Ausgezeichnet als Lieblingsbuch der unabhängigen Buchhandlungen 2024
Bestseller-Autorin Alina Bronsky legt eine Komödie über zwei Menschen vor, die aus unterschiedlichen Welten stammen – und am Ende nicht mehr ohne einander sein wollen. Warmherzig, rasant und höchst unterhaltsam.
Sie begegnen sich zum ersten Mal in einer Vorlesung: Der hochbegabte Oscar ist 16, hat einen Adelstitel und ist noch nie mit der U-Bahn gefahren. Moni Kosinsky hat drei Enkel, mehrere Nebenjobs und liebt knalligen Lippenstift und hohe Absätze. Sie ist fest entschlossen, sich heimlich den Traum von einem Mathe-Studium zu erfüllen.
Doch im Hörsaal wird Moni für eine Putzfrau gehalten und belächelt. Wie kommt sie dazu, sich für eines der schwierigsten Fächer überhaupt einzuschreiben? Und woher kennt sie den berühmtesten Professor der Uni?
Bald muss nicht nur Oscar feststellen, dass Monis Verstand und Beharrlichkeit größer sind als ihre Wissenslücken. Denn Mathematik schert sich nicht um Fragen der Herkunft, des Alters und des Aussehens. Oscar dagegen kämpft mit dem Alltag und findet ausgerechnet in der warmherzigen Moni eine Vertraute, die seinem Leben eine entscheidende Wendung gibt. Bald verbindet die beiden Außenseiter eine Freundschaft, die niemand für möglich gehalten hätte.
Ein leichtfüßiger, raffinierter, tragikomischer Roman über eine schillernde Heldin und eine ungewöhnliche Freundschaft, die weit über Fragen nach der vierten Dimension und schlechtes Mensa-Essen hinaus durchs Studium und Leben trägt.
"Pi mal Daumen" von Alina Bronsky ist ein interessanter und skurriler Roman über eine ungewöhnliche Freundschaft und der gemeinsamen Leidenschaft für Mathematik.
Bereits auf den ersten Seiten wird klar, ...
"Pi mal Daumen" von Alina Bronsky ist ein interessanter und skurriler Roman über eine ungewöhnliche Freundschaft und der gemeinsamen Leidenschaft für Mathematik.
Bereits auf den ersten Seiten wird klar, dass der 16-jährige Student Oscar eine Autismus-Spektrum-Störungen hat, die ihn aber besonders in Mathematik eine Inselbegabung schenkt. Teils wie ein undatiertes Tagebuch, werden wir von Oscar durch den Uni Alltag mitgenommen. Dort lernt er auch Moni kennen, die sich für ein Mathe-Studium im Alter entscheidet und nicht gegenteiliger von Oscar sein könnte. Die scheinbar völlig unterschiedlichen Charaktere freunden sich Schritt für Schritt an und Moni kümmert sich um Oscar wie um einen ihrer eigenen Enkel. Immer wieder beschreibt Oscar über die teils skurrilen und für ihn unerklärbaren Interaktionen seiner Kommilitonen an der Uni und natürlich besonders oft schreibt er über Moni.
Die Autorin schafft es das Autismus-Spektrum klar darzustellen mit allen positiven wie auch negativen Aspekten. Wobei die eine oder andere Aussage von Oscar wahrscheinlich unfreiwillig komisch wirken kann. Mit einem großen Augenzwinkern bringt uns Alina Bronsky näher an die Mathematik heran und wie hätte man es ahnen können, Mathematik kann auch spannend und interessant sein. Trotz Fachvokabular konnte man sich gut in der Story zurecht finden und hat mit Moni mitgefiebert. Aber auch Oscar hat einiges zu lernen und dies hat meist nicht mit der Mathematik zu tun. Zwischenmenschliche Interaktionen sind zunächst für ihn ein Fremdwort und kein Ziel was man unbedingt erreichen müsste.
Das Ende hätte ich mir allerdings klarer wie eine Mathematik Formel gewünscht. Es lässt leider etwas Spielraum für Spekulationen, driftet etwas von der Handlung ab und wirkt daher etwas zu fiktiv.
Insgesamt hat mir Pi mal Daumen sehr viel Freude bereitet. Gerade auch weil es Themen wie Freundschaft, Familie, Autismus, Vertrauen und Lernen im Alter behandelt. Immerhin lernen wir nie aus.
