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Veröffentlicht am 15.09.2016

Hardcore-Thriller in bekannter Carter Manier

I Am Death. Der Totmacher (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 7)
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Denn ich bin der Tod … Mit diesen Worten macht ein brutaler Serienmörder in Los Angeles von sich Reden, denn er hinterlässt immer eine Botschaft direkt in unmittelbarer Nähe der Leiche, damit das Ermittlungsteam ...

Denn ich bin der Tod … Mit diesen Worten macht ein brutaler Serienmörder in Los Angeles von sich Reden, denn er hinterlässt immer eine Botschaft direkt in unmittelbarer Nähe der Leiche, damit das Ermittlungsteam um Robert Hunter und Carlos Garcia die richtigen Schlüsse ziehen kann. Doch die gerade begonnene Mordserie in der Stadt der Engel, vollzieht sich nicht nur dramatisch schnell, sondern vor allem vollkommen willkürlich. Denn während eine erste Leiche brutal gefoltert und vergewaltigt wurde, sieht der modus operandi beim zweiten Mord ganz anders aus und auch die Opfer scheinen abgesehen von der Geschlechtszugehörigkeit, keine weitere Gemeinsamkeit oder Schnittstelle aufzuweisen. Hunter tappt im Dunkeln und muss auf glückliche Umstände oder eine spektakuläre Entdeckung hoffen, um seinen 7. Fall erfolgreich zum Abschluss zu bringen.
Nachdem ich im vergangenen Jahr voller Begeisterung meinen ersten Chris Carter Thriller gelesen habe („Die stille Bestie“), musste ich natürlich mit dem aktuellen Roman nahtlos an meine positiven Erfahrungswerte anknüpfen. Auch Robert Hunters 7. Fall offenbart die Grausamkeiten der menschlichen Seele und noch viel Schlimmeres. Denn detailliert beschriebene Mord- und Folterszenen dominieren den Thriller und gehen hart ans Limit des Erträglichen. Definitiv nichts für einen schwachen Magen und zarte Seelen. Stellenweise empfinde ich die hier geschilderte rohe Gewalt etwas übertrieben und könnte gut und gerne mit mehr psychologischen Raffinessen und weniger Blutrausch leben. Hinzu kommt eine gewisse Gewöhnungshaltung, die sich bei Chris Carter bereits nach dem zweiten Band einstellt. Mir kommt sowohl der Handlungsablauf, als auch die Gewaltbereitschaft und der blutige Thrill äußerst bekannt vor und das nur auf Grundlage des Vorgängerromans. So dass ich dazu neige, mit Chris Carter eine ganz eigene, individuell erkennbare Schreibweise zu koppeln, die mich zu der Aussage verleitet: „Kennst du einen Carter, kennst du alle.“
Fazit: Ich vergebe gute 4 Sterne für einen temporeichen, spannenden und grausamen Thriller, der an die Substanz geht und trotz fehlender psychologischer Komponente einen ganz eigenen Stil entwickelt. Engagierte Ermittler, ein sadistischer Täter und bemitleidenswerte Opfer begegnen dem Leser hier auf knapp 400 Seiten und ziehen ihn mit sich fort in einem Strudel aus Voyeurismus und Abscheu. Rein inhaltlich bietet dieser Hardcore-Thriller aber wenig Neues, es sei denn man möchte sich mit phantasievollen Tötungsmöglichkeiten auseinandersetzen. Dem Hype um den gefeierten Bestsellerautor aus Brasilien schließe ich mich deshalb nur bedingt an.





Veröffentlicht am 15.09.2016

Von der Schicksalshaftigkeit einer Kopfbedeckung

Der Hut des Präsidenten
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„Manchmal führt uns das Leben auf neue Wege, man hat eine Abzweigung genommen, ohne es zu merken, der große Navigator des Schicksals ist nicht der vorgesehenen Route gefolgt, und kein Schild hat uns vor ...

