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Veröffentlicht am 06.03.2018

Cherringham: Koffer packen, um dorthin aufzubrechen.

Tiefer Grund
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Seit einigen Jahren ist das Autorenduo Costello/ Richards beliebt für seine typisch englischen Krimis. Ähnlich den Fällen von Inspector Barnaby haben sie ein Universum rund um den fiktiven Ort Cherringham ...

Seit einigen Jahren ist das Autorenduo Costello/ Richards beliebt für seine typisch englischen Krimis. Ähnlich den Fällen von Inspector Barnaby haben sie ein Universum rund um den fiktiven Ort Cherringham in den Cotswolds nördlich von Oxford geschaffen. In den etwa dreißig Kriminalroman setzen sie auf Miträtseln und Wohlfühlen der Leser, ohne die heutigen Probleme der Gesellschaft aus dem Blick zu lassen. So auch in dem vorliegenden Band.

Der Leser wird gleich in einen typischen Pub eines Dorfes gesetzt und kann mit dem Lehrerkollegium der hiesigen Schule den Schuljahresabschluss feiern. Er liest, welche Beziehungen zu wem bestehen. Josh scheint ziemlich angetrunken und verlässt die Feier. Als Maddy ihm folgt und nach ihm sehen möchte, findet sie ihn ertrunken in der Themse. Die Hobbyermittlerin Sarah wird von der Schuldirektorin gebeten, den Tod aufzuklären, weil es sich um einen Lehrer ihrer Schule handelt. Schnell findet Sarah heraus, dass an der Schule, in die auch ihre Kinder gehen, ein viel größeres Problem besteht. In Cherringham gibt es nur einen Dorfpolizisten Alan, der gerne die Hilfe von Sarah und dessen Ermittlungspartner Jack in Anspruch nimmt. Jack wiederum ist ein ehemaliger Cop aus New York, den es nach England verschlagen hat.

Wie bei jeder in Romanreihe gibt es eine wunderschöne Hintergrundgeschichte, die alles umspannt. Geschickt ist der Roman aber so aufgebaut, dass man keinen anderen Roman zuvor gelesen haben muss. Alle wesentlichen Informationen zum Verhältnis der Figuren (Ermittler wie Dorfbewohner) erfährt man im Roman. Man vermisst nichts. Doch ist man auf die Hintergrundgeschichte gespannt, wie es ausgeht. In der vordergründigen Verbrechensgeschichte werden ausreichend falsche Fährten gelegt, um den Leser auf Glatteis zu führen.

Die Dialoge sind unterbrochen mit Beschreibungen zu Cherringham, der Landschaft und Gegend, den Gepflogenheiten in kleinen englischen Dörfern und Städten. Nicht nur für England-Liebhaber ein Genuss, sich in einen solchen Ort versetzt zu fühlen. Die sympathischen Ermittler sorgen schließlich dafür, dass man trotz aller Verbrechen in Cherringham sofort die Koffer packen möchte, um dorthin aufzubrechen.

Zweifelsohne verstehen die Drehbuchautoren ihr Handwerk und schaffen empfehlenswerte Romane.

Matthew Costello/ Neil Richards
Tiefer Grund
aus dem Englischen von Sabine Schilasky
Bastei Luebbe Verlag, Köln
ISBN 9783404176540

© Detlef Knut, Düsseldorf 2018

Veröffentlicht am 22.02.2018

Ein empfehlenswerter Kriminalroman, dem man sein Tempo auf den ersten Blick nicht ansieht.

Scherbennacht
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Was zu Beginn bayrisch-gemütlich wie die „Polizeiinspektion 1" daherkommt, wird von Seite zu Seite immer rasanter, kniffliger bis hin zu atemberaubend. Im Umfeld einer Demonstration wurde ein Polizist ...

Was zu Beginn bayrisch-gemütlich wie die „Polizeiinspektion 1" daherkommt, wird von Seite zu Seite immer rasanter, kniffliger bis hin zu atemberaubend. Im Umfeld einer Demonstration wurde ein Polizist ermordet. Seine Kollegen haben verschiedene Gruppen zu ermitteln: linke Demonstranten, eine Sondereinheit speziell für Demos, sogar der Staatsschutz tritt auf den Plan. Hinzukommt, dass das Opfer vor Monaten bei einem Einsatz ein Mädchen erschossen hat.

Neubauer hat ein enges Beziehungsgeflecht der Figuren geschafft. Traumatisierte Kollegen im Polizeiumfeld, die sich vor lauter privaten Problemen nicht auf die Ermittlungen konzentrieren können. Nahezu jede Figur trägt ihr besonderes Päckchen mit sich herum. Falsche Verdächtigungen, die das Engagement der Ermittler ausbremsen. Das zieht den Leser in den Roman hinein. In diesem Beziehungstrudel bleibt vieles offen. Gerne möchte man zur einen oder anderen Figur mehr erfahren. Doch die Autorin bleibt es dem Leser schuldig, hält sich dies für eine mögliche Fortsetzung warm. Aus Sicht der Spannung liebenden Leser ist dies klasse gemacht, aus Sicht der abschließend befriedigten Leser ein klein wenig enttäuschend.