Sie geben ein äußerst ungewöhnliches Gespann in den Mathevorlesungen ab: der hochbegabte 16 jährige Oscar und die heimlich Studierende Moni, die bereits dreifache Oma ist. Was zunächst als zweckmäßiges ...
Sie geben ein äußerst ungewöhnliches Gespann in den Mathevorlesungen ab: der hochbegabte 16 jährige Oscar und die heimlich Studierende Moni, die bereits dreifache Oma ist. Was zunächst als zweckmäßiges Arrangement beginnt, entwickelt sich nach und nach zu einer außergewöhnlichen Freundschaft, in der beide voneinander lernen können.
Dass sie außergewöhnliche Charaktere gut schreiben kann, hat Alina Bronsky ja schon in ihren vorherigen Romanen bewiesen, aber Oscar und Moni sind nicht nur beide einzeln, sondern auch gemeinsam etwas Besonderes. Sie sind in vielerlei Hinsicht das komplette Gegenteil, aber beide Außenseiter, die es gewohnt sind, nicht verstanden zu werden.
Ich mochte die Art und Weise, wie sich die Ge¬schichte entwickelt, wie nach und nach Verbindungen aufgedeckt werden, und wie einem immer wieder zwischendurch die Mathematik nahegebracht wird – das war eine tolle Kombination. Thematisch kommt so einiges auf den Tisch, aber für mich wirkte das zu keinem Zeitpunkt überladen.
Wer Lust auf interessante Figuren, eine besondere Freund¬schaft, eine ordentliche Portion Humor, gewürzt mit Mathematik hat, der ist hier goldrichtig. Von mir gibt es auf jeden Fall eine klare Leseempfehlung.
Unerwarteterweise trifft der 16-jährige adelige und hochbegabte Autist
Oscar bei einer Mathematik-Einführungsvorlesung auf Moni, eine über 50-jährige Großmutter mit ...
Spoilerfreie Rezension!
Inhalt
Unerwarteterweise trifft der 16-jährige adelige und hochbegabte Autist
Oscar bei einer Mathematik-Einführungsvorlesung auf Moni, eine über 50-jährige Großmutter mit vielfältigen familiären Aufgaben und mehreren Jobs, die sich heimlich an der Universität eingeschrieben hat, um sich einen Lebenstraum zu erfüllen. Für Oscar steht fest: Diese Frau ist hier eindeutig fehl am Platz. Oder? Es ist der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft…
Inhaltswarnung: psychische Krankheiten, Autismus, Misogynie, S+xismus, Klassismus, Tod, toxische Beziehung, Mutterschaft, Trauer, Diskriminierung
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: B+tch
Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:
- Universität & Leben als Studierende:r
- Autismus & Hochbegabung
- Mathematik
- Gegensätze ziehen sich an
- ungewöhnliche Freundschaft
- Milieustudie („Ober- und Unterschicht“)
- LGBTQAI+-Repräsentation (M|M)
- Mental Load & Care-Arbeit (als Großmutter)
- strukturelle Diskriminierung an der Uni
- Familie
- Humor
Lieblingszitate
„Im Mathestudium mit Schulwissen anzukommen war, als wollte man mit einer Sandkastenschaufel versuchen, einen See auszugraben.“ Seite 12
„In der U-Bahn wusste ich sofort wieder, warum ich öffentliche Verkehrsmittel mied. Es waren nicht nur die seltsamsten Leute darin, sie schauten mich auch noch an, als hätten sie noch nie eine Person mit Gummihandschuhen gesehen.“ Seite 58
„‘Wenn ich jetzt auch noch anfange, Ansprüche zu stellen…‘
[…]
„‘Es geht nicht um Ansprüche, sondern um Lebensrealitäten.‘“ Seite 67
„Irgendwann hörte ich auf, den Fliederduft wahrzunehmen. Was nur bedeuten konnte, dass ich dabei war, mich an sie zu gewöhnen.“ Seite 31
Meine Rezension
Eigentlich hatten mich Titel und Klappentext auf den ersten Blick gar nicht angesprochen, doch als ich in die Leseprobe hineinlas, war es um mich geschehen und mein Interesse geweckt! Und wenn mir der Schreibstil gefällt, stimmt für mich schon einmal viel bei einem Buch – aber war auch der ganze Rest überzeugend?
Ja, durchaus! Für mich war es das erste Buch von Alina Bronsky und ich war sofort begeistert und sehr angetan von ihrer leichtfüßigen, unglaublich angenehm lesbaren Sprache voller treffender, schöner und witziger Vergleiche. Die Autorin ist definitiv eine sehr gute Geschichtenerzählerin und hat das Schreibprinzip „show, don’t tell“ verstanden! Zu sagen, dass die Mathematik nie zu meinen großen Leidenschaften gehört hat, wäre eine maßlose Untertreibung – trotzdem empfand ich die hier geschilderten und meiner Einschätzung nach (vielleicht liege ich aber auch vollkommen daneben!) gut recherchierten mathematischen Probleme und Themen als faszinierend und interessant, sodass SOGAR ICH ihnen etwas abgewinnen und die Begeisterung für dieses Fach nachvollziehen konnte. In den Beschreibungen des Uni-Lebens habe ich mich (zumindest teilweise, die enge Beziehung zu den Professor:innen ist etwas unglaubwürdig) wiedergefunden und mich an meine eigene Zeit als Studentin zurückerinnert. Nach der Lektüre habe ich übrigens auch so viel Lust wie nie zuvor auf ein Zweistudium!
„Pi mal Daumen“ handelt von einer ungewöhnlichen Freundschaft, von Familie und Gegensätzen, die sich anziehen, aber die Autorin traut sich auch noch an ein weiteres, sehr wichtiges Thema heran: Chancengleichheit und fehlende Familienfreundlichkeit im Studium. Denn leider werden durch das jetzige, oft „lernfeindliche“ System jene benachteiligt, die in einer Familie die Care-Arbeit leisten, Kinder betreuen, Angehörige pflegen oder nebenher noch andere Verpflichtungen (z. B. einen Vollzeitjob) haben. So müssen viele dieser Leute (meist leider immer noch Frauen) trotz Potential und Interesse irgendwann aufgeben und abbrechen und können nicht das leisten, wozu sie eigentlich fähig wären – wodurch uns als Gesellschaft viele kluge Köpfe verloren gehen.
Großartig fand ich die schlagfertigen, schnellen Dialoge, den Humor und die Situationskomik, die genau meinen Geschmack getroffen und mich immer wieder zum Lachen gebracht haben – und das will schon etwas heißen, denn ich bin diesbezüglich sicher ein schwieriges Publikum. Überzeugt haben mich auch der Spannungsbogen, durch den mir nie langweilig wurde, und die teilweise doch ziemlich unerwarteten Wendungen. Positiv überrascht war ich davon, dass es im Buch sogar eine LGBTQAI+-Repräsentation (M|M) gibt. Am Ende wird es dann sogar noch etwas übernatürlich und rätselhaft – muss man mögen, aber mich hat es nicht wirklich gestört.
Für fünf Sterne und den Lieblingsbuchstatus hat es dann aber doch nicht gereicht. Dafür blieb die Geschichte, die stellenweise durchaus als Milieustudie gesehen werden kann, insgesamt doch ein wenig zu oberflächlich, waren mir die Figuren zu überzeichnet (wodurch sie weniger „echt“ und dreidimensional wirkten) und die Darstellung sowohl der privilegierten, reichen, gebildeten „Oberschicht“ als auch der sozial benachteiligten, armutsgefährdeten, ungebildeten „Unterschicht“ zu klischeehaft. Deutlich kritischer ist hier natürlich Letzteres zu betrachten, weil so natürlich diverse Vorurteile befeuert werden und neue Nahrung bekommen: Monis Familie wird überwiegend als laut, chaotisch, ungebildet bis dumm, schlecht gekleidet, faul, dick (Fatshaming inklusive!) und überfordert von der eigenen (großen) Kinderschar dargestellt.
Auch aus feministischer Sicht haben mich die vielen Klischees gestört: Moni studiert zwar als Frau Mathe, ja, aber sie ist AUCH der INBEGRIFF der „multitaskenden“, sich selbst für alle aufopfernde, sich um alle kümmernde Großmutter (die laut Buch alle Leute sofort „adoptiert“), auch sonst sind es in diesem Buch fast immer die weiblichen Figuren, die für die Care-Arbeit und Mental Load zuständig sind, die Matheprofessoren sind natürlich männlich, die Schulsekretärin weiblich, es wird auch der Eindruck vermittelt, dass eine Frau im mittleren Alter ohne Make-up unerträglich anzusehen sei usw. Eine gewisse unterschwellige Kritik an dieser ungleichen Verteilung der unbezahlten Arbeit kann man herauslesen, wenn man will, aber sie ist so subtil, dass die meisten Leser:innen (die dafür nicht sensibilisiert sind und sich mit dem Thema noch nie näher beschäftigt haben) drüberlesen und nicht weiter darüber nachdenken werden. Das ist schade, hier hätte ich mir klarere Worte gewünscht!
