Profilbild von kdneumann

kdneumann

Lesejury Profi
offline

kdneumann ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit kdneumann über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.09.2024

Ein wenig zu ausschweifend erzählt, aber beeindruckend

Die Abschaffung des Todes
3

Der britische Journalist James Henry Windover leitet einen exklusiven Nachrichtendienst für Superreiche. Im Auftrag seiner wichtigsten Kundin reist er in das Silicon Valley, wo sich eine Gruppe hochkarätiger ...

Der britische Journalist James Henry Windover leitet einen exklusiven Nachrichtendienst für Superreiche. Im Auftrag seiner wichtigsten Kundin reist er in das Silicon Valley, wo sich eine Gruppe hochkarätiger Wissenschaftler um Investoren für ein Projekt bemüht, das ewiges Leben verspricht. Er soll seine Expertise darüber abgeben, ob an der Sache wirklich etwas dran ist. Dabei stößt er auf mysteriöse Vorfälle und Ungereimtheiten. Welche Rolle spielt Raymond Ferdurci, ein französischer Philosoph, dem für einen Millionenbetrag eine Kurzgeschichte abgekauft wurde? James Henry macht sich auf die Suche nach ihm, ohne zu ahnen, welche Lawine an gefährlichen Ereignissen er damit lostritt.
Die 654 eng bedruckten Seiten dieses Romans sind eine echte Herausforderung. Erzähler ist der liebenswert-verschrobene Brite James Henry, ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle. Sein mit trockenem Humor gewürzter Erzählstil machte mir den Einstieg leicht. Trotz der zahlreichen Figuren hatte ich keine Mühe, den Überblick zu bewahren.
Das zweite Viertel des Romans zieht sich scheinbar endlos hin. Okay, es geht um ein komplexes Thema mit philosophischen Ansätzen, aber eine etwas kürzere Abhandlung hätte meiner Meinung nach auch gereicht. Mitunter kam ich bei dem endlosen Palaver aus dem Gähnen nicht mehr heraus und war etwa in der Mitte schon versucht, das Buch zuzuklappen, weil irgendwie nichts mehr voranging.
Doch das änderte sich schlagartig. Mit dem Auftauchen von Raymond Ferdurci nahm die Handlung gehörig Fahrt auf, wenn auch in eine völlig andere Richtung als zu Beginn. Und so ging es bis zum Schluss weiter. Am Ende wurden mir alle Zusammenhänge sonnenklar.
Ein echter Thriller ist dieser Roman nicht, dazu zogen sich die einzelnen Handlungsstränge zu langatmig hin. Aber sprachlich ist er ein Meisterwerk. Herr Eschbach beherrscht die Kunst der stilvollen Selbstironie und nimmt sich dabei hin und wieder selbst auf die Schippe. Die Schlussszenen finde ich herzzerreißend.
Für den unnötig ausschweifenden Mittelteil ziehe ich einen Stern ab. Ansonsten würde ich sagen, Herr Eschbach hat eine neue Stammleserin gewonnen. Mich.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Thema
Veröffentlicht am 12.08.2024

Toughe chicas weinen nicht

Raiders of the Lost Heart
0

Als der attraktiven Archäologin Corrie Mejia die Teilnahme an einer Grabung im mexikanischen Dschungel angeboten wird, zögert sie nicht lange. Am Ziel angekommen, erfährt sie, dass der Leiter dieser Expedition ...

Als der attraktiven Archäologin Corrie Mejia die Teilnahme an einer Grabung im mexikanischen Dschungel angeboten wird, zögert sie nicht lange. Am Ziel angekommen, erfährt sie, dass der Leiter dieser Expedition niemand anderes als ihr alter Bekannter Ford Matthews ist, mit dem sie seit vielen Jahren in inniger Hassliebe verbunden ist. Sehr bald wird ihr klar, dass er sich für die Suche nach den Überresten des aztekischen Kriegers Chimalli den falschen Ort ausgesucht hat. Wird sie Ford von der Richtigkeit ihrer These überzeugen können? Und wird das Team das unermesslich wertvolle Opfermesser Tecpatl finden?
Angezogen von dem bildschönen Cover mit edlem Farbschnitt fiel mir der Einstieg in dieses Buch nicht schwer. Eine Hommage an Indiana Jones? So schien es zunächst. Der Schreibstil der Autorin ist humorvoll, und mehr als einmal musste ich über Corries freche Eskapaden schmunzeln. Die Anzahl der Figuren ist angenehm überschaubar, ihre Namen sind prägnant, man kann sie ohne Mühe auseinanderhalten. Erschienen zu Beginn der Handlung alle Charaktere sympathisch, so stellt sich bald heraus, dass es einen Verräter in ihrer Mitte gibt. Und der charismatische Held entpuppt sich als Schurke ersten Grades. Kleine Ungereimtheiten im Verlauf der Handlung muss man wegstecken. Auch hätte ich mir die einzelnen Kapitel etwas kürzer gewünscht. Der Mittelteil gestaltet sich zäh, die beiden Protagonisten drehen sich fortwährend im Kreis, aber zum Ende hin gibt es einen verblüffenden Twist, und die Handlung nimmt rasant an Fahrt auf.
Mich persönlich hat der zu sehr auf das Sexuelle gerichtete Fokus der Autorin gestört, was auf Kosten der Action geht. Auch sind die Ortsbeschreibungen dürftig, und die beiden Helden benehmen sich kindisch. Der Klappentext ist irreführend, er verspricht mehr Spannung als das Buch hält.
Dennoch überwiegt der positive Eindruck. Raiders Of The Lost Heart ist ein angenehm zu lesendes Buch für Urlaub, Strand und ereignisarme Abende.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.11.2023

Rücksturz in die frühen 1960er Jahre

Commissario Tasso treibt den Winter aus
3

Was als fröhliches Volksfest beginnt, bei dem traditionell der Winter ausgetrieben wird, endet in einem Blutbad. Ein junger Mann stirbt nach einem brutalen Messerangriff, ein zweiter wird verletzt. Commissario ...

