Profilbild von easymarkt3

easymarkt3

Lesejury Star
offline

easymarkt3 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit easymarkt3 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.08.2024

Ein Geist und ein Mord im Antiquariat

Mord in der Charing Cross Road
0

Das Cover zeigt nicht nur einen übermächtigen weißen Geist in leicht gebückter Angriffshaltung, sondern auch eine junge Frau in Gelbtönen – wohl Sally – vor einer stilisierten Bücherwand stehend. Passend ...

Das Cover zeigt nicht nur einen übermächtigen weißen Geist in leicht gebückter Angriffshaltung, sondern auch eine junge Frau in Gelbtönen – wohl Sally – vor einer stilisierten Bücherwand stehend. Passend zum Buchinhalt, versprüht es einen vorgestrigen Charme. Die Autorin Henrietta Hamilton verarbeitet hier auch ihre Erfahrungen in einer Londoner antiquarischen Buchhandlung nach dem zweiten Weltkrieg. Wie Agatha Christie schreibt sie im gleichen Genre über ihr Duo Johnny und Sally Heldar, das Kriminalfälle löst. Die anfängliche Vorstellung sämtlicher Mitarbeiter und Eigentümer in der über mehrere Stockwerke reichenden Buchhandlung überwältigt zunächst. Der Schreibstil wirkt in seinen beschriebenen, meist höflichen Umgangsformen altmodisch. Rätselhafte Begebenheiten wie die Sichtung eines angeblichen Geistes oder einer Geheimtür führen nicht zu überragender Spannung. Der heutige Umgang mit seltenen Antiquitäten in Buchform als Erstausgaben, über mehrere Jahrhunderte alt, würde kaum den Diebstahl kostbarer Exemplare wie im Buch beschrieben ermöglichen. Dass der Mörder und die Mordwaffe ausländischen Ursprungs sind, verwundert nicht nach den bitteren Kriegserfahrungen der Briten. Eine Wiederbelebung dieser aus der Zeit gefallenen Krimireihe könnte aufgrund der Wortwahl und der jeweils verarbeiteten Gesamtsituation ohne raffinierte, scharfsinninnige Twists und Turns schwierig sein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.08.2024

Die Geschichte eines bewegten Lebens

Nur nachts ist es hell
0

Das Cover zeigt ein Paar von hinten unter einem Regenschirm in nasskalter, nächtlicher Straßenszene. Diese wirkt gut beleuchtet, wie der Buchtitel – eher eine Metapher - suggeriert.
Der Stammbaum im ...

Das Cover zeigt ein Paar von hinten unter einem Regenschirm in nasskalter, nächtlicher Straßenszene. Diese wirkt gut beleuchtet, wie der Buchtitel – eher eine Metapher - suggeriert.
Der Stammbaum im Anhang stellt klar, wem die weibliche Hauptfigur ihre Lebensgeschichte beschreibt, eingebettet in geschichtlich wichtige Ereignisse ihrer Zeit. Leider sind ihre Rückblicke nicht chronologisch sortiert. Elisabeth Tichy, geb. Brugger, Ärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in Wien, erzählt ihrer Enkelin Christina Brugger nicht nur ausgiebig über ihre lebenslangen Geschwisterbeziehungen nicht nur in der dörflichen Hofmühle und über die einschneidenden Vorkommnisse zwischen zwei Weltkriegen mit ihr als Lazarett- bzw. Krankenschwester. Ihr Rückblick beginnt 1973, beschreibt eine Protestkundgebung in Sachen Legalisierung des Schwangerschaftsabbruches in Österreich. Nicht nur dieses Thema, sondern die Gleichstellung der Frau überhaupt wie z.B. das Wahlrecht, Zulassung zum Medizinstudium etc. beschäftigt sie sehr. Weiterhin gibt es politische und medizin-historische Abschweifungen nicht nur Österreich betreffend, auch über rechtliche Fragen zu Schwangerschaftsabbruch und Abtreibungsmethoden.
Auch menschliche Grundsatzfragen werden angesprochen: Hat jeder die Verantwortung, etwas beizutragen, um Missstände in der Welt zu beseitigen? Oder sollte der Mensch nur auf sich selbst und auf seine unmittelbar Nächsten gut achten? Denn genauer betrachtet, wenn das jeder Einzelne verantwortungsvoll täte, gäbe es ja schon weniger Elend. Aber genug ist es vermutlich nicht. Wie weit erstreckt sich Verantwortung? Und was macht einen Menschen zu dem, was er ist? Was prägt ihn? Der Kopf und das Temperament.
Nicht nur durch den Tod ihres Ehemanns Georg erscheinen Elisabeth die Tage kurz, dunkel und trostlos. Nur nachts war es hell, und in diesen hellen Nächten sickerte allmählich ins Gedächtnis, dass der Krieg vorbei war.
Durch die ungeordneten Retrospektiven wirkt der Roman nicht wie eine abgerundete, harmonische Einheit, auch wenn einzelne Sequenzen sehr informativ sind. Alles wirkt eher wie ein Tagebuch, gefüllt mit unsortierten Erinnerungsfetzen aus einer sehr bewegten Zeit mit interessanten Charakteren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.08.2024

Gerne mit Familienstammbaum zum besseren Verständnis

Wir sitzen im Dickicht und weinen
0

Das Cover gefällt nicht nur in der warmen Farbgebung, sondern die breiten, gewundenen Pinselstränge könnten abstrakt die diversen Frauenbilder entlang dreier Generationen darstellen, die sich in der Gegenwart ...

