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Veröffentlicht am 31.08.2024

Malerin im Widerstand

Marguerites Geheimnis
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Cote d’Azur, 1944: Die Malerin Marguerite Segal lebt mit einer Freundin auf einem abgeschiedenen Hof in der Nähe von Nizza. Marguerite, welche sich im Widerstand engagiert, soll für den britischen Geheimdienst ...

Cote d’Azur, 1944: Die Malerin Marguerite Segal lebt mit einer Freundin auf einem abgeschiedenen Hof in der Nähe von Nizza. Marguerite, welche sich im Widerstand engagiert, soll für den britischen Geheimdienst Unterlagen besorgen, wofür sie wiederum den Priester Étienne Valade um Hilfe bitten muss. Eine gefährliche Mission, der sich nicht nur die deutschen Soldaten und die französischen Nachbarn, sondern auch aufwallende Gefühle in den Weg stellen. Kann sie dem Pater überhaupt vertrauen?

Sehr gut charakterisierte Personen lassen das entworfene Szenario realistisch und glaubwürdig erscheinen, die Handlung in Südfrankreich ist zwar fiktiv, aber durchaus geprägt von historischen Begebenheiten, welche Theresa Howes nach entsprechender Recherche klug eingeflochten hat. Die innere Zerrissenheit zwischen Mitmachen, nicht Auffallen und seinem Gewissen zu folgen, ist so spürbar, als wäre man selbst konfrontiert mit all dem Leid und der Ungerechtigkeit, welche sich Bahn brechen in einem Krieg. Souverän und selbstlos werden Marguerite und Étienne geschildert, wie sie sich für die Ärmsten und Schwächsten einsetzen und dabei oft selbst nicht wissen, ob ihr Gegenüber zuverlässig ist und auf derselben Seite agiert. Überraschungen und Geheimnisse stehen an der Tagesordnung, wer heute noch dein Freund ist, kann morgen schon dein Feind sein.

Eine realistische Betrachtung von „ganz normalen“ Menschen, die ihren Weg durch die Kriegsgräuel suchen und auch finden. Vier Sterne mit Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 31.08.2024

Capris Küche

Sommersehnsucht und Limonenblüten
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Als die Großmutter aus Italien nach jahrzehntelangem Kontaktabbruch um Hilfe bittet, treffen einander PR-Beraterin Tilda und ihre beiden jüngeren Schwestern Lina und Ann gemeinsam mit Mutter Ulla auf Capri. ...

Als die Großmutter aus Italien nach jahrzehntelangem Kontaktabbruch um Hilfe bittet, treffen einander PR-Beraterin Tilda und ihre beiden jüngeren Schwestern Lina und Ann gemeinsam mit Mutter Ulla auf Capri. Schon länger fehlt es auch in Deutschland an Harmonie und Nähe in der Familie, das soll sich mit dieser Woche im Süden wieder ändern. Aber dort warten allerlei Überraschungen auf die vier Damen.

Mit herrlichen Bildern der schönen Insel Capri mit ihren schroffen Felsen und dunklen Meereshöhlen, mit saftigen Limonen und reifen Oliven begrüßt Anja Saskia Beyer nach einem kurzen Aufenthalt in Frankfurt ihre Leser am Ort des Geschehens. Schnell wird man fortgerissen im italienischen Trubel einerseits, wie beispielsweise am frequentierten Hafen oder auf den engen Straßen, durch die Lässigkeit und Ruhe andererseits, welche man sich unbedingt zum Essen nehmen sollte. Und da kommt schon das Motto „Liebe entsteht in der Küche.“ (kindle, Pos 3367) zum Tragen, denn die herzliche Nonna ist überzeugt davon, dass Tilda kochen lernen muss, am besten beim versierten Koch Raffaele in ihrem Restaurant.

