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Veröffentlicht am 30.08.2024

Vom Ringen um kulturelle Eigenständigkeit - sehr lesenswert!

Schwestern im Geiste
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Bei „Schwestern im Geiste“ handelt es sich um den zweiten Band der Reihe „Das Pensionat an der Mosel“. Die Handlung spielt in Diedenhofen, heute Thionville, in Lothringen im Jahr 1911. Seit 40 Jahren gehören ...

Bei „Schwestern im Geiste“ handelt es sich um den zweiten Band der Reihe „Das Pensionat an der Mosel“. Die Handlung spielt in Diedenhofen, heute Thionville, in Lothringen im Jahr 1911. Seit 40 Jahren gehören Elsass und Lothringen nach dem Krieg 1870 zum Deutschen Reich, aber die Herzen der Lothringer schlagen nach wie vor für Frankreich. So geht man denn subtil und manchmal auch weniger subtil gegen die deutschen Polizisten und Soldaten vor und diese haben mal mehr, mal weniger Verständnis für die Befindlichkeiten ihrer Untertanen.

Pauline Martin leitet ein Mädchenpensionat und versucht ihre Schützlinge aufs Leben vorzubereiten. Diese kommen aus allen möglichen Gesellschaftsschichten, was auch zu Schwierigkeiten führen kann. Eine neue Lehrerin aus Irland soll darüber hinaus Musik und englische Sprache unterrichten, aber auch sie entpuppt sich als geheimnisvoll.

Ein Hauptmann der preußischen Armee steht Pauline zur Seite. Sie hat ihn bereits in den Vorjahren kennen und schätzen gelernt und auch dieses Mal benötigt sie wieder seine Unterstützung. Beide fühlen sich stark zueinander hingezogen, aber für eine Lehrerin ist eine Beziehung undenkbar. Sie würde damit ihrer Arbeit nicht weiter nachgehen können.

Der zweite Band ist schon allein deshalb lesenswert, weil er die Geschichte einmal aus Sicht der Franzosen erzählt. Nachdem man im Elsass ja sowieso einen deutschen Dialekt spricht, hatte ich angenommen, dass es für die Menschen nicht so schwierig war, sich umzustellen. Offenbar war das in Lothringen ganz anders. Hier fühlte und dachte man französisch und die Ressentiments gegen die Deutschen saßen tief. Schon im Rheinland war es 1815 den Menschen schwergefallen, sich mit den Preußen abzufinden, schließlich waren sie nicht für besonderen Humor bekannt. In Lothringen war hingegen die Abneigung gegen die Besatzung noch ausgeprägter. Diese Haltung hat Marie Pierre sehr schön herausgearbeitet und in verschiedenen Szenen mit Leben gefüllt.

Ihr ist es sehr gut gelungen, Fiktion und tatsächliche Ereignisse miteinander zu verknüpfen und mit der irischen Lehrerin haben wir sogar noch einen Exkurs in die irische Geschichte machen können.

Die Charaktere der Handlung sind sehr gut gewählt, sie sind ganz unterschiedlich und decken so auch ganz verschiedene Themen ab. Mit Charlotte und ihrem Bruder spielt sogar schon sehr früh der Antisemitismus, den es auch schon vor dem 1. Weltkrieg gab, in die Handlung hinein.

Das Buch war stellenweise richtig spannend, hin und wieder fühlte ich mich in einen Krimi versetzt und zitterte mit Pauline mit. Zeitweise war ein gutes Verhältnis zu den Soldaten doch auch ganz hilfreich.

Ich kannte Band 1 nicht, habe ihn aber auch nur an ganz wenigen Stellen vermisst. Man kann das Buch ohne Vorkenntnisse wunderbar lesen und verstehen. Trotzdem werde ich mir Band 1 noch besorgen und kann dann nächstes Jahr die Reihe abschließen. Schließlich will man doch wissen, wie es in Diedenhofen weitergeht.

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Veröffentlicht am 25.08.2024

Gehen oder bleiben - eine schwere Entscheidung

Vino, Mord und Bella Italia! Folge 3: Bittersüßer Honig
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Es ist immer schön, wieder nach Fontenaia zurückzukommen. Die Bewohner sind mir - genauso wie Anna - mittlerweile ans Herz gewachsen.

Dieses Mal geht es um eine tote Umweltschützerin. In Fontenaia lädt ...

Es ist immer schön, wieder nach Fontenaia zurückzukommen. Die Bewohner sind mir - genauso wie Anna - mittlerweile ans Herz gewachsen.

Dieses Mal geht es um eine tote Umweltschützerin. In Fontenaia lädt der Bürgermeister zum Tag der Offenen Tür in seine Imkerei: Anna kann es kaum abwarten, den süßen Honig zu probieren, als plötzlich ein Stein durch die Luft fliegt und die aufgestapelten Honiggläser zertrümmert. Commissario Vico Martinelli muss die Täterin zunächst freilassen, nur um sie kurz darauf tot im Bienenhaus zu finden.

