Guttenberg reflektiert über seine politische Karriere und persönliche Niederlagen
Wenn du schon immer mal wissen wolltest, wie man aus einem politischen Himmelsstürmer einen ungeschickten Ikarus macht, dann ist „Vorerst gescheitert“ von Karl-Theodor zu Guttenberg genau das richtige ...
Wenn du schon immer mal wissen wolltest, wie man aus einem politischen Himmelsstürmer einen ungeschickten Ikarus macht, dann ist „Vorerst gescheitert“ von Karl-Theodor zu Guttenberg genau das richtige Buch für dich. Der ehemalige politische Überflieger lässt dich an seinem Aufstieg und vor allem an seinem tiefen Fall teilhaben. Es ist, als würde man einem prominenten Seiltänzer zusehen, der das Seil plötzlich verliert – und das im freien Fall.
Das Buch ist als Interview zwischen Karl-Theodor zu Guttenberg und Giovanni di Lorenzo aufgebaut. Dabei stellt der „Zeit“-Chefredakteur die Fragen, die wir alle gerne stellen würden – von der Plagiats-Affäre bis zu den Hoffnungen für eine politische Rückkehr. Die Dialoge sind spannend, manchmal amüsant und oft auch ernüchternd.
Zu Guttenberg gibt sich selbstkritisch und reflektiert, bleibt dabei aber in der Darstellung seiner Fehler stets charmant. Er ist wie der Freund, der dir nach einer durchzechten Nacht erzählt, dass es gar nicht so schlimm war, dass er die Vase deiner Mutter umgestoßen hat – es war ja schließlich ein Unfall, und außerdem hat die Vase vorher auch schon einen Sprung gehabt.
Es ist interessant zu sehen, wie di Lorenzo ihn immer wieder in die Enge treibt, während Guttenberg elegant ausweicht und seine Version der Geschichte präsentiert. Die Diskussion über die Doktorarbeit liest sich fast wie ein Krimi, wobei der Täter stets beteuert, er habe den Mord nur begangen, weil er wirklich sehr, sehr müde war.
Aber es geht nicht nur um die Skandale. Das Buch bietet auch Einblicke in Guttenbergs Zeit als Wirtschafts- und Verteidigungsminister, die Herausforderungen der Bundeswehrreform und seine Sicht auf die politischen Mechanismen in Deutschland und Europa. Er spricht über seine Familie, seine Herkunft und die Zeit nach seinem Rücktritt.
Der humorvolle Teil des Buches kommt nicht zu kurz – Guttenberg zeigt sich durchaus selbstironisch und kann über die Absurditäten des politischen Lebens lachen. Er erkennt die Fallstricke, die ihn zu Fall gebracht haben, und gibt zu, dass er oft mehr Glück als Verstand hatte. Manchmal klingt er wie jemand, der sich in einem Spielcasino verirrt hat und am Ende feststellt, dass er Haus und Hof verspielt hat – aber hey, wenigstens war es spannend!
Alles in allem ist „Vorerst gescheitert“ eine lohnende Lektüre für alle, die sich für Politik, Macht und die menschlichen Schwächen interessieren. Es ist eine ehrliche, manchmal ernüchternde, aber immer interessante Reise durch das Leben eines Mannes, der hoch hinaus wollte und dabei die Bodenhaftung verlor.
Wenn du dich also auf einen literarischen Boxkampf zwischen einem charmanten Politiker und einem hartnäckigen Journalisten einlassen möchtest, dann schnapp dir dieses Buch. Es wird dich zum Nachdenken anregen, dich unterhalten und dir zeigen, dass selbst die größten Hochstapler nur Menschen sind – mit all ihren Fehlern und Schwächen.