Meine Roman-Trilogie „Die Legende der Lady Grey“, die mit dem dritten Band „Schach auf Leben und Tod" endet, ist ein Salut vor den Seefahrern meiner Jugend und gleichermaßen eine nicht ganz ernstzunehmende Parodie auf ihre Sitten, Gebräuche und Marotten, verbunden mit einer durch nichts zu erschütternden Freundschaft und einer in mancherlei Hinsicht ungewöhnlichen Liebesgeschichte.
Wenn es mir gelänge, dieselbe Freude an meinen Gestalten und ihrem Weg in meinen Leserinnen und Lesern zu wecken, die ich empfand, als ich sie erschuf, wäre dies für mich die Bestätigung, dass sich manche „Jugendsünden“ auch noch nach über zwanzig Jahren lohnen.
Ausdrücklich betonen möchte ich, dass ich mit meinen Schilderungen psychischer und physischer Aggression weder Gewalt noch den Krieg verherrlichen möchte; im Gegenteil! Doch da es uns auch im 21. Jahrhundert noch nicht gelungen ist, dergleichen abzuschaffen, kann es nicht totgeschwiegen werden.
Auch möchte ich zeigen, dass ein Mensch, der Gewalt und Brutalität seiner Natur und Überzeugung nach zutiefst verabscheut, zuweilen an seine Grenzen getrieben werden kann. Wieviel ist er zu ertragen im Stande, wenn er einem oder mehreren Tyrannen ausgeliefert ist, die ihre körperliche, materielle oder geistige Machtposition ausnutzen, ihn demütigen und ihm die Luft zum Atmen abpressen, bis er eines Tages entweder daran zerbricht oder dagegen aufbegehrt und explodiert?
Wo ich sexuelle Misshandlungen oder Obszönitäten schildere, ist dies nicht pornographisch gemeint, sondern nötig, um die eine oder andere Reaktion meiner Protagonistin begreiflich zu machen, die man sonst nicht nachvollziehen kann.
Für mich ist Sexualität der freudigste und umfassendste körperliche Ausdruck von Liebe und etwas Heiliges, das mit gewalttätigen, von Verachtung und Geringschätzung geprägten Handlungen oder sadomasochistischen Praktiken nichts zu tun hat. Wie man Lust und Freude daran empfinden kann, gequält zu werden oder jemanden zu quälen, wird mir ewig ein Rätsel bleiben; wer Qual und Leid je erlebt hat, will, dass es aufhört und einem nie mehr widerfährt!
Viel lieber möchte ich Immanuel Kants größtem und edelstem Geschenk an die Menschheit ein Denkmal setzen:
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist die Unfähigkeit, sich seines eigenen Verstandes ohne der Leitung eines anderen zu bedienen.“ (…) „Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist der Wahlspruch der Aufklärung.“ (Zitat aus Kants Traktat: „Was ist Aufklärung?“)
Für mich beinhalten diese Worte
• die Möglichkeit und das Recht, Glaubenssätze, wissenschaftliche Thesen und Philosophien vor dem Hintergrund des eigenen Denkens und Fühlens und der eigenen Lebenserfahrung zu hinterfragen und zu bezweifeln, unabhängig davon, was Autoritäten, Religionsstifter und Ideologen verkünden;
• den Aufruf, das Schicksal in die Hand zu nehmen und auf seine Möglichkeiten zu vertrauen und
• die Aufforderung, Geist und Herz zu bilden, so gut es gehen mag, dem Licht und der Freiheit entgegenzustreben und zu der Bestimmung zu stehen, die man tief in sich spürt. Das hat mit Egoismus nichts zu tun! Tut man es nicht, weil man glaubt, egoistisch und eigennützig zu handeln und verzichten zu müssen - aus welchen Gründen auch immer -, führt dies zu Unzufriedenheit, Bitterkeit und Gram, mit der man sich und anderen das Leben vergiftet und zur Hölle auf Erden macht.