Außerdem hatte der Protagonist ein paar Seiten an sich, die mich abgestoßen haben: Er ist zwar irgendwie sympathisch, aber gleichzeitig auch unendlich privilegiert, teilweise sehr egozentisch (was sich auch im Schreibstil durch die stellenweise gehäufte Verwendung von „Ich…“ am Satzanfang spiegelt) und arrogant (anderen Studienrichtungen und Menschen gegenüber) und äußert immer wieder s+xistische und misogyne Sätze, ohne es zu merken. Beispiel: Monika spricht in einer Szene mit einer anderen Mathestudentin und er vermutet, dass sie wohl über ein Kuchenrezept reden – denn über was sonst sollten zwei Frauen sich unterhalten? Ihr hört mich seufzen. Auch sonst sind Frauen im Mathestudium wenig sichtbar – es mag aktuell noch der Realität entsprechen, aber hier sollte man doch zumindest in der Literatur gegensteuern und nicht vorhandene Geschlechterstereotype weiter zementieren (was hier passiert), oder? Man merkt, dass der 46-jährigen Autorin teilweise noch das Bewusstsein für schädliche Rollenklischees, Stereotype und S_xismus fehlt, dass sie vieles einfach nicht hinterfragt, sondern als gegeben hinnimmt. Dass sie sich dieses Bewusstsein vor dem nächsten Buch aneignet, würde ich mir wünschen!
Mein Fazit
„Pi mal Daumen“ ist ein kurzweiliger, witziger, leichtfüßiger Roman, der zwar wichtige Themen anspricht, aber dabei etwas zu oberflächlich bleibt und nicht frei von (schädlichen) Klischees und Geschlechterstereotypen ist – dafür ziehe ich einen Stern ab. Wenn man weiß, was man hier erwarten darf (und was eben nicht), kann mensch mit diesem Buch aber trotzdem (wie ich) ein paar unterhaltsame Lesestunden verbringen. Von mir gibt es daher eine Empfehlung!
" Sie werden lachen, aber ich halte Sie nicht für besonders doof. Ich halte Sie für ineffizient."
Inhalt
Der 16-jährige Oscar sitzt in den Mathematikvorlesungen, weil er ein Überflieger ist, der bereits ...
" Sie werden lachen, aber ich halte Sie nicht für besonders doof. Ich halte Sie für ineffizient."
Inhalt
Der 16-jährige Oscar sitzt in den Mathematikvorlesungen, weil er ein Überflieger ist, der bereits in der Grundschule mit Primzahlen jonglieren konnte, auch wenn er keinerlei Sozialleben pflegt und autistische Züge besitzt. Seine neue Studienbekanntschaft, hat einen ganz entscheidenden Vorteil, sie schafft es den unterzuckerten jungen Mann mit einem Frühstück zu versorgen und nebenbei den kränkelnden Enkelsohn zu beruhigen und wissenschaftliche Aufgaben mit Tiefgang zu lösen, obwohl sie doch so überhaupt keinen Plan vom Leben zu haben scheint.
Wie es Moni zum Mathematikstudium in ihrem fortgeschrittenen Alter verschlagen hat, will Oscar einfach nicht in den Sinn. Mit einer hysterischen Tochter, drei Enkeln, einem sehr speziellen Lebensgefährten und mehreres Jobs, wird sie die Schönheit der Mathematik doch nie begreifen. Wann auch? Ihr Leben scheint ein einziges Chaos zu sein, mit hunderttausend Ansprüchen und keinerlei Zielstellung. Erst als Moni die einzige Bestnote in einer Klausur schreibt, bekommt es Oscar mit der Angst zu tun. Wie kann es sein, dass diese Frau so gut ist? Und schon hat er sein nächstes Forschungsobjekt gefunden. Doch Moni gibt es nur mit all ihren Anhängen und so muss Oscar in den sauren Apfel beißen und aus seinem Schneckenhaus herauskommen.
