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Veröffentlicht am 15.08.2024

Kurzweiliger witziger Roman

Pi mal Daumen
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Moni Konsinsky ist 53 Jahre alt, hält sich und ihren äußerst befremdlichen Freund mit mehreren Jobs über Wasser und kümmert sich liebevoll um ihre drei Enkelkinder, wenn ihre Tochter wieder einmal ihre ...

Moni Konsinsky ist 53 Jahre alt, hält sich und ihren äußerst befremdlichen Freund mit mehreren Jobs über Wasser und kümmert sich liebevoll um ihre drei Enkelkinder, wenn ihre Tochter wieder einmal ihre mütterlichen Pflichten nicht erfüllen kann oder will (?). Moni stellt dabei ihre eigenen Bedürfnisse immer hinten an. Bis sie eines Tages beschließt, sich ihren Traum von einem Mathematikstudium zu erfüllen und sich heimlich an der Universität einschreibt. Mathematik hat in Monis Familie schon immer eine große Rolle gespielt; ist aber seit einem familiären "Vorfall" vor vielen Jahre ein absolutes Tabuthema.

Gleich zu Beginn trifft sie auf den hochbegabten 16-jährigen Oscar, der ein Außenseiter ist und null Freunde hat. Oscar hält nicht viel von seinen Kommilitonen, vor allem nicht in Bezug auf ihr mathematisches Verständnis. Es zeigt sich jedoch, das Moni nicht ganz so dumm ist, wie sie sich gern nach außen gibt und wie alle denken, einschließlich Oscar.

"Normalerweise schrieb ich meine Lösung auf und setzte unsere beiden Namen darüber, ohne Moni zu konsultieren. Ich rechnete nicht mit konstruktiven Beiträgen und hatte kein Interesse, mir ihre Irrwege anzuhören [...] Moni hatte auch eine Idee, die sie gerade beschrieb. Die war kurz, elegant und ließ die Aufgabe einfach erscheinen." (Seite 59)

Nach einer Weile entsteht eine Freundschaft zwischen Moni und Oscar. Moni umsorgt ihn, als wäre er ihr Enkel. Und Oscar unterstützt und bestärkt Moni darin, ihr Studium durchzuziehen.

Es war schön mitzuerleben, wie aus dem Ich-bezogenen Eigenbrötler Oscar eine Person wurde, die sich in andere Menschen hineinversetzen kann und sich auch um ihre Bedürfnisse kümmert. Moni hat gezeigt, dass es nie zu spät ist, seine Träume zu verwirklichen.

"Pi mal Daumen" ist ein Buch über besondere Persönlichkeiten, über eine ungewöhnliche Freundschaft sowie über die Liebe zur Mathematik.

Ich empfehle dieses kurzweilige und witzige Buch auch denjenigen, deren Lieblingsfach nicht Mathematik ist bzw. war.

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Veröffentlicht am 01.08.2024

Die große Liebe x2

Sieben Sommer
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Die abwechselnde Erzählweise aus verschiedenen Zeitebenen gefällt mir immer sehr.
Die Grundstimmung und der Schreibstil des Buches sind recht ruhig. Die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten sind ...

Die abwechselnde Erzählweise aus verschiedenen Zeitebenen gefällt mir immer sehr.
Die Grundstimmung und der Schreibstil des Buches sind recht ruhig. Die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten sind nachvollziehbar beschrieben, Finn und Tom mochte ich sehr gern. Auch Livs Bruder Michael, der das Downsyndrom hat, hat die Autorin mit den spezifischen Eigenschaften der Krankheit nachvollziehbar und liebevoll dargestellt.

Das letzte Drittel hat mir fast am besten gefallen, da die Handlung nochmal richtig Fahrt aufgenommen hat. Mit dem Ende habe ich so nicht gerechnet, aber es war passend und richtig gut. Es sind sogar ein paar Tränchen bei mir geflossen.

Das Buch hat mir ein paar schöne Lesestunden beschert.

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Veröffentlicht am 06.07.2024

Emotionale Handlung auf zwei Zeitebenen

Das Ende von gestern ist der Anfang von morgen
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Die Geschichte wird abwechselnd auf zwei Zeitebenen - 1974 und Gegenwart - in London erzählt.

In der Gegenwart lernen wir Gilly kennen - Ende 20, etwas planlos und nicht gerade glücklich in ihrem Job ...

Die Geschichte wird abwechselnd auf zwei Zeitebenen - 1974 und Gegenwart - in London erzählt.

In der Gegenwart lernen wir Gilly kennen - Ende 20, etwas planlos und nicht gerade glücklich in ihrem Job bei einem Online-Magazin. Als ihre Beziehung zu ihrem langjährigen Freund zerbricht, macht sie sich auf die fast aussichtslose Suche nach einer bezahlbaren Wohnung. Doch sie hat Glück und findet eine kleine Wohnung in einem alten Mietshaus, das seine besten Jahre schon hinter sich hat. Nach und nach lernt sie die Nachbarn kennen: eine Männerstudenten-WG, ein ältliches Pärchen, den zurückgezogenen Dokumentarfilmer Owen und die skurile Mrs. Dewbre. Als der Eigentümer des Hauses verstirbt, soll das Haus verkauft und luxussaniert werden. Doch die Wohngemeinschaft versucht dies mit allen Mitteln zu verhindern. Dabei stoßen Gilly und Owen auf die Vergangenheit des Hauses, die stark mit Pippa und Oz verbunden ist...