Beschwingt und in ihrer gewohnt flüssigen Schreibart erzählt die Autorin von Familientradition und Dingen, die „sich so gehören“ auf Capri, aber auch von mutigen Frauen, welche zuweilen ihren eigenen Kopf haben und damit aus der erwarteten Rolle fallen. Neben den verlockenden Gerichten, welche Raffaele wie im Handumdrehen auf den Tisch zaubert, fehlt es allerdings den steten Erwähnungen der gesunden mediterranen Diät mitunter an Leichtigkeit, fühlt es sich doch bei den matraartigen Wiederholungen eher wie der erhobene Zeigefinger an. Der Duft von einfachen Zutaten, die in kürzester Zeit zu harmonischen Mahlzeiten zusammengestellt werden, reicht völlig aus, um Neugierde zu wecken und selbst einmal das eine oder andere Rezept (z.B. aus dem Anhang) nachzukochen. Und auch die liebevolle Nonna, die man nach mehr als 30 Jahren praktisch gar nicht kennt, wirkt zu gewollt, obwohl sie natürlich, ganz Italienerin, die Familie über alles stellt und eine höchst sympathische Frau sein dürfte.

Nichtsdestotrotz bietet dieser Roman lesenswerte Stunden zum Abschweifen und ähnelt einem Urlaub im Kopf, auch wenn man nur daheim ein gemütliches Plätzchen einnimmt und sich wegträumt nach Capri. Für den nächsten Band muss ich mir unbedingt eine Torta Caprese bereitstellen, möglichst selbst gebacken. ☺

Veröffentlicht am 24.08.2024

Waschmaschine Hera

Die Zeit der Frauen – Das Versprechen der Zukunft
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Nachdem Katharina und Carl Thiele erfolgreich sind mit ihrer Fabrik, steht nach der Produktion der Milchzentrifuge eine neue Erfindung im Raum: eine Waschmaschine soll den Frauen den Alltag erleichtern.

Beschwingt ...

Nachdem Katharina und Carl Thiele erfolgreich sind mit ihrer Fabrik, steht nach der Produktion der Milchzentrifuge eine neue Erfindung im Raum: eine Waschmaschine soll den Frauen den Alltag erleichtern.

Beschwingt geht es weiter, mit ihrem angenehm lockeren Schreibstil erzählt Susanne von Berg diesmal nicht nur vom Unternehmerpaar Katharina und Carl, sondern auch von den Arbeitern Ida und Alfons. So kommt es, dass auch von Frauenrechtsbewegungen und verbesserten Arbeitsbedingungen, insbesondere im Krankheitsfall, die Rede ist. Interessante Details über beschwerliche Tätigkeiten in der Fabrik fließen ein ins Geschehen, hier hätten eventuell noch Einzelheiten über Gefahren und Verletzungsrisiken hereingepasst. Auch sonst sieht man vieles durch die sogenannte „rosarote Brille“, denn auch im zweiten Band dieser Reihe gibt es kaum Rückschläge, das Positive und Vorwärtsgerichtete überwiegt. Bergs Figuren sind recht gut charakterisiert, sodass man die (meist) charmanten Personen bald bildhaft vor Augen hat. Trotz mancher Unglaubwürdigkeit liest sich dieses Buch überaus angenehm und hat entsprechenden Unterhaltungswert, Negatives umgibt uns in der Realität ohnehin viel zu oft.

Ein angenehm zu lesender Roman mit wissenswerten Aspekten, der durch seine Leichtigkeit sehr gut vom Alltag ablenkt. Da für mich noch eine Frage offen ist, bin ich schon neugierig, wie es weitergeht.

  • Einzelne Kategorien
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Veröffentlicht am 22.08.2024

Verlust

Mein drittes Leben
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Linda verliert ihre siebzehnjährige Tochter und somit jeglichen Sinn in ihrem Leben. Ihr Mann Richard verarbeitet diesen schweren Schicksalsschlag ganz anders als Linda, die sich völlig in sich zurückzieht. ...

Linda verliert ihre siebzehnjährige Tochter und somit jeglichen Sinn in ihrem Leben. Ihr Mann Richard verarbeitet diesen schweren Schicksalsschlag ganz anders als Linda, die sich völlig in sich zurückzieht. Ein Kampf zurück zu einem lebenswerten Alltag, der momentan kaum zu bewältigen zu sein scheint, wird von Daniela Krien sehr deutlich dargelegt.