Meinung
Ich bin großer Fan der in Berlin lebenden Autorin, die mich schon mit zahlreichen Romanen ausgesprochen gut unterhalten konnte. Und dieser hier war mir auf Anhieb sehr sympathisch. Er hat auch so passende Parallelen zu meinem eigenen Leben, schließlich widmet sich der nerdige Hauptprotagonist der Mathematik und meine Tochter beginnt dieses Jahr ebenfalls mit diesem Studium - allerdings nur das verpönte Lehramt, also für Oscar ein absolutes No-Go!
Die Story ist nicht sonderlich tiefgründig, dafür mit wirklich herzerwärmenden Dialogen ausgestattet. Man kann Moni nur bewundern und Oscar wächst einem ganz schnell ans Herz, so das man die Interaktion zwischen den beiden und die skurrilen Alltagssituationen direkt miterleben kann. Ich mag Bücher, bei denen das Identifikationspotential so hoch ist wie hier - zwei konträre Charaktere, die durch Zufall zueinander finden und sich einfach mögen, selbst oder gerade deshalb, weil sie so besonders sind.
Das Studium von Moni Kosinsky verändert nicht nur die gestandene Frau, sondern vor allem den jungen Mann, der es sich bald zur Aufgabe macht, die vielbeschäftigte Frau durch das Studium zu manövrieren. Zwischen den Zeilen stecken dann gut greifbar einige Lebensweisheiten, die jedoch kaum an die Oberfläche kommen, weil der Leser mit Lachen beschäftigt ist. Die Grundaussage des Buches ist wunderbar positiv und lebensbejahend.
Fazit
Ich vergebe gute 4 Lesesterne, für ein echtes Gute-Laune-Buch mit Wohlfühlfaktor. Wer spezielle Typen mit sonderbaren Ansichten und verqueren Hobbys mag, oder einfach Menschen, die andere wie eigene Kinder aufnehmen und mit Wärme und Zuwendung verwöhnen, kommt hier definitiv auf seine Kosten. Den einen Stern Abzug begründe ich mit der übersichtlichen Story. Da hätte es gerne noch den ein oder anderen Schwenk in eine andere Richtung geben dürfen, aber da Oscar als Erzähler fungiert und der für Zwischenmenschliches bisher so gar kein Verständnis hatte, ist das durchaus glaubwürdig. Ich freue mich schon jetzt auf das nächste Buch der Autorin und empfehle dieses hier guten Herzens weiter.
Der Klappentext von „Pi mal Daumen“ verspricht das „Porträt einer selbstlosen Frau“ und die Erzählung der „späten Selbstfindung einer Großmutter“ und hätte ich nicht angesichts der Autorin zunächst blind ...
Der Klappentext von „Pi mal Daumen“ verspricht das „Porträt einer selbstlosen Frau“ und die Erzählung der „späten Selbstfindung einer Großmutter“ und hätte ich nicht angesichts der Autorin zunächst blind einen Blick in den Anfang des Romans geworfen, würde es mich krass verblüfft haben, dass hier der junge Oscar als Ich-Erzähler auftritt und wir die gemeinte Frau und Großmutter aus seinem Blickwinkel dargestellt bekommen. Die Buchbeschreibung hätte mich da eigentlich entweder einen neutralen Erzähler oder Moni als Erzählerin erwarten lassen.
Oscar ist 16, adelig, hochintelligent und hat nicht nur schon vor Langem beschlossen, Mathematik studieren zu wollen, sondern sein Studium komplett durchgeplant – Moni ist Anfang 50, prollig, hochempathisch und hat sich nun (heimlich) für das Mathematikstudium eingeschrieben, von dem sie schon seit Langem träumte: Gleich bei ihrer ersten Begegnung nimmt sie Oscar ein wenig unter ihre Fittiche, der keinen Hehl aus seiner Überzeugung macht, ihre Einschreibung würde nur kurzzeitig Bestand haben, zumal Mathematik zu den Studienfächern zählt, die prinzipiell einen enormen, und rapiden, Schwund an Studierenden haben. Oscar bleibt unsicher, ob Moni sich nicht doch einfach nur unbefugt ins Auditorium geschlichen hat, und ist völlig verärgert, dass Moni dem Studium nicht so viel Raum einräumt wie er; Moni ist es hingegen unverständlich, wie Oscars Eltern ihren „Kleinen“ so einfach allein in die große, weite Welt hinaussenden konnten, denn Oscar hat nicht nur eindeutige autistische Züge, sondern ihm ist auch anzumerken, in welch geschützter privilegierter Blase er aufgewachsen ist und wie wenig er vom „normalen“ Durchschnittsleben weiß.