Das Cover gefällt nicht nur in der warmen Farbgebung, sondern die breiten, gewundenen Pinselstränge könnten abstrakt die diversen Frauenbilder entlang dreier Generationen darstellen, die sich in der Gegenwart im unteren Coverbereich konzentrieren mit all ihren Verstrickungen. Die Mutter-Tochter-Dynamiken dreier Frauengenerationen mit Reflexionen zum 2. Weltkrieg, Judentum bis zur Gegenwart spielen in Österreich und der Schweiz. Thematisiert wird neben unglücklicher Mutterschaft und Kindheit auch das Loslassen des Nachwuchses, verbunden mit Kontrollverlust. Bei den zu kurzen familiären Rückblicken verliert man leicht den Überblick ohne einen Familienstammbaum, ohne Zeitangaben. Die Hauptfiguren Valerie und ihre Mutter Christine wirken neurotisch, emotional unausgeglichen, unsympathisch in ihren realistisch beschriebenen Dialogen. Die toxischen Strukturen zwischen den Frauenschicksalen hätten etwas mehr Tiefgang vertragen. Wie wichtig Kommunikation, Erziehung und Frausein neben der un-/gewollten Mutterschaft ist, zeigen diese drei sich überlappenden Frauengenerationen innerhalb eines Familienstammbaums.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.06.2024

Leider nur die erste Lebenshälfte von Agatha Christie

Agatha Christie
0

Das passende Cover zeigt ein typisch britisches sommerliches Landschaftsbild an einer warmen Küste mit einem stattliches Gebäude im Hintergrund und wohl der jungen, noch unverheirateten Agatha Christie ...

Das passende Cover zeigt ein typisch britisches sommerliches Landschaftsbild an einer warmen Küste mit einem stattliches Gebäude im Hintergrund und wohl der jungen, noch unverheirateten Agatha Christie im Vordergrund, im modischen Stil um 1920. Leider umfasst dieser Roman nur die Zeit von 1908 bis 1929, also die erste Lebenshälfte von Agatha, * 1890. Ihre glückliche Kindheit in Torquay im Haus Ashfield, ihre Reisejahre in Paris und Kairo zusammen mit ihrer geliebten Mutter spiegeln ihre inneren Konflikte wider, aber auch die damalige Etikette in gehobenen Gesellschaftskreisen. Ermüdend ist manch ein oberflächlicher Dialog zwischen Mutter und Tochter über ähnlichem Inhalt rund ums Heiraten. Interessanter hingegen sind die schriftstellerischen Anfänge und der Schreibprozess rund um die Figur Hercule Poirot in ihren ersten Krimis. Das Ehe- und Familienleben mit Ehemann Archibald Christie und Tochter Rosalind beschreibt mehr deren Alltag. Der schriftstellerische Erfolg mit der ältlichen Ermittlerin Jane Marple in den Folgejahren nach 1928 hätte breiter ausgebaut werden können neben den vielen Reisen wie z.B. nach Bagdad, Ur oder die Kanarischen Inseln. Da Agatha bis 1976 lebte, könnte man hier die weitere Entwicklung ihrer großen Karriere vermissen. Leider liefert das Nachwort nur eine kurze Zusammenfassung mit Hinweisen auf Auslassung einiger Lebensabschnitte der Schriftstellerin. Insgesamt war der Schreibstil nicht überzeugend.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.06.2024

Ein kritischer Blick auf Hollywoods Filmindustrie und Glamourwelt

Eve
0

Die Szenerie spielt in Los Angeles, rund um die Filmstudios Hollywoods um 1939. Die Besetzung zum Film Vom Winde verweht steht an. Die Schauspielerin Olivia de Havilland und die seitenweise aufgeführten ...

Die Szenerie spielt in Los Angeles, rund um die Filmstudios Hollywoods um 1939. Die Besetzung zum Film Vom Winde verweht steht an. Die Schauspielerin Olivia de Havilland und die seitenweise aufgeführten Vorgaben in ihren Filmverträgen prägen auch schonungslos ihr Privatleben z.B. bei Imagefragen. In Evelyn Ross findet sie eine wahre Freundin, clever, stets diskret, mutig, selbstsicher, auf der Suche nach gesellschaftlicher Gerechtigkeit und Entmachtung der ewig Herrschsüchtigen in der Filmbranche. Das unmenschliche Buhlen um zukünftige Filmrollen und die damit einhergehende Würdelosigkeit, gepaart mit großer Angst vor Arbeitslosigkeit, auch in Berufszweigen wie Journalistik, Fotografie, Juristerei etc. – diese Themenbereiche werden behandelt in einem recht langatmigen Schreibstil in zwei Teilen des Romans. In Hollywoods scheinbar heiler Filmindustrie und Glamourwelt entpuppt sich viel Spielraum für Kriminalität, aufgedeckt durch raffinierte Aktionen von Eve und ihrem rührigen Team: Charlie Granger, ehemaliger Inspektor der Mordkommission, dann Prentice Symmons, dickleibiger, zurück getretener Schauspieler und Billie, einem jungen Stuntman. Der Roman beschreibt gesellschaftskritisch Menschen, die aus ihrem geringsten Fehltritt einen Gewinn für sich selbst schlagen wollen. Auch ahnungslose, ehrliche Menschen können schnell in die unethischen Fänge solcher Mitmenschen geraten. Leider sind der Schreibstil und die Wortwahl im Handlungsverlauf und in der Charakterisierung aller Figuren nicht überzeugend genug.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere