Die Beweggründe hinter den Milden Gaben
Wir befinden uns im letzten Jahr der Pandemie, langsam normalisiert sich das tägliche Leben wieder ein wenig, nur die Touristen bleiben noch fern. Die Questura ist nicht wirklich ausgelastet, einige kleinere ...
Wir befinden uns im letzten Jahr der Pandemie, langsam normalisiert sich das tägliche Leben wieder ein wenig, nur die Touristen bleiben noch fern. Die Questura ist nicht wirklich ausgelastet, einige kleinere Einbrüche, die man Kinderbanden zuspricht, beschäftigen die Beamten, ansonsten ist es eher ruhig. Da kommt es Commissario Brunetti ganz gelegen, dass ihn eines Tages eine alte Bekannte aufsucht: Die Tochter seiner ehemaligen Vermieter, die er als Kind kannte, die aber einige Jahre älter ist als er. Sie berichtet ihm von dem Verdacht, dass es im Leben ihrer Tochter etwas gebe, das sie sehr verunsichere. Ihr Mann verhalte sich seit kurzem sehr merkwürdig, wolle ihr aber keinen Grund dafür nennen. Konkrete Tathinweise gibt es nicht, bisher ist nichts vorgefallen, wofür es sich lohnen würde, die Polizei einzuschalten.
Dennoch, vielleicht aus alter Verbundenheit und Dankbarkeit seiner Familie gegenüber der Mutter Elisabettas, beruft Brunetti seine engsten Kollegen ein und beginnt mit verdeckten Ermittlungen. Und die Spuren führen zu einer Stiftung, die Elisabettas Mann vor drei Jahren gegründet hatte und bei der der Schwiegersohn, ein Steuerberater, hilfreiche Dienste geleistet hat. Nutznießer dieser Stiftung ist ein Krankenhaus in Belize, dem geholfen werden soll, seine Patienten besser zu versorgen.
Wie so oft bei den Büchern von Donna Leon handelt es sich mehr um eine Charakterstudie als um einen Krimi. Donna Leon hat in diesem Buch die verschiedenen Charaktere mit ihren Eigenheiten sehr schön herausgearbeitet. Und letztendlich wird Brunetti erkennen, dass persönliche Involviertheit keine gute Ausgangsbasis für Ermittlungen aller Art ist und dass sie den neutralen Blick auf die Realität verschleiert.
Aber natürlich stehen auch die Besonderheiten Venedigs wieder im Blickpunkt. Den Eindruck, den man als Tourist niemals bekommen würde, liefern uns die Bücher um Commissario Brunetti und seine Familie. Wir gehen in den alten Palazzi ein und aus, tauchen in die Geschichten venezianischer Familien ein, lernen aber auch die feinen Standesunterschiede zwischen den Familien kennen und müssen einräumen, dass ein Palazzo auch seine Schattenseiten haben kann, wenn die Feuchtigkeit durch alle Mauern dringt.
Nachdem ich lange kein Buch mehr von Donna Leon gelesen hatte, hat mich dieses durchaus fesseln können und ich empfehle es gerne weiter.
Ich habe die Ausgabe von Weltbild gelesen, was aber inhaltlich gleich sein sollte.