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Veröffentlicht am 01.08.2022

Sag mir, wo die Spiegel sind, wo sind sie geblieben?

Die Kommissarin und die blutigen Spiegel
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Die Krimireihe war mir bisher nicht bekannt, so dass ich Antje Servatius, ihr Team und auch die Tochter Kira nicht kannte. Aus meiner Sicht wäre das Lesen des ersten Bandes vielleicht hilfreich gewesen, ...

Die Krimireihe war mir bisher nicht bekannt, so dass ich Antje Servatius, ihr Team und auch die Tochter Kira nicht kannte. Aus meiner Sicht wäre das Lesen des ersten Bandes vielleicht hilfreich gewesen, um sich in die Figuren hineinversetzen bzw. sie wiedererkennen zu können. So rätselt man am Anfang doch ein bisschen viel herum. Die Tochter Kira leidet an Zerebralparese, war das Leben für sie beschwerlich macht und die Mutter Antje doch sehr fordert. Dass es da einen Vater Kirill gibt, der sich mit der Situation nicht anfreunden konnte und sang- und klanglos verschwand, wird im Laufe der Geschichte klar. Er taucht dann unvermittelt auf und nimmt Kontakt zu Kira auf, was die Beziehung zwischen Mutter und 14jähriger Tochter belastet. Das alles liest man zwischen den brutalen Mordschilderungen und den Ermittlungsbemühungen der Kriminalisten. Es geschehen in kurzem zeitlichen Abstand nämlich zwei Morde unterschiedlichster Art. Eine Frau wird regelrecht „geschlachtet“, bei einer zweiten wird zuerst Suizid vermutet, aber auch sie fiel einem einfallsreichen Mörder zum Opfer. Es gibt ausreichend Verdächtige und die Ermittlungen treffen auf ähnliche Verbrechen in der Vergangenheit. Copy kill? Warum? Da die recht spannenden Ermittlungen durch die privaten Probleme von Antje Servatius immer wieder in den Hintergrund rücken, fand ich den Fortgang ab und an etwas schleppend und langatmig. Diese Art, Persönliches der Ermittler in den Vordergrund zu stellen, kenne ich zu Genüge von skandinavischen Krimis. Das kann man gut finden, muss man aber nicht. Hier in diesem Buch hat es mich jedenfalls beim „Ermitteln“ etwas gestört.
Die Story bekommt ein ordentliches Finale mit jeder Menge Schockmomente. Der Mörder war zwar nicht der Gärtner, aber einer der am Anfang verdächtigten Männer war es auch nicht.
Mit dem Titel des Buches konnte ich nicht viel anfangen, vielleicht habe ich den entscheidenden Hinweis auf die blutigen Spiegel auch einfach überlesen.
Für Krimifans ein gut lesbares Buch, ein angenehmer, nicht abgehobener Stil. Sehr unterschiedliche Charaktere in Form von Ermittlern und Verdächtigen werden dem Leser präsentiert, die Geschichte bleibt bis zum Schluss recht spannend, die brutale Phantasie ist schon ziemlich heftig. Das Finale tröstet über ein paar langweilige Passagen gut hinweg.

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Veröffentlicht am 13.08.2024

Mord im Urlaubsparadies

Salute - Der letzte Espresso
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Regionalkrimis gibt es unterdessen wie Sand am Meer, ich versuche immer wieder, etwas Besonderes aus diesem Bücherberg zu ziehen. Aber leider klappt das nicht immer. Der neue, da als Reihe avisiert, auch ...

