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Veröffentlicht am 12.08.2024

Ein fesselnder Regiokrimi

Der Teufel vom Brocken
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Inhalt: 1989. Die Berliner Mauer ist seit knapp einem Monat geöffnet, nicht aber der Brocken. Daher ziehen aus dem Harzer Umland verschiedene Studierendengruppen am 1. Advent gen Brocken, um diesen friedlich ...

Inhalt: 1989. Die Berliner Mauer ist seit knapp einem Monat geöffnet, nicht aber der Brocken. Daher ziehen aus dem Harzer Umland verschiedene Studierendengruppen am 1. Advent gen Brocken, um diesen friedlich zu befreien. Doch eine Gruppe aus Clausthal-Zellerfeld wird nach den Festivitäten vermisst. Zwar werden kurze Zeit später die Leichen der Studierenden entdeckt – allesamt verstümmelt und seltsam über eine große Fläche verteilt –, doch in den Wirren der Wendezeit verlaufen die Ermittlungen schleppend, Ost und West haben Verständigungsschwierigkeiten. Erst Monate später bilden drei Verbindungsbeamte des BKA und ein Kriminalist der DDR eine grenzübergreifende Untersuchungskommission, die versucht, das Schicksal der Studierenden zu klären…

Persönliche Meinung: „Der Teufel vom Brocken“ ist ein Regiokrimi von Eva-Maria Silber. Er spielt – wie der Titel schon ankündigt – im Harz: So sind das Brockenplateau und die Wälder rundherum ebenso wichtige Handlungsorte wie die Städte Clausthal-Zellerfeld, Braunlage, Schierke und Halberstadt. Die Handlungsorte – insbesondere der Brocken mit seinen Wäldern – werden anschaulich und atmosphärisch dicht beschrieben, sodass ein schönes Kopfkino entsteht (und man – sofern man die Orte schon mal besucht hat – einiges Bekanntes wiederfindet). Erzählt wird die Handlung aus mehreren Perspektiven, wobei allerdings – je weiter die Handlung voranschreitet – zwei Hauptperspektiven hervorstechen: Thomas Düvel, ein systemkritischer Kriminalist aus der DDR, und Cassandra von Lucadou, eine Verbindungsbeamtin des BKA, die sich wenig mit der DDR auskennt (sodass es mehrfach zu einer Art Kulturschock für sie kommt). Spannung zieht der Krimi insbesondere aus der rätselhaften Auffindesituation der Studierenden sowie deren schwer zu erklärenden Verletzungen. Daneben ergeben sich auch in dem Privatleben der beiden Ermittlerfiguren Spannungsmomente. Zu Beginn des Krimis gibt es zwar einzelne Wiederholungen (die neu zusammengesetzte Kommission wird über den Fall informiert, wobei Informationen benannt werden, die man als Lesender schon kennt), allerdings entwickelt sich danach eine sehr fesselnde Handlung. Neben dieser Krimihandlung finden sich zudem auch immer wieder Verweise auf die Zeitgeschichte um 1989. Differenzen zwischen Ost und West spielen dabei genauso eine Rolle wie die generelle Unsicherheit, wie die Zukunft der beiden deutschen Staaten aussehen soll. Der historische Hintergrund, der fundiert recherchiert worden ist, wird dabei anschaulich in die Handlung eingeflochten. Der Schreibstil von Eva-Maria Silber lässt sich angenehm und flüssig lesen. Insgesamt ist „Der Teufel vom Brocken“ ein spannender Regiokrimi, der mit einer dreidimensionalen Beschreibung der Handlungsorte und einer fundierten historischen Recherche auftrumpft.

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Veröffentlicht am 05.08.2024

Ein Klassiker der Schauerliteratur

Mary Shelley, Frankenstein. Ein Schauerroman
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Inhalt: Der junge Stundent Viktor Frankenstein ist voller Tatendrang: Er liest Bücher, eignet sich Theorien an und setzt diese um – bis ihm Unsagbares gelingt: Er erschafft aus Totem ein lebendiges Wesen. ...

