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Veröffentlicht am 08.09.2024

Die Geschichte eines Landstrichs am Beispiel seiner Frauen

Die Frauen von Maine
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J. Courtney Sullivan nimmt die Leser mit in den Norden der USA, in den Bundesstaat Maine, New England. Die hübschen Küstenstädtchen, die prachtvollen viktorianischen Häuser, der traumhaft schöne Indian ...

J. Courtney Sullivan nimmt die Leser mit in den Norden der USA, in den Bundesstaat Maine, New England. Die hübschen Küstenstädtchen, die prachtvollen viktorianischen Häuser, der traumhaft schöne Indian Summer – das verbinden Touristen mit diesem Landstrich.

Die Autorin erzählt dessen Geschichte am Beispiel von Frauen, die dort gelebt haben. Verbindendes Element ist ein altes, viktorianisches Haus auf den Klippen, in dem Generationen von Frauen miteinander auf irgendeine Weise interagiert haben.

Da ist die neureiche Genevieve, die das Haus umbauen lässt, und für einen Pool illegal einen alten Familienfriedhof entfernen lässt, was im wahrsten Sinne des Wortes die Geister der Vergangenheit heraufbeschwört.

Da ist Jane, die das verfallene viktorianische Haus als Teenager bewunderte und als Zufluchtsstätte aufsuchte – nicht wissend, dass es auch mit ihrer eigenen Familiengeschichte verbunden ist.

Da ist Hannah, die Frau eines Kapitäns, die vor Jahrhunderten in diesem Haus auf die Rückkehr ihres Mannes wartete – und von der Klippe aus mit ansehen musste, wie sein Schiff sank, kurz bevor es den Heimathafen erreichte.

Und da ist Eliza, die zur religiösen Gemeinschaft der Shaker gehört und Hannah als Dienstmädchen unterstützt – und sehr schnell sehr viel mehr für Hannah wird als nur eine Haushaltshilfe.

Kunstvoll verwebt die Autorin die Geschichten der Frauen von Maine, die das Leben rund um das Haus auf den Klippen prägten und in die Gegenwart führten. Es werden viele Themen angeschnitten, die die Geschichte des Landstrichs maßgeblich beeinflussten – so zum Beispiel auch die der indigenen Bevölkerung und ihres kulturellen Erbes. Als Leser bekommt man einen Einblick, wie mit diesen Menschen umgegangen wurde, wieviel Unrecht ihnen wiederfahren ist, aber auch, wie schwer es für die heutigen Nachfahren ist, diese leidvolle Geschichte aufzuarbeiten.

Mit dem Thema Geister und Reinkarnation begibt sich die Autorin auch ein wenig in spirituelle Gefilde. Dass ihre Geschichte auch diesbezüglich gut recherchiert ist, kann man dem Nachwort entnehmen. Die im Roman geschilderten Szenen beruhen auf umfangreichen Recherchen dazu, wie ein sogenanntes Medium arbeitet und versucht mit Verstorbenen in Kontakt zu treten. Auch die geschilderte spirituelle Großveranstaltung ist nicht allein der Fantasie der Autorin entsprungen.

Will man diesen Roman genießen, sollte man Aufgeschlossenheit gegenüber spirituellen Themen mitbringen, sich für amerikanische Geschichte interessieren und die doch anspruchsvolle Konstruktion des Romans nicht scheuen. Dadurch, dass die Geschichten der Frauen doch sehr miteinander verwoben erzählt werden, ist aufmerksames Lesen gefordert, obwohl es sich um einen Unterhaltungsroman handelt. Ich selbst empfand das Lesen teilweise als etwas mühsamer als bei vergleichbaren Geschichten, wobei ich nicht richtig benennen kann, woran das lag. Vielleicht war es die Struktur des Romans, vielleicht waren es die vielen Personen, die alle in irgendwelchen Verbindungen zueinander standen.

Mir hat es viel Spaß gemacht, den Roman und mit ihm die Geschichte Maines zu entdecken. Ich wurde durch das Buch behutsam auf die sensiblen Themen in der Geschichte des Landstrichs aufmerksam gemacht und das Buch wird mir in guter Erinnerung bleiben.