Was als fröhliches Volksfest beginnt, bei dem traditionell der Winter ausgetrieben wird, endet in einem Blutbad. Ein junger Mann stirbt nach einem brutalen Messerangriff, ein zweiter wird verletzt. Commissario Tasso, der eher unfreiwillig an dem Umzug mit den gruseligen Schnappviechern teilnimmt, ermittelt, seine ehemalige Praktikantin Mara Oberhöller steht ihm wieder tatkräftig zur Seite. Aber niemand scheint etwas gesehen zu haben, die Nachforschungen verlaufen zunächst ergebnislos. Noch dazu gibt es Rivalitäten zwischen der Polizia di Stato, zu der Tasso gehört, und den ortsansässigen Carabinieri, die keine Einmischung in ihren Fall dulden wollen.

Da ich die beiden vorherigen Bände um Commissario Tasso und Mara Oberhöller nicht kannte, fiel mir der Einstieg in diesen Krimi nicht ganz leicht. Die vielen Figuren, die einem als Leser dabei begegneten, waren für mich nicht ohne weiteres auseinanderzuhalten, weswegen ich immer mal wieder zurückblättern musste, um zu sehen, wer nun eigentlich gemeint war. Zudem wurde ich mit den beiden Protagonisten nicht wirklich warm, es kam keine rechte Nähe zu ihnen zustande. Das änderte sich erst ab der Mitte des Romans, dann wurde die Sache allmählich spannend, und zum Ende hin machte das Lesen und Mitfiebern richtig Spaß.

Die Autorin hat die Stimmung und Realitäten der 1960er Jahre sehr gut eingefangen, der Roman entwickelte einen eigenen Charme. Das geschmackvolle Coverbild spiegelt diese Epoche perfekt wider. Es ist ein stiller Krimi ohne Knalleffekte, der zum Nachdenken und Schmunzeln anregt.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 25.11.2023

Drama, Baby!

Ausgelöscht
0

Die Psychologin Lea Goldberg wird zu einem grotesk anmutenden Kriminalfall herangezogen. Zwei zunächst spurlos verschwundene Frauen tauchen nach Wochen zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten wieder auf ...

Die Psychologin Lea Goldberg wird zu einem grotesk anmutenden Kriminalfall herangezogen. Zwei zunächst spurlos verschwundene Frauen tauchen nach Wochen zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten wieder auf und sind überzeugt davon, nur ein paar Tage weg gewesen zu sein. Woran sie sich erinnern können, ist identisch, aber logisch nicht nachvollziehbar. Dann eskalieren die Ereignisse.

Ein dramaturgisch perfekter und hochspannend geschriebener Roman mit mehreren Handlungsfäden, die zunächst nicht zusammenzupassen scheinen. Was ist Wahrheit und was manipulierte Erinnerung? Ein Psychothriller par excellence mit einem passablen Grande Finale. Dennoch bin ich beim Lesen mit der Protagonistin nicht warm geworden, die Handlung gleitet für meinen Geschmack zu sehr ins Düstere und Unglaubwürdige ab. Da ist zu viel inszeniertes Drama, als dass ich mich in die Figuren hätte hineinversetzen können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.07.2023

Überzeugender Showdown

Der Bojenmann
0

In der Elbe bei Övelgönne wird bei Nacht und Nebel die hölzerne Figur „Der Bojenmann“ entfernt und durch eine kunstvoll plastinierte Leiche ersetzt. Kurz darauf gibt es in der Alster einen zweiten solchen ...

In der Elbe bei Övelgönne wird bei Nacht und Nebel die hölzerne Figur „Der Bojenmann“ entfernt und durch eine kunstvoll plastinierte Leiche ersetzt. Kurz darauf gibt es in der Alster einen zweiten solchen Leichenfund. Wer steckt hinter dieser makabren Zurschaustellung menschlicher Körper? Thies Knudsen, Kommissar des LKA Altona, und seine taffe Kollegin Dörte Eichhorn beginnen zu ermitteln. Unterstützt werden sie dabei von Oke Andersen, Lotse aD und alter Freund von Knudsen. Aber es gibt keine Zeugen, und der Täter hat keinerlei Spuren hinterlassen.

Durch das von den Autoren eingestreute regionaltypische Vokabular liest sich dieser Krimi holprig. Auch wurde mir die Figur des Oke Andersen durch seine altherrenhafte Geschwätzigkeit herzlich zuwider. Überhaupt wird den zynischen Gedankengängen der Protagonisten für meinen Geschmack zu viel Raum gegeben. In der Mitte des Buches war ich deshalb fast so weit, es zuzuklappen und wegzustellen. Zum Glück habe ich das nicht getan, denn im letzten Drittel nimmt die Handlung unerhört Fahrt auf, und der Showdown geizt nicht mit Action und aberwitzigen Wendungen.

Man kann es positiv sehen und dem Roman auf jeden Fall Authentizität zusprechen. Zumindest, was die Hintergrundinformationen betrifft. Aber ein bisschen weniger Oke Andersen wäre wünschenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere