sehr lebendig gehalten und vermitteln dem Leser das Gefühl, alles vor sich zu sehen und dabei zu sein. Die Reise geht von England über Frankreich an die Grenze von Spanien. Ebenso lässt die Autorin den Leser an der südländischen Mentalität teilhaben und berichtet von der schmackhaften Zubereitung der Speisen, bei dem einem das Wasser im Mund zusammenläuft. Besonders schön sind die Zuordnung der Gerichte zu den Jahreszeiten und Anlässen, wobei hier immer wieder darauf hingedeutet wird, dass man nur die Dinge aus der Natur nimmt, die die Erde einem spendet.

Die Charaktere sind sehr unterschiedlich angelegt und ausgearbeitet worden. Dabei wurde von der Autorin auch Wert darauf gelegt, die verschiedenen Zeiten und dazugehörigen Umgangsformen wiederzugeben. Bill ist ein junger Mann, der noch nicht viel erlebt hat und hungrig auf ein Abenteuer ist. Er fühlt sich seiner Arbeit verbunden, ist ehrlich, offen und neugierig, wobei er niemals seine Aufgabe aus den Augen lässt. Er will unbedingt die Wahrheit herausfinden und trifft bei seiner Reise auf allerlei bunte Protagonisten, die ihn bei seiner Reise unterstützen. Am Ende der Reise ist Bill ein anderer als zu Beginn. Emeline ist eine Frau, die schon früh auf sich allein gestellt war und viele Schicksalsschläge ertragen musste. Zu Beginn wirkt sie eher zurückhaltend, einsam und verloren, doch je mehr die Geschichte voranschreitet, umso mehr wagt sie sich heraus aus ihrem Schneckenhaus. Sie flüchtet ohne Gepäck und landet durch die Hilfe von vielen Fremden an einem Ort, wo sie die Außenseiterin ist, sich aber Ansehen und ein Auskommen verdient. Dabei findet sie nicht nur eine neue Heimat, sondern trifft auch auf den Menschen, der ihr Herz stiehlt, indem er sie so nimmt, wie sie ist.

„Der Duft von Meer und Thymian“ ist ein unterhaltsamer historischer Roman, der sich um ein Familiengeheimnis rankt, das es herauszufinden gilt. Sowohl die Reise durch Europa als auch die kulinarischen Genüsse vermitteln ein Gefühl von Urlaub und Meeresbrise. Schöne Lektüre für die Ferien mit einer interessanten Geschichte. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!