Regionalkrimis gibt es unterdessen wie Sand am Meer, ich versuche immer wieder, etwas Besonderes aus diesem Bücherberg zu ziehen. Aber leider klappt das nicht immer. Der neue, da als Reihe avisiert, auch der erste Gardaseekrimi von Friedrich Kalpenstein hat es noch nicht ganz auf mein imaginäres Treppchen der besten Krimis geschafft. Die Idee, dass ein Deutscher sich in Italien niederlässt, noch dazu ein Ex-Kriminalkommissar, die ist nicht ganz neu und erinnert mich sehr an die Lago-Maggiore-Krimis von Andrea Di Stefano.
Den beiden in Bardolino konkurrierenden Protagonisten, Lanza ist der italienische Polizist, Zeitler der zugezogene Ex-Polizist und Café-Besitzer, sind nicht ganz so leichtfüßig angelegt, wie man das erhoffen würde. Beide suchen jedenfalls einen Mörder, der sein getötetes Opfer just im WC von Zeitlers Café hinterlassen hat.
Am meisten kommt noch Italienflair beim Lesen auf, wenn man über die leckeren Backwaren liest oder über den Run auf die Designerboutique, in der Zeitler mal kurz den Verkäufer mimt.
Wie die beiden unterschiedlichen Männer in Zwangsgemeinschaft das Rätsel des Kriminalfalles lösen, will ich hier natürlich nicht beschreiben, amüsant ist es schon, auch wenn sich alles etwas hinzieht.
Ich gebe gute drei Sterne und auch eine Leseempfehlung für Regionalkrimibegeisterte.

SaluteDerletzteEspressoEinFallfürLanzaZeitlerBand1

NetGalleyDE

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Veröffentlicht am 03.08.2024

Schlecht Gendern kann er gut

Die Geschichten in uns
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Ich habe bisher noch kein Buch von Benedict Wells gelesen, es mag an den Themen liegen oder an der Menge der Bücher, die jährlich erscheinen. Auch wer gerne liest, schafft nicht alles. Also dachte ich ...

Ich habe bisher noch kein Buch von Benedict Wells gelesen, es mag an den Themen liegen oder an der Menge der Bücher, die jährlich erscheinen. Auch wer gerne liest, schafft nicht alles. Also dachte ich mir, wenn dieser Autor nun übers Schreiben schreibt, warum nicht, das interessiert mich, und will ich wissen, wie er es geschafft hat, zum berühmten Diogenes Verlag zu kommen. Ich erfuhr: es war ein steiniger Weg. Aber er war erfolgreich und unterdessen sind seit 2008 so einige Romane von Wells über den Ladentisch gegangen und in unfassbar viele Sprachen übersetzt worden. Wenn so viele ihn mögen, muss doch etwas dran sein, war da mein Gedanke. Ich glaube, das stimmt sogar, dieser Benedict Wells kann schreiben, er schreibt schnell lesbare und flüssige Texte, streut Ironie und Selbstkritik ein – hier im beschriebenen Buch ist das jedenfalls so. Und er erzählt ein bisschen von seiner Familiengeschichte und seiner eigenen Biografie. Etwas ungewöhnlich ist diese, besser gesagt, dieses Künstlerleben fällt schon aus der Reihe. Besonders seine Kindheit und Jugend ist halbvoll von unangenehmen Erlebnissen, aber der Liebe zu den Eltern tut das keinen Abbruch, und das Aufwachsen in Internaten ist gewiss prägend für sein späteres Dasein.
Was mich zumindest innig mit Wells verbindet, ist seine Leidenschaft für John Irving. Ich las Das Hotel New Hampshire und andere Romane mit Ende 20 im Original und konnte nie mehr von Irving lassen.
Wells lässt den Leser also hinter seinen Vorhang schauen und es macht auch Spaß, ihm zu folgen, wäre da nicht das permanente Gendern, das mich bei der Lektüre total aus der Bahn geworfen hat.
Das Buch strotzt von „Autor:innen, Leser:innen, Anfänger:innen, …“, als ich dann die Danksagung erreicht hatte, kam es ganz dicke „Liebe Diogenes:innen“…“. Die geschlechtergerechten Partizipialkonstruktionen erwähne ich gar nicht erst. Mir tut das jedenfalls in meiner deutschen Bücherseele weh, dieses Buch so verhunzt zu sehen. Wells bezieht sich u. a. in seinen Erinnerungen auch auf einen Spiegel-Artikel von Verena Carl vom 26.09.2004. Zu der Zeit wurde aber noch nicht gegendert, Zitat aus dem Artikel von Carl: „Auf den ersten Blick schon: Jungautoren mit Substanz wie Judith Hermann haben sich gehalten, um literarische Dampfplauderer ist es nicht weiter schade.“ Die Erwähnung von „Jungautoren war damals noch legitim, selbst wenn es um weibliche Autoren ging. Wells impliziert so, dass das Gendern ihm eigentlich fast angeboren ist. Empfinde ich als Verfälschung. Zumindest gab es beim jungen Wells noch ein „Studentenleben“!
Wells hat wirklich kluge Gedanken geäußert, gerade im zweiten Teil könnten potentielle Schriftsteller so einiges lernen, das fürs Erstlingswerk sehr wichtig wäre, auch wenn mir nicht alles, was er empfiehlt, praktikabel erscheint.
Wells hat dann doch noch den Bogen gekriegt, wenn er schreibt: „Oder wie der Sprachkritiker Wolf Schneider sagt: »Beim Text muss sich einer quälen, der Absender oder der Empfänger. Besser ist, der Absender quält sich.«“ Bei mir war es wohl eher umgekehrt.
Mir hat tatsächlich der erste, aufschlussreiche biografische Teil sehr gefallen, aber richtig am gesamten Buch freuen kann ich mich nicht. Schade.
Aber: man soll das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, deshalb habe ich mir nun „Hard Land“ gekauft, um den Romanautoren Benedict Wells besser kennenzulernen. Es ist zwar als „Jugendbuch“ bekannt geworden, aber das stört mich auch im Alter nicht! Und im Gegensatz zu dem hier rezensierten Sachbuch fand ich in seinem Roman zumindest auf den ersten dreißig, vierzig Seiten keinen Gender-Doppelpunkt. Wie er mir inhaltlich gefällt, werde ich in einer anderen Rezension schreiben. Dass mich der Schreibstil von Wells sehr anspricht, habe ich ja schon erwähnt.
3 Sterne, mehr werden es trotzdem nicht.