„Manchmal führt uns das Leben auf neue Wege, man hat eine Abzweigung genommen, ohne es zu merken, der große Navigator des Schicksals ist nicht der vorgesehenen Route gefolgt, und kein Schild hat uns vor dem Punkt gewarnt, an dem es kein Zurück mehr gibt.“

Inhalt

Als der französische Präsident Francois Mitterrand seinen geliebten schwarzen Hut in einer Brasserie vergisst, nimmt das Leben von Daniel Mercier eine ungeahnte Wendung. Denn trotz einigen Bedenken nimmt er das gute Stück mit und trägt es fortan voller Stolz, in dem Wissen eine derart bedeutungsvolle Kopfbedeckung zu besitzen. Und wie von Zauberhand bringt der Hut dem neuen Träger tatsächlich Glück, bis er ihn eines Tages im Zug liegen lässt und eine junge Frau, den herrenlosen Hut an sich nimmt. Auch Fanny schafft es mit Hilfe des Hutes, ihrem verheirateten Liebhaber den Laufpass zu geben und eine neue, ehrliche Beziehung anzufangen. Und sie setzt den Hut voller Überzeugung auf einer Parkbank aus, damit er einem anderen ebenfalls Glück beschert. Und so zieht sich die Erfolgsgeschichte des verlorenen Hutes durch alle Schichten, bis Daniel Mercier nach monatelanger Recherche sein Fundstück zurückerobert.

Meinung

Dieser typisch französische Roman besticht mit Leichtigkeit und einer charmanten, unkomplizierten Story, die dem Leser immer wieder ein Schmunzeln auf die Lippen zaubert. Im Mittelpunkt steht hier zur Abwechslung mal nicht eine Person, sondern ein besonders liebevoll gewählter Gebrauchsgegenstand, der so individuell wie anpassungsfähig ist und die jeweilige Lebensgeschichte des aktuellen Trägers auf famose Art und Weise beeinflusst. Mit einem Augenzwinkern gelingt es dem Autor, seine Leser auf eine abenteuerliche Reise quer durch Paris mitzunehmen, die das Augenmerk auf besondere Zufälle, glückliche Umstände und magische Momente legt. Insbesondere die versteckte Botschaft, die ganz eindeutig für ein selbstbestimmtes Leben plädiert, welches man am besten mit einem gut gepolsterten Selbstbewusstsein erreicht, durchdringt den Roman von der ersten bis zur letzten Seite und macht ihn so positiv und ansprechend.

Fazit

Ich vergebe 4 Sterne für dieses locker-leichte, französische Lesevergnügen und eine Leseempfehlung für alle, die gerne von einem glücklichen, schicksalhaften Leben träumen, in dem Dinge möglich werden, die man vorher nicht für möglich hielt. Die Aussage des Buches stimmt froh und macht Mut und hält dazu an, immer die Augen offen zu halten für die kleinen, unscheinbaren Abzweigungen im täglichen Alltagstrott, die vielleicht eines Tages die große Wende bringen. Ein Roman fürs Herz und die schönen Dinge des Lebens.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Geniestreich eines unwilligen Schriftstellers

Mr Gwyn
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„Eines Tages habe ich erkannt, dass mir nichts mehr wichtig war und dass mich alles tödlich beleidigte.“
Jasper Gwyn, ein recht bekannter Autor, befindet sich an einem Wendepunkt seines Lebens und beschließt ...

