Cover-Bild Seinetwegen
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23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: C.H.Beck
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 204
  • Ersterscheinung: 15.10.2024
  • ISBN: 9783406822407
Zora del Buono

Seinetwegen

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.08.2024

Auf der Suche nach E.T.

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Nein, hier ist nicht die Filmfigur aus den 1980er Jahren gemeint, sondern Ernst Tanner, ein junger Mann, der 1963 den Unfalltod des Vaters der Autorin verschuldete. Und sich nie bei den Hinterbliebenen ...

Nein, hier ist nicht die Filmfigur aus den 1980er Jahren gemeint, sondern Ernst Tanner, ein junger Mann, der 1963 den Unfalltod des Vaters der Autorin verschuldete. Und sich nie bei den Hinterbliebenen - Zora del Bueno und ihrer Mutter - meldete. Nun - die Mutter ist dement und selten ansprechbar, Zora selbst fast doppelt so alt wie der Vater zum Zeitpunkt seines Todes - begibt sie sich auf dessen Spur. Also, auf die Spur von E.T., wobei zwangsläufig auch gewissermaßen eine Findung des Vaters zustande kommt.

Zunächst fängt alles recht ungeordnet an, die Autorin sammelt Fakten zu verwandten Themen diversester Art, bzw. Statistiken zu Unfalltoden. Damit konnte ich so gut wie nichts anfangen und war zunächst einmal sehr verwirrt. Doch dieser Zustand nahm mit der Weiterentwicklung der Handlung stetig ab und bald war ich mittendrin im Geschehen.

Es ist ein zentrales Stück der Familiengeschichte der del Buenos, das hier aufgerollt wird, Zora trifft auf eine ganze Reihe von Ernst Tanners - zunächst noch voller Wut und Vorwürfe, allmählich immer verständnisvoller ob der zahlreichen Möglichkeiten, die sich ihr offenbaren. Findet sie den richtigen E.T.? Oder ihren Vater? Oder sich selbst?

Zweifellos lohnt es sich, all diesen Fragen nachzugehen!

Veröffentlicht am 04.08.2024

Gelungene Erzählung

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Vorneweg: Das Buch ist anders geschrieben, als ich es erwartet hatte - und das ist positiv gemeint. Denn statt einem standadisierten Fließtext gibt es hier alle möglichen Arten. Es gibt den Fließtext, ...

Vorneweg: Das Buch ist anders geschrieben, als ich es erwartet hatte - und das ist positiv gemeint. Denn statt einem standadisierten Fließtext gibt es hier alle möglichen Arten. Es gibt den Fließtext, jedoch auch Statistiken, die einem die erschreckende Realität darlegen; Bilder von der Familie der Erzählerin, die alles so wirklich erscheinen lassen; pure Dialoge über verschiedene Erfahrungen und tiefgreifende Themen...

Auf diese Weise fügen sich Fragmente, denn die Suche nach einer Person ist keine linerare Abfolge, sondern chaotisch, durcheinander, man trifft auf unterschiedliche Menschen, macht verschiedene Prozesse durch. Und genau das wird durch die Art und Weise, wie das erzählt ist, abgebildet.

Es gab auch für mich ein, zwei Passagen, die es ein wenig in die Länge gezogen haben, doch überfassend empfinde ich es als gelungene Erzählung

Veröffentlicht am 02.08.2024

Intensiv erzählt

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Zora del Buono war acht Monate alt, als ihr Vater 1963 mit 33 Jahren bei einem Autounfall starb. Und nun, 60 Jahre später, sucht sie nach Antworten, sucht nach dem Unfallverursacher, nach E. T. Mehr weiß ...

Zora del Buono war acht Monate alt, als ihr Vater 1963 mit 33 Jahren bei einem Autounfall starb. Und nun, 60 Jahre später, sucht sie nach Antworten, sucht nach dem Unfallverursacher, nach E. T. Mehr weiß sie nicht von ihm und doch hofft sie, ihn zu finden. Der Töter – so nennt sie ihn – war mit seinem Chevrolet unterwegs, als er in einer Rechtskurve ein Pferdefuhrwerk überholt und dabei in den VW kracht, in dem ihr Vater als Beifahrer saß. Am Steuer war Zoras Patenonkel, den seitdem Zweifel plagen, auch wenn er den Unfall nicht hätte verhindern können.

Als erstes sehe ich im Buch ein inniges Vater-Tochter-Foto, es zeigt den stolzen Vater mit seinem Baby. Viel Zeit miteinander war ihnen nicht vergönnt, wir wissen es.

Schon als Kind fantasiert sie oft, dass sie E. T. finden, ihn zur Rede stellen und damit ihre Mutter rächen will. Sie war damals noch zu jung, der Gedanke verflog und taucht jetzt umso stärker wieder auf. Sie sucht nach ihm, sie sucht nach Antworten. Findet das damalige Urteil, in dem er wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen wird. Zwei Monate Gefängnis und 200 Franken Buße für ein Menschenleben – mehr war da nicht.

