Ein starker Klassiker kurzweilig verpackt
Agatha Christie Classics: Hercule Poirots WeihnachtenDie Graphic Novel „Hercule Poirots Weihnachten“ gehört zu der Agatha Christie-Reihe von Carlsen Comics, in der bereits zwei weitere Comics erschienen sind. Das Szenario stammt von Isabelle Bottier, die ...
Die Graphic Novel „Hercule Poirots Weihnachten“ gehört zu der Agatha Christie-Reihe von Carlsen Comics, in der bereits zwei weitere Comics erschienen sind. Das Szenario stammt von Isabelle Bottier, die Zeichnungen aus der Feder von Callixte.
Eine Graphic Novel zu lesen hat mich ziemlich gereizt. Mein letzter Comic geht wohl auf die Anfänge meiner Teenagerzeit zurück. Umso neugieriger war ich, ob und wie sich ein Agatha Christie Klassiker wirklich als Comic adaptieren lässt. Das ganz klare Ergebnis: Es geht – ganz wunderbar sogar.
Wäre ich nicht sowieso schon so neugierig gewesen – das Cover hätte mich sofort auf den Geschmack gebracht: Vor einer winterlich verschneiten Landschaft mit einer hell erleuchteten herrschaftlichen Villa im Hintergund, jagt Hercule Poirot wie besessen einer gewaltigen Blutspur nach. Ganz der passionierte Ermittler eben.
Obwohl der reiche Mr. Lee seine gesamte Familie und weitere Gäste zum Fest eingeladen hat, ist von Weihnachtsstimmung in Gorston Hall nichts zu spüren. Die einzelnen Familienmitglieder sind sich mitunter Spinnefeind und Lee selbst hat Freude daran seine Kinder so gut wie möglich zu tyrannisieren. Als der Alte dann am 24. Dezember mit durchgeschnittener Kehle aufgefunden wird, ist die Liste der Verdächtigen entsprechend lang, zumal auch das Erbe sehr ansehnlich ist. Poirot und der diensteifrige Inspector Sugden haben also jede Menge zu tun, um das wenig weihnachtliche Verbrechen aufzuklären.
Sehr beeindruckend, wie gut Handlung und Atmosphäre einzig und allein mittels Sprechtexten, einigen Sounddarstellungen und den ausdrucksstarken Bildern von Callixte eingefangen wird. Insbesondere die Mimik der einzelnen Charaktere ist ausgesprochen gelungen getroffen. Mit seinen spitzen Eckzähnen wirkt Mr. Lee von Anfang an furchteinflößend. Wenn er im Verlauf der Handlung seine Kinder immer wieder diskreditiert und erniedrigt, erscheint er gänzlich unsympathisch. Eigentlich also kein großer Verlust. Poirot und sein eifriger Kollege Sudgen stürzen sich natürlich trotzdem mit vollem Einsatz in die Ermittlungen. Wie gewohnt lässt Poirot sich dabei kaum in die Karten schauen, sodass das Miträtseln eine echte Herausforderung ist. Die Seiten lesen sich wie im Flug und die immer neuen Motive der Verdächtigen scheinen stark, doch dann kommt doch alles anders. Spannend bleibt es in der 64 Seiten starken Graphic Novel also bis zum doch recht überraschenden Ende. Dieser Mord war aber auch wirklich ziemlich perfide geplant. Beinahe muss man das Geschick des Mörders bewundern. Während Poirot ganz unverkennbar gezeichnet ist und mit einem wunderschönen Schneemann-Pendant entzückt, hatte ich anfangs mit Zuordnung von Mr. Lee’s größtenteils recht überheblicher Sippe so meine Schwierigkeiten und konnte sie teilweise nur anhand der Kleidung auseinander halten. Warum dies genau so beabsichtigt ist, wird jedoch erst zum Schluss des Comics deutlich. Ein paar Sympathieträger dürfen in diesem Buch natürlich auch nicht fehlen. Mit der Ehrlichkeit nehmen die es aber trotzdem nicht so genau. Viel zu schnell neigt dieser Comic sich seinem Ende.
Chapeau muss ich hier sagen! Diese Graphic Novel liefert einen Klassiker verpackt als kurzweilige Unterhaltung und stark bebildert. Ebenso ideal als Einstiegsklassiker, wie für begeisterte Klassiker-Leser, die sich auch mal einen neuen Zugang wünschen. Kurzum: Ein Lesevergnügen für wirklich (fast) jeden.