„Eines Tages habe ich erkannt, dass mir nichts mehr wichtig war und dass mich alles tödlich beleidigte.“
Jasper Gwyn, ein recht bekannter Autor, befindet sich an einem Wendepunkt seines Lebens und beschließt fortan kein Schriftsteller mehr zu sein. Ganz zum Ärgernis seines Agenten, zieht er sich vollkommen aus der Welt der Literatur zurück, um ein äußerst ungewöhnliches Projekt zu starten. In nächster Zeit wird er sich ein Atelier einrichten und dort in ansprechendem Ambiente Portraits anfertigen. Doch seine Modelle werden nicht gemalt, sondern beschrieben, denn Jasper kann sich trotz anfänglichem Widerwillen der Schönheit der Worte und dem Schreiben an sich nicht entziehen. Sein erstes Modell ist eine oberflächliche Bekanntschaft aus seiner bisherigen Agentur und die Aktstudie gelingt beiderseits zur vollsten Zufriedenheit. So scheint es fast, das Mr. Gwyn eine neue, sinnbringende Berufung gefunden hat, indem er andere Menschen mittels Sprache studiert. Doch bei seinem 11. Portrait begeht er einen folgeschweren Fehler, der Jasper zwingt seine Arbeit aufzugeben und fortan in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.
Alessandro Baricco besticht in diesem äußerst ungewöhnlichen, kreativen Roman mit einer bezaubernden, humorvollen und gleichsam tragenden Sprache und einer fiktiven, spannenden Geschichte. Geprägt von Stille und Intensität entwickelt der Leser ein Gespür für die Handlung und den eher verschrobenen, kauzigen Charakter des Hauptprotagonisten. Auf geheimnisvolle Art und Weise wird man in den Strudel der Ereignisse hineingezogen und möchte ähnlich wie der enttäuschte, ehemalige Agent des Schriftstellers wissen, was Jasper Gwyn denn nun tatsächlich in seinen geschriebenen Portraits festhält. Die Kraft der Literatur treibt die Handlung vorwärts und steuert systematisch auf einen Höhepunkt zu. Doch bevor man diesen erreicht, fällt das Kartenhaus in sich zusammen und hinterlässt einen leicht bitteren Nachgeschmack. Denn Mr. Gwyn verschwindet auf unerhörte Art und Weise aus dem Roman und nur sein erstes Modell entdeckt eine Möglichkeit, ihm auf die Spur zu kommen.
So greift der Autor in einer zweiten, kleineren Erzählung mit dem Namen „Dreimal im Morgengrauen“ eine weitere, recht unlogische Kurzgeschichtensammlung auf und nutzt dieses Stilelement, um dem Leser eine Antwort darauf zu geben, was denn nun wirklich geschah und wer sich hinter dem Namen Jasper Gwyn tatsächlich verbirgt. Doch dieses Selbstportrait des gefeierten Autors lässt mich unbefriedigt zurück und erzeugt bei mir die Wirkung, dass ich weder den Protagonisten noch die Aussage des Buches so recht verstanden haben.
Fazit: Ich vergebe 4 Sterne für diesen ungewöhnlich, künstlerischen Roman der mit zahlreichen Stilelementen und treffenden Worten jongliert, der weise Sätze aufstellt und den Leser zum Schmunzeln bringt. Eine harmonische Ausgewogenheit durchzieht die gesamte Erzählung und Begriffe wie Identität, Selbstzweck und Lebensaufgabe bekommen einen glänzenden, bedeutenden Schein. Doch das Resümee, welches ich ziehe entzieht sich einer tatsächlichen Grundlage und bleibt sehr undeutlich, fast schwammig. Ich persönlich mag es gerne etwas realistischer und weniger abstrakt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schuld, die nicht verjährt

Kaninchenherz
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Die ehemalige Kriminalkommissarin Gesine hat ihren kleinen Sohn Philipp durch einen tragischen Unfall im Kleinkindalter verloren. Seitdem lebt sie vollkommen zurückgezogen in einem Wohnwagen und arbeitet ...

Die ehemalige Kriminalkommissarin Gesine hat ihren kleinen Sohn Philipp durch einen tragischen Unfall im Kleinkindalter verloren. Seitdem lebt sie vollkommen zurückgezogen in einem Wohnwagen und arbeitet als Friedhofsgärtnerin. Als sie durch Zufall die Beerdigung der eigenen Schwester miterlebt, bricht die Mauer des Schweigens, die sie um sich herum errichtet hat. Als sie erfährt, dass es sich höchstwahrscheinlich um Mord handelt, beginnt Gesine die Ereignisse aus der Vergangenheit neu aufzurollen. Doch das ruft die Geister wach, die seit 10 Jahren im Verborgenen blieben … und der Mörder kommt der jungen Frau gefährlich nahe.