Das Lokalkolorit ist angemessen, nicht zu sehr regio, aber ausreichend, um dem Leser erkennen zu lassen, das es nicht in Hamburg oder Berlin spielt. Was mich fasziniert hat, war das sofortige Gefühl, dass ich es mit einem Münchner Krimi zu tun hatte. Das eingangs erwähnte „bayrisch-gemütlich" empfand ich sehr schnell. Ob es an einzelnen Floskeln, an den Namen der Orte und Plätze, oder nur an der Erwähnung in den Beschreibungen lag, vermag ich nicht zu sagen. Ich habe mich trotz der ersten schnellen Leiche sofort wohlgefühlt in dem Stoff.

Ein empfehlenswerter Kriminalroman, dem man sein Tempo auf den ersten Blick nicht ansieht.

Veröffentlicht am 17.11.2017

Abenteuerreise von Johanna und Karl, gekoppelt an historische Geschehnisse

Die Widerspenstige
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Die Zwillinge Johanna und Karl von Allersheim, deren Mutter aus Polen stammte, verlieren nun auch ihren Vater. Ihre Stiefmutter ist ihnen nicht wohlgesonnen. Sie beeinflusst nicht nur deren großen Halbbruder ...

Die Zwillinge Johanna und Karl von Allersheim, deren Mutter aus Polen stammte, verlieren nun auch ihren Vater. Ihre Stiefmutter ist ihnen nicht wohlgesonnen. Sie beeinflusst nicht nur deren großen Halbbruder Matthias, sondern lässt auch das Testament des Vaters fälschen, um an die Macht und den Besitz des Grafen zu kommen. Die Zwillinge sehen die Flucht als ihren einzigen Ausweg. Sie machen sich mit einem ihrer Knechte auf den Weg nach Polen. Johanna verkleidet sich dabei als Mann. So machen sie sich auf die Suche nach ihren polnischen Verwandten. Da sie noch jung sind, werden sie unter die Vormundschaft von Osmanski gestellt, dem Anführer einer polnischen Kampfestruppe, die an der Grenze das Land gegen die Tataren verteidigt. Von da an beginnen die gefährlichen Abenteuer von „Jan" und Karol, die bei der Ausbildung zum Kampf beginnt, über die Kämpfe mit den Tataren bis zur Schlacht des polnischen Heeres gegen die Türken geht.

Iny Lorenz haben sich ein besonderes europäisches Ränkespiel der Geschichte zum Hintergrund gewählt. Mit liebevoll gezeichneten Figuren und einer spannenden und abenteuerlichen Handlung bringen sie das Thema anhand vieler Details dem Lesern nahe. Zwar sind im Wesentlichen die Bösen und Guten ziemlich schnell erkennbar, jedoch kann sich der Leser auf einige Überraschungen gefasst machen. Wie Wölfe im Schafspelz wechseln manche ihren Charakter. Chronologisch aneinandergereiht sind die Abenteuer der beiden auf ihrem Weg zu ihrem Recht. Die Geschehnisse der Zeit sind im Hintergrund stets präsent. Es schadet nicht, die Nachbemerkung der Autoren zu Beginn oder zwischendurch zu lesen. An der Wahrheit wird bei aller Fiktion dieses Romans nicht gerüttelt.

Ungewohnt wie auch bei anderen Romanen, die in Osteuropa oder Asien spielen, sind die Namen, an die sich der Leser gewöhnen muss. Dabei haben die Autoren zu einer guten Mischung zwischen deutscher und polnischer Schreibweise gefunden, so dass man gut damit klar kommt.

Mir hat die Abenteuerreise von Johanna und Karl, gekoppelt an die historischen Geschehnisse viel Spaß gemacht!


© Detlef Knut, Düsseldorf 2017

Veröffentlicht am 08.11.2017

Sympathie für viele Figuren

Sea Detective: Der Sog der Tiefe
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Mit seinem zweiten Roman schafft der Autor erneut einen spannenden Kriminalroman, in welchem es in erster Linie nicht um Ermittlungen geht. Trotzdem wird er mit jedem Kapitel spannender.

Die Handlung ...

Mit seinem zweiten Roman schafft der Autor erneut einen spannenden Kriminalroman, in welchem es in erster Linie nicht um Ermittlungen geht. Trotzdem wird er mit jedem Kapitel spannender.