In dieser Folge steht die Familie des Bürgermeisters Il Ciccione im Rampenlicht, sie stehen sogar unter Verdacht, etwas mit dem Tod der Frau zu tun zu haben. Anna recherchiert zwar aus freien Stücken, stellt aber immer auch wieder fest, dass die Menschen ihr mehr vertrauen, als der Polizei. Sie wird angerufen, wenn ein Informant etwas zu dem Fall zu sagen hat und das passt Vico Martinelli, dem Commissario überhaupt nicht. Während seine Mitarbeiter gar keine Berührungsängste haben und quasi schon mit Anna befreundet sind, tut er sich weiterhin schwer und ein Lob aus seinem Munde, wenn sie die Ermittlungen tatsächlich deutlich voranbringt, wiegt umso schwerer.

Natürlich kann der Fall am Ende geklärt werden. Nichts deutete bis dahin auf diese Wendung hin, von daher bleibt es bis zuletzt spannend.
Auch der Humor kommt glücklicherweise nicht zu kurz, bei einigen Szenen habe ich laut gelacht.

In dieser Folge ging es für Anna auch um die Entscheidung, geht sie oder bleibt sie. Das allerdings war voraussehbar und deutlich leichter zu erraten als die Auflösung des Falles. Es gibt zum Schluss einige offene Fragen, freuen wir uns also auf den nächsten Band.

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Veröffentlicht am 31.07.2024

Warum Rasiermessermuscheln?

Revanche
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An einem strahlenden Sommermorgen bleibt das erste Auto auf der Fähre über die Gironde stehen, der Fahrer ist spurlos verschwunden und keiner der Passagiere will etwas Verdächtiges gesehen haben. Dann ...

An einem strahlenden Sommermorgen bleibt das erste Auto auf der Fähre über die Gironde stehen, der Fahrer ist spurlos verschwunden und keiner der Passagiere will etwas Verdächtiges gesehen haben. Dann wird seine Leiche entdeckt, mit einer seltenen Muschel in der Tasche. Commissaire Luc Verlain und sein Team ermitteln, als plötzlich auch in Paris eine Leiche mit einer solchen Muschel gefunden wird. Glücklicherweise ist Commissaire Yacine für diesen Fall zuständig und er hatte in Paris eng mit Luc Verlain zusammengearbeitet, die beiden sind weiterhin gut befreundet.

Die beiden Fälle sind zunächst einmal nur durch die Muschel verbunden. Die beiden Opfer scheinen sich nicht gekannt zu haben, es gibt keinerlei Verbindung zwischen ihnen.

Den Ermittlern wird schnell klar, dass des Rätsels Lösung in der Vergangenheit liegen muss. Erst ein Foto mit ähnlichem Motiv führt sie auf die richtige Spur und jetzt kann die Suche richtig losgehen. Was war 2008 passiert, das heute noch eine solche Mordserie nach sich zieht?

Gingen die Ermittlungen am Anfang eher langsam voran, so beschleunigt sich das Geschehen ab dem letzten Drittel ganz enorm. Es ist immer wieder toll zu sehen, wie alle Rädchen ineinander greifen, alle an ihrem Platz das Richtige tun und wie Menschlichkeit und Freundschaft hochgehalten werden.

Sowohl Annouk als auch Luc sind tolle Ermittler mit dem richtigen Riecher, doch es geht auch nicht ohne die Recherche im Hintergrund. Hier ist vor allem Hugo zu nennen, der sich ganze Nächte mit alten Akten um die Ohren schlägt. Und natürlich Yacine, der nun bald das Team in Bordeaux vervollständigen wird. Er passt wunderbar dort hinein. Vielleicht wird sich das bereits im September 24 zeigen, wenn der nächste Band erscheint.

Nicht zu vergessen sei auch die wunderbare Umgebung, in der Alexander Oetkers Krimis spielen. Leider kenne ich nur die Region nördlich davon ein bisschen, aber immer wieder zieht es mich magisch nach Bordeaux und dem Médoc, wenn ich in seine Bücher eintauche.

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Veröffentlicht am 31.07.2024

Die Beweggründe hinter den Milden Gaben

Milde Gaben
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Wir befinden uns im letzten Jahr der Pandemie, langsam normalisiert sich das tägliche Leben wieder ein wenig, nur die Touristen bleiben noch fern. Die Questura ist nicht wirklich ausgelastet, einige kleinere ...

Wir befinden uns im letzten Jahr der Pandemie, langsam normalisiert sich das tägliche Leben wieder ein wenig, nur die Touristen bleiben noch fern. Die Questura ist nicht wirklich ausgelastet, einige kleinere Einbrüche, die man Kinderbanden zuspricht, beschäftigen die Beamten, ansonsten ist es eher ruhig. Da kommt es Commissario Brunetti ganz gelegen, dass ihn eines Tages eine alte Bekannte aufsucht: Die Tochter seiner ehemaligen Vermieter, die er als Kind kannte, die aber einige Jahre älter ist als er. Sie berichtet ihm von dem Verdacht, dass es im Leben ihrer Tochter etwas gebe, das sie sehr verunsichere. Ihr Mann verhalte sich seit kurzem sehr merkwürdig, wolle ihr aber keinen Grund dafür nennen. Konkrete Tathinweise gibt es nicht, bisher ist nichts vorgefallen, wofür es sich lohnen würde, die Polizei einzuschalten.