Im ersten Teil dieses Buches erzählt Linda von ihrem Leben danach, einem Leben nach dem schmerzlichsten Verlust, den es überhaupt geben kann, dem Verlust der einzigen Tochter, die zwar nicht perfekt, aber eben ihre Tochter war. Lindas Dasein allein auf einem abgelegenen Hof mit Hund und Hühnern steht im Mittelpunkt, rasch kann man sich in ihre Stimmung hineinversetzen, in ihre Trauer, ihre Verzweiflung. Über gedankliche Rückblenden und kurze Episoden erfährt man immer wieder ein Puzzlestück vom „Davor“, sodass sich bald ein Bild zusammensetzt von Lindas Alltag aus glücklichen Zeiten. Wird es so etwas Ähnliches wie Glück jemals wieder geben?

In einem zweiten Teil geht es wieder zurück nach Leipzig, wo sich Linda langsam ihrem früheren Leben annähert, außer Haus geht und Freunde trifft. In dieser Phase verliere ich die Hauptfigur dann und wann, nämlich in jenen Momenten, in welchen der Fokus auf reichlichen Geldreserven liegt und auf eleganten Menschen bei gehobenen Kunstveranstaltungen. Auch wenn Lindas karitative Spenden natürlich richtig sind und dieser Weg zu ihrem früheren Ich führt, gefällt mir der erste Abschnitt viel besser. Besonders schön finde ich die Rolle von Freya, einer Freundin der verunglückten Tochter. Über ihr erneutes Auftauchen gegen Ende des Buches freue ich mich sehr. Und natürlich ist es schön, dass Linda und Richard nicht gänzlich auseinanderdriften, sondern sich trotz der sehr unterschiedlichen Trauerbewältigung immer eine gewisse Gesprächsbasis findet. Der Abschluss der Geschichte vereint Trauer und Hoffnung auf beeindruckende Weise, sodass ich gerne auf das Gelesene zurückblicke.

Ein Schreibstil, der einfach die Tatsachen auf den Punkt bringt, eine Handlung, welche schwierigste Herausforderungen und deren Bewältigung behandelt, Figuren, die authentisch ihre Gedanken und Gefühle preisgeben – ein Roman, den ich gerne in Händen gehalten habe und daher ebenso gerne weiterempfehle.






Veröffentlicht am 17.08.2024

Im Hörsaal

Pi mal Daumen
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Im Hörsaal während einer Mathematikvorlesung treffen Oscar und Moni erstmals aufeinander: zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten – der hochbegabte Sechzehnjährige mit Adelstitel, der überbehütet ...

Im Hörsaal während einer Mathematikvorlesung treffen Oscar und Moni erstmals aufeinander: zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten – der hochbegabte Sechzehnjährige mit Adelstitel, der überbehütet aufgewachsen ist und die 53jährige Oma, die neben drei Jobs und Enkelbetreuung noch in der Uni Gleichungen aufstellt und Beweise herleitet, obwohl man sie zuerst für die schrill angezogene Kantinenkraft gehalten hat.

Voller Humor steckt dieser Roman, der durchaus realistische Hochschulszenen beinhaltet. Immer wieder beschreibt Alina Bronsky Momente, die einen zum Schmunzeln bringen und sorgt mit ihrem flotten Schreibstil für gute Unterhaltung. Ihren Figuren, allen voran natürlich Oscar und Moni, haucht sie glaubwürdig Leben ein, sodass man sie rasch bildhaft vor Augen hat. Einerseits fließt die Erzählung aus Oscars Sicht leicht dahin, andererseits verbergen sich aber auch ernste Hintergründe im Geschehen.

Bei Pi mal Daumen handelt es sich um eine ungewöhnliche Geschichte mit noch ungewöhnlicheren Protagonisten, welche den Leser überzeugen können, sofern man hinter ihre Äußerlichkeiten blickt und ihnen selbst Gelegenheit bietet, sich auf den jeweils anderen einzulassen. Schön!