Bei diesem Roman handelt es sich um das Krimidebüt der Autorin und den Auftakt zu einer Reihe. Ein flüssiger Schreibstil und eine fast mystische Grundstimmung, kombiniert mit einem tragischen Ereignis in der Vergangenheit wecken mein Interesse. Der Roman erzeugt eine subtile, psychologische Wirkung und kommt auch ohne blutige Szenen aus. Vielmehr stellt er Fragen in den Raum, die man unbedingt beantwortet haben möchte. Welche Schuld haben die Verantwortlichen auf sich geladen und warum müssen immer mehr Menschen sterben? Die Indizien sprechen eine eigene Sprache und das Rätseln um die Identität des Mörders kann beginnen …

Fazit: Ein unblutiger, solider deutscher Kriminalroman der durch eine spannende Geschichte führt und dabei ein persönliches Drama offenbart. Stellenweise bleiben die Charaktere etwas blass und der Nervenkitzel auf der Strecke, dennoch spreche ich eine Leseempfehlung aus, da mich das Buch wirklich gut unterhalten hat. Wer die Kriminalromane von Petra Hammesfahr mag, wird auch Gefallen an „Kaninchenherz“ finden.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Miamas - geheimes Reich von Oma und Elsa

Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid
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Die 7-jährige Elsa muss miterleben, wie ihre einzige und beste Freundin, die gleichzeitig auch ihre Großmutter war, an Krebs stirbt. Doch Oma ist nicht wirklich tot. Stattdessen schickt sie ihre pfiffige ...

Die 7-jährige Elsa muss miterleben, wie ihre einzige und beste Freundin, die gleichzeitig auch ihre Großmutter war, an Krebs stirbt. Doch Oma ist nicht wirklich tot. Stattdessen schickt sie ihre pfiffige Enkeltochter auf eine Mission: Elsa soll den Bewohnern ihres Mietshauses einen Brief von Oma überreichen, ein Schriftstück in dem sich Oma bei allen für irgendetwas entschuldigt. Während Elsa fleißig Briefe verteilt, lernt sie eine Menge über andere Menschen, findet neue Freunde und vervollständigt damit den Lebensplan ihrer Großmutter.

Nachdem ich „Ein Mann namens Ove“ regelrecht verschlungen habe, war ich unheimlich gespannt auf den Nachfolgeroman des jungen, schwedischen Autors Fredrik Backman. Leider reicht der Zweitling nicht ganz an das Autorendebüt heran, zu oft finden sich Parallelen, so dass man immer das Gefühl hat: „Das war schon einmal da.“ Der Humor und auch die tiefgreifenden Gefühle in der Erzählung bleiben hier etwas zurück, so dass ich doch etwas länger für die Lektüre gebraucht habe.

Dennoch spricht auch dieser Roman mein empathisches Leserherz an und vermittelt ein unterhaltsames, ansprechendes Szenario. Eine Großmutter, die auch nach ihrem Ableben noch so präsent ist, wie eh und je. Jeder kennt sie, jeder hat eine Anekdote auf Lager und jeder hat sie auf seine Art und Weise geliebt. Vor allem weil sie nicht der Typ Durchschnittsoma war, sondern eine starke, unbeugsame Persönlichkeit mit persönlichen Grundsätzen. Und dann gibt es da natürlich noch die selbstgeschaffene Phantasiewelt von Oma und Elsa. Ein Königreich mit dem Namen Miamas vermittelt Elsa alles, was sie für ihr reales Leben wissen muss. Denn Märchen haben immer einen Plan und einen Superhelden und sie enden niemals schlecht …

Fazit: Ein liebenswerter Roman, der die Phantasie des Lesers anspricht und trotz einiger Längen mit einer wundervollen Geschichte aufwartet, die im Kern eine Menge Lebensweisheit enthält.