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Veröffentlicht am 03.09.2024

Fleißiges falsche Fährten Legen

Schwarzer See
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Ich habe vergangenes Jahr mit „Hope’s End“ erstmals ein Thriller von Riley Sager gelesen und es hat mir sofort gefallen. Als nun „Schwarzer See“ als Hörbuch neu aufgelegt wurde (das Buch ist bereits 2019 ...

Ich habe vergangenes Jahr mit „Hope’s End“ erstmals ein Thriller von Riley Sager gelesen und es hat mir sofort gefallen. Als nun „Schwarzer See“ als Hörbuch neu aufgelegt wurde (das Buch ist bereits 2019 erschienen), habe ich doch da gleich mal zugeschlagen, um ein wenig mehr Vergleichsmaterial für Sager als Autor zu haben.

Grundsätzlich würde ich schon sagen, dass ich Sager stilistisch wiedererkannt habe, aber in jedem Fall war positiv, dass das ganze Setting völlig anders gestaltet wurde. Während es in „Hope’s End“ auf einem Grundstück abgelegen an den Klippen war und dort generell auch die ganze Stimmung düster, fast schon geisterhaft war, so ist es hier im Sommer, mitten in einem Sommercamp, dann doch völlig anders. Dennoch ist natürlich auch bei dem Camp eine spezielle Stimmung entstanden. Zum einen durch die frühen Andeutungen, dass Schlimmes passiert ist, und zum anderen auch durch das Mobbing untereinander und dass die ganzen Figuren alle ihre eigenen Motive haben und es Sager geschickt gelingt, dass man alle irgendwie verdächtigt, irgendeine Leiche im Keller zu haben. Am besten war das natürlich bei Hauptfigur Emma, denn durch ihre Augen erleben wir die vergangenen und die aktuellen Geschehnisse und sie als zweifelhafte Erzählstimme zu haben, das ist immer genial, um generell Skepsis gegenüber allen zu haben.

Auch wenn ich schon sagen würde, dass der Spannungsbogen durchgängig steigt und weniger mit ständigen Höhepunkten gearbeitet wird, so war dennoch von Anfang an ein gewisses Interesse da. Christiane Marx als Erzählstimme war in jedem Fall auch ideal, weil sie Emmas verschiedenen Seiten als Jugendliche und als junge Frau gut Profil verleiht. Mir ist es jedenfalls schnell gelungen, mich in ihr Gefühlsleben einzudenken und das auch an Stellen, an denen ich dann an ihr gezweifelt haben. Dass sie immer wieder die Mädchen in ihre Bilder gemalt und dann versteckt hat, war für mich da von Anfang eine Faszination, weil ich mich natürlich gefragt habe, ob sie das aus Schuld macht oder weil sie wirklich den inneren Antrieb hat, Antworten zu finden. Dennoch ist es erstmal ein Einfinden in die Begebenheiten. Wie war Emma als Jugendliche, wie ist es heute, wer ist sie, wer will sie sein? Aber spätestens mit dem wiederholten Einzug ins Camp kommt dann vieles ideal zusammen, was nach und nach die Spannung fördert. Gegenwart und Rückblenden bedingen sich dabei sehr oft exakt, so dass sich immer mehr ein Bild zusammensetzt.

Natürlich war ich durch den anderen Thriller von Sager schon vorbereitet, dass er ein Händchen dafür hat, am Ende noch einige Umdrehungen hinzulegen. Dementsprechend habe ich natürlich auch wild mitgerätselt und dabei mir auch in Erinnerung gerufen, dass es definitiv nicht nur eine Lösung sein wird, sondern wieder mindestens zwei unabhängige Aspekte ineinander spielen. Aber selbst mit der Ausgangslage habe ich das Buch nicht vorhersehen können, zumindest keinesfalls zu 100%. Die Erzählung war dann aber auch so, dass auch ständig neue Verdächtige benannt und genauer untersucht wurden. All das vor dem Hintergrund, dass Emma dadurch selbst immer weiter unverlässlicher wirkte. Letztlich war dann auch ein Punkt erreicht, an dem es mir etwas zu viel wurde, weil sie im Grunde nur noch Schuldige überall gesehen hat und keinen ruhigen Gedanken mehr für irgendetwas hatte. Ihre Fluchtversuche waren also etwas zu lang gezogen, aber dennoch kommt am Ende alles an einem Punkt aus, an dem es zum einen logisch ist und an dem es zum anderen auch immer noch voller Überraschungen ist. Durchgängige Unterhaltung war hier also mal wieder geboten.

Fazit: „Schwarzer See“ hat mich nach „Hope’s End“ überzeugt, dass Riley Sager ein Thrillerautor ganz nach meinem Geschmack ist. Auch wenn ich dieses Buch etwas schwächer fand, weil es am Anfang etwas Gaspedal brauchte und am Ende aber zu lange im Leerlauf durchgedrückt wurde, so ist es dennoch eine empfehlenswerte Lektüre, denn es ist einfach kaum etwas, wie es scheint und daher voller Überrschungen.

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Veröffentlicht am 29.08.2024

Mitreißender logischer Aufbau

Heartless
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Nach „Flawless“, dem ersten Buch, was ich von Elsie Silver gelesen habe, war ich noch etwas unentschlossen, ob ich die Reihe von ihr fortsetzen würde. Angesichts der Cover war ich nämlich etwas davon überrascht ...

Nach „Flawless“, dem ersten Buch, was ich von Elsie Silver gelesen habe, war ich noch etwas unentschlossen, ob ich die Reihe von ihr fortsetzen würde. Angesichts der Cover war ich nämlich etwas davon überrascht worden, wie spicy die Liebesgeschichte war. Da entdeckt man ja doch oft den halbnackten Mann auf dem Cover. Dennoch habe ich Tiefgründigkeit in der Geschichte entdeckt und auch das Setting hat mich gereizt, weswegen „Heartless“ nun also doch gelesen wurde.

Ich finde „Heartless“ auch tatsächlich etwas besser als „Flawless“. Zwar bleibt es bei meinem Empfinden, dass mir der Spice von Silver etwas zu intensiv ist, denn nachdem es einmal losging, da ging es wirklich los. Oben, unten, seitwärts ran, so ungefähr, aber es kommt zu diesem Punkt erst relativ spät in der Geschichte, was mir gezeigt hat, dass die Autorin auch selbst weiß, dass es ihren Lesern sicherlich nicht nur um diese Szenen geht und sie kann auch mehr. Aber die Punkte, die mich überzeugt haben, das war erneut das Setting und wie Kleinstadt, Farmleben, Rodeo etc. eingebunden wurde, aber es waren auch die Figuren und das Trope mit Kindermädchen. Ich musste bei der Lektüre öfters an „There With You“ von Samantha Young denken, was ich Anfang des Jahres gelesen habe, so dass die Verbindungen für mich leicht greifbar waren. Auch dort geht es um mehrere Brüder, die nach und nach ihre Frauen finden, aber dort funktionierte „Beste Freundin einer Ehefrau wird Nanny des Schwagers“ gar nicht gut und ich fand es fast toxisch. Das hat hier viel besser geklappt.

Man hat bei Willa und Cade schon deutlich herausgearbeitet, was ihre Persönlichkeiten sind. Willa hat deutlich weniger Ballast, weil sie privilegiert aufgewachsen ist, aber bei ihr schimmert durch, dass sie ihren zentralen Weg noch nicht gefunden hat und sich deswegen immer verurteilt empfindet, weil sie scheinbar mit Mitte 20 durchs Leben geleitet. Cade ist da nicht nur wegen des Alters einfach schon weiter, sondern er hatte nie die Möglichkeit, sich seinen Weg zu suchen, der war mit dem Tod der Mutter vorbestimmt. Dann einmal Spaß mit einer Frau und auch wenn er seinen Sohn Luke über alles liebt, sich von der Frau an seiner Seite so ausgenutzt zu fühlen, das hat vieles zerstört. Dementsprechend war Cade in der idealen Position, Willa nicht zu vertrauen, ihr Verhaltensweisen zu unterstellen etc. In einer gewissen Form war das auch gegeben, aber absolut harmlos. Geholfen hat sicherlich auch, dass Cade zunächst so schlecht gelaunt und launisch eingeführt wurde. Er hatte das Schild von Anfang an hoch und es war klar, dass nicht Willa konkret das Problem ist. Deswegen waren auch seine späteren Versuche, immer etwas Abstand zwischen sich und sie zu bringen, für mich dennoch respektvoll. Auch wenn ihn der Altersunterschied als Gedanke manchmal belastet hat, so war es für mich umgekehrt aber genau richtig, dass es für sonst keinen ein Thema war. Zumal sich Willa auch durchgängig als reif bewiesen hat. Sie hatte für mich viele Highlight-Szenen. Sie konnte mit Luke selbst wie ein Kleinkind sein, aber sie war auch quasi direkt eine Löwenmutter, so hat mir die Szene bei der Kindergeburtstagsparty am besten gefallen. Und das passt dann auch auf die sich entwickelnde Beziehung zu Cade. Er hat gesehen, wer sie als Mensch ist, aber er hat natürlich vor allem auch durch ihren Umgang mit Luke viel über sie gelernt.

Generell haben mir viele Dynamiken gefallen. Ich mochte die ganze Darstellung von Luke, die ich als sehr angemessen für sein Alter empfunden haben. Ich mochte die Einbindung von Großvater, Rhett und Summer, die wir schon aus dem ersten Band kennen, aber auch wieder Jasper, auf dessen Band ich mich tatsächlich auch schon freue. Man sieht also, es gibt für mich genug, was mich an die Geschichte bindet. Auch der Handlungsverlauf stimmte für mich. Letztlich auch der letzte Konflikt zwischen Willa und Cade, denn es war alles in der Geschichte gut ausgearbeitet und hat auch nochmal genau das Spannungsfeld aufgerufen, was Willa und Cade zuvor in ihren Eigenarten gekennzeichnet hat. Bis auf gewisse Szenen, die für mich in der Ausführlichkeit und welche Sprache gewählt wird, zu viel sind, ist es schon eine ideale Liebesgeschichte in toller Atmosphäre.

Fazit: „Heartless“ hat mich weiter überzeugt, dass Elsie Silver als Autorin große Vorzüge hat. Nein, ich werde kein Fan mehr ihrer spicy Szenen, aber sie sind eben nicht alles bei ihr, was der große Pluspunkt ist. Drum herum schafft sie nahbare Figuren, die alle auf eine Reise geschickt werden und es entstehen tolle Beziehungen, sowohl zwischen dem Protagonistenpaar, aber auch mit Nebenfiguren. Das lese ich dann gerne.

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Veröffentlicht am 18.08.2024

Eislaufen und persönliche Entwicklung

A Winter to Resist
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Mit der „Seasons“-Reihe liefert Morgane Moncomble ihre erste richtig durchgängige Reihe ab. Alleine aufgrund der Jahreszeiten-Thematik war ich bereits vor Veröffentlichung des ersten Bandes sehr aufgeregt, ...

Mit der „Seasons“-Reihe liefert Morgane Moncomble ihre erste richtig durchgängige Reihe ab. Alleine aufgrund der Jahreszeiten-Thematik war ich bereits vor Veröffentlichung des ersten Bandes sehr aufgeregt, aber dann fand ich „A Fall to Forgive“ doch so ungewöhnlich, dass ich mich einfach nicht richtig einfühlen konnte. „A Winter to Resist“ kehrt nun eindeutig zu den Wurzeln von Moncomble als Autorin zurück, weswegen er mir auch gleich besser gefallen hat.

Bei „A Winter to Resist“ muss ich auch einen Aspekt etwas vorwegschieben, denn als vor einigen Jahren „Right Here“ von Anne Pätzold angekündigt wurde, war ich sehr begeistert, dass es um Eiskunstlaufen gehen würde. Dieser Wintersport hat auf mich immer schon eine gewisse Faszination ausgeübt, weswegen ich dann doch sehr enttäuscht war, dass die Handlung sich vom Eis großflächig wegbewegt hat. Ja, die Protagonistin war Eisläuferin, aber das war es quasi auch schon. Da hat mich „A Winter to Resist“ quasi versöhnt mit der Thematik, denn hier fand ich das Thema Eiskunstlauf sehr konsequent eingebunden. Auch wenn es natürlich in einem realistischen Kontext sehr überspannt erzählt wird, aber das konnte ich letztlich doch auch wegblenden. Es hat einfach funktionell gut funktioniert und gerade über das Paarlaufen auch viel mit der Handlung rüberbringen. Thema als Korsett und Handlung waren hier echt eins. Kompliment dafür!

Was dann etwas schwieriger war, das ist die Protagonistin Lily. Sie hatte ihren ersten Auftritt schon im ersten Band, aber mit den anderen zwei Freundinnen und eben Camelia als Protagonistin, die gemeinsamen den Jahreszyklus ausmachen, war es ein kurzer Auftritt. Das hatte ich dort schon kritisiert, dass die Kommunikation so knapp war, dass es mit einem weiterführen Eindruck schon sehr schwer war. Das war mir hier erneut viel zu wenig, weil wir quasi einfach glauben müssen, was für gute Freundinnen sie sind, ohne sie aber ständig in der Dynamik zu erleben. Deswegen hatte ich keinen Eindruck zu Lily und war deswegen nach dem ersten Kapitel etwas erschrocken. Ich glaube zwar, dass man für Leistungssport generell, aber speziell für doch einen so gefährlichen Sport, Ehrgeiz und vor allem auch eine Portion Wahnsinn braucht, aber Lily war regelrecht unsympathisch. Mit den so wenigen Kontakten, die sie direkt in Kanada pflegt, war es noch unlogischer, dass die vier Blumenfreundinnen so gut miteinander auskommen sollen. Lily wirkte echt wie jemand, um die man besser einen großen Bogen macht. Natürlich ändert sich das, sonst hätte ich den Band wohl kaum besser gefunden als den ersten, aber letztlich ist es einfach schade, weil das Buch an sich viel Potenzial für die volle Sternenwertung gehabt hätte.

So ist es ein sehr langsames Herantasten an Lily und natürlich an Orion, den wir ganz neu kennenlernen. Da er mit seinem vermeintlichen Fluch so abweisend ist, hatte wir anfangs einfach zwei Figuren, die weder einzeln noch zusammen funktionieren wollten. Da war es dann echt das Eislaufen und der Trainer, der sie zu Mitbewohnern macht, der Schlüssel, damit sich nach und nach alles etwas besser auflöst und immer besser aufeinander abgestimmt wird. Dann gibt es auch für beide Charaktere einen sehr großen Moment, der sie nachhaltig beeinflusst und spätestens ab da wurde die Geschichte für mich genau das Maß an Tiefgründigkeit, die ich brauche, um begeistert zu werden. Vor allem wurde mit den Themen und dem Eislaufen dann sehr gut die jeweilige Charakterentwicklung verbunden. Lily und Orion haben sich dabei auch jeweils zur besten Version von sich selbst inspiriert. Es war irgendwann richtig schön, wie sie miteinander umgegangen sind, oft auch wortlos. Sie haben mich als Paar so zunächst mehr begeistert als individuell, aber das ging natürlich trotzdem Hand in Hand, so dass ich mit beiden Figuren absolut meinen Frieden machen konnten.

Abschließend nochmal kurz etwas zum Handlungsverlauf. Die verschiedenen Wettbewerbe waren das Korsett. Auch wenn es wie gesagt etwas seltsam in der Logik manchmal war, auch weil Olympia nicht als Höhepunkt dargestellt wurde, sondern mehr die Weltmeisterschaft, so war genau das Korsett für mich sehr logisch und auch im Rückblick ideal, um nachzuvollziehen, wann Lily und Orion als Eislaufpaar an welchem Punkt waren. Ich mochte auch die Beschreibung von Kurzprogramm und Kür, dazu auch die Entwicklung von mehr Risiko für die Elemente. Da hat rein logisch dann doch viel wieder gepackt, so dass ich wirklich sagen muss, dass ich gut durch die Handlung geglitten bin.

Fazit: „A Winter to Resist“ ist mein persönliches Ankommen in der „Seasons“-Reihe, denn das ist für mich wieder die typische Morgane Moncomble, die ich auch lesen will. Auch wenn es auf der Figurenebene erst richtig kritisch war und ich mit Lily und Orion Anlauf brauchte, aber speziell die toll ausgearbeitete Eislaufthematik hat mich schwer begeistert und hat mit den Figuren immer mehr die ideale Symbiose ergeben.

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Veröffentlicht am 14.08.2024

Spannende Perspektive auf die Lügen des Alltags

Scandor
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In diesem Jahr habe ich von Ursula Poznanski bereits „Die Burg“ gelesen, da ich sehr an der KI-Thematik interessiert war und generell mag, wie die Autorin mit Jugendbüchern aktuelle Themen spannend in ...

In diesem Jahr habe ich von Ursula Poznanski bereits „Die Burg“ gelesen, da ich sehr an der KI-Thematik interessiert war und generell mag, wie die Autorin mit Jugendbüchern aktuelle Themen spannend in den Fokus rückt. Dennoch war es nicht das ideale Buch, weil es mich in der Erzählweise und vor allem in der Charaktergestaltung nicht so recht zu überzeugen wusste. Deswegen wollte ich „Scandor“ schnell nachschieben, um gleich einen Vergleich der beiden Bücher zu haben.

In der Tat lassen sie sich sogar sehr gut vergleich, denn „Die Burg“ und „Scandor“ haben zwar ein sehr unterschiedliches thematisches Korsett, aber in der Konsequenz ist es dennoch ein ähnlicher Endpunkt. Auf den gehe ich aus Spoilergründen nicht näher ein, aber er hilft dennoch sehr zu bergründen, warum „Scandor“ mir eindeutig besser gefallen hat. Denn angesichts dessen, worauf alles hinausläuft, ist leicht zu sagen, dass die Charakterarbeit viel, viel besser funktioniert hat. Mit Philipp und Tessa haben wir diesmal nur zwei Perspektiven, die kapitelweise oder sogar in den Kapiteln selbst fleißig gewechselt werden. Damit war es zum einen schon so, dass weniger Figuren etwas untereinander aufteilen mussten. Zum anderen war so auch klar, dass andere Figuren wirklich nur Nebenfiguren sind und damit auch mehr funktionell sind. Philipp und Tessa sind aber als Menschen entscheidend und ich fand, dass es gut gelungen ist, diese beiden in ihrem Kern abzubilden. Dabei sind sie auch sehr unterschiedlich, was es umso spannender gemacht hat, wie sie jeweils die Herausforderungen von Scandor gemeistert haben und welche Strategien sie sich zurechtgelegt haben.

Auch wenn das Thema Lügen jetzt nicht am Zahn der Zeit ist, zumindest nicht in einem Ausmaß wie KI, war es spannend umgesetzt. Durch Fake News und auch Begriffe wie Lügenpresse etc. ist es sicherlich interessant, wie oft man tatsächlich lügt und dass man sich dessen oft gar nicht bewusst ist, weil viele Standardantworten, die gar nicht dem eigenen Empfinden entsprechend, einfach rausrutschen. Dementsprechend war es schon spannend aufgebaut, auch wenn es ein wenig beängstigend war, wie Scandor angebracht worden ist und was es für Fähigkeiten hatte. Richtig gelungen fand ich auch, dass von den ausscheidenden Teilnehmern im kleinen Rahmen der Moment des Ausscheidens geschildert wird. Damit gab es dann Einblicke, wie und warum gelogen wurde. Die Spannung hat aber auch erhöht, dass die meisten Figuren tatsächlich auf das Geld aus waren, oft auch ohne jegliche Rücksicht auf Verluste, so dass die Teilnehmer sich auch gegenseitig das Leben schwer gemacht haben. Ich hatte jedenfalls zwischendurch oft den Gedanken, wie lange ich wohl durchgehalten hätte.

Mit den verschiedenen Challenges, aber auch den ganz normalen Herausforderungen des Alltags sind immer wieder abwechslungsreiche Szenen möglich gewesen, die zu unterhalten wussten. Das ist tatsächlich auch ein Vorteil gegenüber „Die Burg“, hier habe ich die Inhalte nicht so kritisch hinterfragt, so dass sich ein guter Sog eingestellt hat. Gerade durch den Rest bin ich regelrecht geflogen. Auch wenn auf eine Art die Auflösung so viel kleiner als der Aufwand erscheint, aber unterm Strich war das ganze Projekt ja dennoch echt, wenn auch mit Trittbettfahrern unterwegs. Aber für mich haben die Überraschungen am Ende funktioniert. Es gab immer mehr Hinweise und dennoch war es für mich nicht möglich, alles lückenlos zusammenzusetzen. Am Ende ist es zwar an wenigen Stellen etwas abrupt vorbei, aber letztlich fühlte es sich dennoch nicht unfertig an. Die Geschichte, die erzählt werden sollte, wurde erzählt, und es ist relativ leicht, sich von dort aus ganz eigene Gedanken zu machen.

Fazit: „Scandor“ ist für mich eines der besseren Poznanski-Bücher, denn ich fand die Charakterarbeit bei Philipp und Tessa sehr gelungen. Aber genauso überzeugend war die Thematik an sich und dann die Herausforderungen zu erleben. Auch die letztlichen Zusammenhänge waren nicht alle sonnenklar, so dass ich bis zum Schluss gute Unterhaltung hatte.

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Veröffentlicht am 22.07.2024

Einfühlsame Themen im Sonnenparadies

Cape Coral 1. Break through my Defense
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Knallig-bunt, so kommt das Cover der neuen NA-Reihe „Cape Coral“ daher. Deswegen bin ich an „Break Through my Defense“ alleine optisch schon nicht vorbeigekommen. Autorin Mimi Heeger hat mir namentlich ...

Knallig-bunt, so kommt das Cover der neuen NA-Reihe „Cape Coral“ daher. Deswegen bin ich an „Break Through my Defense“ alleine optisch schon nicht vorbeigekommen. Autorin Mimi Heeger hat mir namentlich nichts gesagt und tatsächlich habe ich zuletzt auch nur noch wenig NA mit Collegesport-Schwerpunkt gelesen. Aber hier habe ich den Klappentext sehr bewusst wahrgenommen und war dann beim Thema Body-Shaming sofort dabei. Leider ist es in diesen Büchern oft immer noch üblich, dass es eher Modellathleten sind (Mann und Frau), die natürlich alle Unsicherheiten haben (denn das gibt es ja nicht nur durch Übergewicht), aber Plus Size und Ähnliches ist doch oft etwas, wovon viele die Finger lassen, deswegen war es hier für mich das unschlagbare Argument, um reinzulesen.

Bzw. reinzuhören, denn ich habe mir von Henriette Schreurs den Großteil vorlesen lassen, während Thaddäus Gold auch noch am Ende kurz zu hören war. Ich habe das Hörbuch als sehr gut produziert empfunden und habe Schreurs als für mich neue Stimme auch schnell als sehr natürlich im Ohr gehabt. Sie hat auch mit ihrer Art gut auf das gepasst, was ich Payton als Figur mitgenommen habe. Wenn ich ansonsten das Buch bewerte, dann möchte ich zunächst positiv festhalten, dass sich der Inhalt mit gewissen Themen wirklich intensiv und authentisch beschäftigt hat. Was mich dabei sehr überrascht hat, war der Teil zu American Football, wobei wir das wahrscheinlich auch auf andere Sportarten in den USA beziehen können. Auch wenn Cam deutlich anzumerken ist, dass er für diesen Traum lebt, aber sein nüchterner Blick auf diese Zukunft war extrem interessant und ich habe wieder viel gelernt. Was mir auch wieder bewiesen hat, dass es so viele goldene Welten gibt, die so reizvoll erscheinen, aber die genauso ihre schlimmen Schattenseiten haben. Aber es passte auch zu Cam, das Ganze nicht rosarot zu sehen, denn er ist generell ein wirklich wunderbarer Charakter gewesen. Für ihn würde ich sofort den roten Teppich ausrollen, denn er ist sehr empathisch, auch wie er gegenüber Payton für Imogen eingestanden ist, er sucht immer alle Perspektiven, bringt viel Verständnis ein und wirkt dabei dennoch herrlich linkisch und lebensbejahend. Sehr großes Ja! Zu Cam!!!!