Die Verknüpfung der beiden Erzählstränge hat mir sehr gut gefallen. Ich mag es, wenn sich nach und nach die einzelnen Puzzleteile zusammensetzen. An einigen Stellen wurde es sehr emotional, da sind bei mir auch ein paar Tränen geflossen. Der Schreibstil ist flüssig und die Kapitellänge genau richtig. An einigen Stellen war die Geschichte etwas vorhersehbar, dennoch hatte ich ein paar schöne Lesestunden.

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Veröffentlicht am 16.06.2024

Nachdenklich und wütend

Und alle so still
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Nachdem mir "Die Wut, die bleibt" so gut gefallen hat, war ich natürlich sehr gespannt auf Mareike Fallwickls neuen Roman "Und alle so still".

"Da liegen Menschen, Ruth, auf der Straße. Frauen. Da liegen ...

Nachdem mir "Die Wut, die bleibt" so gut gefallen hat, war ich natürlich sehr gespannt auf Mareike Fallwickls neuen Roman "Und alle so still".

"Da liegen Menschen, Ruth, auf der Straße. Frauen. Da liegen überall Frauen". (Seite 94)

Frauen legen plötzlich nicht nur ihre unbezahlte Care-Arbeit nieder, sondern auch ihre nicht ausreichend bezahlte Arbeit, weil sie einfach nichts mehr tun wollen und auch nicht mehr können; weil sie einfach nur müde sind; weil gesellschaftlich nicht anerkannt wird, was sie leisten; weil sie "nicht gehört, nicht gesehen, nicht geachtet werden" (Seite 173); weil einfach vorausgesetzt wird, dass sie immer so weiter machen, wie bisher. Und dann bricht alles zusammen: die Gesellschaft, die Wirtschaft.

"Kann ihr doch keiner erzählen, dass das hier ein Care-Streik ist. Alle, die das behaupten, verstehen nicht einmal ansatzweise, worum es wirklich geht. Nicht um die Arbeit an sich, nicht um das Füreinandersorgen und Umeinanderkümmern, sondern um die Unsichtbarkeit dieser Arbeit. Die wertgeschätzt werden sollte, weil sie lebenswichtig ist." (Seite 350)

Beängstigend beschreibt die Autorin, wie die Männer auf die neuen Umstände reagieren. Anstatt sich Gedanken zu machen und Lösungen zu finden, greifen sie zu Gewalt.

Mareike Fallwickl hat wesentliche Daten und Fakten zu diesem Thema zusammengetragen und gekonnt in einer Erzählung einfließen lassen, die mich als Leserin wieder wütend und ohnmächtig zurücklässt und wachgerüttelt hat.

In Ruths Figur konnte ich mich am besten hineinversetzen, wahrscheinlich weil ich auch aus dem Gesundheitsbereich - wenn auch nicht aus der Pflege - komme. Auch Nuris Figur hat mir gut gefallen und mir auch leid getan mit seinen vielen unterbezahlten Jobs. Mit Elin konnte ich irgendwie am wenigsten anfangen; sie ist mir relativ fremd geblieben.

Ich habe leider mehrere Kapitel gebraucht, um mich an den Schreibstil zu gewöhnen. Die Sonderkapitel aus Sicht der Pistole, der Gebärmutter und der Berichterstattung fand ich präzise, klar und auf den Punkt gebracht.

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Veröffentlicht am 28.04.2024

Authentisch und einfühlsam

Bergland
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"Es war alles noch kein Plan, es war nur ein Anfang, es war Wünsch dir was. Das Aufspüren von Sehnsüchten, von dem, was fehlte oder etwas, das verloren gegangen war und wonach sich zu suchen lohnte. [...], ...

"Es war alles noch kein Plan, es war nur ein Anfang, es war Wünsch dir was. Das Aufspüren von Sehnsüchten, von dem, was fehlte oder etwas, das verloren gegangen war und wonach sich zu suchen lohnte. [...], auch auf den anderen Höfen suchten sie neue Wege und stellten erstaunt fest, dass diese manchmal zurückführten. Und trotzdem richtig waren." (Seite 260)

Wir begleiten die Entwicklung des Innerleithofs über 3 Generationen hinweg.

Zuerst erfahren wir wie Rosa als alleinige Besitzerin des Hofes aller Anstrengung, Wetterlagen und persönlichen Niederlagen zum Trotz den Hof erfolgreich führt. Rosa versteht wie niemand sonst, ihr Land zu lesen; sie weiß wie die Erde beschaffen sein muss, damit auf ihr die Pflanzen wachsen und gedeihen.
Später übernimmt ihr Sohn Sepp den Hof, der ihn durch die Umnutzung in einen Milchbetrieb wirtschaftlicher und rentabler gestalten möchte. Rosa und Sepp sind in ihren Ansichten, den Hof in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, so unterschiedlich, dass sich unausgesprochene Konflikte zwischen ihnen bilden. Obwohl Sepp voller Tatendrang und Optimismus ist, kann er sich seinen Traum nicht erfüllen.
Als dann Sepps Sohn Hannes zusammen mit seiner Frau Franziska den Innerleit zu einem Ferienhof umwandelt, werden auch sie vor Herausforderungen gestellt, die fast unmöglich erscheinen, um sie bewältigen zu können.

Jarka Kubsova beschreibt das Leben auf und die Bewirtschaftung eines Hofes - egal in welcher Generation - sehr eindrücklich und nachvollziehbar. Rosa mit ihrer Beobachtungsgabe und ihrem Gespür für die Natur haben mich besonders beeindruckt. Das Ende des Buches empfand ich als sehr stimmig und optimistisch. Leseempfehlung für all diejenigen, die sich in den Bergen zu Hause fühlen.

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