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Veröffentlicht am 14.09.2024

Wölfe und Schafe

Von Norden rollt ein Donner
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Von Norden rollt ein Donner – Markus Thielemann
Dieser Roman steht aktuell auf der Longlist der Nominierten für den Deutschen Buchpreis 2024.
Nach anfänglicher Begeisterung hat mich die Geschichte leider ...

Von Norden rollt ein Donner – Markus Thielemann
Dieser Roman steht aktuell auf der Longlist der Nominierten für den Deutschen Buchpreis 2024.
Nach anfänglicher Begeisterung hat mich die Geschichte leider sehr zwiegespalten zurückgelassen.
Der 19-jährige Jannes treibt wie schon sein Vater und sein Großvater tagtäglich die Schafe hinaus auf die Lüneburger Heide. Auch bei Wind und Wetter. Die Beschreibungen dieser Tätigkeiten rund um die Schafszucht, die Natur, die Genügsamkeit und Einfachheit der Leute. Das alles hat mir sehr gefallen. Es werden durchaus die Schattenseiten dieses Daseins thematisiert, die Einsamkeit und die Existenzängste. Insgesamt sehr authentisch und stimmungsvoll – eine klasse Atmosphäre. Gerade auch die Figuren sind sehr fein gezeichnet und gut getroffen. Der wortkarge, unsichere Jannes und der Großvater, der spricht, wie die einfachen Menschen vom Land eben so sprechen – diese beiden fand ich am besten getroffen. Aber auch Jannes Mutter spielt eine wichtige Rolle. Sie hat den Überblick, hält alles zusammen, schaltet und waltet im Hintergrund. Laut wird sie kaum – irgendwo hat sie schon aufgegeben, glücklich ist sie wohl eher nicht. Auch das, sehr authentisch, das echte Leben halt.
Nun kommen die Wölfe zurück in die Heide und reißen auch schon die ersten Schafe. Ganz klar, die Schäfer wollen diese Tiere hier nicht haben. Die Politik interessiert sich dafür allerdings nicht und in der Öffentlichkeit überwiegt die positive Meinung der Tierschützer. Die Schäfer fürchten um ihre Existenz und fühlen sich im Stich gelassen. Im ländlichen Idyll brodelt es also ganz gewaltig. Die Stimmung kocht hoch, es gibt Zusammenkünfte und Drohungen. Aus Heimatverbundenheit wird völkische Ideologie und Selbstjustiz. Verständlich? Durchaus. Wenn das Ganze nicht so stark an den Fremdenhass und die Wahlerfolge einer gewissen Partei in den ostdeutschen Bundesländern erinnern würde…
Bis hierhin fand ich diesen Roman ganz hervorragend. Sprachlich toll, wunderbare Natur- und Tierbeschreibungen, genaue Beobachtung der menschlichen Natur, authentische Darstellung der Probleme und Nöte der Menschen in ländlichen Gebieten.
Leider versuchte der Autor hier noch was draufzusetzen (nur deshalb steht der Roman meiner Meinung nach auch auf der Longlist). Es gibt plötzlich allerhand Geistererscheinungen, Jannis driftet ständig in wilde, gruselige Träumereien ab – bis sich endlich ein Bogen spannt zurück in ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte. Ich bin generell kein Fan von Übersinnlichem und diese Tragödie hätten die Großeltern auch einfach erzählen können, aber da wäre nicht so viel Schall und Rauch dabei rausgekommen. Mich persönlich hat das Ende ein wenig geärgert, ich fand es etwas too much und zu bemüht. Ich hätte es besser gefunden, wenn die Geschichte mit der Wolfspolitik ordentlich zu Ende erzählt worden wäre.
3 Sterne

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Veröffentlicht am 01.09.2024

Jane und Abby

Whitestone Hospital - Saved Dreams
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Jane und Abby
Dies ist der vierte und vorletzte Teil der Reihe um die jungen Ärztinnen des Whitestone Hospital.
Vorab gibt es einige Trigger-Warnungen. Wie ich finde, zurecht. Der Teil spielt in der ...

Jane und Abby
Dies ist der vierte und vorletzte Teil der Reihe um die jungen Ärztinnen des Whitestone Hospital.
Vorab gibt es einige Trigger-Warnungen. Wie ich finde, zurecht. Der Teil spielt in der Gynäkologie und behandelt mehrere sehr schwierige Themen.
Teilweise wirkte es auf mich ein wenig belehrend. Doäie Autorin wollte scheinbar möglichst viele gynäkologische Krankheitsbilder etc unterbringen.
Zudem ist dies die erste gleichgeschlechtliche Liebesgeschichte. Diese,bzw deren Besonderheiten gingen allerdings fast ein wenig unter. Insgesamt bleibt es extrem brav.
Nicht der stärkste Band der Reihe.
3 Sterne

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Veröffentlicht am 02.08.2024

Durchwachsen

Ein falsches Wort
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Ein falsches Wort – Vigdis Hjorth
Vordergründig geht es um zwei Ferienhütten, um einen Erbschaftsstreit nach dem Tod des alten Vaters. Nach und nach jedoch wird klar, dass es in diesem Roman um etwas ganz ...