Inhalt: Der junge Stundent Viktor Frankenstein ist voller Tatendrang: Er liest Bücher, eignet sich Theorien an und setzt diese um – bis ihm Unsagbares gelingt: Er erschafft aus Totem ein lebendiges Wesen. Doch: Erschreckt von seiner Schöpfung, flüchtet er vor dem Wesen, überlässt es der Einsamkeit – was fatale Folgen mit sich zieht…

Persönliche Meinung: „Frankenstein“ von Mary Shelley ist einer der meistadaptierten und bekanntesten englischen Schauerromane. Erzählt wird die Handlung auf zwei Ebenen, in denen jeweils ein Ich-Erzähler auftritt. So liest man in einer Rahmenhandlung die Briefe des Abenteurers Robert Walton: Er befindet sich auf dem Weg zum Nordpol und trifft dabei auf Frankenstein, welcher ihm seine Lebensgeschichte darlegt. Diese Lebensgeschichte bildet die eigentliche Handlung von „Frankenstein“. Die Handlung ist insgesamt vielschichtig: Sie handelt von Forschergeist, der menschlichen Hybris, Zurückweisung und Hass auf die Menschheit. In diesem Spannungsfeld fand ich besonders zwei Aspekte interessant. Einerseits finden sich in der dichten, z. T. schauerlichen Beschreibung der Naturszenerien deutliche Anklänge an die Romantik, sodass dreidimensionale Kulissen entstehen und ein schönes Kopfkino ausgelöst wird. Andererseits ist der Roman eine kleine psychologische Studie, in der gewissermaßen durchgespielt wird, welche Folgen Isolation von anderen Menschen bzw. permanente Zurückweisungen haben können. Die vorliegende Ausgabe des Anaconda-Verlags folgt Shelleys Überarbeitung des Textes von 1831. Die deutsche Übersetzung stammt von dem österreichischen Übersetzer Friedrich Polakovics: Die Übersetzung hat dabei eine schöne „Patina“ und bildet den Originaltext – soweit ich es beurteilen kann – angemessen ab. Insgesamt ist „Frankenstein“ ein vielschichtiger Klassiker, der mit einer besonderen Atmosphäre auftrumpft – ein Roman zum immer wieder Lesen.

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Veröffentlicht am 24.07.2024

Ein leichtfüßiger sowie tiefgründiger Coming of Age-Roman

Der Trafikant
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Inhalt: Als der Gönner von Franz Huchel und seiner Mutter stirbt, muss der siebzehnjährige Franz eigenes Geld verdienen. Dafür schickt in seine Mutter nach Wien, zum Trafikanten Otto Trsnjek. Dort angekommen ...

Inhalt: Als der Gönner von Franz Huchel und seiner Mutter stirbt, muss der siebzehnjährige Franz eigenes Geld verdienen. Dafür schickt in seine Mutter nach Wien, zum Trafikanten Otto Trsnjek. Dort angekommen übt sich Franz aber nicht nur in die Arbeit eines Trafikanten ein; er verliebt sich auch – in die rätselhafte Anezka. Außerdem lernt er den bekanntesten Kunden der Trafik näher kennen: Sigmund Freud. Allerdings: Nicht alles ist positiv in Wien; die Nationalsozialisten greifen langsam, aber sicher nach der Macht…

Persönliche Meinung: „Der Trafikant“ ist ein historischer Coming of Age-Roman von Robert Seethaler. Erzählt wird die Handlung von einem auktorialen Erzähler, der aber meist in die Perspektive von Franz Huchel schlüpft. Franz ist, gerade zu Beginn der Handlung, ein eher unbedarfter Jüngling, der lediglich den dörflichen Mikrokosmos kennt und von der Donaumetropole Wien überwältigt ist. Mit der Zeit – vor allem durch seine beiden „Ersatzväter“ Otto und Sigmund Freud – reift er heran, wächst über sich hinaus und lernt, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Ein kleines Highlight sind für mich dabei die Dialoge, die Franz mit Sigmund Freud führt. Freud tritt hier nicht als verknöcherter, ernster Professor auf, sondern gibt dem jungen Franz handfeste, praxisnahe Ratschläge für dessen Leben (Die Szenen mit Freud werden meist mit einem Augenzwinkern erzählt). Generell ist der Erzählstil von „Der Trafikant“ poetisch und leichtfüßig, sodass der Roman sich flüssig lesen lässt. Der historische Hintergrund, vor dem die Handlung erzählt wird, ist die Eingliederung Österreichs in das nationalsozialistische Deutsche Reich 1938. Diese Eingliederung, zu deren Fortgang mehrfach Querverweise im Roman gemacht werden, wird stimmig in die Handlung eingefügt. Hierzu nur so viel: Die Eingliederung – und damit einhergehend der offene Nationalsozialismus/der Antisemitismus in Wien – wird nicht ohne Konsequenzen für die Protagonisten von „Der Trafikant“ bleiben. Insgesamt ist „Der Trafikant“ ein kurzweiliger historischer Coming of Age-Roman, der zudem insbesondere durch seinen historischen Kontext eine große Tiefe besitzt.

