Eine konfuse Geschichte, die die Erwartungen nicht erfüllen kann
Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagenKlappentext
„Das Leben ist nichts für Feiglinge...
… denken sich die drei Freunde Dusk, Neil und Normandy, zu Beginn des 11. Schuljahres und starten ein gewagtes Experiment: Einmal jede Woche wird abwechselnd ...
Klappentext
„Das Leben ist nichts für Feiglinge...
… denken sich die drei Freunde Dusk, Neil und Normandy, zu Beginn des 11. Schuljahres und starten ein gewagtes Experiment: Einmal jede Woche wird abwechselnd einer der drei einem Menschen aus ihrer Schule eine Frage stellen, die bisher keiner auszusprechen wagte, obwohl alle nach der Antwort lechzen.
Hasst die ewig grantige Sekretärin wirklich alle Schüler, ist der schöne Tyler jetzt schwul oder nicht, nimmt der Freak aus der 12. Drogen und hat die Coole aus dem Langlaufteam mit einem ihrer beiden Teamkollegen was oder gar mit beiden? Was die drei besten Freunde allerdings damit lostreten, hätten sie nie geahnt. Ein kluges Buch über Freundschaft, Liebe und die Frage, was wir mit uns und unserem Leben anfangen und, was das eigentlich alles zu bedeuten hat.“
Gestaltung
Das Cover gefällt mir sehr gut. Ich mag die bunten Farben, sie sind schön aufeinander abgestimmt, auch wenn ich keinen direkten Bezug zwischen den Rauten und dem Inhalt der Geschichte ziehen kann. Besonders schön finde ich allerdings, dass der Titel auf kleinen weißen „Kästchen“ geschrieben ist, die aussehen wie Papierschnipsel. Diese Papierschnipseloptik zieht sich auch durch das Buch, denn jede Kapitelüberschrift ist auf einem solchen niedergeschrieben. Besonders toll ist auch, dass das Cover mit Glanzlack gedruckt wurde, während diese Papierschnipsel sich rau anfühlen. Das nenne ich doch mal eine optische Besonderheit!
Meine Meinung
Nachdem ich „Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen“ beendet hatte, musste ich erst einmal meine Gedanken sammeln. Das, was mir definitiv in den unterschiedlichsten Varianten durch den Kopf ging, war die Frage „Was war das denn?“. Ein Buch, das so seltsam war wie dieses, habe ich lange nicht mehr gelesen. Aber beginnen wir zunächst einmal ganz von vorne.
Als ich den Klappentext las, hatte ich die Erwartung an Susan Jubys Werk, dass wir eine schöne, realistische Geschichte über das Leben, Selbstfindung und die tiefe Bedeutung der Wahrheit bekommen würden. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass dieser Roman den Fokus gar nicht auf die Wahrheitssuche legt, wie vom Klappentext vermittelt, sondern dass sich der Fokus verteilt. Auf zwei Themen. Die Wahrheitssuche und die familiäre Situation der Protagonistin Normandy.
Die Gewichtung war meiner Meinung nach dabei jedoch etwas uneben, wobei uneben vielleicht nicht das richtige Wort ist. Die Familiengeschichte hatte meiner Meinung nach einen roten Faden und stand am Ende des Romans auch in Verbindung zur Wahrheitssuche. Aber bei der Wahrheitssuche fehlte einfach dieser rote Faden. Normandy und ihre Freunde befragen Mitschüler nach ihren Geheimnissen und das immer wieder. Sie fragen Schüler A, bekommen eine Antwort, dann fragen sie Schüler B, bekommen eine Antwort und so weiter. Mir fehlte hier einfach die Tiefe und der Zusammenhang zwischen den einzelnen Befragungen. Man hätte so viel mehr aus dieser ganzen Idee herausholen können.
Und nicht nur hierbei fehlte die Tiefe. Auch die Figuren blieben eher flach und unnahbar. Vor allem Normandys berühmte Künstlerschwester Keira. Sie wird als sehr gefühlskalt dargestellt und spielt in Normandys Leben eine große Rolle, aber der Leser lernt diese Figur überhaupt nicht richtig kennen. Man versteht daher weder Keiras Intentionen noch ihre Beweggründe für bestimmte Handlungsweisen. Auch die Eltern bleiben eher unscharf. Das einzige, das man detailliert und immer wieder erzählt bekommt, ist die „tragische“ Familiengeschichte: Keira ist eine Graphic Novel Künstlerin, die in ihren Werken ihre Familie zeichnet und sie sehr negativ darstellt (es grenzt eigentlich schon sehr nah an Rufmord). Vor allem Normandy leidet sehr darunter, was sie nicht müde wird, immer und immer wieder zu betonen.
Vor allem da als Erzählperspektive die Ich-Form von Normandy gewählt wurde, erleben wir als Leser ihre Sicht natürlich auch intensiver. Aber gerade dann hätte ich erwartet, dass wir mehr über die Figuren aus Normandys Leben erfahren. Auch ihre besten Freunde Neil und Dusk bleiben eher blass was ihre Charaktereigenschaften angeht (auch wenn wir sie noch ein bisschen besser kennen lernen, als Normandys Familie). Dafür wird aber sehr ausführlich geschildert was jede Figur klamottentechnisch trägt. Bezüge zu Filmen aus den 70ern andauernd inklusive. Hiermit konnte ich leider überhaupt nichts anfangen und Beschreibungen darüber, was Figuren tragen, die dann eine halbe Seite oder länger gehen, interessieren mich nicht wirklich.
Zudem ist „Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen“ in Essayform geschrieben, da Normandy auf eine Kunstschule geht und dieses Essay ihre Abschlussarbeit ist. Der Beginn des Romans war daher recht amüsant, da nur von „der Autorin“ die Rede war und ich als Leserin immer an Frau Juby denken musste. Aber (und das ist ein dickes aber!) es werden auch Fußnoten verwendet und das nicht gerade sparsam. Teilweise gibt es Seiten, auf denen die Fußnote die gesamte Seite einnimmt. Manche Fußnoten waren wirklich amüsant, aber den Großteil hätte man einfach streichen können, da sie unnütze Informationen über irgendwelche Recherchen von Normandy darstellen. Zudem störte es sehr stark beim Lesen, wenn auf einer Seite zu viele Fußnoten standen. Mit ein, zwei konnte man sich noch arrangieren, aber mehr als das? Nein. Ging gar nicht.
Fazit
Der Klappentext weckt definitiv ganz andere Erwartungen an diesen Roman. Man erwartet eine Geschichte voller Lebensweisheiten rund um die Wahrheit und Selbstfindung. Aber stattdessen bekommt man eine etwas wirre Geschichte, die manchmal den roten Faden etwas misst. Zudem geht es nicht ausschließlich um die Wahrheitssuche, sondern vielmehr darum, Familienprobleme zu bewältigen. Da „Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen“ in Essayform geschrieben ist, finden sich auch viele Fußnoten, die teilweise sehr den Lesefluss stören. Langweilig und verwirrend sind auch die langen Beschreibungen dessen, was die Figuren an Kleidung tragen, da ich mich nicht mit den 70ern oder mit verschiedenen Arten von Stoffen auskenne. Zudem blieb vor allem die Schwester der Protagonistin, die eine große Rolle spielt, sehr unscharf, sodass man sie gar nicht nachvollziehen konnte.
Ganz knappe 3 von 5 Sternen!
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