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Veröffentlicht am 01.09.2024

Liebenswerte Geschichte aus der Welt der Wissenschaft

Pi mal Daumen
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Sie treffen sich im Einführungskurs zum Mathematikstudium: Moni Kosinsky, Ü50, Oma von drei Enkeln, schrill gekleidet, mit Helfersyndrom. Und Oscar, 16, Mathe-Nerd, Überflieger-Schüler, leicht autistisch. ...

Sie treffen sich im Einführungskurs zum Mathematikstudium: Moni Kosinsky, Ü50, Oma von drei Enkeln, schrill gekleidet, mit Helfersyndrom. Und Oscar, 16, Mathe-Nerd, Überflieger-Schüler, leicht autistisch. Können zwei so unterschiedliche Menschen befreundet sein?

Ja, das können sie – auch wenn Oscar eher unfreiwillig in diese Freundschaft geworfen wird und Moni in der ihr eigenen Art etwas zu forsch an die Sache herangeht. Letztlich erkennen sie, wie viel sie einander geben können und profitieren voneinander.

Die gesamte Geschichte ist aus Oscars Sicht geschrieben und seine Weltsicht ist faszinierend und schrullig zugleich. Einerseits ist er ein Genie im abstrakten Denken, andererseits hat er Probleme, ironische Sätze seiner Mitmenschen zu verstehen. Aber insgesamt zeichnet die Autorin hier das Bild eines sehr liebenswerten jungen Mannes, der für Mathematik brennt und dessen größter Wunsch es ist, zu den ganz Großen in diesem Bereich der Wissenschaft zu gehören.

Monis Motive für ihr spätes Studium erschließen sich nur langsam. Sie avanciert zwar schnell zu einer beliebten Kommilitonin (und auch irgendwie zu einer Institution im Hörsaal), aber ihre wirkliche Geschichte bleibt lange Zeit verborgen.

Es ist spannend, gemeinsam mit Oscar Monis Geschichte auf den Grund zu gehen und dabei die Entwicklung ihrer Freundschaft zu erleben.

Einzig das Ende dieser Geschichte war für mich nicht ganz befriedigend – da hätte ich mir noch ein paar mehr Antworten erhofft. Für mich blieb einiges im Dunkeln, das aus meiner Sicht eine klarere Erläuterung verdient gehabt hätte.

Fazit:
Wer einmal abtauchen will in die „vierte Dimension“ und die faszinierende Welt der Mathematiker und gleichzeitig einen warmherzigen Roman über Freundschaft lesen möchte, der ist mit dieser Geschichte gut beraten!

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Veröffentlicht am 25.08.2024

Sehr ausführlich erzählte Familiengeschichte

Warte auf mich am Meer
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Die Idee zu dieser Familiengeschichte hat mir gefallen, der Klappentext versprach eine etwas melancholische Rückschau auf ein ganzes Leben und zwei Liebende, die auch im Alter noch fest zusammenhalten. ...

Die Idee zu dieser Familiengeschichte hat mir gefallen, der Klappentext versprach eine etwas melancholische Rückschau auf ein ganzes Leben und zwei Liebende, die auch im Alter noch fest zusammenhalten. Genau das habe ich mit diesem Roman auch bekommen - allerdings seeeeehr ausführlich erzählt.

Wir lernen in diesem Roman Evelyn und Joseph kennen, die sich schon seit Kindertagen kennen. Ihre Liebes- und Lebensgeschichte wird immer abwechselnd erzählt mit Sequenzen aus den Jahren 2001/2002. Im Juni 2001 beichtet Evelyn ihren erwachsenen Kindern, dass sie eine schwere Krankheit hat und sie mit ihrem Mann daher den Entschluss gefasst hat, in genau einem Jahr - mutmaßlich bevor sie endgültig zum Pflegefall wird - ihrem Leben ein Ende zu setzen. Und ihr Mann Joseph möchte sie begleiten, da er sich ein Leben ohne seine Frau nicht vorstellen kann. Ihr letztes Jahr wollen sie in vollen Zügen genießen und bitten ihre Kinder, es mit ihnen gemeinsam zu einem wunderbaren Jahr zu machen.

Die Kinder aber sind entsetzt - wie können die Eltern sie einfach verlassen wollen? Letztlich hadern alle mit diesem Schritt, wollen die Zeit jedoch tatsächlich nutzen. Während es Evelyn zunehmend schlechter geht, versuchen alle, ihr so viel Normalität wie möglich zu bescheren. Doch das gesetzte Datum rückt immer näher…

Zwischen diesen Episoden schaut man immer wieder in die Vergangenheit und erlebt mit Evelyn und Joseph gute und schlechte Zeiten einer Ehe. Zweifel, manchmal auch Verzweiflung, doch auch immer wieder aufflammende Liebe, die mit den Jahren einer tiefen Verbundenheit weicht.

Amy Neff erzählt von einer Ehe, die genau so gewesen sein könnte. Und von einem Lebensabend, der mit genau den Problemen belastet ist, vor dem viele ältere Paare Angst haben. Wer geht zuerst? Wie soll es nach so vielen Jahren ohne den anderen weitergehen? Kann es überhaupt weitergehen?

Dieses wirklich realitätsnahe Thema wurde aus meiner Sicht zwar grundsätzlich gut umgesetzt, doch die ausschweifenden Schilderungen jeglicher Familienszenen waren mir etwas zu viel. Aus meiner Sicht hätte der Roman deutlich gekürzt werden müssen, um nicht langatmig zu wirken. Gefühlt wurden die gleichen Probleme und Sorgen 10-20 mal angesprochen und ich hatte mitunter den Eindruck, ich würde in zähem Teig waten. Für mich ging die Geschichte einfach nicht nach vorne sondern drehte sich in weiten Teilen um sich selbst. Etwas mehr Dynamik hätte dem Buch gut getan - dann wäre es ein wirklich toller Roman übers Älterwerden und die daraus entstehenden familiären Probleme geworden. Die Autorin schreibt durchaus einfühlsam und ich konnte die Ängste der Protagonisten sehr gut nachvollziehen. Aber mir fehlte einfach etwas Schwung in dem Buch.

Vielleicht gibt es ja Leser, die sich gern sehr ausführlich mit Familiengeschichten befassen möchten - für diese ist das Buch sicherlich eine große Leseempfehlung wert.


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Veröffentlicht am 24.08.2024

Vorne hui, hinten... naja

Ehemänner
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Was mit einer grandiosen Idee und genialen Szenen begann, wurde zum Ende hin arg konstruiert und nichtssagend.

Es geht um einen geheimnisvollen Dachboden, der nach Laurens Teilnahme an einem Junggesellenabschied ...

Was mit einer grandiosen Idee und genialen Szenen begann, wurde zum Ende hin arg konstruiert und nichtssagend.

Es geht um einen geheimnisvollen Dachboden, der nach Laurens Teilnahme an einem Junggesellenabschied plötzlich Ehemänner "ausspuckt". Sobald sie einen auf den Dachboden zurück schickt, kommt der nächste die Leiter herunter. Was Lauren anfangs schockiert und irritiert, macht ihr zunehmend Spaß, denn sie kann ihre Keben wechseln wie in einem Videospiel... Doch irgendwann wird sie der Situation überdrüssig - bekommt sie den Dachboden in den Griff? Kann sie dessen Geheimnis lüften?

Nun, das sind die Fragen, die jeden Leser dieser Geschichte bei der Stange halten. Und das Ende war für mich leider eine herbe Enttäuschung.

Deshalb kann ich trotz tollem Schreibstil, durch den man nur so hindurchfliegt und einer grundsätzlich genialen Plotidee nur 3,5 Sterne vergeben. Da wurde viel versprochen, aber die zweite Hälfte des Buches kann das leider nicht halten.

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Veröffentlicht am 10.08.2024

Typisch irisch - melancholisch, etwas schroff, aber liebenswert!

Wellengang
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Anne Griffin hat in diesem Roman zwei Themen miteinander verwoben: Heimat und das Leben nach einem großen Verlust. Jedes der beiden Themen hat gewissermaßen einen Erzählstrang und eine eigene Geschichte.

