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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2024

Der Pirat und die Bienenzüchterin

In den Farben des Dunkels
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«In den Farben des Dunkels» erzählt die Geschichte von Patch und Saint, deren Leben auf unterschiedliche Weise von dem schicksalshaften Entführungsfall 1975 für drei Jahrzehnte bestimmt wurde.

Die Figuren ...

«In den Farben des Dunkels» erzählt die Geschichte von Patch und Saint, deren Leben auf unterschiedliche Weise von dem schicksalshaften Entführungsfall 1975 für drei Jahrzehnte bestimmt wurde.

Die Figuren sind besonders: der zu Beginn 13-jährigen Piratenjunge Patch mit seiner Augenklappe und seine beste Freundin Saint, die bei ihrer Großmutter wohnt und Bienen züchtet. Patch rettet heldenhaft seine heimliche Liebe vor einem grauenvollen Schicksal und wird von dem Mann entführt, der nicht bekommen hat, was er wollte. Saint gibt nicht auf, geht jeder Spur nach, um ihren Piratenjungen zu finden und rettet ihn, aber er kommt verändert wieder und entfernt sich aus ihrem Leben. Patch ist für die nächsten Jahre auf der Suche nach den vermissten Mädchen, während Saint den Serientäter jagt. Daneben spielt sich das Leben ab, sie werden erwachsen und es gibt immer wieder Überschneidungen und überraschende Wendungen. Für Saint ist Patch ihre große Liebe, aber eine romantische Geschichte ist das nicht. Chris Whitaker schreibt mitreißend, aufwühlend und schmucklos. Er verliert sich nicht in Nebensächlichkeiten und unterhält auf eine kluge Weise, die genügend Interpretationsraum lässt. Die Charaktere bleiben dabei immer ein wenig distanziert. Für mich sind der Anfang und das Ende am stärksten. Zum Schluss blickt man nochmal anders auf die Geschichte zurück. Die Verbrechen sind eine interessante Prämisse, die Spannung aufbaut und zeigt, wie einschneidend das Unausweichliche sein kann. Ein überraschend vielschichtiger Roman, der intensiv mitfühlen lässt und mir in Erinnerung bleiben wird.

Veröffentlicht am 05.08.2024

Ein Neuanfang in verrückten Zeiten

Mitternachtsschwimmer
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Ballybrady heißt das malerische Dorf, indem sich der Fotograf Evan neu sortieren will. Eine Ehekrise, Selbsthass und die Trauer, um seine verstorbene Tochter, haben ihn aus der Bahn geworfen und an die ...

Ballybrady heißt das malerische Dorf, indem sich der Fotograf Evan neu sortieren will. Eine Ehekrise, Selbsthass und die Trauer, um seine verstorbene Tochter, haben ihn aus der Bahn geworfen und an die irische Küste gespült. Aus einer kleinen Auszeit wird durch den Lockdown eine Bewährungsprobe, die neue Erfahrungen und Verbindungen bereithält, die nur eins bedeuten können: Veränderung. Grace ist die spannendste Figur. Sie ist eigen und schroff. Es gibt so einiges, was sie aufregt. Sogar ihr hässlicher Hund kann es ihr nicht recht machen. Die vielen Touristen schon gar nicht. Als Vermieterin von Evans begegnet sie ihm mit ablehnender Skepsis, und zieht es vor, in Ruhe zu beobachten.
Erzählt wird der Roman aus diesen zwei Perspektiven. Als der achtjährige, taube Luca seinen Vater besucht, kommt mehr hoffnungsvoller Schwung in die Handlung, die auch von Liebe und Freundschaft erzählt. Der atmosphärische Schreibstil ist ruhig und schlicht. Jedoch wird es im Verlauf auch mal richtig spannend. Es waren aber besonders die Charaktere und ihre Entwicklung, die mich unterhalten konnten. Ingesamt war es eine berührende Geschichte über schicksalshafte Begegnungen, in der es auch darum geht, den Mut zu haben, man selbst zu sein.

Veröffentlicht am 05.08.2024

Poetisch und philosophisch

Die Unvollkommenheit des Glücks
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„Man kann sich nicht aussuchen, wen man liebt. Und wen man liebt, verändert alles.“

Es ist die Magie eines kurzen Augenblicks und ein einziger Kuss, der Ana und Lew in Erinnerung bleibt, nachdem sich ...

„Man kann sich nicht aussuchen, wen man liebt. Und wen man liebt, verändert alles.“

Es ist die Magie eines kurzen Augenblicks und ein einziger Kuss, der Ana und Lew in Erinnerung bleibt, nachdem sich ihre Wege wieder trennten. Abwechseln erzählt Clara Maria Bagus die Geschichte von zwei Menschen, deren Schicksal verbunden ist. Die 42-jährigen Ana, eine destruktive Beziehung hinter sich, die ein ausgeprägtes Innenleben und eine depressive Schwere, das moderne Leben auszuhalten, von ihren Mitmenschen abgrenzt. Der 45-jährige Lew ist freiheitsliebend und unabhängig. Er zieht mit brennender Begeisterung in den Krieg und misst der düsteren Prophezeiung seiner Mutter keine Bedeutung bei, denn er muss es mit eigenen Augen sehen, um zu begreifen, das der Triumph des Krieges, „die Opfer nie rechtfertigen kann.“

