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Veröffentlicht am 11.08.2024

Abschied auf Raten

Der Bademeister ohne Himmel
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Bei diesem Roman hat mich das Cover direkt angesprochen. Unter dem Titel konnte ich mir zunächst wenig vorstellen, aber, nachdem ich das Buch gelesen habe, erscheint er mir sehr passend gewählt.

Protagonistin ...

Bei diesem Roman hat mich das Cover direkt angesprochen. Unter dem Titel konnte ich mir zunächst wenig vorstellen, aber, nachdem ich das Buch gelesen habe, erscheint er mir sehr passend gewählt.

Protagonistin des Romans ist die 15-jährige Linda, die wenig mit Gleichaltrigen anfangen kann, abgesehen von Kevin, ihrem einzigen Freund. Dreimal in der Woche verbringt Linda Zeit bei Hubert, einem 86-jährigen ehemaligen Bademeister, der vor sieben Jahren seine Frau verloren hat und unter Demenz leidet. Daher hat seine Tochter die polnische Pflegekraft Ewa engagiert, die bei Hubert wohnt und sich manchmal etwas unkonventionell, aber sehr liebevoll um den alten Mann kümmert. Linda versucht Ewa etwas zu entlasten und Hubert das Leben unter diesen Bedingungen etwas angenehmer zu machen, auch wenn er immer weiter abbaut.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Er beschäftigt sich mit einem sehr wichtigen Thema und bringt dem Leser die Krankheit Demenz näher. Linda geht bewundernswert unverkrampft mit Hubert um und macht oft intuitiv das, was ihm gut tut, obwohl sie keinerlei pflegerische Ausbildung hat. Aber auch ihr tun Hubert und Ewa gut. Die Autorin schildert diese ungewöhnliche Freundschaft sehr anschaulich, sensibel, zugleich aber auch mit einer Prise Humor, ohne, dass es jemals zu plump wird. Der Schreibstil war angenehm und flüssig lesbar. Aber natürlich ist es keine komplett leichte Kost, insbesondere für Menschen, die selbst mit dem Thema Demenz im engeren Umfeld konfrontiert sind oder waren.

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Veröffentlicht am 11.08.2024

Gegenwart und Vergangenheit

Die Toten von Veere. Ein Zeeland-Krimi
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Dieser Krimi spielt in den Niederlanden der Gegenwart, aber auch die Vergangenheit zur Zeit der Besatzung durch die Nationalsozialisten spielt eine Rolle.

Liv de Vries, Hoofdinspecteur der Landespolizei ...

Dieser Krimi spielt in den Niederlanden der Gegenwart, aber auch die Vergangenheit zur Zeit der Besatzung durch die Nationalsozialisten spielt eine Rolle.

Liv de Vries, Hoofdinspecteur der Landespolizei wird von ihrem Vorgesetzten nach Zeeland geschickt, um dort in einem Vermisstenfall zu ermitteln. Damit soll sie aus der Schusslinie genommen werden, nachdem sie einen vermeintlichen Islamisten erschossen hat, der in Wirklichkeit nur ein Kleinkrimineller war. Liv soll im Vermisstenfall Rob van Loon ermitteln und stößt dabei schnell auf dessen Vergangenheit in der rechten Szene und einen weiteren Vermisstenfall. Vor vielen Jahren ist nämlich ein Mädchen mit Migrationshintergrund ebenfalls in Veere verschwunden und Rob war verdächtig, etwas damit zu tun zu haben.

Ich fand den Krimi sehr interessant und spannend, da er die Vergangenheit mit der Gegenwart verbindet und dabei auch die sehr aufgeheizte politische Stimmung mit dem Erstarken der Rechtspopulisten in den Niederlanden mit einbezieht. Der Schreibstil war gut lesbar und auch die Charaktere der Ermittelnden waren mir sympathisch. Was den Fall selbst angeht, blieb es lange spannend, was den Täter und insbesondere die Zusammenhänge zwischen damals und heute angeht.

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Veröffentlicht am 30.07.2024

Trümmerliteratur 2.0

Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null
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Theresia Graws neuester historischer Roman spielt in Bad Oeynhausen nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Der ehemals mondäne Kurort wurde zum Hauptquartier der britischen Rheinarmee, was zur Folge hatte, ...

Theresia Graws neuester historischer Roman spielt in Bad Oeynhausen nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Der ehemals mondäne Kurort wurde zum Hauptquartier der britischen Rheinarmee, was zur Folge hatte, dass es Bewohner und Geschäftsleute den Ortskern räumen mussten. Auch Anne und der Teil ihrer Familie, der den Krieg überlebt hat, müssen ihr Kurhotel an die britischen Besatzer übergeben und in eine Baracke außerhalb des Zentrums ziehen. Ihre Jugendfreundin Rosalie fängt dagegen schon bald an, für die Briten zu arbeiten, indem sie im Offiziersclub bedient, der sich ausgerechnet im ehemaligen Hotel von Annes Familie befindet.

Nachdem ich schon mehrere historische Romane gelesen habe, in denen es um das Leben in der sowjetischen oder in der amerikanischen Besatzungszone nach dem Zweiten Weltkrieg ging, bot dieser Roman noch einmal eine andere Perspektive. Die Autorin schilderte sehr eindrucksvoll, wie es für die Bewohner:innen Bad Oeynhausens war, plötzlich ihre eigene Stadt nicht mehr betreten zu dürfen. Und zu all dem kamen natürlich auch die Entbehrungen der Nachkriegszeit, unter denen alle Menschen zu leiden hatten. Auch das zwiespältige Verhältnis zwischen Deutschen und Briten wird gut deutlich. Zugleich werden die Briten auch sehr vielschichtig dargestellt und nicht darauf reduziert, die Deutschen zu schikanieren. Anne und Rosalie als Protagonistinnen waren mir sehr sympathisch, wie sie trotz alles Leids nie aufgaben. Der Schreibstil der Autorin war gut lesbar und die historischen Begebenheiten wirkten sorgfältig recherchiert.

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Veröffentlicht am 30.07.2024

Was glücklich macht

Zeit der Schwestern
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"Traubenfest" ist der dritte und (vorerst) letzte Teil einer Reihe um drei Schwestern, deren Vater Bodenseeschiffe betreibt, die aber alle einen eigenen Weg für sich gefunden haben, auch wenn sie der Heimat ...

"Traubenfest" ist der dritte und (vorerst) letzte Teil einer Reihe um drei Schwestern, deren Vater Bodenseeschiffe betreibt, die aber alle einen eigenen Weg für sich gefunden haben, auch wenn sie der Heimat treu geblieben oder in diese zurückgekehrt sind.

Diesmal steht Veri, die älteste der Schwestern im Mittelpunkt der Handlung. Sie hat einen Winzer geheiratet, der allerdings sehr konservativ denkt, während sie Innovationen im Weinbau gegenüber sehr aufgeschlossen ist. Und auch ansonsten läuft es nicht mehr wirklich rund in ihrer Ehe und sie fühlt sich oft nicht als gleichberechtigte Partnerin. Ihre gemeinsame Tochter Rosalie wird langsam flügge. In dieser Situation begegnet Veri einem Winzer auf der Insel Reichenau, der ganz anders an den Weinbau herangeht und auch ihr viel aufgeschlossener und liebevoller gegenüber tritt als ihr Ehemann. Aber auch Veris Schwestern Caro und Romy und ihre frisch getrennten Eltern spielen immer wieder eine Rolle.

Mir haben sowohl die Reihe als auch dieser dritte Teil sehr gut gefallen. Die Covergestaltung hat Wiedererkennungswert, immer zur jeweiligen Schwester und zur Jahreszeit, zu der sich alles zuträgt, passend. Hier nun die Weinreben im Spätsommer. Veri war mir, ebenso wie ihre Schwestern, sehr sympathisch und mir fiel es nicht schwer, mich in sie hineinzuversetzen, da es der Autorin gut gelingt, Veris Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen. Sie verhält sich altersangemessen und nicht naiv oder überstürzt, sodass alles recht realistisch blieb. Auch Lokalkolorit war in Form des Weinbaus am Bodensee, der Schifffahrt, den Inseln Reichenau und Mainau und auch der anderen Orte um den See herum immer wieder vorhanden. Der Schreibstil der Autorin war dabei gut lesbar und anschaulich.

Eigentlich hätte die Geschichte um die drei Schwestern noch Potenzial für mehr, auch wenn es sich um eine Trilogie handelt, die nun abgeschlossen ist. Von daher fände ich es schön, wenn es trotzdem noch eine Fortsetzung gibt, vielleicht zumindest eine Weihnachtsausgabe, die aufgreift, wie das Leben von Caro, Romy und Veri und auch ihren Eltern weiterging.

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Veröffentlicht am 17.07.2024

Alles kommt anders

Die Unvollkommenheit des Glücks
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Auf den ersten Blick hatte ich bei diesem Buch die Befürchtung, dass das Thema Selbstfindung und Selbstliebe zu sehr im Mittelpunkt stehen könnte und weniger eine konkrete Handlung. Irgendwie haben die ...

Auf den ersten Blick hatte ich bei diesem Buch die Befürchtung, dass das Thema Selbstfindung und Selbstliebe zu sehr im Mittelpunkt stehen könnte und weniger eine konkrete Handlung. Irgendwie haben die Covergestaltung und der Titel bei mir diese Erwartung geweckt, aber ich wurde positiv überrascht.

Im Mittelpunkt eines der beiden Handlungsstränge steht der Ingenieur Lew, der sich zunächst freiwillig für den Kriegsdienst als Pilot meldet, aber dann schnell erkennt, wie viel Unrecht und unnötiges Leid auch er so mit verursacht. Die andere Protagonistin ist Ana, deren Wurzeln väterlicherseits auch in Lews Heimat liegen, die aber in einem friedlichen Land weiter im Westen Europas lebt. Sie hadert mit ihrer Trennung und damit, nun wohl endgültig kinderlos zu bleiben.

Inwiefern beide Handlungsstränge miteinander in Verbindung stehen könnten, lässt sich zunächst nur erahnen, bevor sich nach und nach alles ineinander fügt. Dabei wird teilweise auch sehr ungeschönt über die Grausamkeit des Kriegs und all das, was Menschen den Einwohnern ihres Nachbarlandes, die plötzlich ihre Feinde sind, berichtet. Gleichzeitig geht es aber auch darum, wie man trotzdem Mensch bleiben und noch irgendwie die Hoffnung behalten kann. Was Ana angeht, erkennt sie mehr und mehr, was ihr wirklich wichtig ist, für ihr Leben und, dass sich ursprüngliche Ziele auch mal ändern dürfen und man den Mut aufbringen sollte, das Alte hinter sich zu lassen.

Die Autorin beschreibt all das in einem sehr anschaulichen (was das Kriegsgeschehen angeht, zudem auch ungeschönt realistisch) und sprachgewaltigen Stil mit unzähligen sprachlichen Bildern und vielen weisen Worten, die das, was sie aussagen möchte, sehr gut auf den Punkt bringen. Dennoch ist der Roman gut und flüssig lesbar und bietet einige neue Perspektiven auf das Leben. Er ist sicher keine leichte Kost, lässt am Ende aber auch ganz viel Hoffnung zu.

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