Forscherdrang
Die Stellersche Seekuh ereilte ein Schicksal, das sie mit unzähligen anderen Tier- und Pflanzenarten teilt, sie ist ausgestorben und das zu einer Zeit, zu der es Menschen noch für undenkbar hielten daran ...
Die Stellersche Seekuh ereilte ein Schicksal, das sie mit unzähligen anderen Tier- und Pflanzenarten teilt, sie ist ausgestorben und das zu einer Zeit, zu der es Menschen noch für undenkbar hielten daran Anteil zu tragen.
Die finnische Autorin Iida Turpeinen widmet sich diesem sanftmütigen Geschöpf. Sie erzählt die zufällige, aber um so dramatischere Entdeckung der Tiere, wie ihre Existens teils in den Bereich der Mythen verortet wird und wie letztlich doch die Gier der Menschen siegt und die Tiere in nur wenigen Jahren ausgerottet werden, wobei die Arroganz der Menschen soweit geht jeglichen Einfluss auf das Verschwinden der Tiere von sich zu weisen. Eine wirkliche Erforschung konnte in dem erschreckend kurzen Zeitraum, den es bis zum einsamen Tod des letzten Exemplares brauchte, nicht wirklich stattfinden und so blieben den Forschern nur Spekulationen, bis zum Fund eines Skeletts. Auch dessen Weg nach Helsinki ins Naturhistorische Museum und die verschiedenen Personen, die ihn begleiteten, erzählt die Autorin, dabei schlägt sie einen weiten Bogen über mehrere Epochen hinweg.
Der Stil der Autorin hat mich von der ersten Seite gefesselt, ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen. Die wissenschaftlichen und historischen Fakten werden wie ein Roman erzählt, um bestehende Lücken zu füllen hat die Autorin ihre Phantasie bemüht. Das Ergebniss kann sich sehen lassen. Die Stellersche Seekuh, oder auch die zufällige Entdeckung der Beringinsel ist jetzt auf den ersten Blick nicht unbedingt ein spannendes Feld für die breite Masse, aber dieser Roman lässt das fast vergessen und eröffnet die Thematik einer breiten Leserschaft, denn sind wir doch mal ehrlich, Dinosaurier sind viel interessanter. Ich hätte mir in meiner Jugend mehr solcher Bücher gewünscht, anstelle des doch oft sehr drögen Schulstoffs.
Mit Blick auf das Schicksal der Stellerschen Seekuh widmet sich das Buch natürlich auch dem Anteil des Menschen an dieser Entwicklung. Wo man bei den Dinosauriern noch eine globale Katastrophe wie die Sinflut ins Feld führen könnte, lassen sich hier die Tatsachen nicht mehr verdrängen. Der Mensch trägt die Schuld am Verschwinden so vieler Arten, bewusst, oder unbewusst, anfangs aus Hunger und Not heraus, später durch fehlgeleiteten Forscherdrang, aus Profitgier, oder Prestigegründen, der Gedanke des Artenschutzes nur etwas für wenige Ideologen. Heute denkt man anders, auch diese Entwicklung spricht die Autorin an, ob allerdings das Klonen einer längst ausgestorbenen Wandertaube, oder des Wollmammuts der richtige Weg sind mag ich bezweifeln.
Sachlich, gefühlvoll und mit einem Auge für Details wird hier eine Geschichte erzählt, die mich als Leser traurig stimmt und etwas melancholisch zurück lässt. Allerdings hat sie mich auch zum Nachdenken angeregt, mehr als einmal habe ich das Buch beim Lesen zur Seite gelegt, um eine der erwähnten Personen, oder Tierarten zu googlen, da kommt noch Einiges an weiterführender Recherche zusammen.