Payton hat mir als Figur aber auch gefallen. Da wir aber ausschließlich in ihrer Perspektive waren, war es natürlich mit deutlich mehr Ecken und Kanten. Dazu war sie durch ihren Schicksalsschlag natürlich auch zuerst in einem tiefen Loch und hat eine sehr düstere Stimmung verbreitet. Aber es war alles im Charakter konsequent ausgearbeitet und es war spannend, sich mit ihr gemeinsam rauszuarbeiten. Zudem fand ich speziell ihre Gefühle bezüglich ihres Gewichts und dann in einem Bundesstaat zu landen, in dem gefühlt alle halbnackt unterwegs sind, sehr nachvollziehbar, denn viele waren und sind auch meine eigenen Gedanken. Dementsprechend war es manchmal auch beängstigend, wie nah es für mich war, aber das hat für mich auch unterstrichen, dass die Autorin entweder aus eigener Erfahrung geschrieben oder richtig gute Betaleser hatte. Gerade auch die intimen Szenen und wie lange sich Payton schwer getan hat, sehr, sehr gut gemacht. Dementsprechend wundert es auch wenig, dass Payton und Cam für mich im Buchbereich bislang dieses Jahr DAS Paar waren, was mich doch am meisten angezogen hat.

Dennoch hat „Break Through my Defense“ auch gewisse Schwächen. Ich habe das Tempo als etwas zu eilig empfunden. Ich hätte mir an der Stelle eher gewünscht, dass zwischendurch mal ein Zeitsprung drin ist, denn gerade der Trauerprozess und wie schnell sich dann auch die Beziehung zwischen Cam und Payton entwickelt hat, das wäre mit mehr Zeit realistischer gewesen. Was für mich auch nicht ideal passte, das war die Darstellung von Kat (oder Cat). Sie ist für mich als Figur nicht richtig ausgearbeitet worden. Dass sie ihre Freundin wieder in Tennessee haben wollte, das war ja logisch, aber ansonsten fand ich sie so eindimensional. Denn ich habe es auch nicht so wahrgenommen, dass sie Payton eine schlechte Freundin war, ganz im Gegenteil und dann war sie auf einmal so egoistisch und es gab nicht mal ein Gespräch, um das richtig auszuräumen. Auch wenn es mit Betty natürlich eine neue Figur gab, die die Rolle der Freundin ideal ausgefüllt hat, aber es wirkte zu sehr ersetzt. Aber Betty war an sich toll gemacht, ebenso bin ich gespannt, wie es bei Imogen weitergeht, wenn sie ihr eigenes Buch bekommt. Die Darstellung von Football auch mit dem Leidenschaftlichen Mitfiebern kam rüber. Insgesamt ist in der Autorin wirklich viel Potenzial drin, denn ich war für so ein erstes Buch schon sehr, sehr angetan.

Fazit: „Break Through My Defense“ hat mich wirklich wunderbar unterhalten und dabei auch sehr dunkle Themen angepackt und es mit Würde und Authentizität gestaltet. Cam war als Figur echt ein Goldstück, aber ich mochte auch seine Chemie mit Payton unglaublich gerne. Die Mängel sind dann etwas auf der stilistischen Ebene, aber für die Zukunft auch leicht auszuräumen.

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