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Veröffentlicht am 02.08.2024

Leider nicht mein Romanstil

Das Pfauengemälde
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Ich habe mich um dieses Buch als Rezensionsexemplar beworben, da mir die Leseprobe und die kurze Inhaltsangabe sehr interessant erschienen. Aber leider wurde ich mit fortschreitender Geschichte sehr enttäuscht.
Ana, ...

Ich habe mich um dieses Buch als Rezensionsexemplar beworben, da mir die Leseprobe und die kurze Inhaltsangabe sehr interessant erschienen. Aber leider wurde ich mit fortschreitender Geschichte sehr enttäuscht.
Ana, die den deutschen und den rumänischen Pass besitzt, schon lange in Deutschland lebt, fährt nach Rumänien in die familiäre Vergangenheit. Der Tod ihres Vaters, der dort verstorben ist, liegt ihr wie ein Stein auf der Seele, nun will sie endlich ihr Erbe antreten und bemüht sich ehrlich um ein echtes Ankommen in Rumänien. Das fällt ihr schwer, die vielen, verwirrend vielen Angehörigen machen es ihr nicht leicht, aber auch in der rumänischen Bürokratie verfängt sie sich. Ihr Vater hat immer von einem Bild, dem Pfauengemälde, gesprochen, dass ihr Erbe sein soll. Zeitweise zweifelt man im Roman, ob es überhaupt vorhanden sein wird in den verschlungenen Katakomben der Bürokratie. Besonders, weil das sogenannte Rumänienhaus, das wohl das enteignete Haupteigentum der Familie ist, eine so vorrangige Rolle spielt.
Schon zu Beginn des Romans wird klar, dass Ana psychische Probleme hat, und so verwirrt wie ihre Gedanken sind, so verwirrend ist auch der Fortgang der Geschichte. Die Gedankensprünge vorwärts, rückwärts und wieder ins Jetzt und die Vergangenheit machten mir das Lesen nicht gerade angenehm. Ihre problematischen Liebesbeziehungen kommen hinzu.
Interessant ist für mich das Land Rumänien, ich habe es bisher nicht besucht und auch meine Lektüre ging kaum in diese Richtung. So gibt es im Buch doch auch Eindrücke, die ein wenig das Unstete und Wilde dieses Landes erklären. Was mir so gar nicht geholfen hat, waren die Spaziergänge zu den rumänischsprachigen Straßen und Plätzen. So, wie ich gern ein Personenverzeichnis gehabt hätte zur Orientierung, hätte mir z. B. auf dem Vorsatzpapier gut eine Straßenkarte vorstellen können. Ein paar Übersetzungen der rumänischen Einsprengsel wären auch hilfreich gewesen. Nicht alles hat sich mir sofort erschlossen.
Aus meiner Sicht hat die Autorin in ihrem Erstlingsroman zu viel gewollt und sich dadurch etwas verzettelt.
Das Ende ist nicht das, was ich erwartet hätte, aber es hat mich berührt.
Gute 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 11.07.2024

Unschlüssig, ihretwegen

Seinetwegen
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Der Klappentext verspricht eine spannende Suche nach dem Mann, der das Leben der Autorin wie auch ihrer Familie beschädigte und erschütterte. Die Autorin ist nur acht Monate alt, da reißt ein unvorsichtiger, ...

Der Klappentext verspricht eine spannende Suche nach dem Mann, der das Leben der Autorin wie auch ihrer Familie beschädigte und erschütterte. Die Autorin ist nur acht Monate alt, da reißt ein unvorsichtiger, draufgängerischer Fahrer ihren Vater in den Tod. Sie wagt kaum, mit der Mutter darüber zu sprechen, um diese nicht zu verletzen. Nun ist die Mutter dement, die Autorin 60 Jahre alt, über alles ist eigentlich Gras gewachsen, aber die Unruhe bleibt. So beginnt Zora del Buono, Nachforschungen anzustrengen, die sie bis dahin nicht wagte. E. T. sind die Initialen des „Töters“ ihres Vaters. Das Geschehen und die Suche in den kleinen Schweizer Orten sind schwierig und nervenaufreibend. Zwischenzeitlich finden immer wieder Gespräche mit ihren Freunden statt, die mir sehr gefallen haben, jeder hat ein Schicksal, jeder macht sich Gedanken, gibt seine Gefühle preis. Dann aber schweift die Autorin ab in historische Sphären der Schweizer Dörfer, die aus meiner Sicht nicht ins Geschehen passen, auch wenn sie ihr bedeutsam erscheinen. Gerade die langen Zitate lenken ab von der Suche, vom Motiv, das sie bewegt. Und so kommt es, dass ich am Ende nicht mehr genau definieren kann, hat sie das Buch Seinetwegen genannt und meint den „Töter“ oder meint sie den verlorenen Vater. Das Buch hätte auch Ihretwegen heißen können, dann wäre die Widmung an die Mutter schlüssig. Oder sie hätte es Meinetwegen genannt, dann wäre sie ehrlich zu sich selbst, dass sie die beschwerliche und psychisch anstrengende Recherche eigentlich nur für sich selbst unternommen hat, um endlich Ruhe zu finden. Die Passagen über ihre Mutter, ihr inniges und trotzdem zuweilen gestörtes Verhältnis haben mir sehr gefallen, vielleicht, weil auch ich allein bei meiner Mutter aufgewachsen bin. Dass das nicht ohne Konflikte geschieht, kann ich bestätigen.
So bin ich am Ende wirklich unschlüssig, wie ich diese Geschichte einordnen soll. Ich verstehe, dass man das Leben des eigenen Vaters erkunden möchte, ich habe das aus anderen Gründen auch selbst getan. Und erkannt: irgendwann ist Schluss, man muss aufhören zu forschen und das Gefundene bewahren, nicht zerstückeln.
Ob und wie der E. T. gefunden wird, bleibt an dieser Stelle mein Geheimnis.
Der Schreibstil ist aufrichtig und trotzdem locker, man liest das Buch leicht, auch wenn plötzliches Entsetzen oder eine gewisse Verzweiflung aufkommen wollen. Friedvoll fügen sich Kindheitserinnerungen in die Geschichte ein.
Fazit: eine Empfehlung kann ich nicht aussprechen, weil jeder auf derart fragmentarische, autofiktionale Romane anders reagiert. Für mich ein schwieriges Buch und ein schwieriges Thema, trotzdem haben mir viele Passagen gut gefallen, insbesondere auch die authentischen Fotos. Ich gebe gute 3 Sterne.

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