Clara Maria Bagus schreibt von falschen Entscheidungen und Tiefschlägen und wie es gelingt, sich trotz aller Widerstände und Sackgassen ein neues Leben zu erschaffen, denn das Glück ist unvollkommen. Bagus versteht es, viele philosophische Gedankenanregungen poetisch und philosophisch einfließen zu lassen. Sei es der Sinn des Lebens, deren Lehrstelle die Religion einst füllte, oder das Hadern mit sich und der Welt. „Erst muss sie herausfinden, wer sie ist, was sie ausmacht, was sie will und was nicht. Nur dann kann sie ihren Platz finden.“ Manchmal ist das Buch schwermütig, die Beschreibungen des Krieges grausam, während sich die tieferen Details schärfen. Es lässt sich nicht vorhersehen, wie und ob Ana und Lew sich wiedersehen werden. Aber dieser Roman nimmt eine besondere Wendung, die spannend und mitreißend beschrieben wird und das Herz wärmt.

„Ein gutes Buch ist wie ein Gewand, das aus einem Stück Stoff des Universums für seine Leser gefertigt worden ist. In das man sich einhüllen und an dem man sich wärmen kann.“

Veröffentlicht am 05.08.2024

Ungewöhnliche Entdeckung im Gerne

Verbrannte Gnade
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Schwester Holiday ist eine ungewöhnliche Nonne, mit einem komplizierten Verhältnis zu Gott. Die kettenrauchende Musiklehrerin, die gern Punkrock hört, polarisiert mit ihrem Aussehen und ihrer sexuellen ...

Schwester Holiday ist eine ungewöhnliche Nonne, mit einem komplizierten Verhältnis zu Gott. Die kettenrauchende Musiklehrerin, die gern Punkrock hört, polarisiert mit ihrem Aussehen und ihrer sexuellen Gesinnung. Sie ist willensstark, arrogant und einfach knallhart. Ich bin froh, dass die Geschichte aus ihrer Perspektive erzählt wird, denn für mich ist sie der ausschlaggebende Grund, in dieses Buch einzutauchen.

Ihre detektivischen Fähigkeiten sind gefragt, als sie mitansieht, wie der Hausmeister Jack bei einem Band ums Leben kommt und zwei Schüler verletzt werden, und sie herausfinden will, wer das Feuer gelegt hat. Dabei bleibt es nicht bei einem Verbrechen und schließlich gerät Schwester Holiday selbst ins Fadenkreuz der polizeilichen Ermittlungen. Der Auftakt dieser Reihe besteht auch aus vielen kurzen Rückblenden, die mehr über die bewegende Vergangenheit der Hauptfigur verraten. Was die Krimispannung im ersten Moment schmälert, verleiht der Figurenentwicklung mehr Authentizität und Tiefe, und es bleibt nicht bei einer unterhaltsamen Figur, wie die Ermittlerin Maggie Riveux beweist.

Insgesamt mochte ich die abwechslungsreiche und ungewöhnliche Art der wendungsreichen Geschichte, ganz besonders die poetischen Momente, die nicht ausbleiben, wenn es um eine Nonne geht und sich die Handlung in einem Kloster abspielt. Es gab kein Wort zu viel, keine unnötige Füllmenge und mit der Seitenzahl erhöht sich auch das Tempo und die Spannung. Ein düsteres Debüt mit einzigartiger Heldin und packendem Fall in New Orleans, welches mich sehr überraschen konnte.

Veröffentlicht am 05.08.2024

Abwechslungsreich und unterhaltsam

Genau so, wie es immer war
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Sehr umfassend, auf über 700 Seiten, erzählt Claire Lombardo mit faszinierender Beobachtungsgabe eine Familiengeschichte, in dessen Zentrum die 57-jährige Julia steht, die versucht ihre Familie zusammenzuhalten. ...

Sehr umfassend, auf über 700 Seiten, erzählt Claire Lombardo mit faszinierender Beobachtungsgabe eine Familiengeschichte, in dessen Zentrum die 57-jährige Julia steht, die versucht ihre Familie zusammenzuhalten. Als sie am 60. Geburtstag ihres Mannes im Supermarkt einer alten Freundin begegnet (Helen - eine Figur, dir mir besonders gefallen hat), beginnt die abwechselnde Reise in Vergangenheit und Gegenwart als Mutter zweier Kinder, Ehefrau und Freundin. Es ist ein Blick hinter die Fassade, die zwischenmenschliche Probleme in der Beziehung und Elternschaft zeigt. Bedeutend ist auch die Mutter-Tochter-Beziehung, die von einem schwierigen Verhältnis geprägt ist. Insgesamt gibt es ein paar Längen, aber es entsteht ein umfassendes Bild von Julia und dem Familienleben, dessen vielschichtige Entwicklungen und Verbindungen nahbar geschildert werden. Claire Lombardo greift dabei viele zeitgemäße Themen auf, die eine abwechslungsreiche Sichtweise ermöglichen und eine unperfekte Frau zeigen, die eine Fassade aufrecht erhalten möchte. Der versprochene Humor zeigt sich nur dezent in den Dialogen. Julias zynische Art lockert den Roman aber entsprechend auf.

Fazit: Eine abwechslungsreiche und unterhaltsame Familiengeschichte zum miterleben, mit nahbarer weiblicher Hauptfigur und umfassendem Charakterbild.