Ein falsches Wort – Vigdis Hjorth
Vordergründig geht es um zwei Ferienhütten, um einen Erbschaftsstreit nach dem Tod des alten Vaters. Nach und nach jedoch wird klar, dass es in diesem Roman um etwas ganz anderes geht. Ein düsteres Familiengeheimnis und toxische Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern.
Die Ich-Erzählerin Bergljot, die bereits vor Jahrzehnten weitestgehend den Kontakt zur Familie abgebrochen hat, braucht etwa bis zur Hälfte der Geschichte, bis sie mit dem Geheimnis herausrückt, das sie damals dazu veranlasste. Ein wirklich schweres, bedrückendes Thema.
Leider ist Bergljot nicht unbedingt eine sympathische Protagonistin. Sie scheint sehr auf sich selbst bezogen zu sein und entwickelt trotz aller Anteilnahme im Laufe des Romans einen gewissen Nervfaktor.
Vigdis Hjorth hat fraglos einen hervorragenden Schreibstil mit Sogwirkung. Man ist schnell gefesselt und verfolgt gespannt die Handlung. Viele Wiederholungen verdeutlichen sehr gut Bergljots innere Kämpfe und Zerrissenheiten. Trotz allem tritt der Roman etwas auf der Stelle. In der Gegenwart geschieht kaum etwas. Es werden immer wieder dieselben jahrzehntealten Kämpfe ausgefochten – ohne Ergebnis, denn keine einzige Figur weicht auch nur einen Millimeter von seiner Position ab. Zermürbend. Gerade gegen Ende wird es offensichtlich, dass dieser Roman wohl auch mit der Hälfte der Seiten ausgekommen wäre.
Dennoch ein wichtiges Thema, ein toller Schreibstil und eine interessante Beleuchtung dieser zerrütteten Familienbande. 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 02.06.2024

E.T.

Seinetwegen
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Seinetwegen – Zora del Buono
Dies ist ein autofiktionales Werk. Zora des Buono hat ihren Vater 1963 mit nur wenigen Monaten bei einem tragischen Autounfall verloren. Die Mutter verfällt in tiefes Schweigen. ...

Seinetwegen – Zora del Buono
Dies ist ein autofiktionales Werk. Zora des Buono hat ihren Vater 1963 mit nur wenigen Monaten bei einem tragischen Autounfall verloren. Die Mutter verfällt in tiefes Schweigen. Sechzig Jahre später will sie endlich mehr über ihren Vater erfahren, über den Unfallhergang und auch über den Unfallverursacher, von dem sie nur die Initialen kennt: E.T.
Als Roman würde ich dieses Buch nicht bezeichnen. Es ist eher eine Aneinanderreihung von Anekdoten, Fakten, Kaffeehausgesprächen. Eine Reise in die Vergangenheit und eine Aufarbeitung jahrzehntelangen Schweigens. Dabei schweift del Buono immer wieder von ihrem eigentlichen Ziel ab, mehr über den Vater zur erfahren um ihr breit gefächertes Wissen zu präsentieren. Zu allen möglichen Themen weiß sie etwas zu sagen; von Hexenverfolgungen über Homosexualität – manches Mal wunderte ich mich sehr, wie sie den Bogen von ihrer Familiengeschichte zu unterschiedlichsten Themen und wieder zurück fand. Leider wirkte sie dabei auf mich auch öfter etwas oberlehrerhaft. Viele der Anekdoten und Fakten sind allerdings auch wirklich sehr interessant. Nur eine runde Geschichte kommt dabei für mich nicht zustande. Durch die vielen Abschweifungen konnte ich mich kaum in die Handlung bzw. die Protagonisten hineinversetzen. Es bleibt eine große Distanz.
Mir war nicht klar, dass dies ein autofiktionaler Roman ist. Die Nachforschung an sich ist wenig ergiebig und kaum überraschend. Da dies kaum ausreichend Material für ein Buch ergibt, wurde die Geschichte mit allerhand Füllmaterial ergänzt.
Konnte mich leider nicht begeistern. Wohlwollende 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 12.05.2024

Extrem handlungsarm

Sie und der Wald
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Sie und der Wald – Anais Barbeau-Lavalette
Ein Roman, den ich kaum als solchen bezeichnen würde. Eigentlich wirkt er auch etwas aus der Zeit gefallen, dank der Corona-Pandemie, die hier als Schlüsselmoment ...

Sie und der Wald – Anais Barbeau-Lavalette
Ein Roman, den ich kaum als solchen bezeichnen würde. Eigentlich wirkt er auch etwas aus der Zeit gefallen, dank der Corona-Pandemie, die hier als Schlüsselmoment dient, ist der Zeitraum der Handlung jedoch recht klar eingegrenzt.
Während sich die Welt diversen Corona-Maßnahmen beugt, entschließen sich vier Erwachsene mit fünf Kindern dazu, diese Zeit abgeschieden im Wald zu überbrücken. Es ist eine Aussteigergeschichte auf Zeit. Angst vor dem Virus ist zu keinem Zeitpunkt ein Thema; es sind die Maßnahmen, vor denen diese Leute flüchten.
Seltsamerweise erfährt man im gesamten Roman kaum etwas über diese neun Personen. Die Ich-Erzählerin schwelgt vielmehr in Erinnerungen und Geschichten von Nachbarn die ebenfalls im Wald hausen, immer schon. Ganz besonders haben es der Autorin aber Flora, Fauna und Botanik des Waldes angetan. Seitenlange Beschreibungen von Pflanzen und Tieren sind keine Seltenheit. Eine Handlung darüber hinaus, im herkömmlichen Sinne, erwartet man vergebens.
Auch der Schreibstil ist ungewöhnlich. Die Sätze sind an sich zwar einfach und knapp, dennoch unerwartet poetisch und extravagant. Zusammenhänge werden kaum erklärt. Ohnehin sind es immer nur Häppchen, die über die Personen oder das Leben im Wald serviert werden.
Insgesamt herrscht eine ganz besondere Atmosphäre in diesem Werk, dennoch war es für mich ein eher unbefriedigendes Leseerlebnis.
3 Sterne

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