Dennoch, vielleicht aus alter Verbundenheit und Dankbarkeit seiner Familie gegenüber der Mutter Elisabettas, beruft Brunetti seine engsten Kollegen ein und beginnt mit verdeckten Ermittlungen. Und die Spuren führen zu einer Stiftung, die Elisabettas Mann vor drei Jahren gegründet hatte und bei der der Schwiegersohn, ein Steuerberater, hilfreiche Dienste geleistet hat. Nutznießer dieser Stiftung ist ein Krankenhaus in Belize, dem geholfen werden soll, seine Patienten besser zu versorgen.

Wie so oft bei den Büchern von Donna Leon handelt es sich mehr um eine Charakterstudie als um einen Krimi. Donna Leon hat in diesem Buch die verschiedenen Charaktere mit ihren Eigenheiten sehr schön herausgearbeitet. Und letztendlich wird Brunetti erkennen, dass persönliche Involviertheit keine gute Ausgangsbasis für Ermittlungen aller Art ist und dass sie den neutralen Blick auf die Realität verschleiert.

Aber natürlich stehen auch die Besonderheiten Venedigs wieder im Blickpunkt. Den Eindruck, den man als Tourist niemals bekommen würde, liefern uns die Bücher um Commissario Brunetti und seine Familie. Wir gehen in den alten Palazzi ein und aus, tauchen in die Geschichten venezianischer Familien ein, lernen aber auch die feinen Standesunterschiede zwischen den Familien kennen und müssen einräumen, dass ein Palazzo auch seine Schattenseiten haben kann, wenn die Feuchtigkeit durch alle Mauern dringt.

Nachdem ich lange kein Buch mehr von Donna Leon gelesen hatte, hat mich dieses durchaus fesseln können und ich empfehle es gerne weiter.

Ich habe die Ausgabe von Weltbild gelesen, was aber inhaltlich gleich sein sollte.

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Veröffentlicht am 18.07.2024

Freunde sind die Rosen im Garten des Lebens

Einladung in die kleine Pension im Weinberg
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Katies Pension ist gut angelaufen und die Gäste fühlen sich wohl bei ihr. Gerade sind drei ehemalige Schulfreundinnen eingetroffen, die an ihre frühere Freundschaft anknüpfen wollen, aber erst einmal feststellen, ...

Katies Pension ist gut angelaufen und die Gäste fühlen sich wohl bei ihr. Gerade sind drei ehemalige Schulfreundinnen eingetroffen, die an ihre frühere Freundschaft anknüpfen wollen, aber erst einmal feststellen, wie gegensätzlich sie sich doch entwickelt haben. Aber: alte Freundschaft rostet nicht und als sie sich entscheiden, ehrlich miteinander zu sein, kommt auch die alte Vertrautheit wieder zurück.

Theo, Katies engster Mitarbeiter, betrauert das Ende seiner Ehe. Er hat seine Frau in flagranti erwischt und zieht zunächst einmal bei Katie ins Gästezimmer. Sie ist einfach perfekt und auch für ihre Mitarbeiter eine richtig gute Freundin. Oliver findet das zwar nicht ganz so gut, aber auch das kann geklärt werden.

In diesem Fortsetzungsband geht es wiederum viel um die Gäste in der Pension. Die zufällige Entdeckung einer neuen Orchideenart, die Idee, diese Orchidee zu erforschen und das Versteckspiel mit dem Kontrahenten um die Fördertöpfe einer Stiftung waren ausgesprochen amüsant. Jetzt wissen wir wenigstens alle, was eine Blockschwanznatter ist.

Und dann kam auch noch dieser mysteriöse Amerikaner ins Dorf, der Fotos macht, sie an seine Pinnwand klebt und sich überall verdächtig benimmt. Tatsächlich gab es im 19. Jh. eine große Auswanderungswelle von der Mosel in die Vereinigten Staaten und tatsächlich haben einige Karriere gemacht. Witzig, dass gerade Emma, Katies Tochter in England, etwas mit dem Namen anfangen kann und die Situation im Dorf entspannt. Überhaupt scheint sich das Verhältnis von Katie zu ihrer Tochter endlich zu entspannen und schließlich kündigt Emma sogar einen längeren Besuch in Deutschland an. Aber das wird Thema in Band 3.

Man hätte Band 2 durchaus auch unabhängig von Band 1 lesen können, aber natürlich war es schön, die alten Bekannten wiederzutreffen und zu erleben, wie es ihnen mit der kleinen Pension ergangen ist. Ansonsten gilt weiterhin die Kritik an dem wenig aussagekräftigen Titel und der für mich auswechselbaren Gestaltung der einzelnen Bände.

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