Damit wartet „Pi mal Daumen“ also mit zwei Hauptfiguren auf, von denen man denkt, dass sie definitiv voneinander profitieren könnten (Moni könnte etwas mehr an sich denken anstelle sich ständig für Andere aufzuopfern; Oscar könnte hingegen sozialer werden), von denen man aber auch bezweifelt, ob sie nicht doch viel zu sehr Feuer und Eis sein werden als dass sie einen längeren Kontakt zueinander halten, von einer Freundschaft aufzubauen ganz zu schweigen, könnten.
Tatsächlich entwickelt sich die Freundschaft hier wohl auch hauptsächlich aus Monis Mutterinstinkt und Oscars Faszination für Moni, hinter deren Studium er ein Geheimnis sieht, das er unbedingt ergründen will, und die er zwar zu dumm für die Uni hält, die zu seiner Überraschung aber doch auch häufig „Geistesblitze“ hat oder über zig Ecken und Kanten denkend zu den richtigen Ergebnissen kommt. Auch Moni zweifelt an ihrer Intelligenz; in ihrer Familie wären nunmal alle dumm; wobei Oscar nach den ersten Begegnungen mit Monis Enkeln Zweifel an dieser Theorie zu entwickeln beginnt, was ihn in Folge nur weiter herausfinden lassen will, wieso man dort in der Familie so bestimmt darauf pocht, mit Zahlen einfach nix anfangen zu können.
„Pi mal Daumen“ zeigt definitiv eine persönliche Weiterentwicklung beider Figuren, wobei mich Oscars Über-Frage „Wer ist Moni überhaupt?“ immer weniger interessiert hat; da hat es mich schließlich sogar ein bisschen genervt, dass er Monis Biografie so genau enthüllen wollte – war zwar schön, dass er neben der Mathematik da eindeutig auch noch ein anderes Interesse entwickelte, aber zum Einen wirkte Moni auf mich von Anfang an nicht dumm, sondern eher da genial-raffiniert, wo Oscar eben genial-rational war, und zum Anderen blieb mir auch unklar, was er eigentlich teils sehr aufwändig herauszufinden hoffte. Da gab es diverse Szenen, in denen ich dachte, er könnte auch einfach mal fragen – kurioserweise erhält er einige Antworten letztlich tatsächlich genau so, und zwar völlig beiläufig. Klar spiegelt das auch Oscars eigene Entwicklung wider, von einem, der sich eigenbrötlerisch durch zig alte Unterlagen in Archiven wühlt, zu einem, der Betreffende auch einfach mal bzgl. seiner Fragen zu deren Lebensläufen anspricht und sozusagen „sozialgesellschaftlicher“ agiert, aber mir war das alles zum Ende hin etwas zu langgezogen. Auch der (meiner Meinung nach letztlich einfach überflüssige) Epilog hat mir völlig missfallen; mit einem Teil davon hatte ich schon frühzeitig gerechnet, aber (kein Spoiler! auch wenn’s vielleicht so klingt) Mehrdimensionalität passte zwar zum mathematischen Thema, das sich wie ein roter Faden durch den Roman zog, jedoch erschien mir eher ein Mischmasch aus verschiedenen, auch spirituellen, Ebenen kreiert worden zu sein, der einfach nur „literarisch wunderschön“ klingen sollte; generell hat mich der Schluss des Romans eh ein wenig enttäuscht. Das war eines dieser Enden, das mir so vorkam als habe der/die Verfassende irgendwann selbst gemerkt, dass sich die Handlung inzwischen reichlich zog und sie nun zu einem flotten Abschluss kommen lassen wollen, und dabei dann leider alles etwa zerhackt.
Ich habe „Pi mal Daumen“ wirklich gerne gelesen, bis fast zum Schluss, aber der Schlussteil hat es mir dann doch reichlich verhagelt; mein Bronsky-Lieblingsroman wird dies deswegen definitiv nicht werden; ich runde in meiner persönlichen Lesewertung (3,8*) da ganz knapp auf vier Sterne auf.