Bei ihrer intensiven Suche nach dem Mann, der ihr den Vater genommen hat, schweift sie immer wieder ab, sie schreibt geradezu nüchtern über berühmte Unfallopfer oder thematisiert den Lokführer, der kapituliert, der die Toten nicht mehr aushält. Ich lese von der letzten Hexe Europas, von Herbie, dem tollen Käfer und von noch so viel anderem. Nicht zu jeder Geschichte finde ich den Bezug zum Vater, zum Unfall, zum Töter.

Der autofiktionale Roman fordert schon Aufmerksamkeit, vor allem anfangs war ich ob der vielen Einschübe etwas irritiert. Bald aber konnte ich dem Buch viel abgewinnen. Was macht so ein Verlust mit einem? Wie kann einer mit so einer Schuld weiterleben? Kann er weiterleben? Und warum dauerte das Schweigen zwischen Mutter und Tochter so lange? Es ist ein anrührendes Buch, eine sehr persönliche Spurensuche. Ein Buch, das mich sehr nachdenklich zurücklässt.

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Veröffentlicht am 01.08.2024

Auf der Suche nach dem verlorenen Vater

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In ihrem Roman “Seinetwegen” arbeitet die Autorin Zora del Buono ihre eigene Familiengeschichte auf. Aber nicht nur das- spotlightartig werden immer wieder Fakten aus den Jahren ab 1960 eingeschoben, ...


In ihrem Roman “Seinetwegen” arbeitet die Autorin Zora del Buono ihre eigene Familiengeschichte auf. Aber nicht nur das- spotlightartig werden immer wieder Fakten aus den Jahren ab 1960 eingeschoben, oft zum eigentlichen Thema des Buches passend, manchmal aber auch ohne Zusammenhang. Daher irritiert das anfänglich, denn man sucht hier nach dem der Bedeutung für den Fortgang der Geschichte.

Der Vater der Autorin, ein angesehener, junger Arzt, kam bei einem Autounfall vor sechzig Jahren schuldlos ums Leben. Wie die Autorin schreibt: Ein wertvoller Mensch, dessen Tod keinen Sinn ergibt. Der Verursacher des Unfalls wird von ihr völlig anders beurteilt: Erst kurz den Führerschein, fuhr trotzdem schon mehrere Autos und hatte bereits mehrere Unfalle. Trotz dieser Tatsachen wird er vom Gericht nur zu 200 Franken Strafe und bedingter Haft verurteilt. Damals war die Autorin erst acht Monate alt.

Über ihre Kindheit und Jugend erfährt der Lesende nicht viel, speziell nicht über das Verhältnis von Mutter und Tochter. Beide haben nie über den Tod des Vaters gesprochen und so bleibt, wie sich zeigen wird, vieles ungesagt. Nunmehr ist die Mutter dement und in einem Pflegeheim, die Chance einer Aufarbeitung vertan.

Als die Autorin ihre Nachforschungen zum Unfallverlauf beginnt, wird sie von den Schweizer Behörden arrogant und unhöflich abgewiesen. Sie fährt an den Ort des Geschehens und erst durch Gespräche mit Menschen, die E. T., den Todeslenker, gekannt haben und die Nachforschungen eines Archivars erfährt sie, dass dieser lebenslang an seiner Schuld gelitten hat, lange Zeit für die Unfallfolgen bezahlt hat und Kontakt mit ihrer Mutter hatte. Auch hat er ihren Vater im Spital besucht, wo dieser im Koma lag und die Mutter die schwierige Entscheidung getroffen hat, die lebenserhaltenden Maschinen abzuschalten. Aus dem “Töter”, wie ihn die Autorin bezeichnet, wird langsam das Bild eines Menschen und seines Schicksals.

Die Einschübe im Buch befassen sich häufig mit Autos und allgemein mit dem Unfallgeschehen. Hier hat die Autorin sorgfältig recherchiert und wir erfahren Fakten. Ebenso sind die Stellung der Frau, ihr Missbrauch im Verlauf der Geschichte und furchtbare weibliche Schicksale immer wieder Thema. Auch die Verfolgung Homosexueller bekommt in diesen Abschnitten Raum. Die Autorin schildert in einer klaren, präzisen und sachlichen, ja distanzierten Sprache die Geschehnisse, sie wie durch ein Brennglas betrachtend und den Lesenden überlassend, ob sich daran Ekel, Abscheu oder auch Mitleid entzündet.

Das gut zum Thema passende Cover, ein Mann auf eine gewundene Straße blickend, lässt Raum für Interpretation, ob hier Vater oder Unfalllenker dargestellt sind. Wer immer, er blickt wohl auf den Weg, den sein Schicksal genommen hat.

Der Roman “Seinetwegen” ist bereits das zweite Buch von Zora del Buono, in dem sie ihre Familiengeschichte aufarbeitet. Neben ihren Romanen “Die Marschallin”, “Gotthard” und “Hinter Büschen an eine Hauswand gelehnt” hat sie eine Kulturzeitschrift gegründet und als Architektin und Bauleiterin gearbeitet.

Das vorliegende Buch der Autorin ist ein vielschichtiges Werk, in dem Persönliches mit (Zeit)geschichtlichem verwoben wird. Immer wieder stellt sich die Frage nach Schuld und Sühne und der Lesende, der sich auf die Welt von Zora del Buono einlässt, wird nachdenklich zurückbleiben, seine Meinung über das Buch vielleicht erst im zweiten Anlauf bilden, aber dankbar sein, dass ihn die Autorin in ihr Leben gelassen hat und an ihren Gedanken teilnehmen ließ.




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Veröffentlicht am 23.07.2024

Wie ein Recherchekrimi

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Von der Autorin Zora del Buono hatte ich mir vor einiger Zeit als erstrebenswerte Lektüre ihren Roman „Big Sue“ aus dem Jahr 2010 notiert. Habe aber Big Sue noch gar nicht gelesen. Jedenfalls hatte ich ...

Von der Autorin Zora del Buono hatte ich mir vor einiger Zeit als erstrebenswerte Lektüre ihren Roman „Big Sue“ aus dem Jahr 2010 notiert. Habe aber Big Sue noch gar nicht gelesen. Jedenfalls hatte ich den Namen dieser Autorin im Gedächtnis, so dass mir ihr neuer Roman „Seinetwegen“ ins Auge fiel. Von Anfang an war mir schon klar, dass es sich hier um diverse Skizzen, Nachforschungen, Zeitungsausschnitte und eben verschiedenes Recherchematerial handelt, weniger um einen Roman. Das macht aber nichts, denn spannend und vor allem unvorhersehbar sind diese Aufzeichnungen allemal. Man lernt auch allerhand über die Schweiz und das Leben der Einwohner.

Es geht also um einen Autounfall mit tödlichem Ausgang. Der Vater der Autorin starb vor sechzig Jahren, als sie noch ein Baby war. Bei der Mutter wurde darüber nie gesprochen. Den Onkel, der den VW-Käfer fuhr, traf keine Schuld. Ein Überholer eines Pferdefuhrwerks hat den Unfall verursacht. Und die Autorin möchte nun genau wissen, was damals passiert ist und was „der Töter“ für ein Mensch ist oder war.

Was mich besonders aufgeregt hat: Es muss uns klar sein, dass der Krake „Datenschutz“ nicht etwa dazu da ist, unsere Daten zu schützen. Nein, die werden schon von der Behörde „Einwohnermeldeamt“ verkauft. Dieser Krake ist eindeutig dazu da, uns das Leben schwer zu machen und z. B. private Nachforschungen zu behindern. Das Volk hat gewiss nichts davon. Die Autorin hatte auch nichts davon, im Gegenteil, wurde sie doch von einer Behörde an die nächste verwiesen. Das ist also in der gelobten Schweiz auch nicht anders als bei uns.

Seite 84 dazu, Zitat: „In Reichenburg wohnen zwei Traxlers (Anm. von mir, der Töter des Vaters hieß Traxler), aus Datenschutzgründen gibt das Statistische Amt weder Geschlecht noch Vornamen an. Im Telefonbuch findet sich keiner von ihnen. Reichenburg liegt sieben Kilometer vom Unfallort entfernt.“

Zum Cover: trifft sehr gut das Thema. Sechzig Jahre zuvor könnte dies der verunfallte Vater, der Fahrzeugführer oder ein Herr der Zeit sein. Die alten Fotos von meinem Vater sehen sehr ähnlich aus. Der Blick auf die Kurve hat es in sich. Oder ist er der Geist des jung Verstorbenen?

Der Text birgt viele Überraschungen und viele Wendungen, die sich u. a. notgedrungen ergeben. Interessant sind auch die Gespräche: „IM KAFFEEHAUS 1-9“ mit zunächst drei, später vier Teilnehmern, die sich nach dem Markt treffen. Darunter unsere Autorin. Solche Strukturen mit zwar festen, aber sich ergebenden Themen würde ich mir für so manche dahinlabernde Gesprächsrunde wünschen.

Fazit: Die Wege der Autorin durch dieses Recherchelabyrinth sind durchweg informativ und abwechslungsreich, gut nachzuvollziehen. Der Leser kommt gut mit und das Buch liest sich fesselnd. Vier verdiente Sterne.

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