Vom Frieden finden mit der eigenen Vergangenheit
Unter Wasser ist es stillMaira hat es nicht leicht gehabt in ihrer Kindheit und Jugend. Ihren Vater hat sie nie kennen gelernt (er kommt im Buch auch nicht vor), sie wächst alleine bei ihrer alleinerziehenden Mutter Kathi auf. ...
Maira hat es nicht leicht gehabt in ihrer Kindheit und Jugend. Ihren Vater hat sie nie kennen gelernt (er kommt im Buch auch nicht vor), sie wächst alleine bei ihrer alleinerziehenden Mutter Kathi auf. Kathi ist sehr bemüht, Maira eine möglichst schöne Kindheit zu ermöglichen. Umso mehr, als sie das Damoklesschwert kennt, das darüber hängt: mit noch nicht einmal 40 Jahren hat sie eine seltene, unheilbare und schnell voranschreitende Form der früh einsetzenden Demenz. Solange es noch möglich ist, kämpft Kathi dagegen an, und sie schafft besondere Erinnerungsstücke für Maira: viele einzelne Briefe, in denen sie gemeinsame Erlebnisse schildert, damit diese für ihre Tochter erhalten bleiben.
Auch weitere Lichtblicke gab es in Mairas Kindheit und Jugend: tiefe Freundschaften mit den Kindern Anne und Jasper und die gemeinsame Liebe zur Natur, zur Ostsee und den darin lebenden Kreaturen. Leider schreitet Kathis Demenz in Mairas Jugend rapide voran und die Tochter wird aufgerieben zwischen der Pflege der Mutter und dem Versuch, deren Krankheit vor der Außenwelt so gut wie möglich zu verstecken... bis schließlich die Mutter tragisch ums Leben kommt.
Im Buch lernen wir zwei Mairas kennen: die kindliche und jugendliche Maira sowie die Maira knapp 20 Jahre nach dem Unglück, die sich ein Frankfurt ein neues Leben aufgebaut hat, als Restaurateurin arbeitet und versucht, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen... bis die Umstände sie dazu bringen, noch einmal für kurze Zeit in ihre alte Heimat zurückzukehren, mit dem Plan, ihr seit langem leer stehendes Elternhaus zu räumen und zu verkaufen. Und dort kommt es natürlich zu verschiedenen Begegnungen mit den Menschen aus ihrer Vergangenheit, etwa mit Jasper und Anne (bei denen wir auch miterleben, was aus ihren Träumen und Wünschen geworden ist und welche Leben sie nun leben), und so einigen weiteren.
Wir erleben beim Lesen eine freundliche Welt... tragisch ist Kathis Schicksal und dessen Auswirkungen auf ihre Tochter... aber ansonsten kommen überwiegend herzliche, unterstützende, wohlwollende Charaktere vor... sympathisch und doch vielschichtig und damit authentisch, mit gelegentlichen kleinen menschlichen Schwächen, aber grundsätzlich sehr liebenswert. Es tut gut, ein Buch zu lesen, in dem die Menschen so liebenswert sind und so gut aufeinander schauen.
Wunderschön sind auch die vielen Schilderungen des Kontakts von Maira (und auch der anderen Jugendlichen) mit der Natur und insbesondere mit dem Meer und ihre Sensibilität und ihr Einsatz für Naturschutz. In einer besonders berührenden Szene schwimmt Maira mit Schweinswalen, zu denen sie eine besondere Verbindung spürt.
"Unter Wasser ist es still" ist also ein sehr schönes, angenehmes und gerade in seinem ruhigen Tempo sehr wohltuendes Debüt, das ich mit viel Freude gelesen habe und wärmstens empfehlen kann.