Die Handlung rankt sich erneut um Cal McGill, seines Zeichens Meeresforscher, der in zunehmendem Maße von Menschen beauftragt wird, ihre vermissten Angehörigen aufzuspüren. McGill ist aber kein klassische Ermittler, der von Beginn an wie ein Detektiv oder Polizist auf Jagd nach einem Verbrecher ist. Er ist ein charmantes Beiwerk in der Handlung. Die beginnt mit der Verbannung von Mrs. Anderson, genannt Mrs. A., beim Begräbnis ihres Arbeitgebers auf die hintersten Plätze. William Richis Stieftochter konnte die Haushälterin noch nie ausstehen und verstößt die ältere Dame aus dem Haushalt. Doch Mrs. A. kennt die Familie seit Jahrzehnten und lässt sich nicht die Butter vom Brot klauen. Getreu dem Motto "Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt" will sich Mrs. A. das nicht bieten lassen. Kurze Zeit darauf wird Violet, die im Kinderheim aufgewachsen ist, von ihrem Anwalt darüber informiert, in welchen Ort an der schottischen Küste sie etwas über ihre Herkunft erfahren kann. Es ist ein Brief an Violet aufgetaucht, für dessen Weiterleitung an die Empfängerin der Anwalt seinen Job verliert. Violet macht sich auf dem Weg nach Poltown. Dort trifft sie zufällig auf Cal McGill, der wegen eines ozeanografischen Auftrags dort verweilt. Violet erfährt, wer ihre Mutter war und dass diese vor 26 Jahren einen Freitod im Meer suchte. McGill berechnet die Umstände einer Möglichkeit eines solchen Freitodes. So graben beide in der Vergangenheit des Dorfes herum, was vielen Bewohnern ein Dorn im Auge ist. Vergangenheit sollte man besser ruhen lassen.

Der Roman erzählt sich über die Charakter der Figuren. Ihr Verhalten gegeneinander sorgt für Spannung, zumal Stück für Stück das Geschehen von vor 26 Jahren aufgedeckt wird. Violet wünscht sich nichts sehnlicher, als ihre Wurzeln zu entdecken und ihrer Tochter eine Großmutter zu präsentieren. McGill hilft ihr dabei. Der Leser kann Sympathie für viele Figuren entwickeln und auch dort wird er Überraschungen erleben. Humorvoll sind die Szenen mit den Kindern geschildert. Und extrem mysteriös erscheint Mrs. A.

Unbedingt lesen!


© Detlef Knut, Düsseldorf 2017

Veröffentlicht am 01.11.2017

Sympathisch, abgewrackt, aber erfolgreich, das Credo eines guten Romandetektivs.

Wahn
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Im zehnten Roman um Privatdetektiv Remigius Rott geht es ins mordende und kriminelle Bergische Land. Zentraler Schauplatz ist die Wahner Heide im Südosten Kölns. Detektivtypisch ist Remi, wie Rott von ...

Im zehnten Roman um Privatdetektiv Remigius Rott geht es ins mordende und kriminelle Bergische Land. Zentraler Schauplatz ist die Wahner Heide im Südosten Kölns. Detektivtypisch ist Remi, wie Rott von seinen Freunden genannt wird, wieder mal total abgebrannt und benötigt unbedingt einen neuen Auftrag, um seine Miete bezahlen zu können. Da kommt ihm ein Auftrag zum Beschatten einer untreuen Ehefrau gerade recht. Doch seine Ergebnisse dem knauserigen Ehemann zu präsentieren, bereitet ihm Probleme: Die Frau geht gar nicht fremd. Sie trifft sich zwar mit Männern, doch die sind schwul und wollen nichts von Frauen wissen.

Zufällig lernt Remi beim Beschatten jedoch einen Mann kennen, der auf Rache aus ist. Gleichzeitig wird in der Gegend von Münster ein Mann von einer Tierschützerin umgebracht, die aus dem Rheinland stammt und dorthin geflüchtet ist. Remi bekommt von deren Tante den Auftrag, nach dem Mädchen zu suchen, bevor sie von der Polizei aufgespürt wird. Das ist schließlich der Auftrag, der Rott seine Miete bezahlen lässt.

Oliver Buslau hat seinen Detektivroman mit viel Lokalkolorit ausgestattet, in dem der gesamte Osten Kölns abgedeckt wird, Flieger vom Köln-Bonner Flughafen durch die Lüfte rauschen. Allerhand regionale Sagen- und Geisterfiguren pochen auf ihre Daseinsberechtigung. Verworren und spitzfindig entwickeln sich die Fälle bzw Aufträge, die der Protagonist zu bewältigen hat. Dabei grummelt im Hintergrund die Beziehung zu Rotts Freundin, einer Journalistin. Den Versuchungen einer neuen Bekanntschaft muss Rott teils vergeblichen Widerstand entgegenstellen.

Ein sehr guter Kriminalroman, den alle mögen werden, die gerne in verzwickten Fällen mitermitteln. Das Genre des Detektivromans versetzt ihn in eine besondere Rolle, obwohl er da den typischen Klischees folgt, die dieses Genre ausmachen. Sympathisch, abgewrackt, aber erfolgreich, das Credo eines guten Romandetektivs.
Diesen Roman empfehle ich sehr gern.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2017