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Veröffentlicht am 24.07.2024

Eine abwechslungsreiche Horroranthologie

Red River Lane
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Inhalt: Es ist der 31. Oktober 2021. Über die Red River Lane wird, wie alle zehn Jahre, eine Ausgangssperre verhängt. Warum dies so ist? Darüber gibt es nur Gerüchte. Doch nicht jeder will sich an die ...

Inhalt: Es ist der 31. Oktober 2021. Über die Red River Lane wird, wie alle zehn Jahre, eine Ausgangssperre verhängt. Warum dies so ist? Darüber gibt es nur Gerüchte. Doch nicht jeder will sich an die Ausgangssperre halten, die Straße ist belebter, als sie sein sollte…

Persönliche Meinung: „Red River Lane“ ist eine Horroranthologie, an der zehn Autor*innen gemeinsam gearbeitet haben. Das Ergebnis sind 13 Kurzgeschichten (inklusive Prolog), die jeweils eine ganz besondere Note besitzen. So findet man sich in einer Geschichte in einer Psychiatrie wieder, begibt sich in anderen auf eine Mutprobe mit Jugendlichen, sucht ein verfallenes Herrenhaus auf oder begleitet ein nerdiges Mädchen auf der Mission, ihrem Schwarm ihre Gefühle zu gestehen. Jede Kurzgeschichte hat dabei ihren ganz besonderen Spannungsbogen und ihre individuelle Atmosphäre, sodass „Red River Lane“ insgesamt eine sehr abwechslungsreiche Lektüre ist. Das Besondere an der Anthologie: Die Kurzgeschichten verweisen – auf unterschiedliche Arten – aufeinander. Einerseits begegnet man in den Kurzgeschichten Figuren oder Gegenständen, die man bereits aus einer vorherigen kennt bzw. in einer nachfolgenden noch kennenlernen wird. Die Suche nach diesen „Easter Eggs“ macht wirklich Spaß; zudem entstehen ein paar schöne „Aha“-Momente. Darüber hinaus liefern einzelne Geschichten Mosaiksteinchen, mit denen sich nach und nach das große Geheimnis um die Ausgangssperre lösen lässt. Insgesamt ist „Red River Lane“ eine gruselige und spannende Horroranthologie, mit der man sich perfekt auf Halloween einstimmen kann.

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Veröffentlicht am 24.07.2024

Eine stimmungsvolle Einstimmung auf Halloween

Halloween in Finsterwald
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Inhalt: Halloween steht an. Tom, der einen Blog über paranormale Phänomene führt, begibt sich mit seinen Freunden nach Finsterwald; einem Ort, versteckt im Thüringer Wald, in dem sich Merkwürdiges ereignet ...

Inhalt: Halloween steht an. Tom, der einen Blog über paranormale Phänomene führt, begibt sich mit seinen Freunden nach Finsterwald; einem Ort, versteckt im Thüringer Wald, in dem sich Merkwürdiges ereignet haben soll. Währenddessen ist Larissa mit ihrem Ehemann Tilo auf dem Weg zu einer Halloweenparty. Bevor sie ankommen, werden sie allerdings von einem Polizisten abgefangen – dem es nicht nur um die Ahndung von Verstößen gegen die Verkehrsregeln geht. Leon, in Finsterwald aufgewachsen, setzt sich zeitgleich für die Fortführung einer blutigen Halloweentradition ein – doch plötzlich steht er selbst im Mittelpunkt dieser Tradition.

Persönliche Meinung: „Halloween in Finsterwald“ ist ein Horrorbüchlein von Maria Winter. Es handelt sich um den dritten Band ihrer Halloween-Reihe; jeder Band kann allerdings unabhängig von den anderen gelesen werden. Erzählt werden hier abwechselnd drei Handlungsstränge – Tom, Larissa und Leon – die (im weiteren Sinne) dem Surivivalhorror zugeordnet werden können. Jeder Handlungsstrang besitzt dabei einen ganz eigenen, besonderen Zug, sodass die Stränge sich voneinander unterscheiden und die Lektüre insgesamt abwechslungsreich ist. Eine große Stärke der Erzählung ist ihre dichte Atmosphäre: Insbesondere die Wälder um Finsterwald werden greifbar beschrieben und besitzen einen stimmigen Gruselfaktor. Spannung entsteht besonders durch die Cliffhanger am Ende der einzelnen Kapitel, sodass man unbedingt weiterlesen möchte. Der Erzählstil von Maria Winter ist anschaulich und lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Halloween in Finsterwald“ eine kurzweilige, spannende Lektüre, die sich besonders zur Einstimmung auf das Gruselfest eignet.

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