Verbunden ...

Anne Griffin hat in diesem Roman zwei Themen miteinander verwoben: Heimat und das Leben nach einem großen Verlust. Jedes der beiden Themen hat gewissermaßen einen Erzählstrang und eine eigene Geschichte.

Verbunden sind diese Geschichten in der Protagonistin Rosie Driscoll. Rosie wuchs auf einer kleinen Insel vor der Küste Irlands auf, ihr Vater war Kapitän der Inselfähre und das war auch Rosies Traum: Kapitänin werden. Sie erfüllte sich diesen Traum und hielt schon mit Anfang 20 ihr Kapitänspatent in der Hand. Doch das Schicksal mischte die Karten neu, als sie ihren späteren Ehemann Hugh kennenlernte. Für ihn verließ sie die Insel und zog nach Dublin. Sie bekamen zwei Kinder, hatten ein hübsches Haus - eine typische Mittelklassefamilie eben.

Als ihre 17jährige Tochter Saoirse (sprich: Sier-scha) eines Nachmittags spurlos verschwindet, wird das Leben der Familie auf den Kopf gestellt. Auf die ersten fieberhaften Wochen der Suche folgen lange Monate zwischen Hoffen und Bangen, die schließlich einer gewissen Resignation weichen, als Saoirse immer noch nicht gefunden ist. Nur Rosie gibt die Hoffnung nicht auf, dass ihre Tochter lebt. Und sie verliert sich selbst dabei.

8 Jahre nach dem Verschwinden des Mädchens erleidet Rosie einen Zusammenbruch und kehrt Dublin den Rücken. Sie flieht auf ihre Heimatinsel und versucht, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

Dort setzt das Buch an - es startet mit Rosies Ankunft auf der Insel. Der Rest der Geschichte wird in Rückblenden erzählt. Zwischen den Kapiteln erfährt man jeweils mit 1-2 Sätzen ganz langsam die wahre Geschichte über Saoirses Verschwinden.

Auf mich machte das Buch irgendwie einen zweigeteilten Eindruck. Einerseits die Geschichte um die Inselfähre, andererseits die Geschichte einer Mutter, die mit der Ungewissheit über das Schicksal ihrer Tochter leben muss. Da der zweite Erzählstrang aber eine solche Wucht hatte, blieb der andere Erzählstrang für mich immer ein wenig blass und irgendwie „lapidar“.

Mir persönlich hätte das Buch wohl noch besser gefallen, wenn sich die Autorin gar nicht weiter der Rahmengeschichte, sondern nur dem Porträt von Rosie als Mutter gewidmet hätte. Ihre verzweifelten Versuche, auch nach Jahren die Hoffnung zu bewahren, dass ihr Kind noch lebt, waren so eindringlich und kraftvoll, dass das locker das ganze Buch getragen hätte. Auch wenn die Geschichte dann wahrscheinlich noch melancholischer gewesen wäre - sie wäre auch noch einmal intensiver gewesen und das hätte für mich das I-Tüpfelchen der Geschichte ausgemacht.

Ich hätte es auch gern gehabt, wenn Saoirses Geschichte nicht nur in diesen kurzen Teasern zwischen den Kapiteln erzählt worden wäre (oder besser: nur angedeutet, denn mehr ist in dem Umfang ja nicht möglich), sondern wenn sie in eigenen Kapiteln zwischen denen über ihre Mutter mehr Raum bekommen hätte. Ich muss auch sagen - so richtig logisch war mir die Art, wie und warum Saoirse verschwindet, nicht. Da fehlen mir auch nach Beendigung des Buches noch Puzzleteile und das ärgert mich ein wenig.

Insgesamt fand ich den Roman sehr lesenswert - insbesondere Rosies Geschichte als Mutter eines verschwundenen Mädchens war sehr anrührend und hat mich tief bewegt. Wer auch im Sommer nicht vor einer etwas melancholischen Geschichte zurückschreckt und psychologischen Tiefgang in Büchern schätzt, ist mit diesem Roman gut beraten!

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